Der goldne Schlüssel zur Lust

Ich habe eine Lust im Leib,
Und das nicht nur zum Zeitvertreib,
So auch zu jeder Jahreszeit
Bin ich zur Lust des Leibs bereit!

Geweckt wird sie vom schönen Weib,
Wenn ich an ihm vorübertreib,
Das Auge stets auf Wanderschaft,
Es speist mir meine Manneskraft.

Das ist nicht nur des Fleisches Lust,
Nein, es zerreißt mir schier die Brust,
Wenn ich durchstreife Wald und Flur,
Und schau die Schönheit der Natur.

Da dringen Bilder auf mich ein,
Vor Freude möcht´ ich beinah` schrein,
Die Lust packt mich mit solcher Wucht,
Wie sie sonst ihresgleichen sucht:

Ob mich der Wiese Flor entzückt,
Vielleicht ein Mädchen, das sich bückt,
Ein Wildbach über Kiesel springt,
Die Lerche überm Rapsfeld singt...

Am Teich die Unke nach mir fragt,
Die Nachtigall im Buschwerk klagt,
Ein Wind dem Kornfeld Wogen macht,
 Der Mond sich nachts im See verlacht:

Von dieser Lust gäb gern ich ab!
Weil ich den Goldnen Schlüssel hab.
Er ist ein Teil von meiner Welt,
Und ist mehr wert als Gold und Geld!

©  Heino Suess  12/08