Daniel Reiser

John Rivers I

 
 
 

Prolog

 
 
Eine regnerische Nacht im März. Einer Nacht, dass man meinen könnte, Gott persönlich hätte eine zweite Sintflut eingeleitet. John sah aus dem Fenster seines kleinen, notdürftig eingerichteten Appartements auf die Straße direkt unter seiner Wohnung, welche, ohne die im Takt aufflackernden Blitze und rot-grün schimmernde Licht des Twisting Eagle, einem Lokal das John nicht sonderlich mochte, da es irgendwo zwischen Bordell und Hinterhof-Gang Kneipe anzusiedeln war, im Regen fast nicht mehr erkennbar war. Eine Szenerie von der man fast meinen könnte, sie stamme aus einem dieser Mittwoch Abend Horror B-Movies.
 
 
 „Was für eine scheiß Nacht“ dachte John vor sich hin. „Das geht jetzt schon drei Tage so.“ und im selben Augenblick in dem er dies Worte sprach, schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er dachte an damals als er noch jung war. Als er noch bei seinen Eltern lebte, in Florida. Die gute alte Zeit eben. „Wie schön es doch damals war.“ Sagte er wieder laut. „Ich will wieder heim!“ und wieder dachte er: „Regnete es eigentlich in Florida? Ich kann mich nicht erinnern.“
 
Und wie er so über die Jugendzeit in Florida nachdachte und seinen Blick vom Fenster abwandte, da fiel ihm das kleine fast schon unscheinbare Foto auf seiner Kommode auf, welches er eigentlich selten beachtet, schon allein erkennbar daran, dass es in der dunkelsten Ecke seines Zimmers stand und schon ganz schön Staub angesetzt hatte. Das Foto seiner Eltern. Das Einzige das er aus Florida mitnahm, als er die sicheren Lande ,genannt Heimat, verlies um in die Welt hinaus zu ziehen. Um in die Welt hinaus zu ziehen und den „Amerikanischen Traum“ zu erleben. Diesen „vom Tellerwäscher zum Millionär Traum“, den doch jeder von uns schon mindestens einmal träumte.
 
Doch dieser Traum hatte sich für John nie erfüllt. Nein, er wurde kein Millionär. Er wurde nicht einmal Tellerwäscher. Statt dessen fand er einen Job in der alten Fabrik an den Docks. Hopkins & West Co. Import Export. Was genau die Firma machte hatte er nie so ganz begriffen. 
Es hatte ihn auch nie interessiert. Aber das war jetzt sowieso egal, denn die Firma hatte vor einer Woche dicht gemacht. Wäre John nicht so sparsam, dann hätte er jetzt ziemlich große Probleme. Zwar war sein Appartement nicht teuer und er ist eigentlich auch kein Mensch der auf großem Fuße lebt aber hätte er nicht seinen Lohn gespart dann müsste er bald raus hier. In ein noch kleineres Appartement. In einen noch „schmutzigeren“ Teil der Stadt.
 
„Ihr beide habt es gut.“
Sprach er in Richtung des Fotos.
„Vielleicht sollte ich auch mal wieder anrufen? Oder euch besuchen?“
Und da erinnerte er sich wieder an das was seine Eltern ihm sagten als er von zu Hause fortging.
„Du musst nicht gehen. Bleib hier. Du kannst bei deinem Vater im Laden arbeiten. Sicher wirst du nicht reich davon. Aber hier weißt du wenigstens was dich erwartet.“
Seinem Vater gehörte ein kleiner Werkzeugladen außerhalb einer Kleinstadt in Florida. Keiner von dieser Art der mit den großen Läden mithalten könnte, aber einer von diesen Läden die ihre Stammkundschaft hat. Stammkundschaft oder „kleine Familie“ wäre der passendere Ausdruck. Die meisten der Leute kamen nicht um etwas zu kaufen und wenn sie was kauften dann ließen sie meistens Anschreiben. Nein Sie kamen nicht um zu kaufen. Sie kamen um zu reden um sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Wie das halt so ist in einem kleinen Vorort, in dem Jeder Jeden kennt.
 
„Ja ich glaube ich werde auch besuchen kommen. Vielleicht geh ich auch gleich wieder für immer zurück. Ihr hattet recht. Ich wusste nicht was mich erwartet. Ja ich glaube ich geh wieder heim.“
Und er dachte wieder an seine Jugend, an die gute alte Zeit damals. Er hätte wohl noch die ganze Nacht so weiter denken können, wäre er nicht in diesem Augenblick vom Knall eines Donners aus seinen Erinnerungen gerissen worden.
 
„Oh, schon so spät? Naja wieder ein dämlicher Tag vorbei. Für heute hab ich genug Mist erlebt.“
sprach John als er sein Gesicht zum Spiegel hinwandte.
„Gute Nacht du Versager.“
Ging er sein Spiegelbild in einem leicht witzelndem Unterton an.
„Schlaf schön und Traum süß.“
Ja, John konnte eben auch witzig sein. Er erledigte den „allabendlichen Schlafensgehn-Ritus“, welchen wir in der einen oder anderen Form alle erledigen. Die Blase leeren, noch mal schnell das Gesicht waschen, die Zähne putzen, das musste sein. John ging nicht gern ohne geputzte Zähne ins Bett. Und dann legte er sich hin, und im Rhythmus des Regens, der gegen sein Fenster plätscherte, den Donnern und den Blitzen welche er trotz geschlossenen Augen noch wahrnahm schlief er langsam ein. Wovon er wohl geträumt hat? Vielleicht vom Amerikanischen Traum? Oder von seiner Jugend? Der guten alten Zeit?
 
 

Kapitel 1

 
Wäre es draußen nicht heller, könnte man meinen er habe nicht lange geschlafen. Noch immer plätscherte der Regen im Takt, nur das Donnern und das Blitzen war verschwunden.
 
„Was für ein wunderschöner Tag.“
sagte er in einem leichten, doch für jeden erkennbaren sarkastischem Ton, während er aus dem Fenster auf die andere Straßenseite sah, welche nun doch fast schon klar erkennbar war. Wie jeden Tag verlies um diese Uhrzeit der „harte Kern“ den Twisting Eagle und torkelte um die Straßenecke.
„So ist’s schön brav Jungs, nur schnell auf zum nächsten Schnapsladen bevor ihr euren Pegel verliert“
flüsterte er leise vor sich hin, als hätte er Angst sie könnten ihn hören. Was natürlich völliger Unsinn wäre. Er drehte sich um, streckte sich noch kurz in alle Richtungen, fast wie eine Katze, welche einen Buckel macht. Dann kniff er sich um sicher zu gehen dass dies alles kein Traum war. Seit er von Zuhause wegzog hatte er nämlich oft diesen Gedanken. Diesen Gedanken ,den wir schon alle einmal hatten:
„Was wäre, wenn das alles nur ein Traum ist und ich plötzlich aufwache? Zuhause in Florida? Unten in der Küche wartet meine Mutter auf mich und mein Vater ist schon im Werkzeugladen.“ Er kniff sich noch einmal.
„Wär ja auch zu schön.“
Gähnte er und drehte sein Gesicht zum Spiegel.
„Und du bist immer noch da?“
witzelte er sein Spiegelbild an. Dann begann er seinen morgendlichen Aufsteh-Ritus, welcher bis auf die Tatsache das er etwa 8 Stunden nach dem Abendlichen stattfindet fast der selbe war.
 
„Mhh, lecker, ranzige Butter und schimmliges Brot,“
sprach John mit in den Kühlschrank gestreckten Kopf. Man könnte fast meinen es wäre seine Lieblings-Speise, soviel hatte er davon im schon etwas alten, schmutzigen Kühlschrank. Aber nein, es war natürlich nicht seine Lieblinsspeise. Er ist eben einfach ein Mann. Ein Mann, der nicht gut für sich allein sorgen kann. Wie die meisten Männer.
 
„Keine Angst, du hast es bald hinter dir,“ 
krächzte er mit noch leicht rauer Stimme.
„Wenn ich erst wieder in Florida bin, dann kommst du in den wohlverdienten Ruhestand.“
Im fehlte der Kaffee. Er hatte nämlich auch keine Kaffeemaschine, dass heißt er hatte schon eine aber was oben reinkam sah mehr nach Kaffe aus als das was unten rauskam. Überhaupt war die Kaffeemaschine nur ein weiteres Elektrogerät in seiner Wohnung das in etwa genauso gut funktionierte wie der Kühlschrank und all der Rest der Dinge mit Kabel und Stecker.
 
Noch kurz ein letzter prüfender Blick in den Spiegel, die Schlüssel geschnappt und raus aus dieser Baracke.
 
„Sie an, es hat zu Regnen aufgehört. Bist doch kein so schlechter Kerl,“
flüsterte er mit zum Himmel erhobenem Gesicht. Und so begann er seinen regelmäßigen Morgenrundgang, den er machte seit er nicht mehr in der Fabrik arbeitete. Aus dem Haus raus über die Straße am Twisting Eagle vorbei, um die Ecke die Straße entlang, am Schnapsladen vorbei, welcher auf der anderen Straßenseite lag.
„Na sie an, wer da sitzt,“
dachte er. Es war der „harte Kern“, der vor gerade mal einer Stunde das Twisting Eagle verlies. Und weiter die Straße entlang bis zur Kreuzung und dann rechst. Schnell die Tageszeitung gekauft, welche er sich beim Kauf nicht sofort ansah. Erst musste der Kaffe her. Also noch mal weiter die Straße entlang um die Ecke wieder Links und hier war er nun. Ein kleiner Park, kein schöner Park aber immerhin ein paar Bäume, Sträucher und ein paar Sitzbänken. Und direkt gegenüber ein kleiner Imbissstand, an dem sich John noch schnell einen Kaffe besorgte bevor er sich im Park auf einer Bank niederließ, auf seiner Bank. Wie er sie für sich gern bezeichnete. Er mochte dies Bank vor allem deswegen, weil er von dort aus Das Mietshaus in dem er wohnte erkennen konnte. Eigentlich konnte er nur das Dach erkennen und er war sich nicht einmal sicher ob es das richtige Haus war oder eines der vielen identischen Nachbarhäuser. Aber jedes Mal wenn er dieses Dach sah konnte er sich sicher sein, sich nicht verlaufen zu haben. Davor hatte er besonders Angst, denn dieses Viertel hatte auch seine Schattenseiten und davon nicht gerade wenige. An vielen Ecken tummelten sich dunkle Gestalten. Und das letzte was John wollte war mit einem Zettel am Zeh im Leichenschauhaus zu landen.
 
Noch einige Zeit schweifte sein Blick ziellos umher , bevor er einen ersten kräftigen Schluck aus dem Becher nahm und die Zeitung aufschlug. Die Meldung auf der Titelseite weckte sein Interesse.
 
GRAUENHAFTER MORD IN STAINSVIEW
 
„Nur noch verrückte unterwes“
seufzte er und las weiter. ..fiel vergangene Nacht eine Person dem oder den Tätern in die Hände.....wurden dem Opfer Herz und Lungen herausgerissen sowie.....so blieb lediglich der Kopf des Opfers ohne erkennbare Spuren von Gewalteinwirkung, was eine schnellstmögliche Identifikation ermöglichte...Polizei hält sich mit Informationen sehr bedeckt..... „..Das Opfer wurde in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung ermordet.... Wir haben Hinweise denen wir nachgehen, mehr kann ich ihnen nicht sagen“ so Detektive Paul Hastings, der leitende Ermittler in diesem Fall...... Weiter unten ein Foto des Opfers, dem 33 jährigen Steven Miller.
 
„Was? Oh verdammter Mist!“
John lies vor Schreck den Kaffeebecher fallen, welcher sich sofort über seiner Hose ergoss, konnte er doch nicht glauben was das Foto zeigte. Er sah noch einmal genau hin. Er kannte den Mann. Er kannte ihn gut. Steven war sein bester wenn nicht sogar einziger Freund in dieser Stadt.
„Steve?“
John bekam fast keine Luft mehr. John atmete einige Male stark und doch schwer und zitternde ein und aus und als es ihm wieder besser zu gehen schien übergab er sich fast. Er stand auf, ging hastig ziellos umher. Es viel ihm schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Langsam beruhigte er sich, saß sich wieder zurück auf die Bank und begann langsam zu weinen. Tausende Gedanken schossen ihm durch den Kopf und jeder hatte in irgendeiner weiße mit Steve zu tun. Erinnerungen an seinen ersten Arbeitstag in der Fabrik, an dem er ziemlich hilflos war und nicht wusste was er tun sollte. An diesem Tag traf er Steve das erste Mal.
„Es gibt bessere Orte in dieser Fabrik um sich abzuseilen als mitten in der Produktionshalle. Du bist der neue oder? Na komm mal mit ich zeig dir alles. Ich bin Steven. Steven Miller. Kannst mich Steve nennen.“
Das waren die ersten Worte die Steve ihm entgegnete.
Erinnerungen daran wie er ihm aus der Patsche geholfen hatte als Steve das erste mal fast die ganze Produktion lahm legte, weil er wie all zu oft in seinem Leben nicht ganz bei der Sache war.
Erinnerungen daran wie sie zusammen die Stadt unsicher machten.
 
Und immer wieder ein Gedanke der sich durch seinen Schädel fraß. So sehr John auch versuchte diesen einen Gedanken nicht zuzulassen so sehr war er machtlos dagegen sich vorzustellen wie Steve ermordet wurde. Vor seinem Geistigen Auge begann sich ein Film abzuspielen der sich aus den bekannten Tatsachen im Zeitungsbericht zusammensetzte. So abscheulich es ihm auch schien, stellte er sich die letzten Sekunden in Steves Leben vor. Er könnte ihn vor seinem Geistigen Auge geradezu um sein Leben betteln hören, bevor ihm sein Körper aufgerissen wurde und ihm jemand die Organe herausriss. John verabscheute sich selbst für diesen Gedanken. Den Weg zurück zu seine Wohnung beschritt er in sich selbst versunken. So sehr in sich selbst versunken das ihn beinahe ein Auto überfahren hätte.
„Du verdammter Penner, wo haben sie dich den rausgelassen?“
fauchte der Autofahrer John an, welcher einige Sekunden völlig regungslos dastand bevor er sich mit blassem, versteinertem Gesicht umdrehte und weitertorkelte.
„Jetzt haut dieser verdammte Arsch einfach ab,“
konnte man den Fahrer des Wagens durch das halbe Viertel hören.
 
Den Rest des Tages verbrachte John damit nichts zu tun. Wie sollte er sich auch ablenken? Schaltete er den Fernseher ein kam es in allen Nachrichten, sein Radio war kaputt und in nahezu jeder Bar war es das Hauptgesprächsthema, sogar im Twistin Eagle. Und wie er so in seiner Einsamkeit da saß und nachdachte viel im etwas ein, an das er gar nicht mehr gedacht hatte seit er den Zeitungsartikel las. Er wollte sich gestern Abend noch mit Steve in einem Lokal gleich um die Ecke von Steves Wohnung treffen, hatte aber wegen des miesen Wetters dann doch keine Lust das Haus zu verlassen. John hätte Steve ja gerne angerufen aber auch sein Telefon hat vor geraumer Zeit den Dienst quittiert.
„Ich hab ich ihn umgebracht“
begann er mit weinender Stimme zu säuseln.
„Hätte ich ihn angerufen. Es ist meine Schuld. Es ist meine Schuld.“
John dachte nach.
„Wenn er gewusst hätte das ich nicht im Lokal auf ihn warten würde, dann hätte er seine Wohnung nicht verlassen. Dann würde er noch leben. Er würde noch Leben. Ich hab ihn umgebracht. Es ist meine Schuld.“
John tat etwas was er schon lange nicht mehr getan hatte. In der Kommode stand noch eine Flasche Whisky, die er vor ein paar Jahren geschenkt bekam. Unnötig zu sagen das er den Rest des Tages damit verbrachte seinen Kummer im Alkohol zu ertränken. Mit jedem Schluck den er nahm begannen auch die Gedanken in seinem Kopf immer undeutlicher und verschwommener zu werden und die Träume die er in jener Nacht hatte waren auch völlig zusammenhanglos. Alle Träume bis auf einen.
 
Der Traum handelte von letzter Nacht. Es regnete. Blitze erleuchteten den Nachthimmel und Donner schallte durch die Straßen in denen sich John wieder fand. Er stand direkt vor dem Lokal. Aber es war nicht so wie er es in Erinnerung hatte. Überhaupt nichts war so wie es in Wirklichkeit war. Das Lokal das eigentlich in hellen Lichtern erstrahlt wurde, lag vollkommen in der Dunkelheit. Keine Dunkelheit wie man sie kennt, nein, die Lichter des Lokals waren an aber sie gaben kein Licht. Eine Gestalt näherte sich direkt vor ihm. Das undeutliche murmeln das von ihr Ausging wurde zunehmend deutlicher als sich die Gestalt näherte und langsam begann sie aus der Dunkelheit hervorzutreten.
„Warum John? Warum? Warum? Warum? Warum warst du nicht da? Es ist alles deine Schuld! John warum hast du mich umgebracht? Wieso hast du das getan John?“
Und während dies Worte erklangen begann sich auch das Gesicht der Gestalt zu manifestieren. Stevens Gesicht. Er war sehr blass und seine Augen stachen hervor, aus den Mundwinkeln tropfte Blut.
„Du hast mich getötet! Du! Du!“
Kaum wurden diese Worte ausgesprochen erhellte ein Blitz den Nachthimmel und als die Blendung in Johns Augen nachließ, lag Steven mit zerfetztem Oberkörper vor ihm. John erhob die Hände. In der linken hielt er ein Messer, in der rechten ein noch pochendes Herz. Der Regen der das Blut vom Messer wusch veränderte sich. Das Wasser selbst wurde nun zu Blut und in Bruchteilen von Sekunden versank das ganze Viertel in einer Flutwelle aus Blut. John versuchte sich an einem Laternenpfahl festzuhalten um nicht devongespült zu werden, doch je stärker er sich daran festhielt desto kräftiger zog ihn etwas an den Füßen nach unten. Und schließlich ließen seine Finger vom Mast ab. Gerade in dem Moment in dem John im Blut zu ertrinken drohte wachte er mit einem Schreien auf.
 
