Stephan Lill

Gedanken zum Valentinstag

Den Widerstand zu überwinden,
das, was Menschen trennt,
ihre Abneigung, Widerwillen, Vorurteile -
alles das vergessen für eine Weile,
bis vollbracht ein Ereignis wie der Valentinstag.
Denn Liebe muss doch triumphieren.
Das Rad soll weiter rollen.
Hass und Groll muss überwunden werden immer wieder neu -
für kurze Zeit zumindest.
Das verlangt das Gesetz der Natur.
Denn sonst steht sie still die Uhr.

Schenk mir rote Rosen, rote Herzchen und ein liebes Gedicht.
Gaukle mir vor, dass du mich nie vergisst.
Lass mich glücklich sein beim Schreiben des Gedichts an dich.
Weil ich hoffe, dass mein Gedicht nicht auf taube Ohren stößt.
Dieser Tag, der Valentinstag, drängt sich auf, bietet sich an,
zu offenbaren, wen man liebt,
mit wem man gerne seine Lebenszeit verbringen würde gemeinsam.

Doch soll nicht auch Judas Ischariot geboren sein am 14. Februar?
Ist etwa dieser Tag ein Unglückstag?
Soll ich lieber nichts beginnen an solch einem Tag?
Wer an solchem Tag geboren ist, kann dem Gutes widerfahren?
Was wird aus unsere Liebe, wenn sie beginnt,
geboren wird an solchem Tag?
Ist es ein bedeutsamer Tag?
Ist es entscheidend, wie wir uns entscheiden an solch einem Tag?
Können wir bedeutsame Weichen stellen,
vielerlei verändern an diesem Schicksalstag?
Ist es ein Lostag,
der unser Los besonders stark modifiziert und gestalten kann?

Valentin - wem sende ich die Botschaft des Begehrens und der Liebe?
Den Liebeswunsch zu reduzieren auf eine Person.
Die ganze Menschheit - können wir die lieben?
Verlangt dieses Gott?
Liebe deinen Nächsten.
Schicke ich aller Welt rote Rosen und Gedichte?
Wenn es uns gelingt das Gefühl zu übertragen,
was wir einem einzelnen geliebten Menschen entgegenbringen
auf die ganze Menschheit -
dann ist Valentin ein Segen für die Welt?

Vermag das Gefühl der Liebe zu triumphieren
über Abneigung und Egoismus?
Ist ein Gleichgewicht der Kräfte angestrebt?
Gefühle sollen sich gegenseitig ausbalancieren?
Fünf Pfund Hass gegen zwei Gramm Liebe?
Wiegt die Liebe so schwer?
Kann ein wenig Liebe wie ein Katalysator, ein Enzym,
den Hass, den Groll, die Wut auflösen, verschwinden lassen?
Können die roten Herzchen,
die wir versenden - ob digital oder auf Papier -
Kern, Ursprung sein für neue Liebe, neues Glück?
Oder profitieren nur die Blumenhändler von diesem Valentinstag?
Was ist, wenn mich keiner mag?

In diesem Wechselspiel gefangen, verbringen wir unser Leben.
Hoffen, bangen, dass wir unseren Mitmenschen
als nicht allzu unsympathisch erscheinen mögen.
Dieser Wunsch drängt und bringt uns zur Höflichkeit, zu Nettigkeiten.
Doch ist Liebe nicht noch mehr?
Einen anderen begehren, wollen,
nicht nur weil er hineinpasst in unser Leben - 
unser Leben ergänzen würde perfekt - wie wir zu meinen glauben.
Übersteigt wahre Liebe nicht diesen Wunsch, geht darüber hinaus -
und will für den geliebten Menschen: sein Glück und seine Freude.
Wie kann man ihm dann sich selber zumuten?
Ist man selber nicht eine Zumutung für jedermann?
Sollte man aus Liebe nicht auf das Werben verzichten?
Was ist, wenn der andere auf das Blendwerk hereinfällt,
was wir aufgebaut haben für ihn mit Türmen von roten Herzchen,
roten Rosen und verliebtem Wortgeplänkel auf Zettelchen?
Was haben wir da angezettelt?

In der Liebe ist über neunzig Prozent Betrug,
Blendwerk, Schauspielerei.
Die Natur verlangt es: Mehret euch.
Verblendet sollt ihr sein für kurze Zeit,
das genügt für den Fortbestand und die Vermehrung.
Was ist mit der Verehrung?
Was ist mit Liebe, die sich aufschwingt von dem einen Menschen,
den man unendlich liebt -
und dieser Liebe, die sich ausbreiten kann unendlich über diese Welt?
Halte, bewahre ein Gefühl, was dir kostbar ist.
Es ist mehr wert als Gold.
Ist solche Liebe das Mittel, was die Alchimisten suchten?
Der Stein der Weisen sollte, was er berührt, verwandeln in Gold,
veredeln, umgestalten zum himmlisch Höheren.
Vermag Liebe, die sich entzündet an dem heißesten Feuer,
solche Kraft in sich zu tragen,
dass sie mit ihrer Energie alles verwandelt ringsumher?

Suchen wir deswegen verzweifelt nach demjenigen Partner,
der in uns dieses Feuerwerk an Emotionen auslösen könnte?
Mit dem falschen Partner bleibt uns dieser Zugang versperrt?
Stehen wir vor versperrter Tür
und gelangen nicht zur himmlischen Hochzeit,
in das himmlische Brautgemach?
Schwärmen, träumen wir deswegen
von der einzigen, großen, romantischen Liebe?
Verliebten erscheint die Welt rosiger, schöner, harmonischer.

Ein gutes Schwert muss geschmiedet werden in passendem Feuer.
Wenn das Feuer nicht heiß genug ist,
dann fehlt dem Schwert Stabilität und Härte.
Wenn das Urgefühl der Liebe nicht stark genug ist,
wie kann es dann mächtiges Vorbild, Ursprung sein für
Menschenliebe, Liebe zur Welt und auch zu sich selbst?
Valentin -
an diesem Tag könnte zusammenfinden, was zusammengehört.
Spürst du Resonanz - so bist du erhört.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.02.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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