Irmgard Schöndorf Welch

Minou+Der Sizilianer+Erfahrungen+Die Odyssee. Exposé

 *



 

 

Bis jetzt sind von diesem Roman   hier auf E-Stories  die aufeinander folgenden Teile gepostet:

MINOU
https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?9345+romane


DER SIZILIANER
https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?9964+romane


ERFAHRUNGEN
https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?10658+romane


und die ersten Kapitel von
DIE ODYSSEE GEHT WEITER
https://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?13628+romane
 



Exposé:

Hermine wird 1939 geboren. Als sie ein Jahr alt ist, stirbt ihre Mutter bei der Geburt des kleinen Bruders. Den Vater kennt Hermine kaum. Er ist Soldat in Hitlers Krieg. Hermine wird von ’Haushälterinnen‘ versorgt, kommt dann zu einer Tante. Vier Jahre später heiratet der Vater wieder. Mit der Stiefmutter und dem kleinen Bruder erlebt das Kind die Wirren des zweiten Weltkriegs, die 'Evakuierung' auf einem gräflichen Gut in Bayern. Auch die Endzeit-Zustände des zusammenbrechenden 3. Reiches werden im Roman geschildert.

Dann die 1950er und 1960er Jahre. Das innerlich einsame, oft durch Anfälle von Traurigkeit und allerlei obskure Krankheiten gebeutelte, junge Ding mit übermäßigem Hang zur Romantik findet bei dem Vater und der Stiefmutter keine Geborgenheit.

Hermine befasst sich mit den Helden alter Sagen, verschlingt historische Romane, liest von geheimnisvollen Männern - dem rätselhaften Ostgotenkönig Teja zum Beispiel - träumt nachts von Abenteuern in fernen Ländern.
Als Teenager tauft sie sich frivol in ‚Minou‘ um und beginnt, in Gedanken ihre Zukunft nur auf die Liebe zu setzen.
Alle Leidenschaft möchte sie erleben - denkt sie pathetisch - alles Schöne auskosten, das das Schicksal bereit hält, die Sinnlichkeit erfahren mit ihren vielen Facetten, die Welt im Tiefsten kennen und begreifen lernen. All diese Wünsche will sie sich nicht wirklich eingestehen, denn sie ist ein typisches, gehemmtes Kind der 1950er Jahre. Nach der Schulzeit beginnt sie ihren Job als Telefonistin auf der Post.

Mit siebzehn reißt sie in einer Nacht-und Nebel-Aktion von Zuhause aus und fährt nach Sizilien, wo sie im Jahr zuvor während eines Aufenthaltes in einem Feriencamp den schillernden Conte Ernando Sascala kennengelernt hat, den sie 'unsterblich' liebt und nicht vergessen kann.

Später, nach allerlei Erfahrungen, Irrungen und Wirrungen in der Ägäis, in Rom und München,  führt sie eine große Liebe mit einem ( wieder einmal sehr ) komplizierten  Mann von neuem  nach Griechenland.

Sie kehrt fluchtartig mit dem in Athen geborenen kleinen Sohn ins  Deutschland der frühen 1960er Jahre zurück, wo - ohne staatliche Unterstützung - sehr große Probleme jeder Art auf Mutter und Kind  zukommen. Um den Lebensunterhalt für sie beide zu verdienen, versucht sie sich in stets wechselnden Berufen, gerät auch ins Bar-Milieu.

Nach Jahren des Driftens und 'Ausprobierens' vieler Jobs und Lebenssituationen, sucht sie mit ihrem kleinen Sohn als Frau eines US.Offiziers in Amerika einen neuen Anfang – es ist die Zeit des zu Ende gehenden Vietnam-Debakels und der Anti-Kriegs-Proteste. Es ist auch die Zeit der San Francisco - Blumenkinder und der sanften Drogen. Nach vielen bunten Erlebnissen in der Neuen Welt muss Minou feststellen, dass sie nirgends wirklich heimisch geworden ist.

Sie zieht Bilanz: Ein grelles Bilderbuch voller rätselhafter Hieroglyphen, deren Sinn ich noch nicht begriffen habe ... das ist mein Leben.

