Francis Craig

BLUE

 

Einsame Fußspuren im Schnee.
Gedämpfte Geräusche verschluckt
vom Schlaf der Stadt.
Ein Schaufenster, ein Spiegelbild,
eine amorphe Gestalt im Zwielicht.
 
Schlurfender Gang, geneigter Kopf,
Augen ohne Glanz, der Blick ziellos.
 
Die Gedanken driften ab.
Kopfleere.
Warten auf Linie 8 "Sehnsucht und zurück".
 
Nach einem Augenblick, der wie eine Ewigkeit 
erscheint, öffnen sich die Türen.
Er steigt ein.
Nihilismus, Tunnelblick, die Mitreisenden nicht
wahrnehmend.
Es kam noch nie ein Kontrolleur.
Daher weiß er nicht, dass seine Dauerkarte hier
keine Gültigkeit besitzt.
 
Er starrt aus dem Fenster.
Kopfkino.
Blasse Farben, Schemen, aber kein Durchdringen
zum eigenen Drehbuch.
 
Nach 7 Stationen ist Terminus. Das Haus liegt am
Ende der Sackgasse, Wendehammer für Linie 8.
 
Ein einsamer Schlüssel dreht sich im Schloss.
Ein dumpfes Knacken.
Kein "Hallo", kein Bellen und kein Schnurren.
Nicht mal ein Echo seines eigenen Schweigens.
Anonymität im persönlichen Nirwana mit Zentralheizung.
Die Wohnung ist winzig, aber nicht zu klein für Alpträume.
 
Jeden Tag das gleiche, fernbediente Ritual:
Talkshow, Krimi, Nonsens
Sinn egal - Hauptsache keine Stille.
Übertönen, Ablenkung, Betäubung der Sinne.
Droge egal, nur kein Wein - im Wein liegt die Wahrheit.
 
Der blaue Rauch des Vergessens verflüssigt die Zeiger der 
Wanduhr.
Doch der Nebel ist noch nicht dicht genug.
- Oder eine Pille gefällig?
Blau ist auch hier die Farbe der Wahl.
Von diesen besitzt er gefährlich viele.
Aber es gibt auch eine rote. 
Das Verfallsdatum wird bald ablaufen. 
Dennoch hat er sie noch nie genommen, denn
er weiß, ihre Wirkung ist schmerzhaft.
Doch er muss sich bald entscheiden, 
denn eines Tages wird es an seiner Tür klopfen 
- eine Reise ohne Wiederkehr.
Noch hat er die Wahl: alleine oder zu zweit...

 

 

(c) 2005 by Francis Craig  (Frank T. Flachmeier)

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.12.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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