Die Sonne ging langsam vor seinem Fenster auf, er sah sich um, begriff noch nicht ganz was er da träumte, hatte auch gar keine Zeit darüber nachzudenken, denn in diesem Moment klopfte es an der Tür. 
„Aufmachen Mr. Rivers! Hier ist die Polizei. Machen sie die Tür auf!“
 
„Was? Wie? Was wollen sie?“
Ängstlich wich er einige Schritte zurück, fiel fast über den Sessel in dem er die heute Nacht eingeschlafen war, schnellte aber wieder unmittelbar Richtung Tür um durch den Spion zu sehen. Er konnte zwei Gestalten erkennen. Ein Mann und eine Frau. Durch den Spion sahen sich irgendwie gar nicht beängstigend aus, eher wie kleine Wichtel mit winzig kleinen Körpern aber doppelt so großen Köpfen.
„Machen sie bitte auf wir müssen mit ihnen reden.“
John überlegte einige Sekunden.
„Die werden mich beschuldigen... Ich habe doch nichts gemacht.... Was wenn die denken ich habe Steve umgebracht? ...Die müssen doch wissen das ich es nicht war. Ich kann es gar nicht gewesen sein, ich war doch die ganze Nacht zuhause. ....Die werden mich fragen ob das jemand bestätigen kann....Die werden mich verhaften obwohl ich unschuldig bin... Ja.. Die werden mich verhaften. Davon hab ich schon oft im Fernsehen gehört... Ohne Alibi verhaften die einen gleich.. Was soll ich mach...“
Die Polizisten schlugen gegen die Tür. Sie schlugen so stark das sie die Tür fast von Außen eingeschlagen hätten. Und mit lauter nachdrücklicher Stimme hörte man einen der Polizisten wieder:
„Mr. Rivers machen sie bitte die Tür auf wir wollen nur mit ihnen Reden.“ 
 
John öffnete zögernd die Tür ein wenig, sah an der Seite nach draußen auf den Gang. Jetzt konnte er sie klar und deutlich erkennen. Es handelte sich um echte Polizisten, dass konnte er an den Ausweisen erkennen die sie ihm unaufgefordert entgegenhielten. Jetzt da er sie in voller Größe sah, erschienen sie ihm gar nicht mehr wie lustige Wichtel. Sie sahen aus wie die Polizisten die man aus den Fernsehserien kennt. Den Mann erkannte John sofort, es war der Detektiv aus der Zeitung, ein älterer Mann mit Brille, leichtem Übergewicht, einer Glatze, Schnurrbart, eingepackt in einen Trenchcoat. Es fehlte nur noch die Zigarre und man könnte meinen er sei der Vorsitzende eines Columbo-Fanclubs. Die Frau hingegen war leschär   gekleidet. Sie trug einen Hosenanzug, matte Damenschuhe, dezentes Make-up, die dunkelbraunen Haare zu einem Zopf nach Hinten gebunden und grüne Augen.  Eigentlich eine schöne Frau. John fragte sich weshalb sie keinen Rock trug.
„Sie hat bestimmt schöne Beine. Oh ja wahnsinnig schöne Beine und erst der Rest von ihr...“  Wäre er nicht in dieser Situation hätte er sie sicher gefragt ob sie mit ihm einen Kaffee trinken würde.  Johns Gedanken über sie führten ihn immer weiter in eine Richtung die in diesem Moment eher unpassend war. Wüsste die Frau was er jetzt dachte... sie würde ihn wahrscheinlich auf der Stelle erschießen.
 
 „Mr. Rivers sie brauchen vor uns keine Angst zu haben. Mein Name ist Detektiv Paul Hastings und das ist meine Kollegin Detektiv Angela Swanson. Wir wollen ihnen wirklich nur einige Fragen stellen. Dürfen wir reinkommen?“
„Ja, ja, komm.., komm.., kommen sie rein. Ähm Äh ich.., es tut mir leid das ich gezögert habe aber ich... Mein Freund wurde ermordet und ich habe nicht sonderlich gut geschlafen heute Nacht. Aber deshalb sind sie ja hier, nicht wahr? Nicht wegen meines schlechten Schlafs sondern wegen Steve...Ähm,“
und ohne wirklich ernsthaft darüber nachzudenken was er da faselte kam es wie aus der Pistole geschossen:
„Ich habe ihn nicht umgebracht!“
Die Polizisten sahen sich kurz gegenseitig leicht verstört an und wandten ihre Köpfe zurück in Johns Richtung.
„Jetzt hab ich’s erst recht versaut, was für einen Mist rede ich da überhaupt. Oh Mist hätte ich nur meine Klappe gehalten, jetzt werden sie mich gleich verhaften.“
„Mr. Rivers beruhigen sie sich erst mal. Setzten sie sich hin. Sonst werden wir sie wirklich noch verhaften. Ha Ha.“ Und beide begannen leicht zu lachen. „Wie sie schon sagten sind wir wegen Steven Miller hier. Sie wissen ja schon was passiert ist.“
„Ja ich habe es gestern Morgen in der Zeitung gelesen und in den Nachrichten bringen sie es auch dauernd.“
„Mr. Rivers, in Stevens Wohnung fanden wir einen Terminkalender. Darin stand, dass er sich mit ihnen im Blue Springs treffen wollte. Der Kellner des Lokals sagte aus das sie beide sich öfters in diesem Lokal trafen aber an diesem Abend kamen sie nicht.“
„Ja ich hatte keine Lust, das Wetter war ehrlich gesagt ziemlich beschissen , das dürften sie ja selbst wissen. Mein Telefon ist kaputt , außerdem ist mein Auto in der Werkstatt und von hier bis zum Lokal sind es immerhin 3 Kilometer quer durch die ganze Stadt. Allein schon bei Nacht will ich diesen Weg nicht freiwillig gehen und wenn es auch noch aus Kübeln schüttet, Ne.. lieber nicht. Ich habe auch gar nicht daran gedacht ihn anzurufen. Das passierte öfters, dass ich mich mit ihm treffen wollte aber nicht kam, meine ich. Er war mir auch nie böse deswegen, daran hatte er sich scheinbar gewöhnt. Bin halt kein sonderlich zuverlässiger Mensch.“
John lachte.
„Also waren sie die ganze Nacht zuhause?“
„Ja, die ganze Nacht. Jetzt wollen sie sicher so eine Art Alibi.?“
„Nein, das ist schon in Ordnung.“ John atmete beruhigt aus.
„Können sie mir vielleicht sagen ob Steve ihnen gegenüber jemals erwähnt hat, das ihm jemand gedroht hätte? Oder hatte er sonst irgendwelche Feinde?“
„Nein nicht das ich wüsste. Lassen sie mich aber kurz überlegen“ John versuchte fieberhaft sich an eine Situation zu erinnern die nützlich sein könnte, doch ihm fiel keine ein. Er sah die Frau wieder an und seine Gedanken bewegten sich sofort wieder in eine bestimmte Richtung. Aber diese Gedanken verwarf er umgehend wieder. „Nein, nein tut mir wirklich leid. Und falls da etwas war, dann hat er es mir auf jeden Fall nicht erzählt. Tut mir wirklich leid“
„Hm. In Ordnung. Das wäre dann alles, sollten wir weiter Fragen haben, dann werden wir uns wieder bei ihnen melden. Lassen sie uns dann aber bitte nicht so lange in diesem stinkenden Flur stehen„
witzelte der Detektive und ging mit seiner Kollegin Richtung Tür, öffnete sie und verschwand mit den Worten:
„Auf Wiedersehen Mr. Rivers und falls ihnen doch noch etwas einfällt, ich habe ihnen meine Karte auf dem Tisch liegen lassen.“
Die Tür schloss sich, John drehte sich zum Tisch und hob die Karte auf.
Detektive Paul Hastings, Stainswiev Police Department, Telefonnumer: 555-85-8963-183.
“Der hat mir wohl nicht zugehört als ich sagte das Telefon ist defekt. Jetzt brauch ich erst mal nen Kaffee.“
 

Kapitel 2

 
Diese Nacht konnte John etwas besser schlafen, was hauptsächlich daran gelegen haben dürfte, dass er keinen Whisky mehr hatte, welcher dafür gesorgt hätte, sich wie auf einem Fischerboot im Ozean zu fühlen. Doch die seltsamen Träume fraßen sich auch dieses Mal in seinen Verstand.
 
Es war dunkel, einige Meter vor ihm konnte er ein Licht erkennen, ganz schwach und je näher er dem Licht kam umso schwächer wurde es. Jetzt begannen sich vor ihm die Konturen einer Person zu zeigen. Langsam erkannte er auch wo er war. Er stand in dem kleinen Park, direkt neben seiner Lieblingsbank. Der Boden war nass, aber nicht vom Wasser. Er sah zu seinen Füßen und erkannte das er bis zu den Knöcheln in einem Brei aus Blut und Gedärmen watete. Als er seinen Kopf wieder zu der Gestalt drehen wollte war sie verschwunden. Ein Gelächter ertönte in der Dunkelheit, nicht aus einer bestimmten Richtung. Es schien von allen Seiten auf ihn zu zukommen. Voller Angst lief er ohne wirklich etwas erkennen zu können tiefer in den Park hinein. Und je weiter er hinein lief, desto klarer wurde ihm, dass dies nun nicht mehr der Park aus seiner Nachbarschaft war, die Umgebung erinnerte ihn eher an einen Wald in dem er sich als Kind einmal verlaufen hatte. Es lag ein seltsamer Gestank in der Luft. Feucht, modrig, es roch überall nach verfaultem Fleisch. Einige Meter vor ihm konnte er auf einer Lichtung jemanden erkennen, der ihn zu sich her wank. Obwohl er nicht das Bedürfnis verspürte sich dieser Person zu nähern, tat er es, so wie man im Traum oft Dinge tut die man nicht kontrollieren kann. Langsam konnte er die Gestalt erkennen. Es war Detektiv Hastings, der sich mit lebloser Mimik von John abwandte und wie versteinert über die Lichtung hinwegsah. John stand jetzt direkt hinter dem Detektiv, streckte seine Hand aus um ihn zu sich her zu drehen. Als er ihn berührte, schnellte der gesamte Körper zurück in seine Richtung und brach vor ihm zusammen. Was er da sah war nicht mehr als Detektiv Hastings zu erkennen. Ein Haufen verfaultes Fleisch, von Würmern befallen. John wich vor Erschrecken zurück und verspürte einen stechenden Schmerz, der sich durch seinen ganzen Körper zu winden schien. Als er an sich herunter sah, konnte er erkennen das die spitze eines großen Messer sich durch seine Bauchdecke gebohrt hatte. Unter Schmerzen brach er zusammen, konnte gerade noch die Stiefel einer Person erkennen die sich direkt vor ihn stellte, bevor alles um ihn herum Schwarz wurde und er völlig durchnässt aufwachte.
 
„Ah, verdammt!!“
Er fasste sich an den Bauch, blickte in alle Richtungen seines Schlafzimmers und zuckte ruckartig zusammen als ein Blitz das Zimmer erleuchtete. Es hatte wieder angefangen zu Regnen.
„Jetzt reicht’s. Ich hab die Schnauze entgültig voll.“
John sprang aus seinem Bett, riss den Kleiderschrank auf, zog seine Reisetaschen heraus und begann hastig damit seine Klamotten hineinzustopfen.
„Diese Scheiß halt ich nicht mehr aus, wenn ich erst mal in Florida bin, ist alles wieder in Ordnung, dann hören diese verdammten Träume auf. Das liegt nur an dieser beschissenen Stadt. Die hat mich schon vom ersten Tag an kaputtgemacht.“
Er verbrachte die Zeit bis zum Morgengrauen damit alle seine Habseligkeiten zu verpacken und begab sich auf den Weg in die Werkstatt um seinen Wagen abzuholen.
 
Der Weg zur Werkstatt führte ihn an seinem altbekannten Lieblingsweg vorbei und so erreichte er auch zwangsläufig den Park. Schon bevor er über die letzte Straßenecke abbog, überkam ihn ein seltsames Gefühl. Es schien ihm als würde er unbeabsichtigt langsamer werden, Bilder seines Traums gingen ihm durch den Kopf. Kaum über die Ecke abgebogen, stockte ihm der Atem. Etliche Polizeiwagen, TV-Reporter und duzende Schaulustige scharten sich um den Eingang vor dem Park, das einzige das sie davon abhielt hinein zu stürmen waren Polizisten die hinter gelben Polizeiabsperrungen penibelst darauf Achteten dass es niemandem der nicht die Berechtigung dazu hatte, die Absperrung zu passieren.
 
John näherte sich zögernd der Menschenmenge. Ihn überkam ein ungutes Gefühl, zwischen all den Rot-Blau blitzenden Lichtern, sein Blick glitt durch die Menge, es kam ihm so vor als ob ihn alle anstarrten. Er war nicht die Art Mensch die es lange in einer solchen Menschenmenge aushalten konnte. Im Gegenteil, es bereitete ihm ein ungutes Gefühl was dazu führte keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Zögernd begann er einen der Menschen in der Menge anzusprechen:
„Entschuldigung. Ähm Entschuldigen sie bitte. Können sie mir vielleicht sagen was hier los ist?“
„Haben sie es den nicht gehört? In welcher Welt leben sie? Haben sie kein Fernsehen? Der Stainsview-Schlächter hat wieder zugeschlagen!“
„Was? Wer?“ ein ziemlich passender wenn auch geschmackloser Ausdruck das doch war. Stainsview-Schlächter.
„Der Stainsview-Schlächter!!! Diesmal hat’s einen von den Bullen erwischt. Den Einen, nah wie heißt der doch gleich. Ähm Detektiv Housling? Hislag? Hobking?“
„Hastings? Detektiv Hastings? John Hastings?”
“Ja genau Detektiv John Houslings. Sag ich doch! Der verrückte Geisteskranke hat ihn heute Nacht hier im Park abgemurkst. Soweit ich das hier so mitbekommen habe hat er ihn aufgeschlitzt wie ein Schwein. Also wenn sie mich fragen, der Typ muss wohl ein arbeitsloser Metzger sein. Diese Metzger waren mir noch nie sonderlich geheuer. Also jedes Mal wenn ich ein..“
„Entschuldigen sie bitte, ich.. habe..., ich muss... ich brauche ein Zeitu..“
„Vergessen sie’s hab ich mir schon besorgt, steht noch nix drin... Also in diesen Zeitungen steht doch sowieso nur noch Müll Ist doch reine Abzocke was die Verlage da mit einem treib..“ „Seid mal ruhig Leute!!!!! Seid mal ruhig!!!!! Da vorne redet ein Polizist mir der Presse!!!“ ertönte es aus der Menge.
 
Ein älterer Mann mit Vollbart im Gesicht, gekleidet in einen dunkelbraunen Anzug mit schäbiger Krawatte - er konnte nur ein Polizist sein, nur Polizisten tragen solche hässliche Krawatten - trat vor die drängelnden Menge aus Journalisten und Klatsch-Reportern, welche sich gegenseitig regelrecht wegschuppsten nur um an „vorderster Front zu kämpfen“. Ein Anblick wie man ihn nur von Schlussverkäufen oder dem erscheinen eines von diesen Harry dem Zauberer Romanen kennt.
 
Ein ziemlich heller ohrenbetäubender Ton klang aus den Boxen die vor den Übertragungswagen der Reporter aufgebaut wurden.
„Darf ich bitte um etwas ruhe bitten. Bitte..... Danke.“
„Was können sie uns über den Mord an Detektiv Hastings sagen?!?!?“
„Wenn sie mich bitte ausreden lassen würden?...Danke! Heute Nacht, zwischen ein Uhr und halb sechs, wurde Detektiv Paul Hastings, der leitende Ermittler im Mordfall von Steven Miller, allem Anschein nach in diesem Park ermordet. Ein Jogger fand ihn heute Morgen gegen halb Sieben, auf dem Hügel in der Mitte des Parks liegen. Dem Detektiv wurde..“
Der Mann zögerte einige Sekunden.
“..tut mir leid aber das können sie dem offiziellen Pressebericht entnehmen, welchen unsere Beamten jetzt unter ihnen verteilen werden....Was den Detektiv dazu veranlasste diesen Ort mitten in der Nacht aufzusuchen ist noch unbekannt. Wir bitten daher die Bevölkerung um sachdienliche Hinweise. Hat irgendjemand den Detektiv in der vergangenen Nacht zwischen elf Uhr bis etwa sechs Uhr dreißig gesehen und wenn ja war er alleine oder in Begleitung. Ist jemandem vielleicht in der näheren Umgebung des Parks eine oder mehrere Personen aufgefallen, die sich verdächtig benahmen? Bei sachdienlichen Hinweisen wenden sie sich bitte an eine Polizeistation in ihrer Nähe. Danke. Mehr kann ich ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitteilen. Auf Wiedersehen.“
 
Unter aufdringlich geifernden Reportern, die wie wild mit ihren Mikrofonen herumfummelten als ob sie dem Mann damit durch die Nasenlöcher bis ins Gehirn bohren wollten und unter einem Blitzgewitter von Fotoapparaten verschwand er hinter einem der Polizeiwagen.
 
„Was für ein Scheiß geht hier ab? Was ist hier eigentlich los?“
John stolperte einige Schritte zurück und rempelte eine der Personen, einen älteren Herren an, welcher beinahe umgekippt wäre, hätte ihn nicht eine Frau hinter ihm gerade noch aufgefangen. Ohne sich zu entschuldigen, lief John davon.
„Das ist alles nur ein Zufall. Ja ein dummer Zufall. Vielleicht sah der Mann in meinem Traum dem Detektiv nur sehr ähnlich. Ja, es war gar nicht der Detektiv. Er war es nicht.“
John versuchte sich selbst zu belügen, schaffte es aber nicht, schließlich konnte er das Gesicht des Detektivs klar und deutlich erkennen.
„Alles nur Zufall John. Mach dich nicht verrückt. Davon kannst du nicht gewusst haben, schließlich kannst du nicht in die Zukunft sehen. Du hast nur den Mord an deinem Freund verarbeitet und weil du Hastings getroffen hast, hat dein Gehirn nur alle Ereignisse der letzten Tage verarbeitet. Alles nur Zufall. Denk an was schönes, sieh der die kleine Katze da vorne an, ist die nicht schön?“
Nein das war sie nicht, die Katze war hässlich, in diesem Augenblick wären sogar alle Frauen in sämtliche Herrenmagazinen hässlich gewesen, selbst wenn sie ihm seine wildesten Träume erfüllen würden.
„Verdammt wo bin hier? Was ist das für ne Straße?“
Als er sich umblickte, erkannte er ein Uhr an einem der Geschäfte. Er hatte zwar keine Ahnung wann er von zuhause losging, doch kam es ihm so vor als ob er einige Stunden damit verbracht hätte sich selbst einzureden was völlig unrealistisch war und zwar während er planlos durch die ganze Stadt lief, und die Stadt war groß. Diese Gegend kannte er überhaupt nicht, über die Häuser hinweg starrend versuchte er das Dach seines Hauses zu erkennen, nur ein verzweifelter Versuch das beste aus seiner Situation zu machen. Trotz oder gerade wegen alldem was in den letzten Stunden passierte war sein Verlangen danach die Stadt zu verlassen noch größer.
 
Mit der Hilfe einiger Anwohner von denen ihm die meisten ohne zu zögern, freundlich und zuvorkommend den Weg zur Werkstatt wiesen, kam er am späten Nachmittag, leicht entnervt, was verständlicher aber hauptsächlich an den Ereignissen der letzten Tag lag, dort an. „Big Mikes Auto-Hospital Wir machen aus ihrem Übel `nen richtig Geilen Kübel“ prangerte das große Schild über dem Eingang zur Garage an. Der Typ dem die Garage gehörte war ein witziger Mann, zumindest hielt er sich selbst für einen. Für John war er eher ordinär. Er hätte seinen Wagen auch lieber zu einem etwas seriöserem Schrauber gebracht aber die Geldnot zwang ihn zu diesem Schritt, auch wenn er schon befürchtete sein treues Vehikel nie wieder zu sehen. Die verwendete Wortwahl des Schilds spiegelte auch das innere der Werkstatt wieder. Scheinbar war Big Mike kein Verfechter von Sauberkeit und Ordnung. Als John das erste Mal hier war um seinen Wagen abzugeben sah er die Werkstatt nicht von innen, Big Mike fing ihn draußen auf dem Parkplatz ab, doch dieses Mal sah er das Grauen in all seinen Fassetten. Die Luft roch übel, ein Gemisch aus Schmiermitteln, Schweiß, Metall und Autolack. Big Mike lebte wohl nicht sonderlich gesund hier drin. Alte Stofflappen in Pfützen aus Öl, als ob jemand versucht hätte sie die Pfützen damit aufzusaugen, ein Versuch der von Erfolg gekrönt wäre, wären die Lappen größer und die Pfützen kleiner. Alte verbogenen Schraubenschlüssel und anderes Werkzeug das John noch nie sah, selbst nicht im Werkzeugladen seines Vaters, lag über alte Werkbänke verteilt. Berge aus Autoreifen und alten Motoren versperrten ihm den kürzesten Weg zum Büro. Eigentlich wäre der Begriff Büro nicht sehr passen gewählt, bestand es doch nur aus einem Tisch am anderen Ende der Werkstat. Und selbst der sah aus als hätte eine Bombe eingeschlagen auf ihm eingeschlagen.
„Hallo?! Big Mike?!”
“Jau, was los? Oh sie sinds! Sie sind der Typ mit dem ähh grünen Doge. Ähmm der Wagen is... noch nicht so ganz fertig.“
„Oh nein, kommen sie. Sie hatten eine Woche Zeit. Was hab...“
„Heute Abend is er fertig. Das verspreche ich ih..“
„Was soll das heißen? Heute Abend? Sie hatten eine Woche Zeit. Eine Woche!!!! Was haben sie mit der Kiste gemacht, sie sollten mir doch nur die Bremsen wechseln! Was? Was sind sie verdammt noch mal für ein... bescheuerter... Pfuscher?“
„He!! Immer langsam. Passen auf was sie sagen, sonst stopf ich ihnen meinen Schraubenschlüssel quer in die Fresse.“
„Ähh... Schon gut, war nicht so gemeint. Ähh. Entschuldigung. Ist.. Ist nicht gerade mein Tag heute.“
„Hmm Ok! Also heute Abend is er fertig. Morgen früh können sie in holen, das Verspreche ich ihnen.“
„Also gut. Dann Morgen früh.“
John verlies sichtlich entnervt die Werkstatt.
„Seltsamer Typ. So ein Arschloch.“
Flüsterte Big Mike vor sich hin, während er John nach sah und sich die verschmierten Hände an einem Lappen abwischte.
 