*





Leseprobe:

Das Meer ist smaragdgrün, der Strand schwarz vom vulkanischen Sand. Dunkel ragen Klippen aus Lava und Feigenkakteen hoch wie Säulen. Rotes, süßes, blutendes Fleisch ihre Früchte. Über allem der Ätna. Bergmassiv, zerwühlt von Höllenkratern und brodelnden Schlünden. Man sagt, dieser Vulkan schläft nie. Auf seinem Gipfel liegt immer Schnee. Das Eis und das Feuer!

Es ist SIZILIEN.

Die jungen Touristen wohnen in Zelten, in Bungalows. Minou hat lange für diesen Urlaub gespart. Am Tag fegt der Scirocco das Land. Der heiße Wind von Afrika her. Abends kommt die Kühle. Sie sitzen zusammen auf der offenen Speiseterrasse. Die Jungen, die Mädchen. Die Tische sind mit weißem Leinen bedeckt. Tropfkerzen stecken die Ober auf dicke, bauchige Chiantibotteln. Immer neue. Die Kerzen flackern und brennen rasch herunter. Buntes Wachs fließt wie Bäche. Über grünem Glas erstarrt es zu vielfarbigen, pittoresken Mustern und Rinnsalen.

Eine Pergola mit Weinlaub umrankt. In Fischernetzen baumelnd, getrocknete Seepferdchen und echtes Muschelzeug, dazu Kraken, Schwertfisch, Haie ... aus Bakelit. Nach dem Abendessen das Fest. Folklore. Am Strand eine Bühne. Tenöre schmettern mit gewaltigen Stimmen Arien: "O sole mio." Von überall her sind Touristen gekommen. Kopf an Kopf wogt die Menge in der südlichen Nacht. Wenn Applaus und Lachen für einen Moment verstummen, bleibt noch die Brandung der See. Später dann ‚la Tarantella‘. Elegante Tänzer mit Tamburinen, in harlekinbunten Gewändern. Dazu der starke Vino Rosso vom Ätna.

Die Mädchen aus Schweden, aus Deutschland, haben sich schön gemacht: Pferdeschwanz, Ballerinenschuhe, Petticoat-Kleider ... dazu ihre Jugend.
Und die wildernden reichen Signori der Insel kommen her zu ihrem Vergnügen. Die Dons, die Patroni. Auch Papagalli, Giovannis und Tinos.
Aber die Herrschaften aus Catania und Syracus! Maßanzüge tragen sie aus weißer Seide. In hellen Alfas kommen sie vorgefahren: Romeos. Eleganz ist weiß in Sizilien.
Es spielt ein Orchester all die klangvollen Weisen, die heiß geliebten Herz-Schmerz-Schlagermelodien der Welt.

Da löst sich aus dem Kreis seiner Begleiter Ernado Sascala, der Conte. Leicht berührt er ein Mädchen bei der Schulter. Führt sie zur Terrasse über dem Meer, wo Leute begonnen haben, zu tanzen.
Eine hat er sich ausgewählt unter vielen. Die Jüngste. Minou. Fünfzehn Jahre ist sie.
Ihr ist alles ein Traum. Der Himmel. Die Sterne. Die Musik, so brausend wie die Brandung. ‚Der Mann‘, denkt sie, ‚ist schöner als alle die anderen, dunkel und unsagbar fremd.‘

Il Conte. Hoch ragt er auf aus der Menge. Ernando, der Jäger. Ohne Lächeln, ein düsterer, mächtiger Gott ... so erscheint er dem kleinen Mädchen in dieser verzauberten Nacht. Sie folgt ihm im Rhythmus seiner Schritte ... Er lehrt sie den Tango tanzen, spricht ihr von Begehren, während er sie vorsichtig im Arm hält. Spricht von Schicksal ... geflüsterte Worte. Die lasten schwer auf ihr. Schwer wie seine Hand auf ihrer Schulter. Die Stimme des Conte, heiser, erregt. Und jedesmal, wenn seine Blicke sie fassen, zuckt es wie Blitze durch ihren Körper.

