Silvia Pree
Immer wieder
Verkehr tost auf den Straßen.
Pulsierendes Leben.
Obwohl es schon Abend geworden ist.
Grelle Lichter.
Sie erhellen die Dunkelheit.
Überwinden die Schwärze um mich.
Sie blenden.
Anders als die Sterne am Himmel.
Anders als der Mond.
Kalt ist es geworden.
Ich knöpfe meine Weste zu.
Ich friere.
In meinen vier Wänden.
Ich friere.
Nach dem frühlingshaften Tag.
Am liebsten würde ich mich verstecken.
Hinter ein paar Decken.
Ein wenig dahinträumen.
In die Nacht hinein…
Heute sah ich eine Bekannte.
Am späten Nachmittag.
In der Straßenbahn.
Ich kannte sie einmal ganz gut.
Sie war ein wenig jünger als ich.
Eine hübsche Person.
Heute erschrak ich fast.
Über ihr verhärmtes Gesicht.
Über ihre Blässe.
Und dass sie gealtert wirkte…
Ihre blonde Mähne kraftlos.
Sie sah nicht glücklich aus.
Überhaupt nicht…
Sie hatte ein kleines Kind.
Damals.
Und einen Mann.
Schulden.
Altlasten ihres ersten Mannes.
Ein finanzielles Desaster.
Die letzten Jahre.
Nicht spurlos an ihr vorübergegangen.
Die Sorgen sind wohl geblieben.
Und vielleicht auch mehr geworden…
Sie warf mir ein paar verstohlene Blicke zu.
Aus der Ferne.
Ob sie mich erkannt hat?
Mit meinen blonden Haaren?
Verändert.
Und sicher auch gealtert.
Wir werden alle nicht jünger…
Ob sie auch erschrocken ist?
Bei meinem Anblick?
Oder hat sie eher gerätselt?
Wer ich sein könnte?
Wer aus ihrer Vergangenheit…?
Sie wohnt wohl noch wo sie damals wohnte.
Das habe ich bemerkt.
In derselben Wohnung.
Mit der einfachen Einrichtung.
Zerschlissen.
Bunt zusammengewürfelt.
Mangels großem Kapital…
Ihr Gesicht ging mir nicht aus dem Kopf.
Den ganzen Abend…
Ich war sehr hart zu ihr gewesen.
Sie hatte mich überreden wollen.
Gemeinsam mit ihrem Mann.
Ein dubioser Nebenjob.
Fragwürdige Produkte.
Ich sollte mich breitschlagen lassen.
So der Hintergedanke…
Seither war ich ihr aus dem Weg gegangen.
Konsequent.
Ich war verletzt gewesen.
Und beleidigt.
Ich reagiere immer so.
Wenn ich mich wehren muss.
Und verteidigen.
Unerwartet…
Sie hatte es ein paar Mal versucht mich wieder zu treffen.
Aber ich blieb stur.
Ich vertraute ihr nicht mehr…
War ich zu hart gewesen?
Mein Blick verliert sich im Dunkel der Nacht.
Manche Lichter sind ausgegangen.
Aber die Autos brausen weiter durch die Straßen.
Unvermindert…
War ich zu hart gewesen?
Ich zünde eine Kerze an.
Und wärme mich am Anblick der Flamme.
Einen kurzen Moment lang…
Ich ziehe nun mal Leute an.
Leute, die ihren Vorteil in mir suchen.
Mein harmloses Äußeres macht sie zuversichtlich.
Oft treibt sie die Verzweiflung.
Manchmal auch nur niedere Motive.
Aber viele sind einfach in Not.
Die mich benutzen wollen.
So wie sie…
Ich kann ihnen nicht vergeben.
Ihnen allen nicht.
Es passiert mir immer wieder.
Trotzdem.
Und jedes Mal wende ich mich ab.
Für immer.
Weil ich mich nicht mehr benutzen lasse…
Von keinem mehr.
Auch wenn die Leute viel ärmer dran sind als ich.
Oft.
Freundschaft missbraucht.
Es tut immer wieder weh.
Und ich verliere den Glauben an die Menschen…
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.02.2008.
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