Jasmin Räbsamen

Stille

Stille.
Grausame Stille, lässt mich hören, wie mein Herz nach Befreiung schreit.
Es zerreisst mich, denn ich weiss, dass ich allein es nicht erlösen kann.
Stille.
Unbarmherzige Stille, lässt mich spüren, wie meine Seele blutet unter den Peitschenhieben der Einsamkeit.
 
Im grellen Licht der Spiegel mir zeigt, welch Wesen ein Schmied namens Leid aus mir schmiedet.
Mit einem freundlichen Blick, so flüchtig wie vergänglich, kommt der Glaube, dass mein Herz, meine Gefühle stark sind.
Wäre „glauben“ gleich „wissen“ und „Wahrheit“, so wäre ich stark.
Doch so ist es nicht und so mehrt sich der Schmerz mit jedem weiteren gelebten Tag. Gar stündlich schwankend bewegt sich die Verzweiflung.
 
„Wenn du dich nicht selber liebst, wie soll es dann je ein anderer tun?“ Wenn dies eine Wahrheit ist, dann weiss ich nun, warum ich einsam bin. Doch es ist wahr, sobald ich mich selber liebe, es wirklich versuche, werde ich zurückgeschlagen. So heftig, wie die Faust eines Hassenden ins Gesicht seines Gegenübers trifft.
Ich sehe dann, dass niemand sonst mich liebt…
Ich liebe mich, warum tust du es dann nicht?
Ich gefalle mir, so wie ich jetzt bin. Warum gefalle ich dir nicht?
 
Enttäuschungen.
Sie sind meine grösste Angst, mein ärgster Feind.
Und ihr, die ihr die Stille zu mir schickt, damit ich mein Herz schreien höre,
tragt dazu bei, dass ich meinem grössten Feind niemals voller Zuversicht entgegentreten kann.
 
Ich hasse euch. Ihr, die ihr mich hasst.
Euch ist es egal, dass ich mich verzehre vor Einsamkeit…
Und da ihr es seid, die diese Welt beherrschen, wird niemals die gerechte Strafe über euch hereinfallen.
Aber über mich wird sie kommen, weil ich euch hasse, die ihr bestimmt, wer glücklich sein darf und wer nicht.
Und sie bricht über mich herein, weil es eine Sünde ist, sich selber zu hassen. Die, die es trotzdem tun, werden mit Einsamkeit bestraft.
Ein Teufelskreis.
 
Tränen.
Sie steigen in mir auf, ich wünschte, sie würden es nicht tun.
Dass ich schwach bin, wisst ihr. Doch es euch jetzt durch meine Tränen zeigen zu müssen, schmerzt mich. Denn so muss ich es selber auch einsehen. Sowie die silbernen Perlen von meinen Wimpern kullern, werde ich geschlagen sein. Wieder verliert der Optimismus den Kampf gegen die Realität.
 
Ich wünschte, das Eis würde zu mir zurückkehren.
Ich werde es mit offenen Armen empfangen, sollte es jemals so weit sein. Soll der Frost mein Herz erfüllen mit bitterkalter Seligkeit.
Ruhe wird einkehren, die Stille wird ihr weichen.
Stille ist grausam, Ruhe ist selig.
 
Dann werde ich mich endlich mit der Dunkelheit vermählen können. So lange Zeit war sie nur eine Geliebte, die ich sprunghaft besuchte. Doch sobald das Eis mir Ruhe bringt, darf ich für immer bei ihr sein. Sie, die mich beschützte, so manches Mal, so lange Zeit…
Sie, die sie mich so oft in ihre Arme schloss und mir zärtlich ins Ohr flüsterte: „Ich liebe dich. Du musst dich jetzt nicht selber lieben, denn ich liebe dich. So lange du willst, bleibe ich bei dir… Ich werde dich auf ewig beschützen.“
 
Danke…
Vielleicht werde ich es eines Tages ohne die Dunkelheit schaffen, doch bis dahin…
 
Danke…

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Jasmin Räbsamen).
Der Beitrag wurde von Jasmin Räbsamen auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.09.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Jasmin Räbsamen als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Der Mensch denkt, der Tod lenkt von Waltraud Wickinghoff



Ein Ruhrgebietskrimi mit Blick über den Tellerrand (Mordversuch, Mord und Kidnapping eines Kindes)

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Einsamkeit" (Gedichte)

Weitere Beiträge von Jasmin Räbsamen

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Herz von Jasmin Räbsamen (Liebeskummer)
Gegenwart oder Zukunft von Antje Auel (Einsamkeit)
Meeresträume von Gerhild Decker (Lieder und Songtexte)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen