Andreas Vierk
Der Tod des Li Tai-bo
So betrunken wie Li Tai-bo müsste man sein! - Er fuhr mit Freunden unter Zymbelklängen den nächtlichen Fluss hinab, und es war ihm, als führe er in den Sternen. Lichter lagen im Wasser und standen hoch in den warmen braunen Winden. Taumelten und fielen die zerschlissenen Ränder des Himmels hinab. Glühwürmchen umschwärmten die an Stangen getragenen Lampions, und einige Mücken verzischten glückselig in den flammenten Herzen. Die schöne Freundin hing trunken in Li's Arm und sang eine leise traurige Melodie. Ihr Leib war ganz kühl vom fiebrigen Schweiß des Weines. Ach, Li wollte keine Frau mehr lieben, nur das erschöpfte Gesicht an die kühle Wange des Mondes legen. Da schwamm ruhig im Fluss neben dem Boot her: ein großer träger leuchtender Fisch. Und Li-bo hörte schon nicht mehr die erschrockenen Rufe der Freunde, als sich das beleuchtete Heck des Bootes in der Nacht verlor. Nur der Zymbelklang schwang noch in seinem Herzen fort, und die Flut hatte kühl sein glühendes Haar gelöscht.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.06.2010.
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