Karl-Heinz Fricke

Der tödliche Schuß

Beim Barras ist's nicht gern geseh'n,
dass Geschütze im Wasser stehn.
Das Wasser auf der Erde stand
an der Ems in dem feuchten Land.

Die Geschütze brauchten einen Wall,
Erde dafür gab's überall.
Aus bedingten Tarnungsgründen
mussten wir entfernt sie finden.

Ein Ackerwagen für die Erde,
denn an der Front war'n die Pferde.
Das Wagenrad im Schlamm versank
in dem durchweichten Heidesand.

Die Arbeit mit dem Wagen schwer,
jedoch die Erde musste her.
Es gab kein einzig' Luftgefecht
und die Verpflegung war sehr schlecht.

Wir schoben das schwere Gefährt,
war'n nach drei Tagen ausgezehrt
von dem Greifen in die Speichen,
fühlten uns wie halbe Leichen.

Ein starker Regen fiel täglich,
allen war es unerträglich.
Wir wurden einfach nicht trocken,
auch völlig nass Schuh' und Socken.

Am vierten Tagen deprimiert
sind drei entschlossen desertiert.
Die Kräfte reichten uns nicht mehr,
eine Verstärkung musste her.

Am nächsten morgen kamen dann
zehn russische Gefang'ne an.
Klein und schmächtig, ein Gefreiter,
war ihr ständiger Begleiter.

Das Gewehr war größer als er,
sang täglich vom Papst eine Mär.
Die Russkies hatten's gleich entdeckt,
zollten ihm keinerlei Respekt.

Zehn Stunden, Wagen um Wagen,
es knurrte ihnen der Magen.
Sie schafften das tägliche Soll,
schaufelten viele Wagen voll.

Ein Dauerregen in der Nacht
hatte den Boden weichgemacht.
Dem Gefreiten wurde gewahr,
das Tages Soll war in Gefahr.

Die Russen haben sich geplagt,
jedoch an jenem Tage gewagt
die Arbeit niederzulegen,
wollten keine Hand mehr regen.

Ihr Bewacher wurde aktiv,
er wetterte, drohte und rief,
fuchtelte mit seinem Gewehr,
die Russen störte das nicht sehr.

Es gab der Gefreite nicht auf,
da nahm das Schicksal seinen Lauf.
Ein bulliger Russe, voll Frust,
stieß den Gefreiten vor die Brust.

Der saß mit dem Hintern im Dreck,
wir alle bekamen einen Schreck.
Wütend schrie er: "Schockschwere Not !"
Sekunden drauf war der Russe tot.

Ein Schuß endete sein Leben,
von dem Leutnant abgegeben.
Der Kerl hatte Hand angelegt,
da wurde nicht lang überlegt.

Die andern Russen nun im Ach
holten schnell das Versäumte nach.
Das Ende einer Komödie
wurde zu einer Tragödie.

Karl-Heinz Fricke  11.6.2010

Anmerkung:  Geschehen im November 1944 nahe Nordhorn. Auch nachzulesen in meinen Kurzgeschichten ERINNERUNGEN AN 1944/45  Teile I und II.

 

 

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