Alfred Sieker

Der kleine Bär, der auszog um Busfahrer zu werden

Es war einmal ein kleiner Bär, der stand in einem kleinen Spielzeugladen im obersten Regal zwischen vielen hübschen kleinen Bären.
 
Es näherte sich die Weihnachtszeit. Festlich geschmückt und von allen anderen Auslagen des Kindertraumladens abhebend, standen alle Bären voller Erwartung dort oben.
 
Tag für Tag wurden es weniger. Kinder kamen und suchten sich die schönsten aus. Übrig blieb der kleine Bär, der sich so sehr einen kleinen Jungen, oder ein kleines Mädchen wünschte, die ihn lieb in die Arme nehmen und eine lange Freundschaft entstehen lassen würde.
 
Der heilige Abend rückte immer näher. Traurig stand der kleine Bär dort oben und sah Kinder kommen und gehen. Niemand schien sich für ihn zu interessieren.
 
Am Tag vor Heiligabend kamen eine hübsche Frau, ein stolzer Mann und ein kleiner Junge in das Spielparadies. Der kleine Junge schaute sich mit leuchtenden Augen um. Sein Vater beugte sich zu ihm herab und zeigte auf die tolle Rennbahn die auf einem der Tische stand. Die hübsche Frau zeigte auf ein Flugzeug, dass an der Decke im Kreise flog.
 
„Junge schau hier her, hier bin ich
. Bitte schau einmal zu mir herauf
. Ich wurde so schick gemacht für meinen Auftritt
.“
 
Dann drehte der kleine Junge langsam seinen Kopf und schaute zu dem kleinen Bären auf.
 
Seine Augen strahlten wie ein Himmel voller kleiner Sterne. Dann zeigte er auf mich und sprang von einem Bein auf das andere.
 
Seine Eltern, nahmen ihn lächelnd an die Hand und versuchten ihn von anderen, schöneren Spielsachen zu begeistern.
 
Noch im Weggehen drehte er sich immer wieder um. Nach einer kurzen Weile standen sie wieder vor dem alten Regal auf dem ganz oben der letzte kleine Bär stand.
 
Schließlich nahm mich der Vater lächelnd aus dem Regal und übergab mich dem kleinen Jungen.  Er nahm mich in seine Arme und drückte mich feste an sich.  Den ganzen Abend gab er mich nicht mehr her.
 
Nach weiter Fahrt kamen wir zu einem schönen Haus, weiße Wände sah ich, eine lange Treppe führte hinauf zu vielen Zimmer. Eines wird meinem Freund gehören, in dem ich fortan auch leben werde.
 
Es war schon spät, die Nacht rückte näher. Der kleine Junge nahm mich mit als es Zeit wurde Gute Nacht zu sagen.
 
In einem schönen bunten Bett lag der kleine Bär in den Armen seines Freundes. In der Nacht ging plötzlich leise die Türe auf. Die Mama meines Freundes kam herein, küsste zart den kleinen Jungen und streichelte über sein Gesicht.
 

 
Glücklich und zufrieden schlief mein Freund- und ich in seinem Arm. Mein Wunsch hatte sich erfüllt.
 
„Ich heiße Sam“, sagte am  nächsten Morgen der kleine Junge zu dem Bären. „Weißt du, ich habe mir schon immer einen Bären wie dich gewünscht, damit ich nicht immer so alleine bin. Mein Papa ist immer viel auf Reisen und meine neue Mama, na ja, sie gibt sich viel Mühe, aber sie kann eben nicht so richtig mit mir spielen. Aber sie ist okay. Wie findest du sie, sie ist hübsch nicht wahr.
 
Komm, ich zeige dir unser Haus und den tollen Garten. Wir werden viel draußen spielen. Hurra, ich habe einen Freund und ganz für mich alleine.“
 
Der kleine
Sam küsste seinen Bären und rannte mit ihm durch das Haus und durch den Garten.
 
