Karl-Heinz Fricke

Die Schnapsdrossel

Das Leben mancher jungen Maid
wird ehrfurchtsvoll dem Herrn geweiht.
Das beschloß auch die Yvonne,
denn sie wurde eine Nonn'.
Ein Riesensprung, ganz über Nacht
hat solch' Entscheidung sie gemacht.
 
Heraus aus ihrem Sündenleben
als Prosti und als Säuferin,
sich zur Abkehr zu begeben
kam ihr plötzlich in den Sinn.
 
Im Kloster ging's geordnet zu,
die Nonnen kamen kaum zur Ruh.
Da hieß es arbeiten und beten,
Yvonne war deshalb bald in Nöten.
 
Nächtlich lag sie oftmals wach
und trauerte sehr vielem nach.
Niemand stieg mehr uff se druff,
und sie vermisste sehr den Suff.
 
Hamburg, diese schöne Stadt,
ihr immer sehr gefallen hat.
Man ließ sie für fünf Tage raus,
so kam sie endlich außer Haus.
 
Stolz in ihrer Nonnentracht
hat sie sich auf den Weg gemacht
zur Reeperbahn ins Alkazar,
das berühmt für seine Bar.
 
Wodka, Whisky, Gin und Bier,
"Ach mein Gott, was mach ich hier ?"
"Na , Schwesterchen, was solls denn sein,
du kommst doch nicht umsonst hier rein ?"
 
"Ich mich in der Tür wohl irrte",
spielte klug sie die Verwirrte.
"Sagen Sie mir, lieber Mann,
ob ich auch Kaffee haben kann ?"
 
"Alles was das Herz begehrt
wird den Kunden hier beschert.
Auch ein Schlückchen Brandewein
schütten wir in den Kaffee rein !"
 
Darauf sprach sie leis, geziert:
"Das hätt' ich gerne mal probiert.
Ich hoffe, das es niemand sieht,
damit mir Böses nicht geschieht !"
Mit einer Tasse nicht zufrieden,
ist es  dabei nicht geblieben.
 
Eine Stimme aus dem Hintergrund
tat dann allen Gästen kund:
"Diese Nonne kenn' ich doch,
sie säuft noch immer wie ein Loch,
getarnt in einer Nonnentracht,
ja, sie tut alles mit Bedacht !"
 
               Karl-Heinz Fricke   24.07.2006
 
Anmerkung: Die Anregung zu diesem Gedicht gab mir Freund Karl-Heinz Nolte. Herzlichen Dank.

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