Christine Wolny

NICHT NUR ZUM MUTTERTAG...

 

Wattinchen zählte knapp drei Jahre, als ihre Mutter starb.
Trotzdem kann sie sich noch an eine bestimmte Begebenheit erinnern.
Sie wohnte damals in Steyrermühl, einem Ort, der eigentlich nur wegen seiner Papierfabrik bekannt war.
Dort arbeitete auch ihr Vater. Doch eine Erinnerung an die damalige Wohnung hat sie nicht mehr.
Ganz in der Nähe der Fabrik war eine kleine Kapelle, in dem die Toten aufgebahrt wurden. Von dort ging der Leichenzug zum drei Kilometer entfernten Friedhof.
Wattinchen bekam sehr schnell heraus, dass in dieser kleinen Kapelle ihre Mutter aufgebahrt lag. Sie ging alleine dorthin, denn die Fabrikwohnung, in der sie wohnten, war nur einige Meter davon entfernt.
Dort setzte sie sich hin und betrachtete die Mutter und blieb lange bei ihr. Niemand vermisste sie.
Auch nächsten Tag ging sie wieder hin. Sie fand nichts dabei. Die Mutter lag schlafend da. Wattinchen verstand nicht, was der Tod der Mutter für sie bedeutete. Deswegen weinte sie auch nicht.....
GOTT ist sehr gnädig, denn Wattinchen hatte keine Furcht vor ihrer toten Mutter. Sie fühlte, dass etwas nicht stimmte. Sie schaute sie nur an.
Heute kann sie sich denken, dass keiner von diesem Besuch bei der toten Mutter etwas wusste, denn am Beerdigungstag nahm man sie nicht mit. Sie sollte nichts davon wissen.
Das Bild ihrer lieben Mutter trägt Wattinchen tief in ihrem Herzen. Es war nicht schlimm oder grausam, wie manche Erwachsene es sehen. Sie ist froh darüber, dass sie die Mutter damals so sehen konnte, denn sie spürte, dass es ein Abschied war.
Wattinchen durfte dann später mit Oma auf den Friedhof.
Dort sah sie ein Bild ihrer Mutter auf einer Porzellanplatte eingebrannt.
Manchmal war das Grab schon im November mit Schnee bedeckt.
Fünfzig Jahre später wurde der Grabstein erneuert.
Die alte, verwitterte Porzellanplatte nahm Wattinchen mit nach Hause.
Sie hängte sie an die Wand. So ist eine kleine Gedenkstätte entstanden, an die Wattinchen immer frische Blumen stellen kann.
Wattinchen denkt so das ganze Jahr an ihre Mutter, und nicht nur zum Muttertag.
In ihrer Jugend lernte sie das Gedicht:
Wenn Du noch eine Mutter hast,
so danke Gott und sei zufrieden.
Nicht allen auf dem Erdenrund
Ist dieses hohe Glück beschieden.....
auswendig. Dieses Gedicht kann sie heute noch. Viele ältere Leser werden es noch kennen.
                                                 © C.W.
 

 

 
 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.05.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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