Für die beiden begann eine schöne Zeit.
 
Das Frühjahr kam und ging, ein warmer Sommer lud täglich zu lustigen Spielen im Garten ein. Dann kam Sam`s  Geburtstag. Viele Kinder kamen und brachten allerlei Geschenke. Eine große Geburtstagstorte stand draußen auf dem gedeckten Tisch. Acht rote Kerzen brannten darauf.
 

Sam holte tief Luft und blies sie alle aus. Sein Pusten war so kräftig, dass etwas Kerzenwachs auf meinem Rücken landete. Als alle beisammen saßen und lachten und sich freuten, kam ein bärtiger Mann langsam auf die Muter meines Freundes zu. Er beugte sich zu ihr herunter und sagte ihr etwas in ihr Ohr. Es war etwas Schlimmes und sehr trauriges geschehen. Denn die hübsche Frau stand auf und rannte weinend ins Haus. Mein Freund
Sam saß ganz traurig da und verstand nicht was da vor sich ging. 
 
Er stand auf, klemmt mich unter seinen Arm und ging ins Haus. „Was hast du, warum weinst du.“
 

Sam erfuhr von seiner neuen Mama, was geschehen war. Sam`s Papa war mit dem Flugzeug abgestürzt.
 
Wortlos drehte sich
Sam um und ging mit mir auf sein Zimmer. Er warf sich auf sein Bett und weinte viele Tränen in mein Fell. 
 
Ich konnte ihm nicht helfen, ich konnte nur da sein.
 
Es vergingen viele Jahre.
Sam wurde ein Mann und als er 25 Jahre alt wurde, hatte er die Universität beendet und  übernahm die Firma seines Vaters, die bis dahin von seinem Onkel, dem Bruder seines Vaters geführt wurde.
 
Mich hatte
Sam nie vergessen. Ich war bei allen wichtigen Lebensabschnitten immer in seiner Nähe. Es gab immer einen hohen Schrank auf dem ich außen auf der Ecke saß und meinem
Sam zusehen konnte.
 

Sam machte seine Sache gut. Er wurde ein gerechter und sehr kluger Mann. Er wurde von allen die ich kannte sehr gemocht.
 
Er verliebte sich in eine Frau, die ich aber nicht kannte. Ich hatte sie niemals in seiner Nähe gesehen.  
 
Beinahe jeden Tag telefonierten die beiden miteinander. Eines Tages als er wieder mit der Unbekannten telefonierte und das Gespräch dann später zu ende war, legte er den Hörer auf und sagte voller Freude“, „ich werde sie treffen, hörst du alter Freund, ich werde sie in England treffen.
 
Nach meinen Geschäftsterminen werde ich meine Verwandten besuchen und dann treffe ich sie.“
 
Eine lange Woche verging, dann kam mein Freund zurück. Ich erwartete einen glücklichen und frohen Freund.
 
Aber es trat ein mit schweren Schritten und sehr trauriger Mann ins Zimmer.
 
Was war denn nur geschehen, wie kann das sein. Hallo mein Freund, was ist mit dir, warum bist du so entsetzlich traurig. So hab ich dich noch niemals gesehen.
 
Ich sah wie er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug.
 
„Ich muss sie suchen.“ „Das waren die letzten Worte die ich von ihm hörte.“
 

 
Als das Haus ausgeräumt wurde, warf man den kleinen Bären in einen Karton zu Büchern und Briefen.
 
Nach ein paar Tagen öffnete sich der Karton und er wurde in einem alten Regal auf die oberste Ablage gelegt.
 
Neben ihm stand ein alter Bus mit nur einem Scheinwerfer und kaputten Sitzen.
 
Dann kam ihm eine Idee wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
 
Ich werde Busfahrer. Dann komme ich in der Welt herum und wer weiß, vielleicht sehe ich auf den Reisen meinen Freund wieder.
 
