Verloren

Egal, ob einer viel besitzt oder sammelt, 
ob er es offen zeigt oder still verrammelt,  
ob die Sache sehr heiß ist oder gefroren,  
es geht davon auch immer etwas verloren.
 
Oft muss man seine Verluste schon planen,   
wenn still sich beginnt etwas anzubahnen.  
Bei einer Frau, die noch so sittsam und rein,  
wird es fast immer auch ihre Unschuld sein.
 
Und selbst die Männer in den besten Jahren  
verlieren stets und gern etwas beim Paaren.  
Und wer nicht stets die getraute Liebe pflegt,  
als Verlierer oft nur noch die Scherben fegt.
 
Genauso sieht es bei Sport und Wette aus,
mancher verlor so schon den Hof und das Haus.
Beim Fußball ist es dann oft nur die Stimme,  
die nun für sich behalten kann das Schlimme.  
 
Der verliebte Poet hat gern verloren 
die Worte über Augen, Mund und Ohren.
Er rühmte Nase, Brüste, lange Beine,  
und verlor doch das Gefühl für das Feine.
 
Manchem Fahrer, der raste unverfroren,  
ging auf der Fahrt die Übersicht verloren.
Und die Reifen, deren Profil nicht exakt,  
verloren schnell gleitend den Bodenkontakt.
 
Die Kinder junger Liebe mit wildem Hopp,
verliert später oft der Esel im Galopp.
In einer Babyklappe, halb erfroren,  
geht anfangs die Identität verloren.
 
Bei der Jagd schießen nicht alle daneben,
darum verliert manches Tier so sein Leben.  
Nur Kriege, egal wer sie wie geboren,  
gehen für alle Parteien verloren.
 
Durch das leidige Neubau-Dübel-Bohren 
geht im Haus leider die Ruhe verloren.
Und mancher Marder hat durch sein Rumoren  
unverhofft Ruhe und Versteck verloren.
 
Der Politiker, für ein Amt erkoren  
hat dann doch die amtliche Wahl verloren. 
Später singt er vor verschlossenen Toren,  
weil er bereits alle Schlüssel verloren.
 
Gibt einer zu schnell und zu stark die Sporen,  
hat das Pferd schon oft den Reiter verloren.
Gerne hätte ich euer Glück beschworen, 
doch ich habe nun den Faden verloren.
 
23.05.2013 ©  Wolf-Rüdiger Guthmann