 
Kapitel 3
 
 
Am späten Nachmittag betrat John den Flur seiner Wohnung, überzeugt dass der Tag gar nicht mehr schlimmer werden könnte, wurde jedoch sehr schnell eines besseren belehrt, als ihn am Fuß der Treppe seine Nachbarin, eine zurückhaltende, unscheinbare Frau, dicke Hornbrille im Gesicht, etwa in seinem Alter, abfing.  Sie war erst vor 3 Monaten in die Wohnung gegenüber seiner eingezogen. John hatte schon ein paar mal mit ihr geredet, eher der Smalltalk, wie man ihn mit einem Nachbarn hat. Man trifft sich im Flur und redet kurz miteinander. Völlig belanglosen Quatsch eben.
„Mr. Rivers. Ähmm.“
„Kathlin. Ich habe ihnen doch schon mindestens hundert mal gesagt, nennen sie mich John.“
„Ähh ja, John.. Hää“
Kathlin grinste verschmitzt.
„Da oben warten zwei Polizisten auf sie. Die haben mir ein paar Fragen gestellt. Wollten wissen wo sie sind. Ob ich sie die Nacht die Wohnung habe verlassen sehen. Habe denen gesagt das ich sie ihre Wohnung erst heute morgen habe verlassen sehen. Haben sie etwa Probleme? Haben sie ihre Strafzettel nicht bezahlt?“
„Nein, Kathlin, nein. Ähmm, das ist alles nur ein Irrtum,“ e
ntgegnete John ihr lächelnd, während er bereits die Treppe hinauf lief.
 
Ein Streifenbeamter und die Frau von gestern, erwarteten ihn bereits vor seiner Haustür.
„Mr. Rivers, wir versuchen schon den ganzen Tag sie zu erreichen. Wir müssen dringend mit ihnen sprechen.“
Die Polizistin bemerkte Kathlin, welche am anderen Ende des Flurs über die Ecke spähte. „Gehen wir besser rein. So nett ihre Nachbarn auch sein mögen, aber das sollten wir besser unter sechs Augen besprechen.“
Und die beiden folgten John in seine Wohnung, schlossen die Tür hinter ihnen und ließen ihm nicht einmal die Zeit sich hinzusetzten.
„Mr. Rivers ich brauche ihnen ja wohl nicht zu erzählen, was vergangene Nacht passiert ist? Ihre Nachbarin Miss Kathlin Holdings erzählte uns sie hätten ihre Wohnung erst heute Morgen verlassen?“
„Ja, heute morgen erst. Ich wollte meinen Wagen aus der Werkstatt abholen, der Weg führte mich am Park vorbei, dort habe ich zwangsläufig mitbekommen was.... Schrecklich diese Sache. Ich war ja schon immer der Meinung , dass in dieser Stadt lauter Bekloppte rumlaufen. Deshalb will ich ...“
John konnte gerade noch den Satz unterbrechen. Wenn er denen jetzt sagen würde, dass er so schnell wie möglich aus der Stadt wollte, würden sie in wahrscheinlich zum Hauptverdächtigen erklären und gleich auf der Stelle verhaften.
„Deshalb wollen sie was?“
„Ähm... Deshalb will ich so .. selten aus meiner Wohnung.“
„Hmm, so selten aus ihrer Wohnung, ja ich verstehe. Nun wie gesagt, sie haben ihre Wohnung erst heute morgen verlassen? Kann das wer bestätigen?“
„Miss Holdings hat ihnen doch..“
„Miss Holdings teilte uns lediglich mit sie hätte sie heute morgen aus dem Haus gehen sehn.“ „Wie gesagt ich habe das Haus heute Morgen erst verlassen. Ich habe die ganze Nacht geschlafen.“
Die Polizistin begann einen Rundgang durch die Wohnung und ein Blick ins Schlafzimmer weckte ihr Interesse.
„Sie wollen doch nicht etwa verreisen?“
„Ich wollte meine Eltern besuchen, in Florida. Hab sie schon lange nicht mehr geseh..“
„Nun Mr. Rivers, ich will ehrlich zu ihnen sein. Sie sollten die Stadt in den nächsten Tagen besser nicht verlassen.“
„Verdächtigen sie mich etwa meinen Freund und den Detektiv ermordet zu haben?“
„Haben sie es?“
„Nein, verdammt noch mal. Ich habe weder Steve wie ein Schwein aufgeschlitzt noch habe ich dem Detektiv ein Messer in den Bauch gerammt.“
„Woher wissen sie wie der Detektiv ermordet wurde?“
„....Ich... habe es in den Nachrichten gehört.“
„Wir haben die Art seiner Ermordung der Presse noch nicht mitgeteilt.“
„...Dann.. habe ich.. nur geraten, ich bitte sie, was soll das hier?“
„Mr. Rivers an ihrer Stelle würde ich vorsichtig sein, was ich in nächster Zeit mache. Sie haben sich gerade eben auf meiner Verdächtigen-Liste nach oben katapultiert. Verlassen sie die Stadt in den nächsten Tagen nicht. Haben sie mich verstanden?“
John nickte widerspenstig. Die Polizisten machten sich auf den Weg die Wohnung zu verlassen, öffneten die Tür,
„Ach und Mr. Rivers eine Letzte Frage hätte ich da noch. Diese Autowerkstatt, wie heißt die? „Big Mikes Auto Hospital“
„Ah ja. Danke. Wir werden sie im Auge behalten Mr. Rivers“
gingen nach draußen und schlossen die Tür wieder hinter sich.
 
Plötzlich fand John die Frau gar nicht mehr so anziehend. Er trat zum Fenster und beobachtete die beiden während sie in einen schwarzen Wagen stiegen und davon fuhren und ließ seinen Blick nicht von ihnen ab bis sie über die Ecke aus seinem Blickwinkel verschwanden. Er sah noch einen Augenblick weiter aus dem Fenster starrte das Twisting Eagle an, welches er unmittelbar danach aufsuchte.
 
Die Ereignisse der letzten Tage hätten selbst den überzeugtesten Nichttrinker dazu gebracht sich bis zur Unterlippe wegzukippen. Beim Betreten der Bar, erinnerte er sich daran was beim ersten und bisher letzen Besuch passierte.  Steve und er hatten etwas zuviel über den Durst getrunken und amüsierten sich prächtig in dem Schuppen, scheinbar begeisterte das aber einige der dunklen Gestalten da drin weniger und es letztendlich endeten die beiden im Krankenhaus mit einigen Platzwunden. Noch im Krankenhaus hatte er sich geschworen nie wieder ins Eagle zu gehen, dass war aber bevor jemanden seinen besten Freund abstach und man ihn plötzlich als zweifachen Mörder beschuldigte. Zwischen all den Gestalten und dem Nebel aus Zigarettenrauch hindurch, tastete er sich seinen Weg Richtung Tresen und setzte sich auf den einzig freien Hocker.
„Siehst aus als könntest was vertragen was dir mal so richtig die Sorgen aus dem Kopf bläst.“ John nickte zustimmend.
„Ich hab genau das Richtige für dich.“
Und der Barmann begann aus sämtlichen Flaschen etwas in ein Glas zu schütten. Viele der Flaschen waren erst gar nicht beschriftet und selbst bei denen mit Aufschrift zweifelte John daran, dass deren Aufdruck wirklich Rückschlüsse auf den Inhalt gab. Der Barmann war mittlerweile fertig mit der Giftmixtur, Einem Whisky Glas bis zur Hälfte gefüllt mit unerkennbar brauner Pampe. Der normale Menschenverstand müsste eigentlich davon abraten so etwas in sich hineinzugießen, doch den hatte er scheinbar in seiner Wohnung zurückgelassen. Und so saß er da den Rest des Abends und trank ein Glas nach dem anderen in sich hinein, schien es doch wirkungslos zu bleiben, zumindest bis zu dem Zeitpunkt als er aufstand nur um unmittelbar danach gleich mit dem Kopf voran über den Tresen zu kippen.
 
Der Weg Rückweg in seine Wohnung erwies sich als weitaus schwerer, als er dachte. Jeglicher Versuch gerade aus zu laufen wurde von seinen sich ständig kreuzenden Beinen zunichte gemacht. Und wäre sein Blickwinkel nicht auf einige Grade vor ihm begrenzt, würde er auch nicht andauernd über sämtliche Tische und Stühle stolpern. Unmittelbar nach dem er das Etablissement verlassen hatte, konnte er sich gerade noch an einem Laternenmasten festklammern während er den kompletten Inhalt seines Magens der Straße übergab um unmittelbar danach den langen und beschwerlichen Weg in seine Wohnung fortzusetzen. In eben dieser angelangt fiel er auf seine Couch und noch während des Falls schlief unter heftigem hämmern seines Schädels ein.
 
Die meisten Träume dieser Nacht waren geprägt vom Alkohol. Bis auf eben einen Traum vor dem er sich am meisten fürchtete.
 
Es klopfte an der Tür, welche bis auf das Fehlen das Türspions identisch mit der echten war. Das Klopfen wurde langsam zunehmend zu einem Kratzen. Ruckartig öffnete John die Tür, da war nichts. Nur ein langer Gang in dessen Ferne eine weitere Tür wartete. Ein Windzug wehte durch den Gang, der Wind schien nach ihm zu rufen. John lief den Gang entlang, drehte sich noch einmal kurz um, doch die Tür war verschwunden, es gab nun bis auf die Chance aufzuwachen nur noch die Flucht nach vorne. Obwohl John Schritt für Schritt und Meter um Meter zurücklegte wurde der Gang nur unerheblich kürzer. Und immer wieder schien der Wind seinen Namen zu rufen. Als er letztendlich vor der Tür stand, konnte er klar Blutspuren am Knauf erkennen. Er wollte die Tür nicht öffnen, dies schien aber jemand anders für ihn zu erledigen. Die Tür öffnete sich und dahinter befand sich die Werkstatt von Big Mike. Big Mike selbst stand auf der anderen Seite der Werkstatt mit dem Rücken zu John. Der Weg zu ihm wurde von einer Mauer aus Autoreifen versperrt. Die beiden waren aber nicht allein. Da war noch jemand oder etwas. Ein dunkler Nebel manifestierte sich langsam zu einer schattenhaften Gestalt, welch sich langsam Big Mike näherte. John versuchte ihn zu warnen, doch brachte er kein Wort heraus. Ihm schienen die Stimmbänder zu fehlen. So konnte er nur regungslos dastehen und zusehen, wie die grauenhaften Dinge ihren Lauf nahmen. Nachdem die Gestalt ihr Ritual an Big Mike vollendet hatte, drehte sie den Kopf zu John, dort wo eigentlich ihre Augen sein müssten, triefte nur Blut aus zwei Löchern im Gesicht und obwohl sie keinen Mund hatte, verhöhnte sie John mit ihrem höllischen Lachen. In diesem Moment ertönte wieder der Wind, welcher aus dem Gang heraus, an John vorbei, quer durch die Werkstatt und letztendlich direkten Weg auf die Gestalt nahm. Welche sich unmittelbar unter kreischendem Gelächter in ihm auflöste.  Just in diesem Augenblick veränderte sich der Wind zu einem Tiefschwarzen Nebel, welcher nach und nach alles in sich hüllte und zu verschlingen schien. John nahm reflexartig direkten Weg zurück in den Gang, konnte aber dem Nebel nicht entkommen und wurde letzten Endes von ihm verschlungen. Kurz bevor das dunkle Schwarz ihn ertickte, wachte tief schreiend auf.
 
Obwohl er es immer noch für unmöglich hielt, war ihm klar was sich diese Nacht ereignete und auch wenn sein Menschenverstand ihm davon abriet, machte er sich durch die vom Mond erleuchtet Nacht auf den Weg zur Werkstatt.
 
Die Nacht war kalt, Nebel stieg aus den Kanalschächten aus und setzte sich über die Straßen. Der Boden war nass, es musste die halbe Nacht geregnet haben. John ging erst langsam, hatte aber das seltsame Gefühl als würde ihm jemand durch die Nacht folgen. Er hörte Schritte die hinter sich, hörte wie sie durch die am Boden verteilten Pfützen tapsten. Doch jedes mal wenn er sich Ängstlich umdrehte sah er nichts. Und jedes Mal wenn er sich umdrehte begann er schneller zu laufen und die Schritte schienen ihm ums so schneller zu werden je schneller auch er wurde. Er war nun unmittelbar vor der Werkstatt. Die Schritte hinter ihm hatten aufgehört. Hier stand er nun. Mit schweren Schritten näherte er sich der Eingangstür, welche einen Spalt offen stand und öffnete sie langsam Millimeter um Millimeter, trat hinein ging den Gang bis zu Werkstatt entlang. In der Werkstatt brannte Licht. Das gefiel ihm nicht. Was wenn Big Mike da drin am Boden lag, wollte er das wirklich sehen, könnte er diesen Anblick ertragen? Er hörte Geräusche, etwas oder jemand hämmerte und kratzte auf Eisen. Er war nun fast da und konnte mittlerweile auch jemanden erkennen der mit dem Rücken zu ihm an einer Werkbank stand. Es war Big Mike. Beruhigt atmete John, mit geschlossenen Augen und gesengtem Kopf aus. Doch plötzlich konnte er wieder den Wind hören welcher seinen Namen zu rufen schien. Noch ehe er seinen Kopf wieder anhob, schrie Big Mike aus als ob er den Teufel persönlich vor sich stehen hatte und im selben Moment brach John zusammen als ihn etwas kräftig auf den Hinterkopf schlug.
 
„Mr. Rivers wachen sie auf. Wachen sie auf.“
Detektiv Swanson klatschte ihm mit der Handfläche auf die Wangen.
„Jetzt wachen sie endlich auf!“
John öffnete langsam die Augen.
„...Was..? Ahh ..mein.. Kopf! Detektiv? Was .... machen sie hier?“
„Ich bin ihnen gefolgt als sie ihre Wohnung verließen. Habe ihnen doch gesagt ich würde sie im Auge behalten. Was ist hier drin passiert? Ich habe die Werkstatt nur ein paar Sekunden hinter ihnen betreten. Also was ist hier drin los?“
John drehte seinen Kopf unter hämmernden Schmerzen nach allen Seiten, während er sich mit der Hand die Beule am Hinterkopf hielt.
„„Wo ist Big Mike? Wo ist er? Geht es im gu... Ohm mein Gott!“
John wurde ganz übel, als er in der Nähe der blutverschmierten Werkbank etwas in einer Lache aus Blut liegen sah.
„Ist das..?“
Johns Stimme verstummte. Er hatte die verzweifelte Hoffnung, dass, würde er es nicht aussprechen, alles nicht wirklich passiert sei.
„Ja ich fürchte das ist er",
sagte die Polizistin ein wenig sanfter, wandte ihren Blick vom Körper des Toten ab, sah John an John an und fuhr mit kühler Professionalität fort:
„Oder was noch von ihm übrig geblieben ist. Also würden sie mir jetzt bitte verdammt noch mal endlich sagen was hier drin passiert ist?!?!"
 
„Ich weiß es verdammt noch mal nicht!!!“
John merkte, wie ein hysterischer Unterton in seine Stimme trat.!!!
„Warum haben sie mitten in der Nacht ihre Wohnung verlassen? Sie sind ja ganz schön gerannt, hatte richtige Schwierigkeiten mit ihnen Schritt zu halten.“
„Also waren sie das? Sie sind mir gefolgt? Oh Gottseidank! Und ich dachte schon, ich würde den Verstand entgültig verlieren“,
entgegnete er ihr erleichtert.
„Ja ich bin ihnen gefolgt, aber das ist jetzt uninteressant. Wieso sind sie mitten in der Nacht in die Werkstatt gelaufen? Wieso? Und wer hat das getan?!“
Sie deutete auf den Kadaver rechts von ihnen.
„Hören sie ich weiß das muss sich irgendwie seltsam anhören aber seit mein Freund ermordet wurde da...“
„Da was? Mr.  Rivers? Was?!?!
“Da.. habe ich diese Träume.“
„Träume?“ Jetzt erzählen sie mir bloß nicht ich bin ihnen den ganzen Weg bis hier nachgelaufen nur weil sie schlecht geträumt haben!“
 entgegnete ihm Swanson mit beirrtem aber doch deutlich erzürntem Unterton.
„Jetzt hören sie mir doch erst mal zu. Gestern Nacht habe ich von Detektiv Hastings geträumt! Und diese Nacht habe ich von Big Mike geträumt. Versuchen sie nicht es zu begreifen, das tue ich nicht einmal selbst. Und wenn sie mir nicht glauben wollen, dann kann ich das verstehen. Also bitte verhaften sie mich wenn sie wollen. Aber ich habe diese Menschen nicht ermordet!!!“
John schrie die Polizistin verzweifelt an.
„Wissen sie was Mr. Rivers? Ich glaube ihnen... fürs erste.“
„Sie glauben mir?!“
„Ja. Ich weiß zwar nicht was hier drin passiert ist, aber sie wären unmöglich fähig gewesen, das in so kurzer Zeit zu tun.“
Sie deutete wieder auf die Leiche.
„Ich kann mir ehrlich gesagt auch gar nicht vorstellen, dass es überhaupt einen Menschen gibt, der zu so etwas im Stande ist. Und wenn doch, dann muss er noch hier drin bei uns sein, denn ich habe niemanden die Werkstatt verlassen sehen.“
Sie zog ihre Waffe aus dem Halfter und begann die Werkstatt abzutasten, doch da war nichts. „Es ist wohl besser wenn wir von hier verschwinden. Ist das ihr Wagen?“
„Ja, ist er.“
John suchte die Werkstatt mit den Augen nach den Schlüsseln ab. Sie hingen an der Wand direkt hinter ihm. Er griff sich die Schlüssel vom Brett an der Wand.
„Gut, ich rufe auf dem Revier an und sage sie sollen einen Trupp herschicken. Und wir beide fahren jetzt erst mal ins Krankenhaus. Die Beule da sieht nicht gerade gesund aus.“
Swanson betrachtete die Erhebung an Johns Hinterkopf leicht angeekelt.
„Nein. Nicht nötig. Das wird schon wieder.“
„Na gut. Wie sie meinen. Dann werden wir beide direkt zum Revier fahren.“
John sah sie erschüttert an.
„Keine Angst. Ich werde sie schon nicht verhaften. Können sie fahren? Oder soll ich..“
„Tun sie sich keinen Zwang an.“
Er warf ihr die Schlüssel zu. Die beiden warfen einen letzten Blick auf Big Mikes Überreste
„Wissen sie Detektiv, irgendwie fand ich sowieso dass er ein riesengroßes Arsc..“ John unterbrach sich selbst, er erinnerte sich an etwas, dass sein Großvater ihm einmal gesagt hatte.
„Johny mein kleiner, sprich niemals böse über tote Menschen!“
Er konnte sich seinen Großvater regelrecht vorstellen, wie er ihn mit erhobenem Zeigefinger und grimmigem Gesicht abmahnte, anschließend aber mit Bonbons verhätschelte.
„Ach Opa ich wünschte du wärst jetzt hier, du wüsstest bestimmt was ich machen sollte.“
Er blickte in den Himmel, welcher zwar durch das Dach der Garage versperrt war, aber er glaubte fest daran, sein Großvater würde ihn hören.
John drückte auf einen Bedienknopf links neben der Garagentür, diese öffnete sich langsam unter unangenehmen Quietschen. Er bestiegen den Wagen auf der Beifahrerseite  und der Wagen fuhr los. Der Detektiv kam mit dem Karren drei Meter bevor der Motor seinen Dienst versagte. „He was machen sie mit meinem Auto? Geben sie bitte etwas mehr Gas, beim losfahren!“
„Ich werd`s versuchen.“
Entgegnete sie ihm lächelnd. Und so fuhren sie, anfangs noch unter Bocksprüngen, langsam die Straße entlang, Richtung Polizeirevier.
 
