Wolf-Rüdiger Guthmann

Die Ferienfahrt

„Falle ich ganz vorne auf die Knie
und dabei den Korken zieh,
was wird dann gescheh’ n? “,
fragte schelmisch ich den Kapitän.
Wir hatten nämlich ein Ferienkind bekommen
und eine Bergbautour unternommen.
Was einst Wälder, Gärten, Feld,
ward als Braunkohle zu Geld.
Die zurück gebliebenen Flächen,
bald von naturnaher Verantwortung sprechen.
Zuerst es zum „Rostigen Nagel“ ging,
der als Landmarke in der Gegend hing.
Jeder über den Namen lacht,
doch es war als Himmelstreppe gedacht.
Viele Stufen galt es zu überwinden
und sich mühevoll zu schinden.
Alles hat sich hoch gequält,
doch keiner die Stufen je gezählt.
Hoch oben hätte mancher gern gewohnt,
weil sich der Ausblick sehr gelohnt.
Aussicht bis zum Optikrand,
Wälder, Dörfer, Seenland.
Die Natur in herrlichen Farben,
trotz der künstlichen Narben.
Es gab viel zu sehen und zu gaffen,
das ist bei einem Besuch gar nicht zu schaffen.
Neuerdings sieht man sogar Kanäle,
damit den Gewässern keine Verbindung fehle.
In den hoffentlich nächsten Jahren
werden darauf schon Boote und Dampfer fahren.
„Falle ich ganz vorn heimlich auf die Knie
und dabei den Korken zieh,
was wird dann gescheh’ n? „  
fragte schelmisch ich den Kapitän.
Doch noch war es nicht soweit,
zum Mittagessen ward es Zeit.
An der Imbißbude bildete sich eine Traube,
obwohl die Hütte hieß „Die Rostlaube“.
Doch auf dem Parkplatz, sonst nirgendwo,
stand sogar ein Dixi-Klo.
Und das schönste war dabei,
alles gab es kostenfrei.  
Aber wir sind verkehrt verkehrt
und beim „Singenden Wirt“ eingekehrt.  
Mittags gibt es dort brav und bieder,
nur unschuldige Küchenlieder.
Doch abends, wenn manch Fahne weht,
werden Text und Pegel aufgedreht.
 
Endlich mussten wir uns beeilen,
der Dampfer konnte nicht verweilen.
Die Abfahrtszeit war fast heran,
da trat ich ein als letzter Mann.
Der Käpten hat den Gruß gesagt,
das nutzte ich und hab gefragt:
„Falle ich ganz vorne auf die Knie
und dabei den Korken zieh,
was wird dann gescheh’ n?
Sagen sie es Herr Kapitän.“
„Da geht’s um Passagiere, Wasser, Fisch.
Ich komm nachher an ihren Tisch.“
Bei Bockwurst, Bier, Kuchen, Kaffee
schipperten wir auf dem Senftenberger See.
In S… hat man den Tourismus verschlafen,
dort baut man jetzt noch am Hafen.
 Für Träger von Schlips und Broschen
war Start und Ziel in Großkoschen.
Wir trafen Paddler, Surfer, Segler,
bunte Bojen als Wasserstraßenregler.
Und sahen Zelte, Kinder, FKK,  
kamen dem Naturschutz nicht zu nah.
Uns folgten Fische, Reiher, Kormorane
und eine Möwe auf dem Mast der Fahne.
 
Wir strebten schon den Hafen an,
da kam endlich der Käpten an.
„Sie wollen hier worken
und sich schaffen am vorderen Korken?
Wenn sie den geschickt raus ziehen,
kann die Luft dem Schiff entfliehen.
Dafür strömt dann Wasser munter
und wir gehen alle unter.
Doch damit so was nicht passiert,
ist ganz hinten noch ein Korken positioniert.
Zieht man den mit Ruck heraus,
läuft das Wasser wieder raus.
Und auch ihre nassen Socken
werden dann bald wieder trocken.“
Nun konnten wir uns in Sicherheit wiegen
und sind glücklich wieder ausgestiegen.
 
2012 ©  Wolf-Rüdiger Guthmann 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.10.2012. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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In meinen Gedichten, schreibe ich mir meine eigene Realität, meine Träume auch wenn sie oft surreal, meistens abstakt wirken. Schreiben bedingt auch meine Sprache, meine Denkmechanismen mein Gefühl für das Jetzt der Zeit.

Ich vernehme mich selbst, ich höre tief in mich rein, bin bei mir, hier und jetzt. Die Sprache ist dabei meine Helfershelferin und Komplizin, wenn es darum geht, mir die Wirklichkeit vom Leib zu halten. Wenn ich mein erzähltes Ich beschreibe, beeinflusse, beschneide, möchte ich begreifen, wissen, welche Ursachen Einflüsse bestimmte Dinge und Menschen auf mein Inneres auf meine Handlung nehmen, wie sie sich integrieren bzw. verworfen werden um mich dennoch im Gleichgewicht halten können.

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