Karl-Heinz Fricke
Das verletzte Zölibat
Eingeritzt in einer Linde
steht der Name einer Frau.
Lange ist er in der Rinde,
niemand kennt den Tag genau.
Sie starb vor vielen Jahren
den schlimmen Würgetod,
soviel hat man erfahren.
Es herrschte damals große Not.
Sie wies die Männer ab in Scharen,
war gläubig, tüchtig und gescheit.
Mit ihren langen, blonden Haaren,
hätt' ein jeder sie gefreit.
'Ach, dass ich ihnen mich erwehre',
war ihr tägliches Gebet.
Sie legte Wert auf ihre Ehre,
doch sehet wie es weitergeht.
Ein hoch angeseh'ner Pfaffe
lockte sie einst in sein Haus.
Dort umschwärmte sie der Affe.
zog ihr geil die Kleider aus.
Da half kein Bitten und kein Fleh'n.
Sie ließ es über sich ergehn.
Der Pfaffe dan in seinem Stand
keinen Tag mehr Ruhe fand.
Sein Ruf dahin, falls sie's erzählte,
er deshalb einen Plan erwählte,
die er geschändet, umzubringen,
und es sollte ihm gelingen.
Als das Gewissen plagte ihn,
schlich er zu der Linde hin.
Schnitz' ihren Namen in den Stamm,
setzte noch ein Kreuz daran.
Karl-Heinz Fricke 07.03.2006
Anmerkung: Es ist eine wahre Begebenheit aus dem Jahre 1922,
die sich in der Nähe meines Heimatortes zugetragen hat.
Ich möchte darauf hinweisen, dass morgen kein Gedicht
von mir, sondern die Kurzgeschichte "Hinaus in die Ferne"
erscheint.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.03.2006.
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