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Andreas Vierk (11.01.2017):
Liebe Irene,
wenn du das Gedicht so lesen möchtest! Das habe ich
selbst nicht da rein gelesen. Ich hab es ja unter
Spirituelles eingestellt. - Falls deine andere Frage
auf meinen Neurologentermin abzielt: der ist erst
morgen, und dann rufe ich dich auf jeden Fall an.
Liebe Grüße aus dem tiefverscheiten, glatten und kalten
Berlin von deinem Andreas
Andreas Vierk (12.01.2017):
Liebe Renate.
du hast das Gedicht bislang von allen am besten
aufgeschlüsselt. Die ersten Verse gehen um das
Sterben und eins werden mit der Erde (dein grünes
Haar auf meiner Kopfhaut). Der Sprecher bleibt aber
auf jeden Fall bei Gott. Er trägt den Garten mit
sich, in den er eintritt. Gott selbst ist der Garten
und wartet auf den Sprecher. Ich hatte so ein
bisschen das Johannes-Evangelium im Blick. Doch dann
dachte ich: als was könnte Jesus erscheinen? Und
würden wir ihn dann erkennen? Hier ist er zum
musizierenden Straßenmädchen geworden! Und damit
kannst du das Gedicht auf die zweite Art noch mal
lesen. Dann ist mit dem Du die verlorene Geliebte
gemeint, mit der man sich im Tod wieder vereinigt.
Irene hat das Gedicht als Anrufung des Frühlings
verstanden (als ich es selbst noch mal durchging,
musste ich ihr völlig recht geben!) und Inge geht
durch pathologische Institute und Renaissance-
Bildergalerien. Ich bin selbst erstaunt, auf wie
viele Arten man das Gedicht lesen kann, und es
trotzdem als in sich schlüssig betrachtet! Sehr oft
denke ich beim Schreiben meiner Gedichte, es würde
etwas Höheres aus mir sprechen, über das ich wenig
Kontrolle hätte. Ein Therapeut würde mir da
widersprechen und sagen, ich würde mein Metier
beherrschen aber ein Komplex würde dazu beitragen,
mich selbst zu erniedrigen, Ich weiß es selber
nicht...
Liebe Grüße - Andreas
Andreas Vierk (12.01.2017):
Liebe Inge,
du und dein Benn! Der tat immer so, als wäre er
Chirurg gewesen, aber er war *nur* Frauenarzt. Als
solcher hat er Frauen gehasst und wollte möglichst
schnell aus der ganzen Chose aussteigen. Die Hand,
die sich aus dem Brustkorb zurück zieht ist in meinem
Gedicht Gottes Hand. Du wirst trotzdem mit allen
pathologischen und spätmittelalterlichen
Betrachtungen recht haben. Schließlich endet ein
ganzer Kranz von mir, in dem es um Gotteserfahrungen
geht, mit dem Piepen eines Herzrhythmus-Schreibers.
Du liest das Gedicht als etwas, dass dir eher
gruselt, als Hoffnung gibt. Vielleicht ist das das
Schicksal vieler Glaubensgedichte, das es nicht alle
Formen des Glaubens oder Unglaubens adäquat treffen
kann. Um so differenzierter aber alle bisherigen
Kommentator(innen) das Gedicht aufschlüsseln, desto
mehr merke ich, dass mir damit wohl etwas Besonderes
gelungen ist. Ich wünsche dir für die nächsten Tage,
dass du nicht ausrutschst. Das Wetter soll wohl immer
schrecklicher werden...
LG Andreas
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