Andreas Schulz

Männer, Frauen und das Shoppen

“Wie steht mir das?”
Männer, Frauen und das Shoppen

Ich erzähle niemandem etwas Neues, wenn ich sage, dass dauerhafte Harmonie zwischen Mann und Frau schwierig oder gar unmöglich ist. Jede Seeanemone pflegt wesentlich einfachere Symbiosen als die, die wir uns zwischenmenschlichen immer wieder auferlegen. In jahrelangen Studien habe es aber sicher nicht nur ich, sondern vermutlich auch genug andere Männer gemerkt, dass in der Erregbarkeitsskala, Kleidung noch weit vor Komplimenten, Klitoris, Kosenamen oder Kultur kommt.

Im Grunde mögen wir Männer Shopping total, nur werden wir meistens ganz falsch interpretiert. Oft wird uns Desinteresse vorgeworfen, wenn wir auf eine Frage, ob wir dieses oder jenes mögen, nicht direkt reagieren. Diese Schlussfolgerung ist aber grundverkehrt, weil wir vermutlich gerade nur eine Frau mit größeren Titten als die der eigenen Begleiterin gesehen haben, die Umkleidekabine im Kaufhaus neben der der Freudin nicht ganz zugezogen war oder der Blick auf die Dekorateuse im Schaufenster interessanter war, als das textile, direkt daneben platzierte Objekt der weiblichen Begierde. Aber mal ehrlich - können wir uns leisten so ehrlich zu sein? Es gibt nichts Fataleres als einen “Du liebst mich nicht”-Heulkrampf oder eine “Du Schwein”-Ohrfeige im oder vor dem Klamottentempel. Da könnten wir auch gleich öffentlich im Bahnpendelverkehr wild herum onanieren. Das Stadtgespräch wäre uns in beiden Fällen sicher. Letztendlich müssen wir, als zum mit-shoppen genötigter Mann, auch immer daran denken, dass die Kreditkarte im Stellenwert weit von Wahrheit oder Lüge kommt.

Wer ein wenig in einem solchen oder ähnlichen Szenario gut aus der Wäsche gucken möchte, sollte es mit ein wenig Übung locker schaffen, dass man bald den Ruf eines wahren Galan geniessen kann, sofern man das möchte. Falls man sich jedoch später noch einmal der Partnerin entledigen möchte, sollte man ganz einfach wieder nur in dem üblichen Trott verfallen.

Hat man zum Beispiel eine Freundin vom abgemergelten, durchgekifften Schlag einer Kate Moss, also irgendwo zwischen Konfektionsgröße Bulimie und 32, dann dürfte eure erste Anlaufadresse und Shoppingmeile sicher sowas wie H&M sein. H&M steht nicht grundlos für hässlich&mager, wie ihr sicher bei eurem ersten Besuch, ob alleine oder zu zweit, bemerken werdet. H&M Klamotten sind fast zu 100% meistens sehr bunt und grobmustrig und das mit vollem Kalkül. Da fällt es kaum auf, wenn Frau sich nach der nächsten Fressattacke wieder den Finger in den Hals steckt und dabei ein bisschen die nabelfreie Bluse vollkotzt. H&M Klamotten sind ja auch designed “to fit every mood”. Da ist was Wahres dran. Falls aber eure Freundin nun doch nicht ganz so knochig, 14 oder völlig desillusioniert ist, dann sollte man wirklich um jeden Preis vermeiden, seine Begleiterin in die Nähe eines H&M Ladens zu bringen. Das endet sonst nur in Depression und weinerlichem Getue und ihr müsst unter Garantie die nächste Brigitte Diät mitmachen oder es gibt am Abend nichts warmes zu essen mehr - und das mindestens bis zum nächsten Versuch, etwas bei H&M zu erstehen, wo die Knöpfe von Hose oder Bluse nicht zu gefährlichen Geschossen werden sollen.

Nicht minder gefährlich und mit dem Risiko von starkem Fehlverhalten belastet, sind zum Beispiel Bekleidungsversuche bei Ulla Popken oder ähnlichem Tempeln für die Frau jenseits von Gut und Böse, 100 Kilo oder typischer Seerobbenstatur. Wenn ihr also wirklich, und ich meine damit, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt, so eine Partnerin habt, die ihr Gewicht nicht “kennt” (was nur soviel heisst wie, zu feige es auszusprechen), und mit dieser in einem Übergrößenpalast nach Kleidung Ausschau haltet, dann versucht nicht immer direkt an ihrer Seite zu sein. Falls sie euch jedoch im festen Amazonengriff mitschleift, dann solltet ihr es tunlichst unterlassen, so etwas wie “Das macht dich total schlank” zu sagen. Dicke Frauen sind meistens ziemlich realitätsnahe Menschen und wissen mittlerweile mehr als gut, dass selbst die dünnsten Längsstreifen aus der Statur einer Bruttoregistertonne noch immer kein graziles Reh machen. Hingegen positiv macht es sich, wenn man seinem Lieblingsmoppel einen ordentlich Klaps auf das ausladende Gesäß in der anprobierten Hose gibt, auch wenn dieser dann noch 2 Tage später vibriert. Frauen dieses “Schlags” fühlen dadurch direkt eine Art Bestätigung, dass euch das zusagt, auch ganz ohne Worte. Bleibt nur zu hoffen, dass sie dadurch nicht auch noch viel mehr fühlen wird und nach dem Shoppingbummel über euch her fällt.

