Mußt du im Leben denn allen gefallen-
es recht machen wirklich immer allen?
Muß man tun, als wäre man belesen,
sei immer pünktlich zur Stelle gewesen,
hätte seine Pflicht immer redlich erfüllt -
Mann und Kind den Hunger auf Liebe gestillt?
Warst du treu, fleißig und immer korrekt,
hat keinen Fehler man an dir entdeckt,
warst sehr verträglich – wollt’st keinen Streit
und gab’s ihn doch – warst zur Versöhnung bereit.
Ordnung und Sauberkeit waren dein Pläsier,
man konnte vom Boden essen bei dir.
Du lebtest gesund, warst auch kaum erkrankt,
die Familie auch, dir sei es gedankt.
Du warst kreativ und sehr geschickt,
selbst abends beim Fernseh’n hast du gestrickt.
Beruf, Garten, Kinder – du hast nie gestöhnt,
hast des Nachts noch deinen Gatten verwöhnt.
Hattest immer gute Laune und warst froh -
warst du es nicht, dann tatest du so.
Du hast dir nie die Wunden geleckt
und die Narben der Seele hast du versteckt,
Bescheidenheit man dir nachsagen kann -
stelltest deine Wünsche stets hinten an.
So gut du es konntest, hast du dich gepflegt -
immer Wert auf dein Äußeres gelegt.
Du warst gesellig und hattest gern Gäste,
nur später wurden seltner die Feste.
Hast nicht getrunken und hast nicht geraucht
und das Haushaltsgeld immer sparsam verbraucht.
Das alles ist doch höchst übertrieben-
bist dabei selbst auf der Strecke geblieben.
Um ins Schema reinzupassen,
hast alle Federn du gelassen,
verloren ging dein eignes Wesen -
so bist du nie du selbst gewesen.
Man kann nicht aller Welt gefallen,
nie geachtet sein von allen.
Am meisten ist doch sonderbar,
dass man trotzdem mit dir nie zufrieden war!
Drum tue nun was dir gefällt
und pfeife auf den Rest der Welt!