Michael Lieshoff

Der Höllentrip - Oder Nacht über der Welt

Es war ein wirklicher Höllentrip, erst war ich zu spät zur Arbeit erschienen, nun, es mag sich seltsam anhören, doch mich plagten schreckliche Alpträume, während ich vor meinem Fernseher saß und versuchte zu vergessen, mein Boß wollte mich dafür kündigen, ich erhielt eine strenge Verwarnung, die mir die Arbeit an diesem Tag schwer machte. Mein Gott, bei allem, was mir heilig war, nach Feierabend, auf meinem Heimweg, begegnete mir das bis dato schrecklichste und ungeheuerlichste im ganzen Leben.
 
In dieser verregneten und kalten Herbstnacht, da erkannte ich die Wirklichkeit, fern ab allem, was in den Schulen und Universitäten gelehrt wurde, es war eine Ausgeburt der Hölle, die dort in der dunklen Gasse hockte, versteckt zwischen mehreren Mülltonnen, über einem blutüberströmten menschlichen Leichnahm, umgeben von all dem Müll, den wir Menschen an einem Tage produzierten. Es hatte teuflische funkelnde Augen und ich bemerkte es eigentlich auch nur, weil es solch unheimliche Geräusche mit seinem Opfer verbreitete, denn Stück für Stück riß es Fleisch aus dem Körper und warf es wieder aus dem Maul, mir war sofort klar, daß das hier kein Tier war, Tiere töteten, weil sie hungrig waren, dieses Wesen, besser Monster, tötete offenbar nur aus Spaß und das es ihm damit auch ernst war, sollte ich wenige Sekunden später selbst bemerken. Schmatzend blickte das Monster auf, es sah aus wie ein riesiger roserner Fleischkoloß, muskulös und stark, ein Maul so groß wie der Schädel eines Menschen, große teuflische Augen und sehr kleine Ohren, es erhob sich und da erst sah ich, daß es auf zwei Beinen stehen konnte, es scharrte mit seinen Krallen an den Läufen auf dem naßen Teer der Straße. Seine Hände glichen fürchterlichen Pranken mit höllisch scharfen Klingen als Krallen, es blickte mich an und ich hörte nur sein hecheln. Ich glaubte es wollte gerade zum tödlichen Sprung nach mir ausholen, als eine Menschenmenge hinter mir vorbeilief, ich drehte mich nur kurz um, um dem Trubel nachzusehen, da war die Bestie samt seinem Opfer schon fort, hatte sich weiter in die Gasse gewagt und war über eine Mauer gesprungen, mit einer gewaltigen Energie, die mir das Schaudern lehrte, sitzend auf der Mauer in guter Ferne, mit seiner Beute fest im Maul verankert, warf es mir einen Blick zu, der einem tödlichen Pfeil ähnelte, mir war klar, daß es sich mein Gesicht gemerkt hatte, ich sollte mir einen anderen Heimweg suchen.
 
Die Nacht aber, verlief ruhig, ich konnte nicht feststellen, ob mir das Wesen gefolgt war, ich dachte, es wird erst einige Zeit mit der vorherigen Beute zu tun haben, bevor es sich nach mir richtete. Ich überlegte einige Stunden, verzweifelte an der Idee, daß sei nur ein Wahnsinn, ein Alptraum gewesen. Dann fand ich endlich einen seeligen ruhigen Schlaf, der nur vom morgendlichen Wecker empfindlichst gestört wurde. Ich war müde, sehr müde und die Illusion, daß sei vielleicht doch nur eine Einbildung gewesen, steigerte sich immer mehr in mir auf, bis ich sie schließlich glaubte, oder eher gesagt zu glauben vermochte.
 
Wie jeden Morgen streckte sich mein von der harten Arbeit in der Fabrik geschundener erst einmal kräftig, bevor er sich aufraffte, um zur Wohnungstür zu gehen, sie zu öffnen und, mir fiel in diesem Moment dieser ziemlich dunkle Morgen doch ein wenig in den Augenschein, draußen war es nicht einmal hell, ich öffnete also die Tür und bei allen Geistern und Dämonen, plötzlich blickte ich in die teuflischen Augen dieses Wesens, sein Maul war blutüberströmt, in seinen Krallen waren Hautfetzen, noch von dem armen Kerl, den es letzte Nacht tötete.
Es hechelte ruhig und berechnend, doch ich schmiß die Tür so fest zu, wie es nur ging, sie knallte in die Scharniere, daß es nur so krachte und ich hörte es kratzen und scharren an meiner Tür, bei Gott, was sollte ich nur tun ?
 
Ich drehte mich um und oh nein, in meinem Wohnzimmer befand sich eine ganze Herscharr von diesen Höllenkreaturen, alle öffneten schmatzend ihre Mäuler, wetzten ihre scharfen Krallen an meinem Tisch und an meiner Couch, sie knurrten und näherten sich mir, als sich einer von ihnen zu mir in den Flur bewegte, griff ich nach der Tür zum Badezimmer und verschwand in ihm und ich verschloß die Tür, doch auch hier war alles dunkel, ich sah nichts, der Schalter war vor dem Zimmer an der Wand, dann brach jemand die Wohnungstür auf, es gab ein berstendes Geräusch und ich hörte dieses entsetzliche Knurren jetzt vor der Tür zu meinem Versteck. Ich war blind, auf meiner Stirn sammelte sich kalter Schweiß und der Wahnsinn saß mir im Nacken, dann merkte ich einen warmen Atem und ein leises Hecheln, ganz leise, es war hinter mir, Gänsehaut bildete sich über meinem ganzen Körper, Angst packte mich, mein Herz raste, es schien fast zu platzen, da ergriff mich die Begierde der Neugier und ich drehte mich, doch da war nichts, puh, das war knapp. Plötzlich knurrte etwas, da stand auf einmal wieder so ein Wesen, direkt vor mir, es öffnete sein riesiges Maul und holte mit beiden Pranken aus, da erst schien ich zu bemerken, das mein Leben vorbeizog.
 
Unfähig mich zu bewegen, lag ich auf dem kalten gefliesten Boden des Badezimmers, die Monster saßen um mich herum, sie griffen mich nicht an, ich blutete sehr schwer, anscheinend wußten sie, daß ich bald sterben sollte, dann hätten sie mich zu dem Mann von gestern Nacht gelegt.
 
"Ja Doktor Franklin, seitdem wir ihn aus seiner Wohnung holten, wo er sich im Badezimmer einschloß, liegt er immer in der gleichen Position auf dem Boden, die Augen sind aufgerissen und seine Muskeln verspannt, manchmal stammelt er wirre Sätze, wie SEHT IHR SIE NICHT, SIE SIND HIER !" der Mann im weißen Kittel lächelte ein wenig, als er dem anderen den Blick durch die kleine Luke freigab.
 
"Das ist in diesem Stadium der Krankheit normal, Doktor, ich werde ab jetzt diesen Fall übernehmen !", dann schaute er noch einmal finster in den Raum und verschwand in seinem Arbeitszimmer, wo er sich in seinen Sessel setzte und die Augen schloß. Langsam verfärbten sich seine Hände in ein tiefes rosa, aus seinen Fingernägeln sproßen scharfe Krallen heraus, sein Kopf verformte sich so stark, das er ein menschenschädel großes Maul bekam, mit teuflischen Augen und sehr kleinen Ohren ...

 
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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