Der Durchschnittstypus Frau ist da schon einiges einfacher, aber auch hier kann man sich, sofern man nicht wirklich wachsam in seiner Wortwahl oder seinen Handlungen ist, gut in die Nesseln setzen. Was ich einige Male als besonders fatal erlebt habe, ist der Kauf von Wäsche. Ich bin mir mittlerweile fast todsicher, dass das nicht unsere Materie ist und wir uns da a) nicht einmischen sollten, außer vielleicht möglichst diplomatisch “ja” und “Amen” zu sagen und b) nie versuchen sollten, unserer Partnerin Wäsche zu schenken. Das geht garantiert in die Hose. Wer nun allerdings doch seiner Liebsten beim Wäschekauf zur Seite stehen mag, weil er nur bei Feinripp, blau oder Strapsen noch etwas im Schritt spürt, soll das natürlich gerne tun. Geht ihr dabei allerdings hin und schlagt eurer Freudin etwas vor, was auch nur entfernt den Anschein eines Push-Up hat, dann könnt ihr auch sicher sein, dass sie euch entweder sagt, dass das “billig wirkt” oder, wenn sie eher der heulige Typ ist und eine Körbchengröße kleiner gleich b hat, ihr zu hören bekommt, dass sie weiss, dass euch ihre Brüste zu klein wären. Diskutieren ist nach solchen Äußerungen zwecklos. Abstreiten ebenfalls. Zustimmung sowieso. Gehört ihr jedoch zu den Mutigen und ihr wollt eurer Partnerin so etwas als Geschenk machen, dann könnt ihr sicher sein, dass sie sowas genau einmal trägt und das an dem Tag, wo ihr es ihr geschenkt habt oder vielleicht noch einmal dann, wenn ihr monatelang keinen Sex hattet und sie langsam auf dem Zahnfleisch geht. Geht ganz einfach davon aus, dass ihr irgendwas daran nicht gefällt. Manchmal drücken die Stäbchen oder es scheuert etwas oder oder oder. Irgendwas fällt ihr immer ein. Wenn sie besonders verlogen ist, dann sagt sie euch sicher, dass man sowas “Schönes” doch nicht jeden Tag tragen kann, was soviel bedeutet wie nie. Sollte also so ein Kauf ins Haus stehen, geht inzwischen Krawatten gucken oder schaut nach bequemer Unterwäsche für euch selbst.

Doch halt, eine Sache habe ich noch vergessen. Etwas, das uns Männern das Vorurteil, dass wir nicht gerne shoppen würden, am meisten aufbauscht. Etwas, was jede Frau als das größte Heiligtum der gesamten Bekleidungsindustrie erachtet, was mindestens 3 Ikea Ulf Schränke füllt und was bei keinem ausgedehnten Shoppingmarathon fehlen darf - Schuhe! Dabei liegen die Frauen der größten Fehlinterpretation bzw. Annahme der gesamten Modehistorie auf. Wir Männer mögen Schuhe. Nicht nur an uns selbst, nein, an unseren Frauen. Wir mögen wirklich jede Art von Pumps, Stilettos, Stiefeln, High Heels und sogar Plateauschuhe, wenn unserer Partnerinnen außer solchen Schuhen weiter nichts am Körper tragen. Da wir mit diesen Schuharten nun wirklich geschmacksmäßig fast die ganze Schuhpalette abdecken, ist es schlichtweg eine Lüge, dass wir da vor Desinteresse nur so strotzen würden. Natürlich gibt es, und das muss man fairer Weise auch eingestehen, auch Ausnahmen. Aber ist es denn zuviel verlangt, wenn man sich wünscht, dass Frau andere Schuhe wie Flip Flops, Sneakers oder Adiletten entweder beim Kaffeeklatsch mit der Freundin oder beim Putzen tragen, wenn wir nicht daheim sind? Ich denke nicht denn wir Männer beweisen doch recht deutlich, auch beim Schuhwerk, eine ausgesprochene Toleranz, wenn nicht sogar starke Affinität zum Schuhtick der Frau. Unterstellungen dieser Art sollten wir uns wirklich nicht bieten lassen.

Jede andere Art von Bekleidungskauf mit einer konfektionierten Durchschnittsfrau ist recht schmerzfrei. Nur eben bei stark figurbetonten Dingen sollte man sich einfach zurückhalten. Es ist einfach sinnvoller für unseren Seelenfrieden, wenn wir nicht einer ausgewachsenen Diskussion mit einer Frau ohne objektive Einsicht gegenüber stehen wollen. Vor allem hat es den Vorteil, dass Frau dann zufrieden ist und wir unsere Ruhe haben. Man muss eben nur ein wenig an seiner Wortwahl feilen. Ein langgezogenes “Jahaaaa” ist genauso Gift wie z.b. “hmmm” oder “es muss dir gefallen”. Ganz tödlich ist natürlich ein schlichtes “Nein”. Frauen wollen nicht wirklich unsere Meinung hören, sondern etwas, das wir nie ergründen werden. Denkt euch etwas blumiges aus, etwas, das nach wirklichem Interesse klingt, etwas, was ihr das Gefühl gibt, einen tollen Mann zu haben. Verstehen müssen wir es nicht. Nur realistisch vortragen. Frauen wollen wirklich belogen werden und sie fühlen sich gut dabei. Im Grunde ist es doch wie bei uns selbst. Wenn uns eine Frau einen Orgasmus vorspielt, ist es uns ja auch egal; Hauptsache, wir hatten unseren Spaß.
 
(c) Andreas Schulz

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.04.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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