Ja, das mache ich. Ich werde Busfahrer. Welt ich komme. Mein Freund, ich komme. Wir werden bald wieder zusammen sein, wie damals, als du mich in den Arm nahmst und ich mit dir mein Glück fand. 
 
Plötzlich kam ein kleines Mädchen ins Zimmer und nahm den kleinen Bären vom Regal
. He du wo willst du mit mir hin.
 

 
An einem Arm nahm das Mädchen den kleinen Bären und schleifte ihn über den Boden.
 
Sie stiegen in einen Bus und fuhren los. Irgendwann stieg das Mädchen aus und ließ den kleinen Bären einfach zurück.
 
Ein Mann saß dann mal neben ihm, er nahm ihn auf und warf ihn schließlich lachend auf die Kofferablage über sich. Hier oben konnte der kleine Bär nicht sehen wann seine Reise zu ende war, wann er aussteigen musste.
 

 
In einem Bus war ich schon mal. Es kann  also  nicht mehr lange dauern. Sam, warte nur noch eine kurze Weile, bald bin ich bei dir.
 
Ich weiß nicht genau wie lange ich dort oben zwischen Zeitungspapier und einem alten Schirm gelegen habe. Es müssen viele Wochen vergangen sein.“
 

 
Der Bus wurde inzwischen nicht mehr benutzt. Er stand lange auf einem alten Schotterplatz zwischen alten und ausgeschlachteten Autos.
 
Dann eines Tages gingen die schweren Türen auf und jemand kam herein. Dann kam noch jemand.
 

 
„Gut ich nehme ihn“, hörte ich einen sagen. „Ich nehme ihn gleich mit.“
 
Jemand fegte den Bus aus und räumte alle Fächer und Ablagen leer. Dann ergriff mich eine Hand. „Ach da schau her, ein alter Teddybär.“
 
Eh ich mich versah, saß ich vorne vor dem großen Lenkrad an der Scheibe. Ist das schön, ganz vorne so hoch über der Straße ich konnte alles wunderbar überblicken.
 
Schöne Reisen unternahm ich, viele Menschen kamen und gingen. Aber meinen Freund sah ich nicht mehr.
 
Ach Sam, wärst du doch bei mir, ich vermisse dich so sehr. Ich glaub ich schaff es nicht mit dem Bus zu fahren.“ 
 

 
Und so fuhr der kleine Bär in einem großen Bus immer der Sonne entgegen.
 
Eines Tages, nach langer Fahrt, gelangte der Bär in eine große Stadt. Diese Stadt lag ein einem Meer und hatte einen großen Hafen. Viele Schiffe aus allen Ländern der Welt gingen hier vor Anker.
 
Schließlich kam der Bär am Ende einer langen Stadtrundfahrt an einen großen Fluss. Über eine schöne Straße mit vielen Bäumen und wunderschönen Häusern ging es nun, bis kurz darauf der Bus stoppte.
 

 
„Alle aussteigen“, sagte der Fahrer. Dichtes Gedränge entstand, alle wollten an die frische Luft und ein wenig die Füße vertreten. Und dann war endlich Ruhe.
 
Als ich dort auf meinem Platz wartete und dabei die schöne Gegend bestaunte, sah ich in der Ferne einen Mann und eine Frau Hand in Hand auf mich zu kommen.
 
Als die beiden fast nahe vor dem Bus waren, erkannte ich meinen Freund
Sam wieder. Hallo Sam, da bist du ja, hier bin ich, Hallo, hier bin ich.
Dann blieben die beiden plötzlich stehen, sahen sich an und lächelten. Als
Sam den Kopf hob und beinahe losgehen wollte, erblickte er mich.
 
Er blieb stehen und legte seine Stirne in Falten und  machte zwei schnelle Schritte auf den Bus zu und blickte mich an.
 
