Inge Offermann
Blausternwald
Gelbe Spitzen
früher Narzissen
wagen sich ans Licht.
Bei manchen das
Bananenröckchen
schon aprilgelb entfaltet.
Veilchenaugen dringen
aus welkem Laubnest.
Überall Schneeglöckchenbeete,
davon manches Glöckchen
bereits welkweiß verblüht.
Ein einsamer Winterling
schließt nach sonnenkaltem
Luftbad seinen Goldkelch.
Die Gärten liegen
schon im Schatten.
Deutlicher nehmen
sich Silhouetten aus.
Enten durchgleiten
schattenstilles Wasser.
Eine Amsel keckert
im Gehölz laut zu Abend.
Verstreute Scillasterne
in winterbraunem Laub,
blaue Träume im Halblicht.
Durch einen Gartenzaun
wächst ein Schneeglöckchenschleier
den steilen Waldhang hinab.
Vereinzelt erscheinen
zarte Lerchenspornbüschel.
Geheimnisvoll der Blausternwald.
Abendrot verfließt in Dämmerung.
Goldlampen tauchen
die nahe Siedlung
in weiches Licht.
Im Schmetterlingshaus
wohnt meine langjährige Freundin.
Ich erkenne die Schattenrisse
der Schmetterlinge
neben der Haustür.
Erleuchtet ist
das Küchenfenster,
ich weiß sie zuhause.
Schon verging über ein Jahr,
seit ich das letzte Mal
ihr Heim betrat.
Fiel ein Vorhang
der Entfremdung
zwischen uns?
Soziale Ferne?
Die letzte E-Mail,
ein Weihnachtsfoto
der Wohnung
ohne Menschen.
Ein Abschiedszeichen?
Schließt sich nach
zwanzig Jahren
sanft die Tür ihrer Seele
zu ihrer heilen Welt?
Ich vermisse sie und
ihre Wesenswärme.
© Inge Hornisch
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.03.2012.
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