 

Kapitel 4

 
„John? Ich darf sie doch so nennen oder?“
„Wenn ich sie Angela nenne darf?“
entgegnete er ihr.
„Können sie mal kurz das Lenkrad halten?“
Sie tastete in ihren Taschen nach etwas. Zog ein Päckchen Zigaretten heraus, nahm eine aus dem Päckchen, steckte sie in den Mund, holte das Feuerzeug aus der anderen Tasche und zündete den Glimmstängel an.
„Sie rauchen? Ist ne schlechte Angewohnheit.“
„Oh. Bitte hören sie auf. Sie hören sich schon fast an wie meine Mutter. Ich wollte eigentlich auch aufhören, aber nach allem was sie mir erzählt haben... ist es sowieso wahrscheinlicher das ich so Ende wie Big Mike. Irgendwie scheint jeder den sie kennen so zu Enden.“
Entgegnete sie ihm mit einem leicht sarkastischem Unterton und übernahm das Steuer wieder.
„Wir sind gleich da. Und dann erzählen sie mir noch einmal in aller Ruhe was das mit ihren Träumen auf sich hat.“
 Und die restliche Zeit bis zum Revier sah John mit besorgtem Blick aus dem Beifahrerfenster seines Wagens, ständig diesen blutigen Blick in seinem Kopf. Er fürchtete sich schon jetzt davor die nächste Nacht wieder träumen zu müssen, und bekam bei dem Gedanken daran eine Gänsehaut.
„Wer ist wohl der nächste?“
Ein geschmackloser aber zugleich auch berechtigter Gedanke.
„Vielleicht sie?“
besorgt und nachdenklich sah er Angela an.
„Ah da sind wir ja. Kommen sie John. Mögen sie Kaffee? Als ich kann jetzt einen vertragen. Ach was red ich denn da. Ich kann jetzt ne ganze Kanne vertragen. Am besten schwarz und ohne Zucker.“
Und während sie diese Worte sprach stieg sie aus dem Wagen und lief die Treppen hinauf die zum Eingang des Reviers führten. John zögerte noch einen Augenblick, bevor er die Beifahrertür öffnete, ausstieg, vor den Treppen anhielt und seinen Kopf nach oben neigte. Eine Armee von Streifenwagen parkte links und rechts neben der Eingangstreppe. Es war ein großes Gebäude, mit Backsteinfassade, sehr alt, mit barocken Verzierungen über der doppelflügliegen Eingangstür, von denen Angela eine aufhielt und auf ihn wartete.
„John kommen sie schon. Worauf warten sie?“
Langsam bestieg er die Treppe und schriet durch die Tür. In einen großen Vorsaal. Es roch nach frischer Farbe, in einigen Ecken standen noch immer Farbeimer des Maler, es muss vor kurzem renoviert worden sein. Angela durchschritt einen der vielen Metalldetektoren, welche vor der Haupttreppe des Flurs standen und penibelst von Beamten bewacht wurden. Sie zog John durch den Detektor hindurch, welcher sogleich ein piependes Signal von sich gab. Wimmelte die Polizisten aber durch vorzeigen ihrer Marke ab, als wollte sie sagen, ist schon in Ordnung Jungs, der gehört zu mir.
„Kommen sie, wir müssen die Treppen rauf in den zweiten Stock. Da ist mein Büro und der Kaffeeautomat.“
Die oberen Etagen glichen der Haupthalle gar nicht. Hier waren die Maler das letzte mal scheinbar vor 10 Jahren. Die Wände waren verdreckt, Putz fehlte an einigen Ecken, die Türstöcke waren angeschlagen. Scheinbar wurden hier oft Gegenstände durch die Räume getragen. Eine große Halle war vor ihnen. Man hatte sie zu einem Großraumbüro umfunktioniert. Die meisten der Schreibtische waren schon besetzt. Angela zog John zwischen den Büroabteilen hindurch, zu einer Tür auf der anderen Seite der Halle. Ein Schild klebte darauf: Detektiv Angela Swanson. Sie öffnete die Tür. Das Büro, war ordentlich aufgeräumt. Nur einige Akten lagen auf der rechten Seite des Schreibtisches. Einige Stifte steckten in Stifthaltern wie man sie in jedem Schreibwarenladen bekam. Bilder ihrer Familie standen neben dem laufenden Computer. An der Wand hingen Bilder aus ihrer Akademiezeit, darunter Aktenschränke und auf einem von ihnen stand die angepriesene Kaffeemaschine, welche schon bis obenhin gefüllt. Scheinbar lief das Ding die ganze Zeit, was sicherlich auch von Vorteil war, besonders in Situationen wie dieser. Angela machte sich eine Tasse voll, nahm einen kräftigen Schluck und fiel völlig entschöpft in ihren Bürostuhl.
„Setzen sie sich Steve, sie machen mich ganz nervös.“
Sie zeigte auf einen der Stühle auf der anderen Seite des Tischs, kramte in ihren Schubladen nach einer Kopfschmerztablette, welche sie mit einem weiteren Schluck Kaffee nach unten würgte.
„Also legen sie los.“
John begann zu erzählen. Er erzählte ihr davon wie er vor zwei Tagen das erste Mal aus der Zeitung vom Mord an seinem Freund erfuhr und den Träumen die er seit dem hatte. Angela unterbrach ihn kein einziges Mal, verschlang gespannt jedes Wort das er ihr erzählte. Sie konnte nicht glauben wie ausführlich er alles beschrieb, wenn man die unlogischen Wirren seiner Träume wegließ, konnte man fast meinen er sei wirklich jedes Mal dabei gewesen. John tat es sichtlich gut, diese Träume mit jemandem zu teilen ohne gleich als verrückt abgestempelt zu gelten und jeden Augenblick befürchten zu müssen in eine Anstalt gebracht zu werden.
„Also das klingt ja schon fast, als hätten sie das aus einem richtig guten Horrorroman.“ Beide hätten sicher gerne gelacht, wäre die Situation nicht so ernst gewesen.
„Da gibt es nur eins, was ich nicht verstehe. Warum haben sie vom Mord ihres Freundes nicht auch schon vorher geträumt? Und warum hatten sie nicht schon früher solche Träume? Oder hatten sie solche schon mal?“ 
„Nein. Ich glaube an so eine abgefahrene Scheiße könnte ich mich erinnern.“
John schüttelte verzweifelt den Kopf.
„Ich habe diese Träume wirklich erst seit den letzten Tagen.“
„Auf jeden Fall muss das ganze irgendwie mit ihnen zusammen hängen. Sie kannten alle drei Mensche die ermordet wurden. Sie sind der Schlüssel zu dem ganzen. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo das dazugehörige Schloss ist.“
Und sie kramte wieder in ihren Schubladen und holte ein Telefonbuch hervor. Mit einem suchenden Blick begann sie darin zu lesen.
„Ü..Ü..Ü.. Ah da.. Übersinnlich.. Madame Lolette, ihre Spezialistin in übersinnlichen Dingen.“
John hob ungläubig eine Augenbraue,
„Das ist doch nicht ihr ernst oder?“
„Haben sie einen besseren Vorschlag? Dann lassen sie mal hören. Ich bin gespannt.“
„Nein tut mir leid. Versuchen wir´s.“
Angela trank hastig den Rest aus ihrem Becher, stand auf, öffnete die Tür und machte eine weisende Handbewegung welche John zeigen sollte „Du zuerst“. Ihr Vertrauen in ihn schien wohl noch von vielen Zweifeln geprägt. Der Weg der beiden  führte wieder durch das Großraumbüro, welches nun mittlerweile auch schon bis zum Rand mit Menschen gefüllt war, die Treppen hinunter, durch die große Haupthalle, deren Anblick für John nicht weniger Aufregend war als vor einer halben Stunde. John lief schon in Richtung seines Wagens, als ihn Angela zurück pfiff.
„Sie glauben doch wohl nicht im ernst, dass ich noch mal mit der Mühle fahre?“
Sie streckte ihre rechte Hand aus, drückte auf etwas in ihrer Hand, was zur Folge hatte, dass eine der vielen schwarzen Limousinen auf dem Parkplatz diesen typischen Ton, begleitet von blinkenden Lichtern, erzeugte.
„Wow. Darf diesmal ich fahren?“
„Nein!“
„Ach kommen sie schon. Ich hab sie auch mit meinem Wagen fahren lassen.“
„Nein. Einsteigen!“
„Jetzt lassen sie mich schon. Ich wird auch ganz vorsichtig Fahren.“
„Nein. Steigen sie ein oder ich erschieße sie.“
„Das dürfen sie doch gar nicht.“
Antwortete John mit einem ungläubigen Unterton.
„Wollen sie’s wirklich drauf anlegen?“
Entgegnete ihm Angela und ohne ein weiteres Wort zu sagen stieg John blitzschnell in das Vehikel. Der Wagen roch noch neu, auf den Sitzen waren ganz im Gegensatz zu Johns Doge keine Flecken von Fast Food.
 

Kapitel 5

 
Eine knappe Stunde waren sie im Morgenverkehr der Stadt unterwegs, bevor sie an Madam Lolett´s Laden vorfuhren. Er lag in einem abgelegenen Viertel der Stadt, dass einige Jahre zuvor noch mit einer abwechslungsreichen Einkaufspromenade aufwartete. Doch die allgemeine Wirtschaftskrise machte auch vor dieser Stadt nicht halt.
„Treten sie nur ein wenn sie bereit sind die bekannte Welt zu verlassen und das für das Auge verborgenen zu entdecken. Klingt vielversprechend“,
scherzte John. Sie öffneten die Ladentür, ein Geruch aus Weihrauch und seltsamen Kräutern wehte ihnen entgegen während sie den nur durch Kerzen erleuchteten Gang in eine Art Vorraum kamen. Die Wände waren voll von unlesbaren Zeichen und Runen in allen nur erdenklichen leuchtenden Farben. Von der Decke hingen duzende Traumfänger und andere Dinge um böse Geister zu vertreiben. Die Regale an den Wänden standen voll mit Schrumpfköpfen, abgefüllten Violen und antiken Büchern. Und zwischen all den faszinierenden und zugleich erschreckenden Dingen stand ein unscheinbarer Tresen und auf ihm ein kleiner chinesischer Miniatur Gong, welchen Angela gerade schlagen wollte, als aus dem Hinterzimmer eine beruhigende Stimme ertönte.
„Kommen sie. Ich habe sie bereits erwartet.“
John sah Angela leicht überrascht an, als die beiden das Hinterzimmer betraten, in dem noch mehr Traumfänger von der Decke hingen und noch mehr antike Bücher und mystische Utensilien in Regalen lagen. In einem alten Sessel saß eine noch ältere Frau. Ihr leuchtend weißes Haar hing ihr ins Gesicht und verdeckte ihre Augen, welche die selbe Farbe zu haben schienen. Auf ihrer Schulter krümmte sich eine weiße Ratte. Ihre Kleider ähnelten denen von afrikanischen Medizinfrauen und um den Hals trug sie viel Talismane, mehr als Mr. T Goldkettchen besaß.
„Die Geister haben mir ihre Ankunft bereits mitgeteilt Miss Swanson und Mr. Rivers.“
Sie sah die beiden mit ihren ergrauten Augen an.
„Welche Geister? Die Kirschgeister oder die Pflaumengeister?“
John zog seine Mundwinkel zu einem lächeln hinauf, als ihn die alte Frau anfauchte:
„Machen sie sich nicht lustig über die Geister Mr. Rivers. Haben sie nicht schon genug Schwierigkeiten?“
„Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass sie wissen weshalb wir hier sind?“
„Doch das tue ich. Ich weiß von den Ereignissen aus den vergangenen Tagen und ich weiß auch von den Träumen, welche ihnen Schlaflosigkeit bescheren. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie den Weg zu mir finden würden.„
Ein neckisches Lachen formte sich zwischen den Falten um ihren Mund.
„Sie wissen von den Träumen? Wissen sie auch was sie bedeuten? Wieso ich? Was habe ich getan, dass ich so etwas...?“
„Verdiene? Nichts Mr. Rivers. Sie haben nichts getan um  so etwas zu verdienen.“
„Dann machen sie ,dass dieser Alptraum aufhört. Ich will mein normales Leben zurück,“
schrie John sie befehligend an, nur um im selben Moment ihre ernüchternde Antwort zu erhalten:
„Glauben sie wirklich sie haben eine Wahl?! Glauben sie die Menschen in ihrer Nähe sterben nicht mehr wenn sie diese Träume nicht mehr haben?“
„Ich will diese verdammten Träume nicht mehr!!!“
„Das ist nicht ihre Entscheidung!“
„Was...?“
„Nun Mr. Rivers...“
Sie zögerte einen Augenblick, dann fuhr sie fort.
„..ich muss zugeben, Anfangs dachte ich sie hätten dies Gabe. Diese Gabe Dinge in ihren Träumen zu sehen.... Doch.. Doch ich habe mich getäuscht. Ich spüre von ihnen keine spirituelle Aura.“
Verzweifelt neigte sie ihren Kopf.
„Was? Was faseln sie da?“
„..Aber auch ich bin nur ein Werkzeug Mr. Rivers. Ein Werkzeug einer höheren Macht, genau wie sie. Auch wenn ihnen dies Fähigkeit nicht in die Wiege gelegt wurde, so hat man sie ihnen, zumindest zwangsläufig, verliehen. Das vermute ich zumindest.“
Einen Moment verweilte sie in Stille um nachzudenken.
„Vielleicht ist es ihr Freund. Steve ist sein Name nicht wahr? Ja, vielleicht hat seine gequälte Seele ihnen diese Fähigkeit verliehen.. Verliehen um dafür zu sorgen diesen Mörder zu finden und seine Opfer in Frieden ruhen zu lassen.“
Nun erhob Angela ihre Stimme, welche das Gespräch bisher still aber konzentriert verfolgte.
„Wissen sie wer der Mörder ist?“
„Ja... Ja ich weiß wer der Mörder ist. Doch fürchte ich ihre Fähigkeiten als Polizistin sind machtlos in diesem Fall. Der Mörder den sie finden wollen. Ihm können keine Kugeln etwas anhaben. Sie können zwar den Körper dieses Mannes töten, doch seinen Geist zu vernichten haben schon viele Weiße versucht. Ich eingeschlossen. Die Torheit des Menschen war es erst, die diesen Teufel, vor langer Zeit beschworen hat. Und diese Torheit ist auch dafür verantwortlich dass er ihren Freund ermordet hat. Denn das alles ist nur ein bedauerlicher Zufall, hervorgerufen durch einen von vielen menschlichen Fehlern.“
Madam Lolette atmete tief ein, dann beendete sie den Vortrag.
„Das alles ist ein Rätsel. Ein Rätsel gegen die Zeit. Und ich habe ihnen schon zuviel geholfen... Denn wie ich schon sagte bin auch ich nur ein Werkzeug. Sie müssen jetzt gehen. Ich bin müde. Ich muss mich ausruhen. Zwei Dinge gebe ich ihnen jedoch noch mit auf den Weg.“ Sie fasste in ihre Tasche holte zwei kleine, alt aussehende Anhänger heraus und übergab Angele und John jeweils einen.
„Dies Anhänger werden ihnen etwas Zeit verschaffen. Sie werden dafür sorgen, dass sie einige Tage Zeit bekommen. Einige Tage ohne das ein weiterer Mord geschieht. Doch sie müssen sich beeilen. Lösen sie das Rätsel, finden sie einen Weg. Einen Ratschlag will ich ihnen noch mit auf den Weg geben. Beginnen sie mit ihrer Suche in der Vergangenheit. Die Vergangenheit, hält viele Ratschläge und Hinweise bereit. Auf dem Tisch dort liegt ein Buch. Nehmen sie es. Und jetzt gehen sie.“
John schnappte sich das alte modrige Buch, welches auf einem kleinen Runden Tisch lag, nahm Angela bei der Hand, welche doch leicht verstört darauf drängte hier zu bleiben um mehr zu er fahren. Doch John verlies das Zimmer in Richtung Ausgang ohne eine weitere Frage zu stellen. Tief in seinem inneren schienen alle Antworten bereits vorhanden zu sein, auch wenn vieles für seinen Verstand noch keinen Sinn ergab.
 