Dann drehte er sich um und schien jemanden zu suchen. In alle Richtungen schaute er. Da saß unweit entfernt der Busfahrer auf einer Bank und las seine Zeitung.
Sam ging zu ihm hin und redete mit ihm. Dabei zeigte er ein paar Mal auf mich.
 

Sam kramte in seinen Taschen und gab dem Busfahrer etwas.
 

 
Alle drei kamen sie nun zum Bus. Ich war so aufgeregt. Die Türen gingen auf und der Busfahrer kam herein. Er nahm mich und gab mich meinem Freund.
 
Der schaute mich an und untersuchte meinen ganzen Körper. Ich bin es Sam, ja wirklich, ich bin es.
 
Ich hatte mich wohl über die Zeit ganz schön verändert. Mein rotes Halstuch war irgendwann abgefallen und der Sauberste war ich auch nicht mehr. Aber er musste mich doch erkennen.
 
Dann drehte er mich auf den Bauch. Was suchte er denn bloß. Aber ja, natürlich, dass war`s. Er wusste, dass ich von seinem achten Geburtstag ein paar Kerzenwachsflecken auf dem Rücken hatte. Die wollte er wohl suchen.
 
Als er mich wieder herumdrehte, lachte er und stupste mir auf meine schwarze Nasenspitze.
 
„Er ist es, ich kann es noch gar nicht glauben“, sagte
Sam erleichtert. Die Frau  an seiner Seite schmunzelte, sie schien Sams Freude zu verstehen.
 
Sie war eine schöne Frau mit leuchtenden Augen.
 
Ich kann
Sam nun gut verstehen, warum er sie damals finden musste. Na ja, er hätte mich auch mitnehmen können, schließlich waren wir Freunde.
 
Aber nun ist alles wieder gut. Vergessen wir die anstrengenden Tage einfach. Das Wichtigste war erreicht, wir sind wieder vereint.
 
Zu meiner Überraschung, wohnte
Sam nun bei der hübschen Frau, in einem der wunderschönen Häuser, die ganz nah an dem Fluss standen.
 
Als wir ihre schöne Wohnung betraten, stellte mich
Sam auf ein weißes hübsches Regal, neben eine hübsche kleine Bärin.
 
Eine verflixt nette Bärin. Sie war die Freundin von Sams Frau. Ach deshalb bemerkte ich, als
Sam mich wieder fand, ihr Verständnis. Es war mir gleich aufgefallen.
 
„Hallo hübsche Bärin, wie heißt du? Ich heiße Sam, wie mein Freund.“
 
„Ich heiße Simone, wie meine Freundin“, sagte sie. „Ich hab schon viel von dir gehört. Wie kommt es, dass du hier bist?“
 
„Das ist eine lange Geschichte, willst du sie hören?“
 
„Na klar, schieß los. Dann erzähle ich dir meine.“ „ Gute Idee, also, es war so…………..“
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Alfred Sieker).
Der Beitrag wurde von Alfred Sieker auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.04.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Alfred Sieker als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Zwergenaufstand! Rebellion von Zwerg acht... von Torsten Jäger



…ein Seelenkrimi über den Weg des achten Zwerges, der loszieht, um den Angstgeistern den Schrecken zu nehmen, Licht in den dunklen Lebenswald zu bringen, die Sümpfe der Depression hinter sich zu lassen und letztlich den Gipfel aller Gipfel zu erreichen...
Torsten Jäger zeichnet eine Wegbeschreibung über seinen geglückten Ausweg aus einer Angsterkrankung.

Humorvoll, mitreißend, poetisch, phantasievoll. Sie ist spannende Lektüre und Ratgeber für Betroffene und deren Mitmenschen zugleich.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Hoffnung" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Alfred Sieker

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Äußerlichkeiten von Alfred Sieker (Lebensgeschichten & Schicksale)
Die Tränenelfe von Andrea Renk (Hoffnung)
Im Irrenhaus von Margit Kvarda (Humor)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen