Irene Beddies
Besuch
Besuch
In einer stockfinsteren, kalten Regennacht,
als kaum das helle Feuer im Kamin entfacht,
klopfte es herrisch an das Seitentor.
Als ich die Tür schließlich zitternd aufgemacht,
stand ein zerlumpter bärtiger Kerl davor
und hat mich mit hämischer Freude angelacht.
So glaubte ich, gelehnt an die Wand im Korridor,
und wähnte, mir sei Raub und Mord zugedacht.
Gegenwehr zog ich nicht in Betracht.
Er aber flüsterte mir mit heißem Atem ins Ohr:
„Verurteile mich nicht. Handle mit Bedacht!
Ich bin ein verfolgtes Opfer böser Niedertracht.“
Ich sah zum ersten Mal genauer zu ihm empor
und entdeckte in seinem Blick leichten Humor.
Unter seinen Lumpen glitzerte goldene Pracht.
Trug er dort Zeichen von eines Königs Macht?
Ich beugte das Knie in Ehrfurcht und schwor,
nachdem ich die Situation gründlich überdacht,
ihn zu beherbergen heimlich mit allem Komfort.
Später habe ich schlaflos seinen Schlaf bewacht,
weil ich an ihn mein sehnendes Herz verlor.
© I. Beddies
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.12.2014.
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