Manuela Predan

Wer im Wald umherläuft, wird schon sehen, was er davon hat

Es lag im Wald einst auf der Lauer
ein Jägersmann für lange Dauer.
Er war bedacht auf Hege, Pflege,
auf dass niemand den Wald umsäge.
Doch weder Hirschlein, Geiss noch Bock
erregten je des Jägers Rock.
So hockte er oft Tage lang
auf seinem Hochstand, angespannt.
Vom Morgengrauen bis Dämmerung
ergab er sich dem Rotwildsprung.

So eines Tages brach im Tann
die Morgendämmerung heran.
Der Jäger hatte Müh zu sehen.
Des Nebels Schleier, welcher schön,
verhang das untere Geäst,
wodurch sich’s nicht gut blicken lässt.
Der Jäger lauschte, horchte, spähte,
was sich im Unterholz dort täte,
was wohl da kam, auf leisem Huf,
was üblich kein Geräusch erschuf?
Der Jäger, immer noch verharrte,
auf seinem Hochsitz ganz erstarrte.
Es raschelte und knackt’ ein Ast,
das als Geräusch zum Wald gut passt.
Was trippelt, trappelt, hoppelt, hüpfte,
nun durch die tiefen Zweige schlüpfte.
Es trat heraus nun in die Lichtung
ein Mädchen, hübsch wie aus der Dichtung.
In rot gekleidet, Mantel, Käppchen
herabgezogen aufs Ohrläppchen.

„Halt, wer da! He, hallo, hoi!
Hier ist kein Weg, das wär mir neu.
Wer traut sich durch den Wald zu schleichen
und mein Wild mir zu verscheuchen?“
Der Jäger sprang von seinem Stand
und zwar recht kühn und stuntverwandt.
„Ich bins, Herr Jäger, schießt mich nicht.
Ihr seht, hier steh ich nun im Licht.
Bin weder Hirschlein, Reh noch Sau.
Bin nur ein Mädchen – fast schon Frau.“
Der Jäger prüfte die Statur und fand,
ein Wunder der Natur.
Was unterm Mantel sich versteckte,
wohl jeden Jäger ziemlich neckte.
Das Käppchen sass auch ziemlich keck
auf blondem Haar als Zopfversteck.

„Sag an, was bringt dich auf den Pfad?“
Der Jäger nun recht freundlich bat.
„Zur Grossmama geht’s hier entlang,
doch finster war’s und mir wurd bang.
Ich hab mich wohl im Weg geirrt,
der hat mich schließlich hergeführt.
Will bringen nur Champagner, Kuchen,
Pastete, Lachs durch mein Besuchen.
Die Grossmama erwartet mich,
sie hat schon Hunger sicherlich.“
Das Mädchen hielt den Korb empor
zum Zeichen, dass es Wahrheit schwor.

„Wohlan, dann lass mich dich begleiten
auf deinem langen Weg, den weiten.“
Der Jäger steckte in den Aser so
Champagner, Marke Perignon,
den Korb des Mädchens zu entlasten,
der schwer war wie ein Biergutkasten.
Er nahm das Mädel an die Hand,
das sich an ihn ganz schmeichelnd band.
Es schien, er sei der beste Schutz
gen wilde Tiere, Gift und Schmutz.

So gingen sie für längere Zeit
und hatten recht viel Heiterkeit.
Der Jäger sprach von wack´ren Taten,
sie versprach ihm Hühnerbraten.
Nun hielten sie nun nicht mehr Hand,
ihr war sein ganzer Arm bekannt.
Nach einer Biegung kam ein Bach,
da wuschen sie sich. Nach und nach
entstiegen sie dem eignen Kleid.
„Ich tu dir sicher nichts zu leid.
Drum zieh dich aus und spring hinein,
es soll nur zur Erfrischung sein.“

So auch der Jäger war jetzt nackt,
und weil das Wasser einen packt,
es einen ordentlich durchwühlt,
hat er jetzt plötzlich mehr gefühlt.
Und auch das Mädchen war nicht arg,
sie ihren Kopf an seinem barg.
Weil schon der Hunger sie sehr biss,
er ihr den Korb aus Händen riss.
Sie deckte rasch das Tüchlein und
führte ihm den Lachs zum Mund.
Dann reichlich noch die zart Pastete
(die nicht nach Haus gehalten hätte).
Er war recht schnell, der Korken schoss,
sodass Champagner reichlich floss.
Obwohl sie schluckweis abgewunken,
wurd sie ein wenig doch betrunken.
Ihn stört’ es nicht, denn wie mann weiß,
hat jede Hatz auch ihren Preis.
So begann das wilde Kosen,
als würd´ der Bach als Ozean tosen.
Das Moos war angenehm und weich,
der Jäger wild, verführungsreich.
Er sah in ihr die Ungeduld
und nahm auf sich die ganze Schuld.
Nur Vöglein, Käfer könnten je verraten,
was sie im dichten Buschwerk taten.

