Christian Fuchs

Der Barkeeper

Es war ein lauer Sommerabend, in der kleinen Bar am Stadtrand, war heute Abend nicht viel los. Nur ein paar Katzen streiften zwischen den Mülltonnen umher.

Die Bar war verraucht und stickig, nur noch ein Gast saß da und starrte an die Wand.

Einen Drink in der Hand, die Zigarette in der anderen, der Kopf tief hängend zwischen den Schultern. Melancholie breitete sich aus, sogar der ansonsten gut gelaunte Barkeeper, sank erschöpft auf seinen Hocker nieder. Nur noch ein Gast und dieser machte nicht den Eindruck, als wolle er in der nächsten Zeit gehen. So schenkte er ihm noch ein Glas ein und sagte ihm dann freundlich, aber bestimmt, dass er nach diesem Drink doch bitte gehen solle.

Der Gast hob den Kopf und sah den Barkeeper an, ohne ein Wort zu sagen und dieser konnte in seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass dieser Mann wohl seelisch gebrochen war, diese Augen waren so leer, der Mund war noch rötlich, vermutlich Lippenstift und doch kippte er einen Scotch nach dem anderen weg, was war bloß geschehen?

Da der Gast bemerkt hatte, dass der Barkeeper immer auf seine Lippen starrte, sagte er

„Es war der Abschiedskuss“. „Ein Abschiedskuss?“, fragte der Barkeeper.

Der Gast seufzte tief „Oh ja, ein Abschiedskuss“. Dann fing er an zu erzählen, dass ihn seine Frau verlassen hatte, sie hätte ihm noch gesagt, dass sie keinen anderen Mann habe, sondern nur die Gefühle für ihn nicht mehr da wären.

Doch so stimmte das nicht ganz, sie hatte einen anderen Mann, jedoch hatte sie nicht genug Rückgrat, um ihm das zu sagen und er musste es von seinen Freunden erfahren.

Der Barkeeper begann sich für das Schicksal des Gastes zu interessieren, also ging er zur Tür sperrte diese ab und hing das „Geschlossen-Schild“ ins Fenster.

Als er zum Tresen zurückkam hatte der Gast noch immer diesen leeren Blick und eine Träne rollte über seine rechte Wange. „Waren sie verheiratet?“, fragte er ihn. „Nein, aber ich hätte sie geheiratet“, antwortete er. Das hätte er mit Sicherheit, denn er glaubte an die wahre Liebe und war davon überzeugt, sie gefunden zu haben.

Er hatte alles für sie getan, was in seiner Macht stand, aber irgendetwas musste wohl gefehlt haben, denn sonst hätte sie doch auch bei ihm bleiben können.

Der Barkeeper hörte aufmerksam zu, während er sich ebenfalls einen Drink einschenkte, „Sie kommen darüber hinweg, die Zeit ist ihr Verbündeter“, sagte er und legte die Hand tröstend auf seine Schulter, denn so ein trauriges Gesicht, hatte er noch nie gesehen.

Der Gast blickte mit hochgezogenen Augenbrauen zum Barkeeper und schüttelte den Kopf, „Ich kann ohne sie nicht leben“, wimmerte er und versuchte krampfhaft die Tränen zurückzuhalten. Nach einem stundenlangen Gespräch, über seine verlorene Liebe, brachte ihn der Barkeeper schließlich nach Hause. Nach diesem Tag, hatte er diesen Mann nie wieder gesehen, er fragt sich bis heute, wo er wohl geblieben ist. Die Wohnung, zu der er ihn gebracht hatte steht leer und den Namen des Mannes wusste er nicht. Immer wieder kam ihm der Gedanke, dass sich dieser arme Thor das Leben genommen haben könnte und dieses Gesicht wird er nie vergessen, diese leeren Augen und diese heruntergezogenen Mundwinkel.

Er hoffte jeden Tag, dass der Mann wieder in seine Bar kommen würde und einen gemütlichen Drink bestelt, doch diese verlorene Seele kam nicht.

Das Schicksal, dass er geteilt hatte, war von nun an auch irgendwie sein Eigenes, da er diesen Mann nicht vergessen konnte……….

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.06.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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