Ein braver Mann
Ich hab' gehört und auch gelesen,
daβ man in den Himmel kommen kann,
wenn man auf Erden ist gewesen,
von früh bis spät ein braver Mann.
Nun denk' ich hin und denk' auch her,
ob ich noch Chance hätte,
kann kaum mehr schlafen, plag' mich sehr,
wälz' mich in meinem Bette.
Ein braver Mann? Bedenk' ichs' richtig?
Hat er denn keine Schwächen?
Oh ja, ganz wichtig:
Ich werde seinen Nimbus brechen.
Nun bin ich frei und klettere weiter
auf der steilen Himmelsleiter,
ich heg' den Wunsch noch immer:
ich will ihn sehn' den Himmel!
Die Jahre gehn', das Alter kommt,
vorbei der Jugend Form,
der Mann sich in Erinnerung sonnt,
verspürt ne' neue Norm.
Nun komm' ich leider doch ins Wanken,
kann kaum noch zügeln die Gedanken,
bei all der Schönheit hier am Strand,
das Schicksal drückt mich an die Wand.
Seh' jeden Tag der Schöpfung Krone
im hübschen Kleid, auch manchmal ohne,
ich glaub' ich wiederstehe nie
der schönen, sündhaften Fantasie.
Wer weiβ was "er dort oben" denkt,
der doch die Nöte sicher kennt,
vielleicht ist man gerade dann,
wenn man's nicht glaubt ein braver Mann.
Drum steig' ich sicher weiter
hinauf die steile Leiter,
doch geb' ich höllisch acht,
daβ die letzte Sproβe nicht noch kracht.
KH