Doppelleben

 
Du steigst in den Lift.
In der Arbeit.
Fährst ins Erdgeschoß.
Vor fünf Minuten.
Da.
Hast du dich noch verabschiedet.
Von den Kollegen.
Lächelnd.
Freundlich.
Charmant.
Jetzt.
Wirkst du gehetzt.
Bleich.
Und dein Blick.
Er ist leer.
Du nimmst den Bus.
Wie jeden Tag.
Fährst drei Stationen.
Dann bist du daheim.
Vor deiner Wohnung…
Du duscht.
Schweres Parfüm.
Rote  Lippen.
Rote Krallen.
Ein schwarzes Kleid.
Tiefes Dekollete.
Und hohe Pumps.
Eine rote Jacke.
Ein letzter Blick.
In den Spiegel.
Schweißperlen auf der Stirn.
 
Ein Taxi.
Es bringt dich ins Café.
Dort.
Wo die Spielautomaten stehen…
Dämmriges Licht.
Du wechselst Geld.
Beim Besitzer.
Der dich hungrig ansieht.
Sehr hungrig.
Du ignorierst ihn.
Wirfst die ersten Münzen ein.
Reißt am Hebel.
Brüsk.
Ein kleiner Gewinn…
Eine Stunde später.
Ein Glas Prosecco.
Dir ist heiß.
Gewonnen.
Hast du wenig.
Aber.
Du kannst nicht aufhören.
Nein.
Du kannst es nicht.
Irgendwann.
Da knackst du den Jackpot.
Du weißt es.
Irgendwann…
Deine Hände zittern.
Nur wann?
Und du brauchst es.
Das Geld.
Du hast Schulden…
 
Am späteren Abend.
Da gehst du nach draußen.
Mit einem Gast.
In seinem Auto.
Ein Blowjob.
Dann lässt du ihn gewähren.
Noch eine halbe Stunde.
Und du stöhnst dazu.
Halbherzig.
Zweihundert Euro.
Sind der Lohn.
Dann gehst du wieder.
Ekel.
Spürst du keinen mehr.
Deswegen.
Der ist dir vergangen.
Mit der Zeit.
Und mit dem Geld.
Geht es weiter.
Wieder eine Weile.
Du weißt gar nicht mehr.
Wie er aussieht.
Der Mann.
An den du dich verkauft hast.
Du.
Hättest es mit jedem getan.
Vielleicht.
Auch.
Für weniger…
 
Vivienne
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