Inge Offermann

Sommerfriedhof

Juli kleidet den Ort
der Stille und Ruhe
in Sonnenfarben.
Wege und Gräber
liegen im Goldlicht.
Zeit des Pflanzengießens.
Beim Begärtnern lernt man
deren Eigenleben näher kennen.
Manchmal stellt sich auch
überraschender Wildwuchs ein.
Zwischen dicht wachsendem
Cottoneaster schauen mitunter
Schöllkraut, Reiherschnabel
Distel ein Weidenröschen hervor,
auch die Zaunwicke klammert
sich gerne mit ihren Ranken
an dessen Strauchwerk, das
nach einem Grabstein streckt,
den Farnbüschel beidseitig
einrahmen, wenn sie grüne
Sommerwedel entrollen.
Löwenzahn und Vogelmiere
nisten sich mit Vorliebe
im Azaleenschatten ein.
Zaunwicken erobern rankend
ein Immergrünpolster, das sie bald
mit Blütentrauben überwuchern,
von Bienen und Hummeln angeflogen.
Dankbar blüht das Immergrün
nach der Auslichtung dieser
dieser fliederfarbenen Plagegeister,
die bald wieder rankend auftauchen.
Vorwitzig wagt sich unter
einem Spindelstrauch
eine Efeuranke hervor,
die trotz Auszupfen
immer wieder nachwächst.
Der Spindelstrauch selbst,
einst ein Bodendecker,
zog es vor, sich zum
stattlichen Busch zu entwickeln,
der neuerdings mit winzigen
zartgelben Blüten übersät war,
die nach Windbestäubung
zu hellrote Beeren reifen.
Nachbar Buchs verwandelte
sich vom winzigen Schössling
in einen wuchsfreudigen
Busch mit munteren Trieben.
Seit dem letzten Rückschnitt
nach strengem Winter blüht
die blaue Hortensie zwar nicht,
hüllt sich aber in reichlich Blattgrün.
Bienen und Hummeln haben es
besonders auf die himmelblauen Sterne
der Jungfern im Grünen abgesehen,
die bereits nach kurzer Blütezeit
blasenförmige Samenhüllen bilden.
Schon regt gelber Husarenknopf,
auf das Welken der Jungfern harrend,
um das Erdreich zu besetzen und
seinen Augustteppich ausbreiten.
Neben einer blassen Begonie trägt
die im Winter rotbeerige Bärentraube
erstmalig weiße Sommerglöckchen.
Das im Herbst eingesetzte Silberblatt
will mit dem Blühen keine zwei Jahre,
wie im Gartenbuch beschrieben warten,
sondern treibt schon im ersten Sommer
eine kräftige gelbe Blütenrispe aus.
Auch der Hornsauerklee bedeckt
nach und nach rotblättrig sein Terrain,
füllt dieses bald gelbsternig aus.
Schattenkühl die Bänke unter
sommerlaubigen Kastanien,
dunklen Eiben und Fichten.
Bunt grüßen Studentenblumen,
Fleißige Lieschen und Salbei
von den Wegrandbeeten,
Feuerlilien und Ringelblumen
flammen unter Eschen und Kiefern.
Zitronenfalter und Tagpfauenaugen
gaukeln zu Schwarzer Susanne,
Kapkörbchen und Sonnenhut.
Rosenmalven lehnen sich
an die Lebensbaumhecke
der weitläufigen Grünanlage.
Abends schlüpft ein Fasan
von der nahen Auenwiese
durch eine Öffnung zwischen
Thuja, Rotdorn und Spiere
in das Friedhofsgelände.
Durchdringend ertönt sein Ruf
im buschgrünen Versteck,
Kohlmeisen nisten gerne in den
gelbblühenden Trompetenbäumen,
Ammern schaukeln in Silbertannen,
Amseln lieben glatte Grabsteine
als begehrte Sitzplätze und
ein Maulwurf erwählte den
Gänseblümchenrasen
neben der Friedhofskapelle,
zu seinem neuen Domizil
versah dieses eifrig grabend
mit zahlreichen Erdhügeln.
Im nahen Dorfbach tummeln
sich Enten und ein Wasserhuhn
zwischen Schilf, Blutweiderich
Baldrian und Brombeerranken.
Blutpflaumen und Berberitzen
gemahnen an den nicht
mehr allzu fernen Herbst
und gleichzeitig an die
Vergänglichkeit des Lebens.
 
© Inge Hornisch
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.07.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Die Autorin, geboren 1960, wohnt im Dreiländereck Nordrhein-Westfalen/Hessen/Rheinland-Pfalz. Erst spät hat sie ihr Talent zum Dichten entdeckt und ihre Gedanken und Erfahrungen zusammengetragen. So entstand eine Gedichtsammlung, an der die Autorin gerne andere Menschen teilhaben lassen möchte, und daher wurde der vorliegende Band zusammengestellt.

Das Leben ist zu kurz, um es mit Nichtigkeiten zu vergeuden oder um sich über die Schlechtigkeit der Welt allzu viele Gedanken zu machen. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht vergiften lässt und so lebt, dass man jederzeit in den Spiegel schauen kann.

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