Ich und Ich

Schon lange her, dass eine fremde Frau bei mir war...
friedlich, wie sie schläft, in Träumen frei und froh.
In einem ander'n Leben war sie vielleicht Schöpferin der Welt
oder Dame eines Königs, der am Mondfluss Psalmen schrieb...
 
Ich und Ich...
in der Schöpfung, wo ihr weder lobpreist oder euch vergebt...
Ich und Ich...
Einer sagt zum andern: "Niemand sieht mich an und lebt."
 
Ich glaub' ich geh raus, mach mal 'ne Runde um den Block,
hier passiert ja nicht viel, ich bin es schon gewohnt...
Und selbst, wenn sie aufwachte, und mit mir reden woll't,
wüsste ich eh nichts zu sagen, ist ja alles lange her...
 
Ich und Ich...
in der Schöpfung, wo ihr weder lobpreist oder euch vergebt...
Ich und Ich...
Einer sagt zum andern: "Niemand sieht mich an und lebt."
 
Einst nahm ich einen schmalen Pfad, wo Vergänglichkeit nicht gewinnt,
er führte zu den Edlen, die das Wort der Wahrheit teil'n.
Es brauchte einen Fremden, um mich Gerechtigkeit zu stell'n,
und "Auge um Auge, Zahn um Zahn" zu akzeptier'n.
 
Ich und Ich...
in der Schöpfung, wo ihr weder lobpreist oder euch vergebt...
Ich und Ich...
Einer sagt zum andern: "Niemand sieht mich an und lebt."
 
Außer zwei Männern am Bahnsteig ist hier niemand zu seh'n,
sie warten, dass der Frühling dampfend um die Ecke schnauft.
Die Welt könnte untergeh'n heute Nacht und es wär' egal,
sie wird immer noch schlafen, wenn ich wiederkomm'.
 
Ich und Ich...
in der Schöpfung, wo ihr weder lobpreist oder euch vergebt...
Ich und Ich...
Einer sagt zum andern: "Niemand sieht mich an und lebt."
 
Es ist Mittag und ich quäle mich wie stets
durch dunkle Gassen, ich kann nicht stolpern oder stille steh'n...
Jemand anders spricht mit meinem Mund, doch ich höre nur noch auf mein Herz,
ich habe allen Schuhe gemacht,  auch dir!, während ich immer noch barfuß lauf!
 
Ich und Ich...
in der Schöpfung, wo ihr weder lobpreist oder euch vergebt...
Ich und Ich...
Einer sagt zum andern: "Niemand sieht mich an und lebt."
 
 
"I and I" written by Bob Dylan
copyright © 1983 Special Rider Music
Übertragung: Patrick Rabe, 2016.