Kaum auf der Straße, packte Angela John mit beiden Händen und drückte ihn gegen die Hauswand.
„Verdammt noch mal, was sollte das da drin. Klären sie mich gefälligst auf, bevor ich sie auf der Stelle verhafte. Was zum Teufel... man kann zwar den Körper töten aber der Geist.... das hört sich an wie aus einem schlechten Horrorroman. Also los antworten sie schon. Und warum zum Teufel hab ich da was um den Hals hängen dass aussieht als hätte ich es aus irgendeinem Touristenstand in Afrika??“
„Was zum Teufel wollen sie denn wissen? Ich hab ihnen alles gesagt was ich weiß.“
„Ich will verdammt noch mal Antworten John. Und ich will sie jetzt!!“
„Ich begreife es doch selber nicht ganz. Aber eine Stimme in meinem Kopf sagte Geh jetzt. Löse das Rätsel.“
„Ich... Sie verdammter Mistkerl...“
Angela ließ von ihm ab, drehte sich um, fasste sich mit der Hand über das Gesicht, atmete tief ein und schüttelte den Kopf.
„Verdammt noch mal John. Ein Kollege mit dem ich fast 4 Jahre lang zusammen gearbeitet habe wurde gestern ermordet. Und alles was dieses.. Relikt da drin sagt ist löst das Rätsel. Sucht in der Vergangenheit ... Wissen sie wie gerne ich meine Waffe gezogen hätte um ihr den Schädel wegzupusten?“
„Ich kann es mir vorstellen. Glauben sie wohl mir geht es besser? Steve war mein bester Freund. Glauben sie etwa ich würde nicht alles dafür geben seinen Mörder zu finden? Aber sie haben die Tatorte, die Leichen gesehen! Sie wissen dass kein Mensch, kein normaler Mensch dazu im stande wäre.“
„John, ich ... Ich weiß nicht was ich glauben soll. Ich .. habe versucht meine Professionalität zu behalten.. aber ... ich zweifele langsam an mir und meinen Fähigkeiten. In solchen Situationen war Paul immer der jenige der mir den Weg gezeigt hat und jetzt? Jetzt ist er weg... und ... und ich..“
Angelas Augen konnten die Tränen nicht mehr halten, welche sie wohl in den letzten zwei Tagen aufstauten. John näherte sich ihr langsam um sie in den Arm zu nehmen und versuchte sie zu beruhigen so wie man jemanden beruhigt wenn er zu weinen anfängt.
„Alles in Ordnung, Angela. Alles in Ordnung. Kommen sie. Lassen sie uns zurück ins Revier fahren und uns dieses Buch einmal ansehen. Lassen sie mich fahren.“
Angela wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und antwortete ihm lachen:
„Vergessen sie´s! Ich fahre.“
Beide stiegen in den Wagen. Während Angela den Wagen startete, sich in den Verkehr einreihte und Richtung Polizeirevier fuhr, öffnete John das verstaubte Buch. Er konzentrierte sich einen Moment auf die ersten Seiten, blätterte aber dann Seite für Seite immer schneller durch, während sein Blick von Neugier zu Ungläubigkeit umschlug. Das Buch war, wie zu erwarten bei einem Buch, dessen Aussehen auf einige Jahrhunderte schließen lies, nicht in Englisch verfasst. Die einzelnen Seiten waren an den Rändern schon sehr aufgerissen, die Zeichen welche für John unlesbar waren schienen in Blut geschrieben worden zu sein. John hoffte das es sich um Tierblut handelte, beachtete man die Tatsache das der Einband aus Tierleder gefertigt wurde.
„Was zum....“
Er blätterte einige Seiten hysterisch, wild hin und her.
„Was ist los? Können sie es nicht lesen?“
Angela schielte nur kurz auf die Beifahrerseite, sie musste sich vollkommen auf den starken Stadtverkehr konzentrieren.
„...Nicht lesen? Ich weiß ja nicht einmal ob ich das Ding hier Richtig herum halte!“
John drehte es in alle Richtungen, was aber wie erwartet keinen sichtlichen Erfolg brachte. Ist das Latein?“
„Warten sie einen Augenblick, hier ist eine Lücke. Ich stell nur kurz den Wagen ab.“
Angela fuhr an den Straßenrand, entnahm John das Buch und überflog kurz einige Stellen. Hmmm... nein kein Latein. Ich hatte einige Jahre Lateinunterricht. Aber das da ähnelt nicht einmal Ansatzweise Latein.“
„Na toll. Dann war das alles umsonst?“
„He! Geben sie immer so schnell auf.... Ich kenne da einen Professor an der Universität hier. in der Stadt. Er kennt mehrere antike Sprachen. Ich verwette meine Polizeimarke darauf, dass, wenn es jemanden gibt der das lesen kann oder zumindest weiß in welcher Sprache es verfasst ist, er der Richtige ist.“
John stieß einen erstaunten Laut aus.
„Wow.“
„Was ist?“
“Wenn das mein Highschoollehrer wüsste..... Hat immer gesagt ich würde nie ne Universität von innen sehn.“
Und für einen Augenblick vergaßen die beiden ihre unsichere Zukunft und begannen aus vollem Herzen zu lachen.
Es war schon am späten Nachmittag als die schwarze Limousine vor der Stainsview Universität vorfuhr und auf dem großen Parkplatz auf deren Ostseite halt machte.
 
Während sich die beiden auf den Weg zum Haupteingang machten, konnte John seine Neugierde nicht mehr zurückhalten:
„Woher kennen sie diesen Professor?“
„Oh. Er.... „
Angela zögerte einen kurzen Augenblick, dann beendete sie:
„..ist ein alter Freund meines Vaters. Als ich noch ein kleines Mädchen war, kam er an den Wochenenden oft zum Essen zu uns. Und seit ich nach meiner Beförderung zum Detektiv wieder hier her versetz wurde, besuche ich ihn regelmäßig.“
Angela machte vor der großen Treppe die zum Haupteingang führte halt und erhob den Zeigefinger mahnend zu John.
„Hören sie. Da drin lassen sie besser mich reden. Wenn sie anfangen dem Professor irgendwelche Horrorgeschichten zu erzählen, wird er uns wahrscheinlich auf der Stelle rauswerfen, auch wenn er ein Familienfreund ist, ist er immer noch ein vielbeschäftigter Mann. Haben sie das kapiert?“
„Ich wird mich hüten noch mehr Menschen von meinen Alpträumen zu erzählen.“
Die beiden öffneten die doppelflüglige Tür und betraten die große Aula. John vernahm einen vertrauten Geruch, der ihn an seine Zeit auf der Highschool erinnerte und damit kamen auch alle die Erinnerungen an seine Aufenthalte im Büro des Direktors. Einmal hätte ihn der fast von der Schule verwiesen, weil John das Toupet seines Chemielehrers am Fahnenmast aufhing, einen Streich, den er einige Tage zuvor in irgendeiner Fernsehserie aufschnappte.
Fast hätte er den Anschluss an Angela verloren, hätte sie ihm nicht vom oberen Ende der Treppe zur ersten Etage aus zu gewunken.
„Vielleicht sollte ich sie an der Leine halten, dann gehen sie mir wenigsten nicht verloren.“
„Oh gerne. Werden sie dann auch etwas aus Leder anziehen?“
Johns Grinsen versiegte just in dem Moment, als Angela zu ihm hinübersah und den Kopf verneinend drehte.
„Reißen sie sich am Riemen, die nächste Tür.. das ist sein Büro. Und noch mal, sagen sie ihm bitte nichts über die Alpträume oder die Morde oder diese verrückte Madam Lolette.“
„Und wenn er wissen will woher das Buch ist?“
„..Dann.. werde ich ihm erzählen, wir müssten einen Fall für ein Museum untersuchen.“
Angela klopfte die Tür, wartete einen Augenblick, bis aus dem inneren des Raums eine Stimme ertönte.
„Ja? Herein.“
Sie öffnete die Tür, und begrüßte den Professor zuerst mit einem lächeln und dann mit einer Umarmung.
Der Mann war sicherlich schon über sechzig Jahre alt. Die Falten in seinem Gesicht erzählten Geschichten eines erfüllten Lebens. Die Lesebrille die er im Gesicht trug, ließ ihn in Verbindung mit seinem weißen Vollbart und dem zu ihm passenden grauen Anzug, sehr autoritär wirken.
„Angela. Welch eine Freude, dass du mich wieder einmal besuchen kommen. Wer ist dein Freund hier?“
„Oh, das ist John Rivers. Er ist mir.... bei einem meiner Fälle behilflich.“
John reichte dem Professor die Hand, welcher, was John überraschte, mit einem kräftigen Händedruck antwortete.
„Ich will nicht lange drum herum reden. Wir sind hier, weil wir einige Informationen von ihnen brauchen Professor.“
„Oh Angela. So warst du schon immer. Du redest nie lange um den heißen Brei herum. Jetzt setzt euch aber erst mal hin und dann erzählt mir wie ein alter Mann wie ich ihnen helfen kann.“
Der Professor schob zwei Stühle auf einer Seite seines Schreibtisches in Richtung der beiden, ging auf die andere Seite des Tisches und ließ sich in seinem Sessel nieder.
„Also was kann ich für sie tun.“
„Nun...wir haben da dieses.. Buch.“
„John nahm das Buch unter seiner Jacke heraus und übergab sie dem Professor, welcher einen deutlich erkennbar, verdutzten Eindruck machte. Er begutachtete es gründlichst von Außen.
„Es ist in einer Sprache verfasst, die wir nicht entschlüsseln können. Und ich weiß das sie eine Koryphäe auf dem Gebiet antiker Sprachen sind.“
Der Professor schlug das Buch auf, überflog einige der Wörter, nahm seine Brille ab um sie noch einmal hastig zu säubern, setzt sie wieder auf und stieß begeistert aus:
„Das ist einfach nur faszinierend. Das... so etwas habe ich noch nie gesehen. Wo haben sie das her?“
„Oh .. das Buch ist ein Beweisstück. Es wurde aus einem Museum gestohlen und ....“
„Angela, lüg mich nicht an. Würde es ein Museum geben, dass ein solches Buch besitzen würde, dann würde ich davon wissen. Aber egal wo du es her hast, es ist einfach nur faszinierend.“
Antwortete der Professor mit weit geöffneten Augen.
„Wirklich? Können sie es lesen?“
„Oh, Angela ich bitte dich. Natürlich kann ich das. Das ist Griechisch.“
„Es wurde in Griechenland verfasst?“
fragte John äußerst Interessiert.
„Nein. Ich sagte lediglich es ist in Griechisch verfasst. Die Person die dieses Buch geschrieben hat, scheint ein Mönch gewesen zu sein. Mönch eines kleinen Ordens im Herzen Europas. Der Mönch schreibt er wäre aus Griechenland, bis zu dem Zeitpunkt an dem er von seinen Brüdern angeworben wurde um dem Herrn zu dienen. Der Inhalt ist trotzdem äußerst Bemerkenswert. Ich verstehe nur nicht wieso jemand einen Text mit Blut schreibt.“
„Das ist nebensächlich. Was steht drin. Was steht in dem Buch?“
„Ah. Lassen sie mich mal einen Ausschnitt vorlesen. Wo haben wir denn eine interessante Stelle? ....Ah da ist eine..... Über ein Jahr ist nun vergangen seit wir diese gequälte Seele aus Griechenland weggebracht haben. Ich verstehe nicht wieso der Oberste unseres Ordens ihn nicht einfach hinrichten lässt, doch er sagt uns andauernd es sei unser aller Untergang wenn wir seinem Leben ein Ende bereiten.... Wir sollen nur darauf Achten ihn nie aus seiner Zelle zu lassen und immer zu zweit bei ihm sein. ...Etwas Schreckliches ist passiert. Der Gefangene ist vergangene Nacht entkommen und hat viele unserer Brüder ermordet. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Nur der Teufel kann zu so einer Tat im Stande sein..... Haben den Mörder gefunden und Bruder Jonathan hat ihn hingerichtet. Ich bete zu Gott das die Seele dieses Mannes nun ihren Frieden findet.... Bruder Jonathan benimmt sich seit einigen Tagen sehr seltsam, was er getan hat scheint ihn, obwohl es nötig war, stark mitzunehmen. ...Ich kann nicht glauben was heute passiert ist. Wir haben einen unserer älteren Brüder verloren. Er wurde ermordet. Der Oberste des Ordens hatte uns gewarnt. Wir haben nicht auf ihn gehört, haben ihn immer für verrückt gehalten, doch er hatte Recht, als er sagte man könne zwar den Körper vernichten doch der Dämon der sich der Seelen seiner Wirte ermächtigt ist mit keiner menschlichen Waffe verwundbar..... Der Oberste hat mir heute das Geheimnis anvertraut mit dem Mann dieses Biest vernichten kann. Es in diesem Buch nieder zu schreiben, wäre zu gefährlich. Er sagte er müsste es mir anvertrauen, weil er nicht mehr lange sein würde.... Alle sind tot. Alle. Der ganze Orden. Bin heute Nacht geflohen. Muss dieses Buch weg bringen. Weg von hier.... Ich hörte von einem Schiff, der Santa Maria. Eines von drei Schiffen, welches zu einer Expedition nach Indien aufbricht. Ich habe dafür gesorgt an Bord dieses Schiffes zu gelangen. Ich werde das Buch und den Weg diesen Dämon zu bekämpfen mitnehmen. Möge Gott mich auf meiner Reise beschützen.“
„Das ist einfach nur faszinierend.“
Der Professor blätterte einige Seiten weiter.
„Hier schreibt er etwas ausführlicher über die Ereignisse, scheinbar hatte er während der Reise auf dem Schiff viel Zeit. Aber das Folgende ist besonders interessant.... Sind am Ziel unserer Reise angekommen. Das ist nicht Indien.... Hier leben nur Wilde. Ich muss ihnen den Willen unseres Herren vermitteln. Es scheint sein Wille gewesen zu sein, dass ich nach den Ereignissen in Europa und meiner langen Reise hier her gelangt bin.....“
„Die weiteren Seiten schreibt er von den Jahren in Amerika und davon wie er einen Orden gründet... Oh... er starb einige Jahre später. Einer seiner Ordensbrüder hat das Buch fortgeführt und auch das Geheimnis... Hier steht tatsächlich nur Geheimnis... Und diese Prozedur wurde über all die Jahrhunderte weiter betrieben. Der letzte Eintrag liegt 27 Jahre zurück.“
„.... Die Polizei hat die Bestie festgenommen.... Er wurde heute Verurteilt. Die Todesstrafe.. Ich bete zu Gott, das er nicht zulassen darf, dass sie ihn hinrichten.  Noch bleibt mir Zeit. 27 Jahre Zeit... Habe viel zu tun... Ich bin schwer krank.. Mit mir geht es zu Ende... Traf heute eine alte Frau. Ich kenne sie.. Habe sie schon vor einiger Zeit getroffen. Sie war eine von denen, die versuchten den Dämon zu bannen. Doch sie kennen nicht das Geheimnis, ihn zu vernichten. Kann es ihr nicht anvertrauen, sie würde zu vielen Seelen damit schaden, noch vielen mehr als der Dämon es selbst vermag zu tun. Aber ich gebe ihr dieses Buch.. Und ein Rätsel, welches ich auf den letzen Seiten hier niederschreibe. Sollte sie es schaffen, dieses Rätsel zu lösen, dann habe ich mich getäuscht. Doch ich befürchte es werden noch viele Jahre vergehen bis das Rätsel gelöst wird. Und in meinen letzten Stunden bete ich zu Gott. Ich bete für alle die Unschuldigen die getötet wurden und auch für die Sünden die mein Orden über die Jahrhunderte begangen hat, die Unfähigkeit oder die Feigheit diesem Dämon Einhalt zu gebieten als wir die Chance dazu hatten.....“
„Die nächsten Seiten beschreibt er nur wie sehr er für seine Sünden um Vergebung bittet.“
„Und das Rätsel, wo ist das Rätsel. Hat er es ins Buch geschrieben?“
John sprang hastig vom Stuhl auf, Angela fasste seinen Arm um ihn etwas zu bremsen.
„Oh ja natürlich das Rätsel. Ähmm.. Ah hier auf der letzten Seite. „  
 
Der Professor schaltete die kleine Halogenlampe an, die neben seinem Monitor stand. Er griff in eine Schublade und schob eine kleine Nickelbrille auf seine markante Nase. Unwillkürlich griff seine leicht zitternde Hand in seinen Vollbart, den er streichelte, als er die vergilbten, teils zerfetzten Seiten umblätterte.
„Hmm“ machte er. „Das ist allerdings ein Rätsel. Ich versuche mal zu übersetzen:

Kapitel 6

 
Diese Zeilen in Blut geschrieben, enthalten den Schlüssel den Dämon zu besiegen. Wer stark genug ist, der schließe die Augen und beginne nur seinen Träumen zu glauben. Die Antwort zu erhalten ohne die Frage zu kennen, kann gefährlicher sein als ihn beim Namen zu nennen. Dort wo es begann dort hat es zu enden.
Nur einer kann schaffen wo viele versagen doch ist er bereit diese Bürde zu tragen? Darum erforsch die Geschichte, sie wird es erzählen. Knie nieder vor ihm und blicke ihm in die Augen, er zeigt dir die Waffe. Doch wähle weiße, es gibt kein zurück. Beschreitest du diesen Pfad dann musst du verstehn, du wirst danach die Welt vielleicht nie wieder sehn.
 
Er schaute auf.
„Das ist das Rätsel,“
sagte er, lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und schaute Angela und John an.
„Ist das alles?“
fragte John irritiert.
„Das ist schon eine ganze Menge,“
antwortete der Professor, nahm seine Brille ab und putzte sie unter der Schreibtischlampe. Anschließend lehnte er sich bequem zurück und seine grauen Augen musterten seine Gäste. Er genoss deren verwirrten Ausdruck, bis er sich zu einer Erklärung bequemte.
„Wie aus dem Dokument hervorgeht,“
begann er, stand auf, Zog seine kleine Pfeife aus der Jackentasche, zündete sie an und starrte aus dem Fenster welches zum, vom Regen durchnässten, Innenhof der Universität zeigte, in dessen Mitte eine große Statue stand, vermutlich der Gründer der Universität.
„ist der Mönch, der jenes Dokument verfasste, seinerzeit mit der Flotte des Kolumbus in die neue Welt gelangt und hat dort diesen ..Wilden, wie er sie bezeichnete den christliche Glauben aufgedrängt, .... wie so üblich damals.... Aber egal, wie in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt, scheint es sich um einen Dämon zu handeln, welcher eine Art Wirt, in diesem Fall den Menschen braucht um zu existieren. Zuletzt den im Buch erwähnten, Verurteilten. Der Teil mit den Antworten, bedeutet ganz einfach, dass sie nach den Fragen suchen müssen. Und dort wo es bagnn.... nun ja das dürfte wohl ein Ort in Europa sein. Vielleicht Griechenland? ...Nur einer kann schaffen wo viele versagen.... Na das ist eine von diesen heroischen Geschichten über Auserwählte. ...Beschreitest du diesen Pfad.... vielleicht nie wieder sehn.. Ja das dürfte bedeuten das sich dieser Auserwählte opfern muss.. „
John hob den Kopf in die Höhe, seine Augen wurden ganz groß. Die ganze Situation hatte für ihn etwas Unrealistisches an sich. Ein Buch, mit Blut geschrieben, ein Mönch, der mit der Kolumbusflotte nach Amerika gelangt war, ein schemenhafter Dämon, der seinen besten Freund, seinen Automechaniker und dazu noch einen Detective der Mordkommission getötet hatte… und nun ein Universitätsprofessor, der diese ganze Geschichte zum lachen komisch findet. Wäre dies ein Horrorroman, wäre es ein sehr schlechter.
„...Aber zum Glück ist es ja nur eine Geschichte nicht wahr?..“
Der Blick des Professors glitt zwischen den erstarrten Gesichtern der beiden hin und her.
„Eine Geschichte?..“
fragte Angela irritiert.
„Ja natürlich..“
er begann zu lachen.
„Ich muss schon sagen, manche Menschen verstehen es Geschichten zu schreiben. Und dann auch noch mit Tierblut.... Das muss ziemlich verzweifelter Schriftsteller sein, eine Geschichte zu schreiben welche sich über Hunderte von Jahren hinzieht. ... Aber seit dem 11. September hab ich aufgehört mich über bestimmte Dinge zu wundern..“
Der Blick des Professors schwiff, deutlich betrübt zum Boden hinab.
 
„Aber sagten sie nicht dieses Buch sei faszinierend?“
entgegnete ihm John.
 
„Ja, auch ich kann mich täuschen. Ein groteske Fälschung.... Ich hoffe sie haben nicht zu viel dafür bezahlt?“
Er begann wieder zu lachen und begleitete die beiden zu Tür hinaus.
„Und wenn ihr mal wieder eine so tolle Geschichte für mich habt, dann immer her damit.“
Und während er die Tür schloss, lachte er herzlich und sprach zu sich selbst.
„Ach ja ein Dämon..... was für eine verrückte Geschichte.“
 
„Was war das jetzt?“
fragte John.
„Der Mann ist Professor an einer Universität. Was haben sie denn erwartet? Eine Art 60jährigen Filmprofessor der sich sofort mit uns aufmacht in die Welt?“
antwortete Angela schelmisch.
„Naja, der Gedanke diesen Mann mit Hut und Peitsche zu sehen, wäre sicherlich mal was anderes.“
John wollte einen Spaß machen, doch weder er noch Angela fingen zu lachen an.
 
