Alina Jeremin
Blinde Sehende
Dein Geburtstag war ein Freudenfest, mit Freunden weit und breit.
Man lacht, genießt und freut sich sehr, keine Zeit für´s große Leid.
Du siehst dich um und fragst dich noch, was gibt´s da zu beklagen.
Sie lieben dich, du magst sie auch. Wonach willst du noch fragen?
Doch wohnt in dir der Schmerz ganz tief, der läßt sich nicht verkaufen.
Alle leben strebsam weiter, doch du selbst hast dich verlaufen.
Du sprichst mit dem, und tröstest den, und lachst sehr viel im Chor.
Mit jedem Wort, das die Tage fällt, fühlst du dich mehr verlor´n.
Manch´ Sehender, der fragt dich noch: Sag, alles klar bei dir?
Du bejahst, bringst noch ´nen Witz, mehr wollten sie nicht hör´n.
Niemand weiß, wie es dir geht, womit du so lang kämpfst.
Doch könntest es nicht mal erzählen, weil du es selbst nicht kennst.
Es ist wie Trauer, die stets wächst, und in die Sehnsucht mündet.
Fast ein Schmerz, der nicht weh tut, und sich mit Wut verbündet.
Du sprichst, du tröstest, du lachst und lebst. Eigentlich so wie immer.
Ihn selbst siehst du erst ganz am Schluß: Den Tod in deinem Zimmer.
Niemand hat es kommen sehn, doch dein Ende war geboren.
Keiner sah dir in die Augen, die längst den Glanz verloren.
Nicht einer wollte ehrlich hören, wie es dir wirklich geht.
Doch nun interessiert es dich nicht mehr, ob´s irgendwer versteht.
Du stehst allein auf dieser Brücke, und denkst dir: nur ein Schritt.
Mit Pillen, Messern, Ähnlichem hattest du nicht viel Glück.
Ein kurzes Zögern, doch kein Zweifeln, dein Ende war nun da.
Kein Abschiedsbrief, keine Tränen mehr... nur ganz leis: “Baba“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.05.2004.
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