Ich fragte den Wind

Ich fragte den Regen
Als ich an der Mauer des Waisenhauses stand:
„Warum regnest du so wütend auf mich nieder?“
Der Regen erwiderte: „Weine nicht so viel!“
Und ein Platzregen prasselte auf den Hof.

Ich fragte die Sonne
Als sie mich in ein anderes Waisenhaus brachten:
„Warum scheinst du nicht für mich?“
Die Sonne erwiderte: „Lächele immer!“
Und verschwand hinter den Wolken am Meer.

Ich fragte die Wolken
Als meine Mutter mich nur an Wochenenden betreuen durfte:
„Warum seid ihr so düster über mir?
Die Wolken antworteten: „Beruhige dich ständig!“
Und versammelten sich zu einem Unwetter im Land.

Ich fragte den Schnee
Als sie mich zu einer anderen Familie brachten:
„Warum bist du so kalt zu mir?“
Der Schnee erwiderte: „Erwärme trotzdem dein Herz!“
Und frostige Nächte legten sich klirrend über das Dorf.

Ich fragte den Wind
Als sie mich wieder zu einer anderen Familie brachten:
„Warum wehst du mich hin und her?“
Der Wind erwiderte: „Alles kommt und geht!“
Und blies hinüber zu den Küsten Kaledoniens.


© 15. 06. 2003 ~ S N R