„Ich finde es ja toll, das er das Buch entziffern konnte, nur was sollen wir mit dem Rätsel anfangen?“
„Wir werden ganz einfach das tun, was am offensichtlichsten ist... Ich hole die Tatortberichte und dann sehen wir uns mal die Tatorte genauer an.“
„Ab..“
John wurde augenblicklich unterbrochen.
„Wenn das was in dem Buch steht stimmt, dann braucht dieses ..Ding... einen menschlichen Körper um zu existieren. Und ein Mensch hinterlässt am Tatort für gewöhnlich Spuren. Vielleicht finden wir etwas, auf das die Spurensicherung nicht geachtet hat.“
Während sie dies Aussprach, ging sie geradewegs zum Wagen.
John stand noch an der Eingangstreppe zur Universität und rief ihr nach:
„Und was, wenn wir nichts finden?“
„Dann wünsch ich ihnen süße Träume.“
Angela öffnete die Tür des Wagens, stieg ein, startete den Motor und fuhr los. Sie drehte den Wagen auf dem großen Parkplatz um und hielt an der Universitätstreppe an um John einzusammeln, welcher noch immer sehr verstört im gerade angefangenen Regen dastand. Angela ließ das Beifahrerfenster herab.
„John jetzt steigen sie schon ein. John!!! John, muss ich sie erst festnehmen damit sie mitkommen?! Jetzt kommen sie, verdammt noch mal, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
Angela schüttelte den Kopf und fuhr mit der rechten Hand durch ihre Haare.
„Jetzt steigen sie schon ein, ich lass sie dieses mal auch fahren.“
Zögernd ging John einen Schritt nach vorne und begab sich langsam Schritt für Schritt, Stufe um Stufe nach unten. Und mit jedem Schritt den er tat, blitzten die Ereignisse der letzten Tage noch einmal durch seinen Kopf, gemischt mit den Texten aus dem Buch schienen sie langsam einen Sinn zu machen und für einen kurzen Augenblick dachte er, er hätte alles erkannt. Doch die Hupe des schwarzen Viertürers brachte ihn zurück in die Realität. Die Fahrertür des Wagens öffnete sich langsam und Angela stieg aus um auf der Beifahrerseite wieder einzusteigen, doch John winkte ab.
„Fahren sie. Ich.... Ich will jetzt nicht.“
„Sind sie sicher? Dieses Ding hier hat... bestimmt genug PS um einen Mann glücklich zu machen.“
Mit beiden Händen deutete sie auf den Wagen.
Ohne darauf zu antworten, stieg John in den Wagen und ließ sich erschöpft, und verzweifelt in den Sitz fallen.
Und nachdem Angela noch einen letzten Blick auf den kolossalen Universitätsbau machte, war sie auch schon im Wagen verschwunden, welcher langsam in den Verkehr der Straße einbog, dann jedoch schnell in dem Fluss aus Fahrzeugen verschwand.
 
Das Quietschen der Scheibenwischer bildete zusammen mit dem dezenten Klang des Motors ein rhythmische Melodie, welche nur durch die gelegentlichen Durchsagen des Polizeifunks unterbrochen wurde. Vor ihnen schaltete eine Ampel auf rot.
„Also wohin als erstes? Den Miller Mord?“
Angela wandte ihren Blick kurz vom Verkehr ab.
„Oh ja, ich will unbedingt den Ort sehen an dem man meinem besten und wahrscheinlich einzigen Freund in dieser beschissenen Stadt, ach was rede ich auf diesem beschissenen Planeten sämtliche Organe aus der Brust gerissen wurden.
John schlug kräftig gegen das Armaturenbrett.
„He, he, he, immer langsam.... der Wagen hier ist Staatseigentum…”
„Es tut mir leid..“
John hob beide Arme, als ob ein Polizist ihn angeschrieen hätte, Hände hoch.
„Nein, ich muss mich entschuldigen John. Sie.. Sie haben in den letzten Tagen sicherlich viel durchgemacht. Es.. tut mir leid.... Als Polizisten sehe ich zuviel davon und .... und irgendwann da fängt man an nicht mehr richtig darüber nachzudenken was man da redet. Hören sie wir hatten vielleicht nicht den besten Start... aber vielleicht sollte ich mehr Rücksicht auf sie nehmen.“
„Grün.“
Angela sah ihn fragend an.
„Was?“
„Grün!!!“
John deutete mit leichtem Grinsen auf das Licht der Straßenampel, die sich rechts vom Wagen bis quer über die ganze Straße erstreckte und unter Hupen der anderen Verkehrsteilnehmer, legte Angela eilig den ersten Gang ein und fuhr so schnell es ging weiter.
„Ist schon in Ordnung.... Fahren wir zum...... Miller Mord...“
Und im dichten Regen, bog der Wagen links ab und verschwand in einer kleinen Seitenstraße am Boulevard.
 

Kapitel 7

 
 
Während der langen Fahrt den Boulevard entlang mit all seinen Blumenläden über Buchhandlungen hin zu Bekleidungsgeschäften und sonstigen glamourös ausgeschmückten Läden, überteuerten Bars, in denen selbst ein Glas Wasser jemanden in den finanziellen Ruin treiben konnte, Kinos und trotz des strömenden Regens dicht bevölkerten Bürgersteigs hatte John wieder einmal Zeit zum Nachdenken, zum ersten Mal hatte er richtig viel Zeit zum Nachdenken, die Fahrt zum Tatort würde bei diesem Wetter und diesem Verkehr noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Er starrte aus dem leicht geschwärzten Seitenfenster des Wagens, auf die Menschen draußen im Regen, die von Geschäft zu Geschäft hin und herhuschten, als wäre es ihr einziger Lebenssinn so viel wie möglich zu kaufen.
 
Wie gerne wäre er jetzt einer von ihnen, selbst der heruntergekommene alte Mann der in völlig durchnässter Kleidung mit seinem Kartonschild, über dem Kopf um dem Regen wenigsten etwas Einhalt zu gebieten, da in einer Ecke unter einem kleinen Alleebäumchen saß. Ja, selbst der wäre er jetzt viel lieber. Alles wäre ihm jetzt lieber als seine Person. Wie schön diese Menschen es doch haben. Und wie schnell sich doch alles verändern kann. Noch vor ein paar Tagen war er selbst einer von ihnen. Doch dann... toter Freund, toter Polizist, toter Automechaniker. Eine alte verrückte Wahrsagerin, ein Buch geschrieben in Blut, ein Universitätsprofessor der sich, höchstwahrscheinlich immer noch herzlich an dessen Inhalt erfreut, ein Dämon der Menschen als Wirte missbraucht nur um andere damit zu töten, ein alter Bund von Mönchen die höchstwahrscheinlich an all dem Schuld waren, ein Rätsel, und ein leeres Gefühl in der Magengegend. Doch wirklich essen wollte er nichts. Höchstwahrscheinlich würde jede Mahlzeit die er jetzt zu sich nehme just völlig unverdaut auf der schönen schwarz-braunen Lederausstattung des Wagens oder gar auf Angelas Anzug landen.
 
Ach ja... Wieder einmal ging ihm durch den Kopf, wie schön sie eigentlich war. Die grünen Augen, das lange, dunkle Haar. Würde sie doch endlich diesen Zopf öffnen. Gleichzeitig wurde ihm aber auch wieder bewusst wie unpassend dieser Gedanke jetzt war. Höchstwahrscheinlich würde sie ihm auf der Stelle sämtliche Finger brechen oder noch schlimmer ihm ins Bein schießen, wenn er es auch nur wagen würde sie zu fragen ob sie nicht vielleicht einen Kaffe trinken würden. Wie sollte er das überhaupt anstellen, denn sonderlich geschickt war er ja noch nie mit Frauen, vor allem nicht unter solchen Umständen, nicht das er schon mal in einer solchen Situation war.
„He Angela, ich weiß die Situation ist scheiße, mein Freund ist tot, ihr Partner ist tot, höchstwahrscheinlich sind wir beide morgen auch tot. Wollen sie vielleicht einen Kaffe mit mir trinken?“
Peng, er konnte die Kugel in seinem Bein schon fast spüren. Und trotzdem musterte sein Blick sie weiter, auf und ab, auf und ab. Und der Wagen fuhr weiter. Die Wischer kämpften gegen die Fluten, die sich über die Windschutzscheibe ergossen. Verwischte rote Schlieren zeigten den voran fahrenden Verkehr. Ihm war gar nicht bewusst, das Angela mittlerweile schon die Unterlagen vom Revier abgeholt hatte so vertieft war er in Gedanken... in eine Mischung aus Softporno-Horror-Romantikmovie.
„Ok, da sind wir. Schnappen sie sich einen Regenschirm vom Rücksitz und los.“
 
Sie waren da. Links vor ihnen bäumte sich das Blue Springs in den bewölkten hellgrauen Regelhimmel. Und in der kleinen Gasse daneben, konnte man auch schon die im Wind wehenden Polizeiabsperrungen sehen.
 
POLICE LINE DO NOT CROSS
 
Diese Aufschrift brannte sich in Johns Gehirn. Do not cross..  Sein Lehrer hatte ihm damals in der Schule immer klargemacht, dass es eine Straftat sei einen solchen abgesperrten Ort zu betreten und schön war es auch nicht, bei diesem Wetter. Er fragte sich ob die Lage in der man Steve fand mit Kreide auf dem Boden gezeichnet wäre. Aber höchstwahrscheinlich hatte der Regen schon seine Pflicht getan. Was dachte er da eigentlich? Immerhin war es sein bester Freund. Wahrscheinlich versuchte er einfach nur die Tatsachen so stark wie möglich zu verschönern.
 
„Also hier drin steht man fand das Opfer, mit dem Kopf nach unten in einer Regenpfütze, völlig durchtränkt von Blut. Das Opfer hatte bis auf den ..geöffneten Torso.. kein weiteren schweren Verletzungen. Das Gesicht des Opfers war..“
„Könnten sie bitte aufhören ständig von Opfer zu sprechen?! Das war Steve von dem wir hier reden. Davon bekomme ich Kopfschmerzen.... und Übelkeit.“
Angela verdrehte die Augen und atmete tief ein.
„Na schön. Das Gesicht von Steve war völlig unbeschädigt, was eine schnelle Identifizierung möglich machte. Mann fand aber sonst weiter nichts was auf einen, längeren Kampf hinweisen würde. Keine Kleidungsfasern, keine Hautpartikel unter den Fingernägeln. Die Art der Körperwunde lässt darauf schließen das man ihn mit einem scharfen Gegenstand, vielleicht einem Messer, die Bauchde..“
John übergab sich, konnte sich gerade noch von Angela wegdrehen. Auf Knien kauerte er im Regen über seinem Erbrochenen und drehte den Kopf in Richtung des Fundorts, was ihn dazu veranlasste sich erneut zu übergeben.
„Ich hätte sie lieber zuhause absetzen sollen. Warum sind sie nicht im Auto geblieben?“
„Hätte ich gewusst was in diesem Bericht steht wäre ich das!“
John spuckte einen kleinen Rest aus.
„Wir sind sowieso fertig hier. Der Regen dürfte es uns sowieso unmöglich machen noch etwas zu finden. Damit wäre auch der Besuch im Park überflüssig. Dann müssen wir wohl direkt zu Autowerkstatt zurück. Meine Kollegen dürften da schon fertig sein. Sind sie soweit John? Soll ich ihnen noch ein paar Minuten geben?“
„Die Fotos.“
„Was?“
„Die Fotos.. Zeigen sie ..Zeigen sie mir die Fotos. Ich will sehen wie er.. ich will sie sehen.“
„Nein John. Nein. Ich werde ihnen die Fotos nicht zeigen. Sie würden ... es ist nicht einmal für mich leicht diese Fotos anzusehen und ich habe ihn nicht gekannt.“
„Aber ich...“
Angela unterbrach ihn abrupt.
„Nein John. Hören sie, ich weiß wie sie sich fühlen. Ich..“
„Wie ich mich fühle? Wie ich mich fühle?! Sie ... Sie dummes, kleines, verwöhntes ..  Sie stellen sich hier hin und wollen ernsthaft behaupten das sie wissen wie ich mich fühle? Menschen wie sie kenne ich. Oh, ja. Papas kleines Liebling...“
„Hören sie auf über meinen Vater zu sprechen.“
„Oh da hab ich wohl einen wunden Punkt erwischt? War Papa nicht nett zu dir? War er etwa...“
„Ich sagte hören sie auf.“
Sie ging langsam auf ihn zu, umfasste mit beiden Händen seine Schultern, riss ihn nach links und drückte ihn mit ihrer ganzen Kraft gegen die Hausfassade der Bar. Zwar war sie nicht muskulös, doch wusste sie als Polizistin Kraft gezielt einzusetzen. So etwas lernt jeder Grünschnabel bereits auf der Akademie. Die Wucht des Aufpralls verursachte ihm für einen kurzen Augenblick Atemschwierigkeiten, doch rappelte er sich schnell wieder zusammen und blickte ihr direkt in die Augen.
„Jetzt zeigt die Katze ihre Krallen. Was ist los? Hat Papa dir etwa weh getan? Hat er..“
Ein schneller, kräftiger Stoß mit ihrem Knie in seinen Magen, beendete seinen wenig durchdachten Worte und ein kräftiger Druck ihrer rechten Hand drückte ihm die Kehle zu.
„Mein Vater...starb als ich drei Jahre alt war. Sie ..wissen nichts über mich..“
„Das... tut mir leid. Ich wollte nicht..“
„Das haben sie aber. Mein Vater starb bei einem Autounfall. Ein betrunkener Autofahrer drängte ihn von der Fahrbahn ab und er fuhr gegen einen Brückepfeiler. Er starb noch in der selben Nacht im Krankenhaus.“
Langsam ließ ihr Griff von ihm ab. Sie schlug mit beiden Händen gegen die Mauer, drehte sich um und mit gegen die Wand gedrückter Schulter sackte sie auf den nassen Beton und blieb sitzen.
John holte tief Luft und glitt zu Boden. Er fasste sich an den Hals und erwiderte ihr:
„Es muss schwer für sie gewesen sein, für sie und ihre Mutter.“
Angela schüttelte den Kopf.
„Verdammt ich war erst drei! Ich begriff das alles doch noch gar nicht. Dachte immer die ganze Zeit mein Vater würde irgendwann an die Tür klopfen, hereintreten und mich in den Arm nehmen. Und dann...“
Sie blickte zu Boden und schloss die Augen.
„Meine Mutter hat nie verkraftet, das Vater starb. Sie begann kurz nach seinem Tod zu trinken und verfiel in schwere Depressionen. Ein Jahr nach Vaters Tot brachte sie sich um. Vorher brachte sie mich noch zu meiner Großmutter. Mein älterer Bruder Richard fand sie vier Stunden später als er von der Schule heimkam tot in der Küche hängen.“
Der Regen prasselte langsam auf ihren mittlerweile völlig tropfnassen Anzug. Mit der linken Hand holte sie ein Taschentuch aus ihrer Weste und wischte sich damit die Tränen aus den Augen.
Unserer Großmutter kümmerte sich um uns bis sie.. „
Angela verstummte.
„Sie müssen mir das nicht erzählen. Ich wollte nicht das sie..“
„Doch ich werde es ihnen erzählen. Ich will das sie das wissen.“
Sie fuhr schweren Atems fort.
„Großmutter starb kurz darauf an einem Herzinfarkt. Ich und mein Bruder kamen ins Heim. Dort verbrachten wir knapp ein halbes Jahr bis uns eine nette Familie aufnahm. Von diesem Zeitpunkt an begann mein Leben langsam wieder in geregelten Bahnen zu verlaufen. Der Professor bei dem wir heute waren. Ich.. Ich sagte ihnen doch er wäre ein Freund der Familie. Nun ja er ist der Freund meiner Adoptivfamilie. Das ist meine Geschichte. Das ist es was sie wissen sollten bevor sie ein schnelles Urteil über mich fällen.“
Sie erhob, drehte den Kopf und sah in versteinert an.
„Wissen sie Angela, ich habe in den letzten Tagen ziemlich schlecht geschlafen. Ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen und wenig getrunken. Ich ... Es tut mir leid was ich gesagt habe. Sie hatten keine schöne Kindheit und.... ich bin durch.. durch die Ereignisse der letzten Tage wohl etwas leicht reizbar.“
„Oh, ja das sind sie.“
Angelas Gesichtszüge fingen langsam an sich von Trauer in Heiterkeit zu formen.
„Ich freue mich das sie mir helfen wollen. Wenn sie nicht wären, dann würde ich jetzt schon längst in einer Zelle verrotten.“
„Da ist was wahres dran.“
John stand auf und reichte ihr die Hand um ihr auf zu helfen.
„Kommen sie, wir haben noch viel zu erledigen. Geben sie mir die Schlüssel, ich denke sie sollten jetzt besser nicht fahren.“
„Pffff.. Vergessen sie´s. Sie hatten ihre Chance.“
Beide gingen in Richtung Wagen und stiegen ein.
Angela schüttelte ihre nassen Hände über dem Lenkrad.
„Verdammt, ich bin völlig durchnässt. Ich denke es ist besser wenn wir kurz bei mir zuhause vorbei fahren ich hab da noch n paar trockene Klamotten.“
„Und was ist mit mir?“
John sah sie ziemlich verblüfft an.
„Ich bin auch pitschnass.“
„Ja keine Angst, für sie hab ich noch was rumliegen.“
„Ich hoffe aber mal nicht auf Damenkleidung. So was will ich nicht ...noch einmal anziehen.“
Da hob sich Angelas Augenbraue wieder.
„Gibt es da etwas, dass sie mir verheimlichen?2
„He, es war ne Party und ich hatte n wenig zu viel getrunken, ok? Fahren sie lieber los, ich will keine Erkältung bekommen.“
Angela steckte den Schlüssel ins Zündschoß und ließ den Wagen an.
„Obwohl ich zugeben muss, es trug sich sehr angenehm.“
Beide begannen zu grinsen und der Wagen fuhr in Richtung Innenstadt. Nach etwa 20-minütiger Fahrt hielt der Wagen vor einem großen Appartementkomplex.
„Hier wohnen sie?“
„Ja, oben 5 Stock. Kommen sie, langsam wird mir kalt in diesen Klamotten.“
Sie stiegen aus und beschritten die wenigen Stufen hin zur Eingangstür. Es war ein etwas älteres Gebäude. Im Flur roch es noch nach neuer Farbe, scheinbar wurde hier vor kurzem erst renoviert. Rechts von ihnen befand sich direkt neben der Treppe ein Aufzug. War schon etwas älter. Noch mit einer Gittertür zum zuziehen. Sie stiegen ein, und Angela drückte auf den Knopf mit der Nummer 5, welcher unmittelbar danach zu leuchten begann. Langsam setzte sich der Aufzug in Bewegung und einige Zeit später hielt er auch schon wieder an.
„Bing.. Wir sind da. Folgen sie mir.“
Angela verlies den Aufzug und ging zielstrebig den Gang rechts entlang. Bis sie vor der drittletzten Tür halt machte.
Nummer 18, rechts neben der Tür befand sich noch eine Glocke zum Leuten und daneben stand auf einem kleinen Schild ihr Name.
Sie öffnete die Tür mit ihren Schlüsseln und beide traten ein. Ein angenehm frischer Duft kam aus dem inneren. Angela ging gefolgt von John den kleinen Gang hin zum Wohnzimmer. Das Zimmer wahr in angenehmen Farben gehalten und die Einrichtung war modern und doch dezent. An den Wänden hingen verschiedene Bilder, einige von ihnen modern gezeichnete Art-Works, wie sie in jedem Einrichtungshaus zu finden sind. Andere wiederum zeigten Angela zusammen mit mehreren Menschen. Wahrscheinlich Freunde und Verwandte. Eins davon erregte Johns Aufmerksamkeit besonders.
„Ist das ihr Freund auf dem Bild?“
Keine Antwort. John drehte sich um, um festzustellen das Angela nicht im Zimmer war. Doch erschien sie kurz darauf, bereits umgezogen, mit einem Handtuch um den Kopf gewickelt und einem weiteren, sowie einem Hemd und einer Hose in den Händen.
„Was haben sie gesagt?“
„Ist das ihr Freund auf dem Bild?“
„Das?“
Angela konnte sich das lachen nicht verkneifen.
„Nein, das ist mein Bruder Richard. Wie kommen sie darauf das es mein Freund sein könnte. Ich meine, er ist 11 Jahre älter als ich.“
„Naja, vielleicht stehen sie ja auf Männer die etwas älter sind als sie.“
„Ich stehe auf reife Männer. Nicht auf ältere.“
„Gibt es denn da einen Unterschied?“
„Ja den gibt es. Mein Bruder ist älter und die Klamotten hier...“
Angela warf John Hemd und Hose zu.
„... die sind von einer reifen Person.“
„Woher haben sie die?“
„Gehörten meinem Ex-Freund. Hat sie nicht mehr abgeholt. Jetzt gehören sie ihnen.“
„Ex-Freund? Scheinbar war er doch nicht so reif.“
John stand da, er wartete darauf das Angela sich umdrehen würde um die Hose anzuziehen.
„Dürfte ich bitten?“
er winkte sie bittend mit den Händen.
„Oh, ist es ihnen etwa peinlich?“
Sie drehte sich um und John zog schnell die Hose aus und die andere an. Ebenso wechselte er das Hemd und machte einen prüfenden Blick auf die Kleidung.
„Hmm, die Hose passt aber das Hemd ist mir etwas zu groß.“
„Ja, er war etwas... muskulöser als sie.“
„Ich hab nur keine Zeit zu trainieren das ist alles.“
„Ja, so wird’s sein.“
Angela nickte und klatschte in die Hände.
„So, ich hab jetzt aber etwas Hunger. Kommen sie mit in die Küche ich hab da noch ne Kleinigkeit von gestern übrig.“
Langsam folgte er ihr in die Küche, welche nur etwas kleiner als das Wohnzimmer war.
„Wow. Ich wusste gar nicht das man als Polizistin so viel verdient.“
„Tut man auch nicht. Aber ich bin Detektiv.“
Die Küchentheke musste nagelneu sein. Kein einziger Kratzer oder eine matte Stelle war zu erkennen. Ein kleiner Holztisch mit einer Glasplatte und zwei Stühlen stand vor dem Fenster welches zur Straße hinzeigte. Angela holte eine Schüssel mit Aluminiumfolie überpackt aus dem Kühlschrank, stellte diese auf die Theke und griff aus einem der Hängeschränke zwei kleine Teller heraus, sowie Besteck aus dem obersten Schub unter der Spüle. Sie entfernte die Folie und packte einen kleinen Teil auf den einen und noch einen Teil auf den anderen Teller.
„Was ist das?“
fragte John während er zur Gabel griff.
„Pasta.“
„Oh. Sie mögen italienisch?“
„Machen sie Witze? Dafür könnte ich sterben.“
Und genüsslich schob sie ein Stück von ihrer Gabel in den Mund und verspeiste es voller Ekstase. John schob etwas davon auf die Gabel und begann zu probieren.
„Lecker. Wo haben sie das gekauft?“
„Gekauft? Machen sie Witze? Die hab ich selber gemacht?“
„Sie können kochen?“
„Natürlich kann ich kochen. Was denken sie denn?“
„Naja, ich dachte das bei ihrem Job keine Zeit mehr für so was bleibt.“
„Für gutes essen bleibt immer die Zeit.“
„Wo haben sie das gelernt?“
„Mein Stiefvater hat es mir beigebracht. Er ist ein begnadeter Koch. Arbeitet als Chefkoch in einem der großen Hotels hier in der Stadt.“
Für einem Moment begann John die Sorgen zu vergessen doch als er aus dem Fenster blickte wurde ihm wieder klar wie ernst die Situation war.
„Es wird schon dunkel. Wir sollten uns beeilen wenn wir noch in die Werkstatt wollen.“
Er deutete auf das Fenster.
„Das können wir auch morgen früh. Sie sollten sich erst mal ausruhen.“
John sprang erschreckt auf und ließ die Gabel fallen.
„Vergessen sie’s. Ich werde mich nicht hinlegen nur um wieder zu träumen wie noch jemand den Löffel abgibt.“
„Beruhigen sie sich John, erinnern sie sich daran was Madame Lolette sagte... Über die Angänger?“
„Oh diese verrückte alte Heuschrecke?“
Er griff nach dem Anhänger unter seinem Hemd und drückte ihn fest in seiner Handfläche zusammen. Dann erinnerte er sich wieder an ihre Worte.
„Warten sie mal. Madam Lolette sagte doch wir sollten mit unserer Suche in der Vergangenheit beginnen.“
„Worauf wollen sie hinaus John?“
„Die Vergangenheit... Die Vergangenheit..“
„John?“
Er rannte durch den Raum, hin und her, und dann kam es ihm.
„Natürlich. Jetzt ist alle klar. Das muss sie gemeint haben.“
„John, was? Was hat sie gemeint?“
„Erinnern sie sich daran was in dem Buch stand? Von dem Mörder der zum Tode verurteilt wurde? Natürlich, das ist es. Wir müssen nach Informationen über diesen Mörder finden.“
„Das ist eine gute Idee, ich werfe sofort den Computer an und suche in den Datenbanken der Polizei danach. Los folgen sie mir ins Arbeitszimmer.“
Beide rannten hastig durch die Küche hindurch in den Raum auf der gegenüberliegenden Seite. Angela ging direkt zum Schreibtisch und startete ihren PC. Diesr Raum war anders als die restlichen. Hier standen viele Pflanzen, von denen die meisten schon die Größe eines Kleinkinds hatten. Aber auch viele kleinere Nelken, Rosen, Narzissen, Veilchen und all solches Grünzeug stand auf den Fensterbrettern und auf Regalen an den Wänden.
„Also dann wollen wir doch mal sehen.“
„In dem Buch stand, dass dieser Mörder vor 27 Jahren verhaftet wurde.“
„Ja, einen Augenblick. Ich lasse alle verhafteten Mörder vor 27 Jahren anzeigen.“
Angela tippte hastig im Zehnfingersystem auf die Tastatur ein. Ihre Hände flogen regelrecht über des Keyboard und mit nach einem abschließenden Druck auf die Enter Taste begann die Festplatte zu ratern. Kurz daruf zeigte der Bildschirm eine ellenlange Liste.
„Mehrere Hundert Einträge. Das bringt uns nicht weiter.“
John überlegte kurz.
„Wie viele von denen wurden noch nicht hingerichtet?“
„Moment“
Und sie begann wieder in die Tasten zu hämmern.
„Hmmm. Etwa 130.“
„Die können wir also schon ausschließen.“
„Ja, jetzt müssen wir nur noch herausfinden welche von denen vor kurzem Hingerichtet wurden.“
Einige Klicks später wurde die Liste noch kleiner und zeigte nur noch fünf Namen an.“
„Da das ist er.“
John deutete auf den dritten Namen.
„Andrew Parks. Festgenommen am 28. Februar 1976. Hingerichtet am 3. März 2003.
Wurde verhaftet nach dem man ihn des Mordes an 6 Menschen überführen konnte.“
„Das muss er sein. Lesen sie weiter.“
„Tötete seine Opfer in dem er ihnen sämtliche Organe aus der Brust riss.....
Keine Vorstrafen?“
„Das ist er!.. Wo.. Wo wurde er hingerichtet?“
„Einen Moment.... Im Staatsgefängnis Arizona. Das sind etwa 150 km von hier. Wie ist das möglich?“
Beide waren ratlos. Doch John warf ein:
„Können sie mit dem Ding hier noch weiter zurück gehen?“
„Ja. Wieso?“
„Wir müssen herausfinden wer vor dieser Zeit besessen war.“
„Das kann ich machen. Aber das wird die ganze Nacht dauern.“
„Dann werde ich uns mal Kaffee kochen.“
John begab sich in die Küche und Angela öffnete die rechte Schublade um aus einer angebrochenen Zigarettenschachtel eine Zigarette zu holen. Steckte sie sich in den Mund, zündete sie an und atmete genüsslich den ersten kräftigen Zug ein. Das war genau das was sie brauchte. Das und der Kaffee.
 