Der Tag ging um, vergessen jede Stund
und auch des Auftrags wahren Grund.
Das Mädchen hauchte ihm ins Ohr,
dass sie ihr ganzes Sein verlor.
Ihr wurd im selben Nu erst klar,
dass e r der einzig Richt’ge war.
Als Jägersfrau sah sie sich schon
auf einem g’schnitzten Holzbalkon.
Derweil er sein Revier bewache,
sie schöne Dinge für ihn mache...
Auf dass der Tag auch kommen möge,
dass sie ein Jägerskind erzöge.

„Holla, s o war’s aber nicht gedacht!“
hat der Jägersmann gelacht.
Packte den Aser, schnürt’ die Schuh,
knöpfte sich die Hose zu.
„Du liebe Maid, versteh mich recht,
doch mein Verdienst ist mir zu schlecht.
Ich hab noch Pläne für mein Leben,
ich werd mein Ja-Wort niemals geben.
Weder dir noch irgendwann,
so lang ich’s mir verbessern kann.
Ich wollt nur sagen, tut mir leid,
doch leben wollt ich nie zu zweit.
Stattdessen steht mir zu Gesicht
ein Oberförster. D´rum hab nicht
die Hoffnung, dass ich dich erwähle.
Es ist nicht Heirat, was mir fehle.
Hab Dank für deine Liebesmüh –
ich wander aus... schon morgen früh.
Mir wurd ein Posten angeboten
im Nachbarland mit Hochwildqoten.
Die Ehe sei hintangestellt,
erst will ich Ruhm in dieser Welt.
Ob ich mich werd dir jeweils neigen,
wird die Frühjahrsschmelze zeigen.
Falls willst du mich, dann bitte warte –
ich schreib dir eine Wanderkarte.“
Kurz drauf verschwand er im Gestrüpp –
doch er verblieb ihr Lieblingstyp.

Grad auf der Flucht im Wald geschah’s,
dass auf dem Weg ein Hündchen sass.
Es bettelte um Leckerbissen
und sein Fell schien sehr zerschlissen.
„Na, Hündchen, so allein im Wald?
Wer hat dich ausgesetzt so kalt?
Du siehst mir wahrlich hilflos aus.“
Er holte ein Stück Käse raus.
Das Hündchen jaulte, wimmerte und frass
das Stückchen Käse, flehte :“Lass
mich nicht hier so einfach sitzen.
Gib mir auch noch Würstelspitzen,
reich mir Wein, Delikatessen.
Lass mich nicht alleine essen.
Keinen hab ich, der mich liebt
und keinen, der mir Obdach gibt.“
So fand das Hündchen ein Erbarmen, gehörte nicht mehr zu den Armen.

Daheim bracht´ ihm der Jäger was er fand -
zudem ein schmuckes Hundeband,
zudem ein eig’nes Zimmer und
den größten Napf nur für den Hund.
Zudem ’ne eig’ne Dienerschaft,
zudem ein Wagen, der mit Kraft
den Hund chauffiert von A nach B,
zudem ein eigenes WC.
Zudem viel Auslauf, fern dem Wald,
fließend Wasser – heiß und kalt.
Zudem ’ne Köchin und Masseur,
zudem noch vieles nebenher.

Doch eines Tages, ohn’ Gewissen,
hatte ihn der Hund gebissen.
Kein Zeuge hat es je gesehen,
man wird nie wissen, wie’s geschehen.
Man fand nur tausend Fleischesbrocken,
einen Jägerwams und Socken,
ein paar Schuhe und die Flinte
neben einer Pfütze Tinte.
Die erwies sich dann als Blute,
neben dem das Hündchen ruhte.
Und das sah so harmlos drein
im morgendlichen Sonnenschein.

Was ein Mädchen nie erdacht -
d a s hat nun der Wolf vollbracht!

Moral von der Geschicht: „Vertrau im Wald den Hündchen nicht!“


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.08.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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