Karl-Heinz Fricke
Der Stein
Da liegt er mäuschenstill und ruht,
er ist weder bös' noch gut.
Doch immer ist er da, ganz still,
das Schweigen ist nach seinem Will'.
Obwohl er gar nicht sich bewegt,
sich auch nicht zu Gefährten legt,
scheint er zufrieden immerdar,
denn er ist für ewig da.
Menschen kommen - Menschen gehen,
er jedoch bleibt stets bestehen.
Kaum beachtet lag er am Wegesrand,
da ergriff ihn eine Knabenhand.
Hoch flog er in den Apfelbaum,
doch verfehlte er die Frucht.
Den neuen Standort kennt er kaum,
der Knabe hat ihn nicht gesucht.
Schön plaziert im hohen Grase,
wird er nun erstmal liegen,
wo er wieder Ruhe fand
und unentdeckt von Knabenhand.
Als des Grases Schnitter kam,
er den grauen Feldstein nahm,
warf ihn hin zum Friedhof nah,
wo grad ein Mann am graben war.
Als man den Sarg versenkte,
dem Stein man keine Obacht schenkte.
Er lag dem Grabe gar zu nah,
und plötzlich war er nicht mehr da.
Dreißig Jahre war'n vergangen,
da hat der Graber angefangen
eine neue Grabstelle auszuheben,
für jemand, der nicht mehr am Leben.
So kam die Erde wieder zutage.
Schaufel um Schaufel flog hinauf.
Herausgehoben aus seiner Lage -
lag der ruhende Stein obendrauf.
Karl-Heinz Fricke 11.08.2005
Anmerkung: Seht euch einmal die Steine an, die uns
überall umgeben. Sie überleben uns alle.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.08.2005.
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