 

Kapitel 8

 
Die Nachforschungen nahmen noch die ganze Nacht in Anspruch und endeten erst früh am Morgen. Doch immerhin waren sie von Erfolg gekrönt. Angela schubste John seitlich an. Er war über alten Ausdrucken verschiedener Zeitungen kurz eingenickt.
„Also passen sie auf, John.“
 
Die beiden konnten ähnliche Fälle in den gesamten Vereinigten Staaten ausmachen. Zurück bis kurz nach Kriegsende. Die ersten Morde wurden von einem jungen Soldaten verübt, welcher nur kurz zuvor von der Front zurückkehrte. Er musste als Wirt für die Überfahrt nach Europa gedient haben. Die Morde liefen bis Ende 1976 ständig nach dem selben Muster ab und gliche auch denen der vergangenen Tage bis auf jede Kleinigkeit. Immer wurden die Opfer auf grausamste Art und Weiße umgebracht.
„Es ist ja toll das wir das ganze so weit zurückverfolgen können, aber es bringt uns keinen Schritt weiter.“
Die Stunden vor dem Computer hatten Angela schwere Kopfschmerzen bereitet. Sie griff in die Schublade aus der sie schon die Zigarette hatte und holte eine kleine Kopfschmerztablette heraus, schluckte sie, drückte mit den Händen fest auf die Augen und massierte kurz ihre Schläfen.
„Fassen wir das ganze Mal zusammen.... 1945 brachte ein Soldat den Dämon nach Amerika. Vorher hielt er sich also die ganze Zeit in Europa auf. Als er in Amerika ankam lief alles immer nach dem selben Muster ab. Er mordete immer so lange bis die Polizei ihn fand und entweder erschoss oder verhaftete. Danach muss er immer auf eine andere Person übergesprungen sein und alles begann wieder von vorne... „
John unterbrach sie.
„Aber wieso kam er erst so spät nach Amerika?“
„Europa ist groß. Vielleicht verbrachte er die Jahrhunderte in einem der indischen oder afrikanischen Länder. Und als der Krieg ausbrach sah er seine Gelegenheit zu morden ohne dafür verantwortlich gemacht werden zu können. Oder er musste sich vor diesen Mönchen verstecken? Wer weiß.“
„Ich glaube es gibt nur eine Person die uns das genau sagen kann und dieses mal lasse ich mich nicht mit dummen Rätselantworten abspeisen. Kommen sie.“
John verließ fluchtartig den Raum und machte sich durch den Gang zum Aufzug auf. Angela blieb gerade noch genug Zeit den Stecker des Computers aus der Dose zu ziehen und sich ihren Mantel aus der Küche zu schnappen.
 
„John? Warten sie. John!“
„Kommen sie Angela. Los.
Mittlerweile stand er schon im Aufzug und wartete nur noch auf sie um das Gitter zu schließen. Er strotzte regelrecht voller Tatendrang.
 
Die Fahrt dauerte am frühen Morgen nicht ganz so lange. Die Straßen waren noch fast komplett leer. Nur einige wenige Frühaufsteher gingen ihrer gewohnten Tätigkeit nach.
„Da sind wir. Kommen sie.“
John sprang hastig aus dem Wagen und riss die kleine unscheinbare Eingangstür zum Laden auf.
„John jetzt warten sie doch mal einen Augenblick.“
Doch Angela konnte ihn nicht bremsen und schon verschwand er im dunklen Eingangsbereich des Geschäfts.
„Madame Lolette? Madam Lolet..“
„Schreien sie nicht so. Mr. Rivers.“
Aus der dunklen Ecke des Raums kam sie langsam humpelnd, gestützt auf ihren alten, verzierten Holzstock hervor.
„Das ist nicht gut für ihre Gesundheit. Und da wo sie bald hingehen können sie jeden Funken Vitalität brauchen.“
„Ich habe genug von ihren dummen Spielchen. Ich will jetzt die Wahrheit und zwar klar verständlich.“
„Ja, ja, die Wahrheit. Alle wollen wir doch die Wahrheit. Wo haben sie ihre kleine Freundin gelassen?“
Da kam sie auch schon aus dem Gang hervor.
„Oh da sind sie ja, Detektiv. Setzen sie sich.“
„Nein ich werde mich nicht setzen.“
John packte die alte Frau an ihren modrigen Kleidern. Als Angela dies sah, fasste sie Reflexartig zur Waffe welche sie an einem Halfter unter dem Jackett trug, zog sie aber nicht heraus. Da sie doch hoffte John würde nichts unüberlegtes tun, auch wenn er in diesem Moment sehr aufgebracht schien.
„Oh, ihr jungen Leute habt so viel Energie. So viel Kraft.“
Die alte Frau atmete tief ein. Mann konnte deutlich die Wasserbläschen in ihren Lungen hören.
„Und doch.. und doch nutzt ihr sie nur destruktiv. Zerstört eure Umwelt, rottet ganze Tierarten aus, beginnt Kriege. Früher oder später werden die jungen Menschen dieser Welt, ihr eigenes Ende schneller besiegeln als ihnen lieb ist.“
„Ich sagte ihnen, ich will keine dämlichen Antworten mehr hören!“
Er drückte die Kleidung in seinen Händen noch fester zusammen.
„Setzten sie sich Mr. Rivers....“
Dann fuhr sie in einem kräftigen Unterton fort:
„Sofort!“
Und ihm schien es, als ob ihre Augen kurzzeitig rot aufglühten, als ob sie Kräfte sammelte, die nicht natürlicher Art waren. Dies war es, was ihn auch schlagartig dazu veranlasste sich auf den kleinen Weidestuhl hinter ihm zu setzten.
„Haben sie etwa Angst vor mir Mr. Rivers?“
Sie fing an höhnisch zu lachen.
„Was zum Teufel sind sie?“
Sie schnaubte ihm entgegen:
„Erwähnen sie diesen Namen nicht noch einmal.“
Plötzlich schien sie gar nicht mehr so alt und hilflos. John wusste das diese Frau mehr war als seine Augen ihm vorspielten. Angela hingegen verfolgte die gesamte Situation wieder mit ihrer gekonnten Professionalität, auch wenn sie selbst nicht ganz verstand was sie da sah.
Die alte Frau sackte wieder zusammen und stützte sich auf ihren Stab, ging langsam zu ihrem Sessel und ließ sich recht erschöpft niederfallen.
„Ach Mr. Rivers. Ich muss zugeben, ich habe einen Fehler gemacht. Ja, auch ich bin trotz der sehr langen Zeit auf dieser Ebene des Seins, nicht perfekt. Ich dachte es wäre allein ihre Aufgabe zu ergründen was zu tun sei. Doch als sie beide mich gestern verließen da wurde mir klar, das ich ebenso die Schuld an diesen Taten trage wie jene selbst die damals dieses Monster beschworen. Und jetzt da ich spüre wie schnell mich meine Kräfte langsam verlassen da ....“
Sie überlegte kurz.
„...Sie wollen Antworten?“
Die alte Frau sah die beiden fragend an.
„Sie sollen ihre Antworten bekommen. Ich werde anfangen ihnen die ganze Geschichte zu erzählen. Von Anfang an.“
Und sie begann zu berichten wie alles anfing. Welch Dummheit die Mönche dazu trieb dieses Biest aus der Hölle zu holen und in welcher aufrichtiger Hoffnung sie es doch taten. Und sie erzählte den beiden von der Beschwörung der Bestie. Von einem auf harten Felsboden aufgezeichneten Pentagramm, in einer kleinen Höhle in Griechenland welche doch eigentlich als Kapelle diente. Und davon das, sie einen geläuterten Menschen dazu missbrauchten die Bestie in sich aufzunehmen. Wie der ganze Orden dann mit Ausnahme dieser einen Person vernichtet wurde und wie diese eine Person mit der Flotte des Kolumbus Amerika erreichte und dort den Orden neu gründetet. Und gleichzeitig erzählte sie von dem Dämon. Wie er all die Jahrhunderte verborgen im Orient verbrachte und wie die beiden Kriege ihn dazu trieben aus seinem Versteck in Arabien zu kriechen. Wie er von einem Deutschen Soldaten besitz er griff und dann an den Fronten fast täglich seinen Wirt wechselte, weil der jeweilige unter dem Feuer aus MGs, Granaten und Mörsern starb. Und wie er zuletzt in einen jungen amerikanischen Soldaten fuhr und dort die Gelegenheit erkannte in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu gelangen. Gleichzeitig erzählte sie auch von den Mönchen die nach ihrer Neugründung die Jahre damit verbrachten dieses Biest zu finden, was ihnen dann letztendlich in den 50er Jahren das erste mal gelang. Damals als auch die alte Frau selbst dieses Ding in die Hölle fahren lassen wollte.
 
Und je weiter sie erzählte desto mehr blühte sie auf, und desto begeisterter lauschten John und Angela ihr. Es erschien den beiden fast als ob die Frau all dies selbst erlebt hatte, so detailreich konnte sie davon berichten.
 
Und mit den Worten:
„Dies ist die ganze Geschichte, von Anfang bis zum Ende.“
Beendete sie ihren Vortrag und ließ die beiden Gesprächspartner in Staunen versetzt in diesem dunklen Raum sitzen, während sie selbst aus dem Hinterzimmer etwas aus einer kleinen Schließkassette heraussuchte.
 
