Birte Jager
...abschied von dir,der nicht mehr leben wollte
warum mußtest du gehen?
warum durften wir dir nicht helfen?
warum hast du geschwiegen?
warum hast du uns das angetan?
noch nie hat mir vorher ein mensch so wehgetan.
du wußtest doch,was du uns mit deinem tod antust.
ich habe nicht geweint,
ich habe angefangen,mich selbst zu zerstören.
heimlich habe ich manchmal geweint.
wenn ich dann mit roten augen aus meinem zimmer kam,
fragten alle:“ist etwas passiert?“
“nein,was soll schon passiert sein,ich habe nur geschlafen.“
“ach so,schön,dass es dir gut geht.“
ja,es ging mir wohl auch gut-
äußerlich.
innerlich habe ich von meinem leben abschied genommen.
ich hatte die wahl:
entweder
mache ich auch schluß,
oder
ich verstecke aus falscher stärke meine gefühle.
ich habe mich für letzteres entschieden,
ich wollte niemandem mit meinem tod antun,
was du mir angetan hast.
mein leben war mir aber nicht mehr wichtig.
ich habe eine große,dicke mauer um mich aufgebaut.
ich habe gelacht,lebensfreude ausgestrahlt und optimismus vorgetäuscht.
doch wie es hinter der mauer aussah,in mir,
-konnte niemand sehen
-wollte niemand sehen
-sollte niemand sehen.
es sollte sich ja niemand sorgen machen,
ich belog mich selbst,
redete mir ein,stark zu sein.
stark sein zu müßen.
die zeit heilt ja alle wunden.
jetzt weiß ich,dass es gelogen ist.
irgendwann paßte nichts mehr hinter die mauer-
sie stürzte ein,
konnte der belastung nicht mehr standhalten.
ich hatte meine ganze energie in den bau der mauer gesetzt.
nun hatte ich keine kraft mehr,
mich gegen den einsturz zu wehren.
ich habe geweint-
und mich dafür geschämt.
schnell habe ich angefangen,
die mauer wieder aufzubauen-
aber dünner,zerbrechlicher.
sie stürzt immer wieder ein und ich hoffe,
dass ich sie irgendwann gar nicht mehr brauche.
auch wenn du mich so verletzt hast,
werde ich dich nie vergessen.
du hast mir so viel bedeutet,
warst für mich wie ein großer bruder.
ich hoffe,dass irgendwann meine tränen kommen werden,
damit ich ausdrücken kann,
was ich wirklich fühle.
und erst dann werde ich mich mit deinem tod abfinden können.
was uns von dir bleibt,
sind
erinnerungen,
abschiedsbriefe,
dein todesstrick.
Vorheriger TitelNächster Titelmein cousin hat sich vor 8 jahren das leben genommen und ich habe es bis heute nicht verkraftet.meine trauer habe ich verdrängt und überspielt.ich hoffe,dass ich irgendwann damit klarkomme und fähig bin,meine gefühle zu akzeptieren und zu ihnen zu stehen.Birte Jager, Anmerkung zum Gedicht
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.05.2003.
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