Die Trauminsel

Im Briefkasten die Werbeflut
ist meistens schon ein alter Hut.
Doch neulich ward es interessant,
weil ich ein besonderes Angebot fand.
Sandy Island -Trauminsel vor Australien,
lud ein zu bezaubernden Ferien.
Es gäbe dort garantiert keine Krabbeltiere
und nachts auch kein Einheimischer stiere.
Tsunamis und Vulkane hätt es nie gegeben,
man würde dort auch ohne Fahrzeuge leben.
Weiße Strände, ganz ohne Quallen,
würden jedem noch gefallen.
Diese Insel wollte ich in natura sehen,
drum ließ ich Frau und Essen stehen.
Computer an, den Lageplan entfaltet,  
und den Satelliten eingeschaltet.
Objekte, die groß wie ein Bus,
uns die Technik zeigen muss.
Schönes Wetter, klare Sicht,
mehr braucht man aus dem Weltall nicht.
Alles da, die Luft ganz klar,
doch keine Insel, sonderbar.
Dort, wo sie weiße Strände loben,
Meer und hohe Wellen toben.
Gingen die Lobesworte etwa ins Hemd
und die Insel wurde weggeschwemmt?
Auch die Aufnahme war nicht schief,
doch das Meer anderthalb km tief.
Die Trauminsel auf diesem Fleck
ist bestimmt ein Werbegag.
Doch heute habe ich erfahren,
diese Insel existiert seit Jahren.
Aber nur mit Phantasie und Elan
bei der Sat-Firma auf dem Plan.
Ein Zeichner, den man abgehängt,
hat seiner Liebe die Insel geschenkt.
Einige Mausklicks statt Stift oder Pinsel, 
schon gab es eine unbekannte Insel.
Einen Reporter dafür interessiert,
schon war die Insel registriert.
Fotos von bekannten Stränden
ließen sich drehen und wenden.
Schon glaubte jeder Australien-Tourist,
das das ein Geheimtipp ist.
Doch die Freundin in seinen Armen
hatte mit dem Zeichner kein Erbarmen.
Als er sie schwanger dann versetzt,
hat sie alles aus Rache verpetzt.
 
2012 ©Wolf-Rüdiger Guthmann