Karl-Heinz Fricke
Gestern
Gestern war ich noch ein Knabe,
ging zur Schule ganz allein.
Damals gab es kein Gehabe,
ein Kind könnte gekidnappt sein.
Gestern kam ich in die Lehre,
leider hab' ich nichts gelernt,
mit dem ich, wenn ich älter werde
gefeiert werde und umschwärmt.
Gestern kam ich, tief im Kriege,
an ein großes Flakgeschütz.
Es reichte nicht zum großen Siege,
es hat alles nichts genützt.
Gestern fuhr ich in die Tiefe,
in des Berges dunklen Schacht.
Es schien, als ob der Riese schliefe,
doch hat es jeden Tag gekracht.
Gestern zog ich mit Behagen
an den engen Beamtenrock.
Schmuggler galt es nicht zu jagen
und auch nicht den großen Bock.
Gestern zog ich in die Fremde
mit Kind und Kegel übers Meer.
Oftmals war mir eng das Hemde,
doch das ist nun lange her.
Gestern ist das all' gewesen,
die Jahre flogen wie der Wind.
In der Eck' der Arbeitsbesen,
und über fünfzig ist das Kind.
Heute alt, doch unverdrossen
grüb'le ich oftmals vor mich hin,
zwar schon etwas angeschossen,
über dieses Lebens Sinn.
Karl-Heinz Fricke 31.03.2006
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.04.2006.
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