Thomas Kleinrensing
Nacht
Meine alte Tanne nickt mir Vertrauen zu.
Die Pappel flüstert das Taubenpaar in den Schlaf.
Nur noch eine Rotte Mauersegler zirpt Flugspiele zwischen ächzende Dächer.
Das Licht verdampft im ausschwitzenden Tag.
Dieser Abend geht hinüber in die Nacht,
als wolle er nicht mehr.
Er stirbt wie ein Tier mit geweiteten Augen.
Das Mondrad rollt behäbig und prall den Bronze zeigenden Fernsehturm empor.
Ein Kreis rundes Semmel blasses Lächeln vor schwarzflirrendem Damast.
Das Land zerfällt.
Mit einem letzten Erröten stürzt es hinter mir über den Horizont.
Heulmüde Kinder auf gespreizten Fensterflügeln wimmern sich ihren Träumen zu.
Schwüle klebt noch an den Möbeln.
Die Turmuhr lässt die zehnte Abendstunde hinter sich.
Gassen und Gärten liegen geduckt und leer.
An gusseisernen Laternen lehnen dösende Autos.
und die Wäsche leint sich in die Nacht.
Sterne fallen in kleinen Teilen wie ein Stückchen Lächeln hinab.
Kerzenlicht begegnet sich schüchtern auf dem Balkon.
Ruhe und Stille senkt sich in das Gemüt.
Falter und Mücken wirbeln lautlos um die Lampe im Hof.
Ihr letzter Tanz ums Goldene Vlies
Dinge haben ihre Namen verloren.
Scheinen kaum da zu sein, sind es doch.
Die Wirklichkeit schon im Tiefschlaf.
Stunden entwirren sich,
rollen sich ab vom Tagesknäuel,
ohne zu wissen wohin.
Die Stille rauscht in den Ohren.
Kein Wind über die Dächer schlägt.
Einzig der Schlaf sickert aus den Fassaden
von Schaf zu Schaf.
Dem Dunkel ausgesetzt, beschützt durch gütiges Lächeln,
ein sanftes Leuchten,
wuchern Gedanken, dämmern Träume dem lichten Leben entgegen.
Die Glocke schwingt Zeitlupe gegen die gestrandeten Fassaden.
Sekunden Kaugummi kauend auf den Zinnen.
Ein Schleier aus All hat sich über das Land gelegt,
ein sanfter Faltenwurf, vage Linienführungen.
Nachts schlagen die Blüten nach Innen aus und schuften sich die Hügel fort.
Die Ewigkeit der Orte verleitet zum Fallen in die Höhe.
Und morgens der Sonnenaufgang, nicht weniger als eine himmelblaue Prophezeiung.
So lang ich denken kann – immer noch.
Tom, 26. Juli 2013 (inspiriert nach der Lektüre eines Gedichtbandes)
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.10.2013.
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