Dunkel ist dieser Mann. Rätselhaft. Geheimnisvoll wie der Berg Ätna. Minou glaubt, eine große Melancholie in seinen Zügen wahrzunehmen. Sie sieht seine Augen ... wie Glut in der Asche.
‚Er ist nicht glücklich‘, denkt sie vage und zitternd: ‚dieser Mann ist die Gefahr ... ist die ... Ekstase.‘ Unter seinen Blicken fühlt sie sich jetzt schon verloren. Nur ER zählt, er ist es, war es schon immer: das Ziel ihrer Mädchenträume. Taumelig wird ihr. Kopfüber stürzt sie in den lodernden 'Ring aus Feuer'. Da fällt sie in Liebe.

*

Vier Wochen später. Ende des Sommers.

Kühl ist die Nacht. Am Saum der Bucht lagern die jungen Touristen. Decken haben sie im Sand ausgebreitet. Man reicht die Weinflaschen herum. Paare gehen am Strand. Ihre nackten Füße ... Meerschaum umspült sie. Die sizilianischen Männer spielen Gitarre. Enzio singt. Hell schwingt sich sein Lied auf über das Brausen der See: "Sul Mare lucido". Es funkeln in der Ferne Catanias Lichter. Minou sitzt bei ihren jungen Landsleuten auf der Mauer am Kai.

Ernando, der Conte, kommt mit ein paar Freunden. Da erbebt Minou. Es erfasst sie ein Taumel. Der Puls rast wie im Fieber. Ihren Leib durchfährt es wie ein Dolchstoß, als er im Vorübergehen kurz zu ihr hin nickt. Der Boden versinkt ihr unter den Füßen. ‚Ich bin für ihn leichter als Luft‘, das spürt sie. An einem Abend wie diesem fühlt sie, wie ihr Herz dem des Mannes so nah, doch seines von ihr so weit weg ist.

EINEN Blick ist sie ihm wert. Mit kaum merkbaren Kopfnicken grüßt er zu ihr herüber. Das hat sie niemals gekannt, dieses wilde Wirbeln durch Freude und Schmerz. Die Liebe. Die Lust. Alles hat er sie gelehrt.
Manchmal hatte er sie in das Haus hoch oben am Ätna gebracht. Dort, wo er mit ihr allein war. Dann gehörte sie ihm, war in seiner Macht.

Oder er holte Minou früh morgens vor dem Campeggio ab. Sie fuhren im weißen, offenen Cabriolet über die Strada del Sole, entlang den türkisfarbenen und smaragdenen Buchten und dann tief hinein ins Innere des Landes. Unendliche Weizenfelder! Heiß blies der afrikanische Wind über die Ebenen: Scirocco. Agrigent ... griechische Tempelruinen zeigte ihr der Conte in sonnenverbrannter Landschaft. Später wieder nah der Küste die weiten Orangen- und Zitronenhaine. Dann, aus üppigem Grün leuchtend, von Blüten bekränzt, hoch über dem Meer Taormina, Perle der sizilianischen Städte.

Ernando Sascala hatte Minou gleich am Anfang gesagt, dass er ... nicht frei sei. Sagte es, bevor er sie zum erstenmal mitnahm zum Haus am Etna. Sie war nur ganz wenig verwundert, hatte eigentlich nichts anderes erwartet ... ein Mann seiner Art!
In versteckten Restaurants aßen sie, flanierten nachmittags an Dingen vorbei, die das Herz jedes Mädchens höher schlagen lassen: edlem Luxus, ausgestellt in Siracusas Boutiquen. Alles wollte er ihr kaufen: Armband, Ohrringe, Designer-Kleider, Schuhe, Seidenschal, eine Sonnenbrille. Noch nie hatte ein Mann ihr etwas geschenkt. Es war ihr auch keiner bisher nahegekommen. Nur ER . Nein ... sie würde von ihm nichts Materielles annehmen.
"So eine bin ich doch nicht", hatte sie leise gesagt. So eine wollte sie nicht sein. Niemals. Nein!
Doch: "Pourquois pas?", hatte er lächelnd gefragt und dann: "du würdest mir damit eine große Freude machen!"
Ziemlich ungeduldig wurde er sogar, weil sie so starr blieb. Da gab sie sich am Ende geschlagen und nahm seine Großzügigkeit an. Gewissensbisse? Die kamen und gingen ...

*

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.05.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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