Stefan Ewald

Mein Traum zurück

Es ist ganz merkwürdig und komisch.
Das sagen jedenfalls andere Leute, wenn ich ihnen von meinen Traum erzähle.
Sie meinen ich wäre zurückgeblieben, lebe nicht mehr mit der Zeit oder sei einfach nur verrückt.

Ich lebe im Jahr 2030 in einer der größten Städte der Welt.
New York.
Sie ist sehr bekannt und jedermann hat schon einmal von ihr gehört.
Es wird gesagt, dass du dort alles machen kannst was du willst. Das dort alles möglich ist.
Das mag wohl sein. Aber leben ist dort alles andere als möglich. So denke ich.
Und wegen dieser Auffassung lachen die Leute über mich.
Ich sage dann immer, dass ich doch Recht habe! So viele Maschinen, so viel Hektik und so viel Stress! Alles zusammengeballt auf ein paar Quadratkilometer.
Sie vergessen das Leben, versuche ich den Menschen zu sagen.
Aber ich bekomme keine Antwort. Denn die Leute denken ich erzähle nur wirres Zeug oder sie haben einfach keine Zeit zum reden.

Aus diesem Grund lebe ich alleine im meinem Zimmer in einer Klinik. Die Klinik ist kalt und starr. Sie macht auf mich keinen friedvollen Eindruck.
Hier und da hört man mal einen Schrei von Verrückten. Diese Menschen sind wirklich krank und ich wünsche mir immer, dass sie so schnell wie möglich gesund werden.

Wenn ich manchmal bei mir am Fenster stehe, es ist ein ganz kleines Fenster in meinem Zimmer, habe ich einen freien Blick nach draußen. Aber ich hasse diese Welt, diese Welt die mir Verachtung schenkt.
Dann schließe ich die Augen.

Ich sehe etwas, was für mich sehr besonders ist. Ich sehe einen Waldweg.
Er ist grün und die Blätter fallen in allen möglichen Farben zu Boden, die diesen Weg in ein sanftes Braun tauchen.
Ich schnuppere ein wenig mit der Nase und rieche die erdige Luft um mich herum. Sie ist süßlich und doch irgendwie herb. Tiere haschen zwischen den Bäumen und dem Laub umher. Sie spielen und suchen sich Futter.
Die Sonne scheint hell zwischen den hohen Baumkronen herab. Sie bricht in Strahlen auf und erfüllt den Boden mit Wärme.
Ich höre Vögel um mich herum. Richtige Vögel...

Dann gehe ich weiter und auf einmal sehe ich etwas helles. Es macht auf mich den Eindruck als wäre es Licht. Aber es ist goldener und sanfter.
Ich sehe einen Strand.
Ich gehe Barfuss diesen Strand entlang und ich spüre jedes einzelne Sandkorn zwischen meinen Zehen. Ich spüre jeden Stein und jedes kleine Korn.
Wenn ich meinen Kopf hebe sehe ich das Meer. Es scheint unendlich zu sein und weit und groß.
Ich gehe darauf zu.
Und an der Stelle im Meer, wo das Wasser den Sand überspült, steht ein Sessel.
Ich schaue diesen Sessel an. Ich wundere mich nicht das er dort steht.
Nein, ich finde es schön und setzte mich.
Meine Füße werden von dem kalten Wasser der See nass. Es kribbelt ein wenig. Es fühlt sich gut und schön an.
Ich lächle.
Wenn ich zum Himmel schaue, sehe ich eine Möwe und diese Möwe scheint auf mich zu zufliegen.
Sie kommt immer näher und wird immer größer und größer.
Doch plötzlich fängt sie an sich aufzuteilen und Wege und Strassen zu bilden...

Dann stehe ich in einer Stadt. Einer richtigen Stadt!
Die Sonne scheint im Untergang und es ist warm. Menschen spielen auf der Strasse. Richtige Menschen!
Alt und jung. Alle freuen sich, lachen und genießen das Leben. Sie sind locker und aufgeschlossen für alles Neue dieser Welt. Sie lassen sich Zeit, unterhalten sich und leben.
Vor mir ist eine Gasse. Diese Gasse besteht aus vielen alten Häusern aus Stein, wie man sie oft noch aus alten Zeiten kennt.
Eine Frau sitzt auf ihrem Balkon und unterhält sich mit einer anderen, die auf der Strasse steht.
Sie freuen sich. Es ist nichts besonderes über was sie sich unterhalten. Aber ich merke wie sie sich freuen einfach mal wieder zu reden.
Ich will auf die Frau auf der Strasse zugehen.
Sie dreht sich zu mir um und ihr Blick zeigt ein strahlendes Lächeln.
Ich strecke meine Hand zu ihr aus. Sie gibt mir auch ihre Hand. Sie will mir helfen, mich zu sich zu holen.
Doch eh ich sie berühren kann, passiert etwas schreckliches:

Das Telefon klingelt.
Draußen auf dem dunklen Flur. Es ist ein schwarzer, hässlicher Kasten, und ich wundere mich, denn normalerweise wird es nie benutzt.
Man hat eben keine Zeit für so etwas.
Dann geht die Tür auf und eine Stimme sagt: "Es ist für dich."
"Für mich?" frage ich.
"Ja für dich."
Ich gehe hinaus aus meinem Zimmer und nehme den Hörer mit zitterigen Fingern in die Hand.
Ich kann es immer noch nicht glauben.
Mich will jemand sprechen....

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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