Andreas Vierk

Fuga vom Glanz, vom Kuckuck und vom Kolibri I-IV





I
 
 
Glanz ist die Nacht. – Dort kann der Kuckuck nisten.
Dort hast auch du dein Nest aus Brot gebaut.
Zerbetet bist du längst, dir selbst entblaut,
des Daseins letzten fernen Traum zu fristen.
 
Und Silben schnittest du mir von den Lippen
in atemfeines Aluminium.
Du drehtest mir das Augenweiß herum,
und wuschst mit deiner Gifthand meine Rippen.
 
Lass mich! Ich bin ja kurz vor dem Erblinden,
da mir im Blick das letzte Windlicht glimmt.
Ich kann im Schweigen meinen Weg nicht finden,
 
muss straucheln, um aus dir heraus zu fallen
in einen Teich aus Silbergürtelschnallen.
Glanz ist der See, auf dem der Kuckuck schwimmt.
 
 
 
II
 
 
Glanz ist der See, auf dem der Kuckuck schwimmt,
Absurdität auf seinen Zungensaiten.
Wie kann ich einsam übers Wasser gleiten
in seiner Nacht aus Violinenzimt?
 
Zerfleischt ist meine Kehle, pflaumenfarben.
Und so gelingts mir nicht, mit einzustimmen,
die zweite Geige in die Nacht zu dimmen,
in der die Silben knisternd mir verdarben.
 
Glanz ist die Nacht, in der es knospt und glimmt,
in der der blinde Kuckuck tanzt und schreit:
Das Dunkel, das auch meine Stirn verbleit,
 
der Orkusstrom auf dem ich strudelnd treibe.
Der Sänger hascht erschreckt nach seinem Weibe.
Glanz ist die Leier, die der Kuckuck stimmt.
 
 
 
III
 
 
Glanz ist die Leier, die der Kuckuck stimmt.
Wie eine Wunde aufreißt, brennt der Morgen.
Ich will mir einen Schatten von ihm borgen,
der etwas fort von seinem Leuchten nimmt.
 
Ich binde bäuerlich mein Weh zu Garben,
und an den Wurzeln meines Winterhaares
verberg‘ ich ein geheimnisvolles Rares:
Batistgeflecht aus Hauch und hellen Narben.
 
***
 
Den Kuckuck nehme ich zum Leichtmatrosen,
und Nesselhemden liegen in den Kisten.
Mein Nervengift zerrt schon am Segeltau.
 
Absurdes Leben, tauch ins Wogentosen,
und färbe meine Stimme eisengrau.
Glanz ist der Atem, den am Wind wir hissten.
 
 
 
IV
 
 
Glanz ist der Atem, den am Wind wir hissten.
Er flog wie eine Möwe in den Raum,
verlor sich hinter Flut und Wellenschaum
und in Geschwüren, Adern, Kehlen, Zysten.
 
Für Blutgeld will ich einen Hafen kaufen,
dem Mittag einen weichen Bernsteinkai,
dass in den Augenlidern wieder sei
ein Wasserspiegellicht in hellen Schlaufen.
 
Ein Ölzweig ist’s, von dem der Kuckuck singt,
ein Rebenzweig für dies absurde Sein.
Der Tagmond – eine weiße Turtelschwinge –
 
geht wie ein Kuss in meine Kehle ein.
Glanz ist die Hoffnung, die ich roh verschlinge,
Glanz ist die Traube, die die Lerche bringt.

 

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Andreas Vierk schreibt seit seinem zehnten Lebensjahr Prosa und Lyrik. Er verfasste die meisten der Gedichte des „Septemberstrands“ in den Jahren 2013 und 2014.

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