Ein kleines Foto welches sie den beiden zeigte. Ein junger Soldat war darauf abbildet, wie er voller stolz in seiner passgenauen Uniform heroisch in die Kamera blickte.
Das musste jener Soldat sein, welcher damals besessen aus Europa zurückkehrte.
„War es ihr Freund? Ihr Mann.“
Angela konnte sich nicht zurückhalten und begann sie voller Mitgefühl zu fragen.
Die alte Dame drückte das Bild in ihren schwachen Händen fest an ihr Herz und eine Träne begann sich in ihren Augenrändern zu formen.
„Ich habe ihn geliebt. Ich wollte nie das er dort hin geht. Habe immer gewusst es würde ihn verändern. Ich hatte dies Vorahnung. Ich habe jeden Tag und jede Nacht die Geister meiner Ahnung angefleht ihn zu beschützen. Doch selbst sie vermochten nichts gegen diesen Dämon auszurichten.“
Dann nahm sie das Bild und hielt es vor ihre Augen.
„Mein Sohn.“
Dieser Satz ließ John und Angela das Blut in den Adern gefrieren. Das was sie hörten war nicht möglich. Diese Frau konnte niemals seine Mutter sein. So alt kann kein Mensch werden.
„Versuchen sie nicht es zu verstehen. Ich musste viele Hürden überwinden um heute vor ihnen stehen zu können.“
Sie sah die beiden mit ihren durchweinten Augen an und beendete:
„Kommen sie heute Abend noch mal her. Dann wird alles klar.“ Und packen sie schon mal ihre Koffer. Morgen gehen sie nach Griechenland.
„Was? Was soll ich in Griechenland?“
John antwortete auf ihre Feststellung mit einem doch sehr erzürnten Ton. Angela räusperte kurz und zog an Johns rechtem Ärmel. Als er dies bemerkte, flüsterte sie ihm zu:
„Haben sie ihr eigentlich überhaupt nicht zugehört?“
John machte einen verdutzten Gesichtsausdruck.
„Griechenland? Klickts da nicht in ihrem Hirn? Der Ort an dem alles begann? Dort hat es..“
John unterbrach sie und beendete ihren Satz. Schlagartig viel ihm der Teil des Rätsels wieder ein.
„..zu enden.“
Doch auch ein weiterer Teil des Rätsels flog ihm wieder durch den Kopf
„Aber dann bedeutet dass auch, dass.....“
er wagte es nicht, den Satz zu beenden. Er sah Madame Lolette fragend an. Sie entgegnete ihm jedoch, nur mit einem tiefen, zögerndem Nicken, welches jedoch als Antwort völlig genügte und unmissverständlich war.
„Also ist es wahr?“
Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Geburtstage, Beerdigungen, Schultage, Partys, die erste große Liebe, die erste große Enttäuschung. Und in Gedanken stellte er sich seinen eigenen Tod vor. Egal wie sehr er versuchte ihn zu verharmlosen, wie sehr er sich auch bemühte, er konnte sich nur die grausamsten Arten zu sterben vor Augen führen. Andererseits, wie sollte es denn auch sonst sein, wenn man einen Dämon vernichtet. Nicht dass er schon einmal einen vernichtet hätte, aber er stellte es sich durchaus schmerzhaft vor. Vielleicht würde er ihn in stücke reißen oder auffressen? Vielleicht aber auch nur lebendig die Haut abziehen? Wie auch immer, im Schlaf zu sterben wäre ihm durchaus lieber. Doch zweifelte er keine Sekunde daran, es sich wirklich aussuchen zu können.
Angela sah John mit großem bedauern an. Er schien ihr in den vergangenen Tagen sehr nah geworden zu sein, auch wenn sie es nicht richtig zeigte. Sie umfasste seine Hand, als ob sie ihm sagen wollte, ich bin hier. Wir stehen das zusammen durch und das machte ihm wiederum Mut. Es gab ihm das Gefühl nicht alleine zu sein, denn das war er ja auch nicht. Wenn er es sich recht überlegte, dann wurde ihm bewusst, wie misstrauisch sie ihm gestern Morgen in Big Mikes Garage noch gegenüberstand, die Waffe im Anschlag und ihm einen knappen Tag später heulend ihre tragische Kindheit erzählte. Als ob sie Freunde geworden wären. Oder vielleicht auch mehr?
„Gott verdammt, was denkst du da?“
Und doch, ihre wundervollen grünen Augen. Ihr langes braunes Haar, das es zu einem Zopf gebunden war, das war ihm mittlerweile auch egal. Ihr bezauberndes Lächeln, wenn sie denn einmal lächelte unter ihren harten Polizistinnen Mime und erst der Rest ihres Körpers....
Er hatte sich verliebt, welch unpassender Zeitpunkt dies festzustellen, oder aber der passendste Zeitpunkt überhaupt. Sein Herz pochte wie verrückt und dies bestimmt nicht nur aufgrund seines baldigen Todes.
 
„John, du hast dich verliebt“,
dachte er. Wieso eigentlich nicht? Konnte es angesichts seiner aussichtslosen Zukunft etwas schöneres geben als die letzte Nacht in seinem Leben mit ihr zu verbringen? Was sprach den dagegen? Außer vielleicht die Kaliber 45 unter ihrer Weste.
 
Madame Lolette unterbrach seine Frühlingsgefühle: 
„Gehen sie jetzt. Ich muss mich ausruhen um heute Abend bereit zu sein.“ Madame Lolette erhob sich ihrem Alter entsprechend langsam, von ihrem Sessel und umklammerte zittrig ihre Gehhilfe. Sie fasste beiden noch einmal an die Wangen und als sie John ansah, da lächelte sie ihn an, als ob sie seine Gedanken lesen konnte, drehte sich um, verließ den Raum durch die Hintertür und verschwand im Schatten.
 
Angela blickte ihr nach und flüsterte in Johns Ohr:
„Also irgendwie war sie mir noch nie sonderlich geheuer.“
„Oh. Haben sie das durch ihre einschlägige Polizeiausbildung erkannt?“
antwortete John ihr bissig.
„Nein, es ist mir aufgefallen, als ihre Augen rot glühten..“
und nach einer kurzen Kopfbewegung fuhr sie fort:
„..Irgendwie unheimlich.“
„Unheimlich? Seit zwei Tagen dackeln sie mir nach und jetzt beginnt das alles unheimlich für sie zu werden? Also ich weiß ja nicht so recht was sie als Detektiv den ganzen Tag erleben, aber allein schon der Gedanke an dieses modrige Buch draußen auf der Rückbank ihres Wagens reicht aus und mir dreht sich alles im Magen zusammen. Und wenn ich daran denke heute Nacht den letzten Sonnenuntergang in meinem Leben zu sehen, dann wird mir nicht gerade besser davon. Klar dass, es ihnen nichts auszumachen scheint. Aber wir beide wissen ganz genau, dass aus Griechenland nur noch einer, wenn überhaupt zurückkehrt. Und die Wahrscheinlichkeit das sie das sind ist ja wohl nicht von der Hand zu weißen.“
Er konnte sich nun nicht mehr bremsen und hätte in seiner Euphorie noch Endlos weiterstricken können, doch Angela packte mir ihren Händen seinen Kopf und fixierte die Augen auf ihn.
„Hören sie auf so etwas zu sagen. Wir stehen das gemeinsam durch. Sie und ich. Ich will dieses Ding genauso Tot sehen wie sie. Und ich werde nicht zulassen... verstehen sie? Ich werde nicht zulassen, dass sie morgen sterben! Sehen sie mich an John, sehen sie mich an. Darauf gebe ich ihnen mein Wort.“
Ihr kleiner Vortrag beruhigte ihn doch wieder etwas.
 
Auf dem Weg nach draußen hielt John kurz an.
„Angela?“
„Ja.“
„Ähm, ich .... ich wollte... also ich habe nachgedacht und....“
„Und was?“
„Also ich.... sie... in den letzten Tagen da...“
„Jetzt sagen sie schon John? Was ist?“
„Also ich..... ich ..... ich wollte ihnen nur sagen, dass ich ihnen dankbar für alles bin.“
„Ok?!“
Sie verstand den Sinn seiner Aussprache überhaupt nicht, wie sollte sie auch. Er stammelte ja nur vor sich hin. Ich liebe dich Angela. Was war so schwer an diesen vier Worten? Jedes einzelne davon war schwer. Allein schon ihren Namen auszusprechen, während er an die anderen drei Worte dachte, war schwer. Schwer genug um seinen Sprachschatz auf das Niveau eines Kleinkindes zu begrenzen. Na toll, dachte er. Wenn sie bis jetzt noch nicht denkt das ich verrückt bin, dann habe ich es gerade geschafft. Das war’s also mit dem Abgang in Würde. Spring doch gleich ins offene Messer, du Trottel. Er verstand es ziemlich gut sich selbst nieder zu machen.
 
„Steigen sie lieber ein, John.“
Einen Augenblick dachte sie nach, dann warf sie ihm die Schlüssel zu.
„Wissen sie was? Fahren sie.“
Diese Aktion kam für ihn so unvorbereitet, dass er es nicht mehr schaffte den Schlüsselbund aufzufangen. Selbst sein graziöses Ausweichmanöver konnte den direkten Treffer am Kopf nicht mehr verhindern.
„Aua. Was soll dass? Ich dachte sie wollen mir helfen? Ah! Verdammt!“
Das Ding hat ihn so schwer getroffen, dass er eine leichte Platzwunde davontrug.
„Aber jetzt muss ich feststellen, dass sie versuchen mich mit Schlüsseln tot zu werfen! Ah. Man das gibt ne ganz schön dicke Beule.“
Angela kam auf ihn zugerannt um die Wunde zu untersuchen.
„Das tut mir Leid, John. Das wollte ich wirklich nicht. So schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein.“
„Nicht gewesen sein? Ich kann ihnen das Ding ja mal an den Kopf werfen und dann werden sie ja sehen wie weh das tut.“
„Ja, es tut mir leid.“ Lassen sie mal sehen.“
Sie legte seine Hand beiseite.
„Oh, das sieht gar nicht gut aus. Warten sie mal, im Kofferraum ist ein Erste Hilfe Set. Geben sie mir die Schlüssel.“
„Hier nehmen sie die verdammten Dinger. Ich will sie überhaupt nicht.
Er warf ihr die Schlüssel zu, wie... nun sagen wir mal so, der Ausdruck: So wirft man es einem Hund hin, trifft es wohl am deutlichsten.
 
Sie kramte kurz im Kofferraum und zwischen, einigen Rollen Polizeiabsperrband, einer Schaufel, zwei Taschenlampen, einem Untersuchungskoffer und etlichem anderen Dingen, lag ganz unscheinbar versteckt das gewünschte Utensil. Sie öffnete es und holte ein kleines Pflaster heraus. Sie klebte es, eher lieblos auf die Beule an Johns Kopf, öffnete ihm aber, wahrscheinlich um noch einmal klar zu machen, dass es nicht ihre Absicht war, die Beifahrertür und half ihm in den Wagen, bevor sie sich selbst wieder auf die Fahrerseite bequemte. Doch das Grinsen über dieses Ereignis konnte sie sich nicht verkneifen.
Schon seltsam, scheinbar wollte das Schicksal wohl nicht, dass John jemals in den Genuss kommen würde diesen Wagen zu fahren.
„Hören sie, ich muss noch mal aufs Revier. Ich hab da noch was zu erledigen. Es wird meinem Boss sicher nicht gefallen, das ich morgen nach Griechenland fliege. Mir wird schon übel bei dem Gedanken daran, ihm das zu erzählen.“
Sie verdrehte die Augen, und schüttelte angewidert den Kopf. Ihr Chef, dass war eine unerträgliche Person. Es wunderte sie doch sehr stark, weshalb er noch nicht auf ihrem Handy angerufen hatte um zu fragen wo zum Geier sich dieser Sturkopf wieder aufhält. Sturkopf, so nannte er sie. Er hatte sich lustige, nun er fand sie jedenfalls lustig. In Wirklichkeit waren sie aber nur beleidigend. Angela beschimpfte er oft mit den Worten, sie können ja nicht mal richtig Kaffe kochen, wie wollen sie dann Verbrecher fangen. Ob er es wirklich so meinte, weiß wohl nur er selbst. Ein unangenehmer Mensch eben. Einer von der Sorte, die es fertig brachte selbst aus jedem noch so positiv erledigtem Fall, ein Desaster zu machen. Und wehe jemand brachte es fertig sich selbst zu loben, daran sollte man besser gar nicht denken. Aber nur noch lausige zwei Jahre müssten sie ihn ertragen, dass war der einzige Hoffnungsschimmer der gesamten Abteilung. Denn dann wäre es Zeit für ihn, in seinen längst überfälligen, Ruhestand zu gehen.
 
Sein Nachfolger sollte eigentlich Hastings werden. Er hätte es sich wirklich verdient. Das wäre der krönende Abschluss seiner Karriere gewesen. Lange genug war er ja dabei, in diesem penetranten Spaßkäfig, wie der Chief ihn dauernd bezeichnete.  Doch nun? Nun liegt er auf einer Bahre im Leicheschauhaus. Wie schnell sich das Leben des einzelnen, jeden einzelnen in wenigen Sekunden verändern kann. Und wie wenig Mach der Mensch doch besitzt. Ist schon komisch dachte sich Angela. Ihr ganzes Leben, wurde ihr als Kriminologin beigebracht, dass es für alles eine logische, nachvollziehbare Erklärung geben musste. Und dann, von der einen auf die anderen Sekunde da ist sie mitten in eine Geschichte verstrickt, welche schon fast so unwirklich schien, dass selbst en kneifen in die Backe nicht einmal Beweis dafür erbrachte, dass das ganze nur ein hässlicher, langer Traum sei. Eine späte Erkenntnis, die sie da hatte. Die Zeit drängte. Es gab noch viel zu tun und bis heute Abend ist nicht mehr sehr lang.
„Hören sie, John. Ich werde sie zuhause absetzten. Ist das in Ordnung für sie?“
„Oh, Ja. Kommt mir sehr gelegen. Dann komme ich endlich dazu mir etwas anzuziehen, das mir besser passt.“
 
Mittlerweile kam der Wagen auch schon vor seinem Haus an.
„Also, ich werde sie dann um halb acht abholen. Und lassen sie mich nicht zu lange warten.“
John, nickte nur und grummelte etwas Unverständliches vor sich hin, dass man mit etwas Fantasie als Ja erkennen konnte.
„Ach und packen sie schon mal zur Vorsicht, die notwendigsten Sachen zusammen. Falls es wirklich nach Griechenland geht.“
Der schwarze Wagen blinkte links um sich in den Verkehr einzureihen und verschwand kurze Zeit darauf um die nächste Ecke.
 
Da stand er nun. Allein, vor seiner Wohnung und ihm fiel plötzlich ein, dass er sie ja seit nunmehr zwei Tagen nicht mehr betreten hatte. Er zögerte beim öffnen der Eingangstür, trat einen Schritt zurück und blieb auf dem Gehweg stehen. Sein Blick führte ihn in alle Richtungen. Und plötzlich tat es ihm sogar leid, dass er das Twisting Eagle nicht öfter besucht hatte. Vielleicht könnte er Angela ja dazu überreden vor der Abfahrt noch kurz mit ihm ein Gläschen da zu trinken. Und sie könnten ja anstoßen, auf seinen bevorstehenden Tot zum Beispiel. Er verwarf die Idee, jedoch schnell wieder. Genauso schnell wie sie ihm kam. Würde auch gar nicht in die jetzige Situation passen.
 
Im Flur konnte er an seiner Tür schon von weitem einen Zettel erkennen. Denn konnte nur sein Vermieter verfasst haben. Er zog ihn vom Reißnadel und begann leise zu lesen.
„Mr. Rivers. Sie sind mit ihrer Miete wieder einmal im Rückstand. Zum dritten Mal!!! Ich bin es langsam leid, ihnen ständig hinterher zu laufen. Ich weiß, dass sie das Geld haben, also bezahlen sie spätestens Morgen. Sonst können sie unten auf der Straße übernachten. Da werden sie nämlich dann ihre Einrichtung finden... Na wenigstens hat mein Tot eine positive Sache.... Du bekommst dein Geld nicht.“
Als er seine Wohnung betrat, kam ihm schon der leicht modrige Geruch entgegen. Der Geruch den er nun nicht wirklich liebte, aber immerhin wusste er jedes Mal wenn er diesen Geruch vernahm, dass er zuhause war. Er begab sich direkt zu seiner kleinen Kommode und kramte einen Zettel sowie einen Stift heraus, setzte sich an den Küchentisch und begann zu schreiben. Er schrieb eine Notiz für seine Vermieter, deren Wortlaut ungefähr besagte er solle doch zur Hölle fahren und sich sein Geld sonst wo hinschieben. Zu gerne würde er den Gesichtsausdruck sehen, wenn sein Vermieter dieses schreiben lesen würde.
Und dann war da noch ein zweites Schreiben, welches ihm aber nicht so leicht von der Seele ging. Es war ein Brief, verfasst für seine Eltern. Begann immer wieder neu und zerknüllte dann doch das ganze Papier und warf es in den Mülleimer neben dem Kühlschrank. Er versuchte zumindest den Eimer zu treffen. Nach einigen Stunden hatte sich neben dem Behälter eine stattliche Anzahl an zerknüllten Papierbällen angesammelt. Doch auch der Brief an seine Eltern war nun fertig. Er war wie er fand, sehr emotionell und würde ihnen seine Situation beschreiben. Und doch war er froh, dass nicht er es sein würde, der ihnen diesen Brief überreicht. Der Gedanke seine Eltern zu sehen, wie sie langsam diesen Brief lesen und mit jeder Zeile mehr Tränen vergießen, der machte ihn sehr traurig und auch er brachte es nun nicht mehr fertig seine Tränen in Grenzen zu halten.
 
Da vernahm er jedoch die Hupe eines Wagens. Er war tatsächlich so lange mit dem Schreiben des Briefes beschäftigt, dass es nun schon halb acht war. Angela wartete schon draußen und er hatte sich noch nicht einmal umgezogen. Dies änderte er jedoch schnell. Er sprang ins Schlafzimmer und holte sich die erst beste Kleidung die er finden konnte. Nahm sich die Jacke von der Garderobe, fasste den Brief vom Küchentisch und schob ihn in eine Seitentasche bevor er seine Wohnung verließ. Für immer wie er befürchtete.
 
Er kam am Wagen an, während Angela ein Hupkonzert von sich gab.
„Verdammt, ich sagte pünktlich.“
„Ja, ich hatte da noch was wichtiges zu tun.“
Er fasste in die Tasche um zu prüfen ob der Brief auch wirklich drinnen war.
„Was hat ihr Boss gesagt?“
„Nun, er sagte, wenn sie jetzt durch diese Tür gehen und morgen nicht auf der Matte stehen, dann können sie für den Rest ihres Lebens auf Streife gehen.“
„Das hat er gesagt?“
„Ja, aber in ein paar Tagen hat er es sowieso wieder vergessen. Dieser alte, trottelige Choleriker.“
Es bereitete ihr sichtlich Freude über ihn herzuziehen. Sie während der ganzen Fahrt fand sie eine Beleidigung nach der anderen und sie ließ John auch nicht eine Sekunde zu Wort kommen.
 
Als der Wagen an Madame Lolettes kleinem Laden vorfuhr, da hatten die beiden ein seltsam bedrückendes Gefühl als sie feststellten, dass die Eingangstür geöffnet war.
Angela sprang aus dem Auto und lief bis vor den Eingang, zog ihre Waffe und befehligte John hinter ihr zu bleiben.
 
Langsam betraten die beiden den Laden. Die bedrückende Stille wurde nur durch ihren schnellen und schneller werdenden Herzschlag unterbrochen.
 
 

Kapitel 9

 
Die Waffe in der Hand ging Angela den langen unbeleuchteten Gang entlang. Es mag zwar nur Einbildung gewesen sein, doch John hatte das Gefühl, dass noch heute Vormittag der Gang nicht halb so lange gewesen sei. Mit jedem Schritt den die beiden machten, beschlich sie ein größer werdendes Gefühl von Angst.
 
Von hier aus konnte man erkennen, dass im Zimmer am Ende des Ganges noch Licht brannte. Die Art wie dieses Licht schien, ließ auf eine oder mehrere brennende Kerzen deuten. Aus dem Raum konnte man ebenfalls Stimmen hören. Ein lautes Geräusch, als ob etwas von einem Tisch oder einem Regal gefallen wäre brachte die beiden dazu die restlichen Meter bis zum Zimmer zu laufen. Auf das was sie dort erwartete war keiner von ihnen Vorbereitet.
 
Madame Lolette lag über dem zusammengebrochenen Tisch. Sie war schwer verletzt aber dennoch bei Bewusstsein. Ihr Blick änderte sich sichtlich beruhigt als sie John durch den Gang kommen sah. Über ihr stand ein dunkel gekleideter Mann, mit einer Art Messer in der Hand. An dem Messer und überall im Raum war Blut, er hatte bereits auf Madame Lolette eingestochen, musste sie mehrmals durch den ganzen Raum geworfen haben. Er war gerade dabei alles beenden, doch als er bemerkte, dass er nun nicht mehr allein mit seinem Opfer war, da drehte er sich um. Sein Gesicht war in Dunkelheit gehüllt. Zwar konnte John seine Augen noch nicht sehen, doch er wusste sein Blick musterte ihn. Ein hämisches lachen schallte durch den Raum. Das selbe wie John es schon aus seinem Traum kannte. Die Angst packte ihn nun völlig und er war unfähig etwas zu tun.
 
Langsam trat die Gestalt aus dem Schatten. Ein Anblick der einen dazu brachte vor Schreck zu erstarren. Augen, deren Adern so dunkelrot wie Flüsse aus Blut schienen. Eine kalte, versteinerte Mimik, war unter dem blutverschmierten Gesicht zu erkennen. Letzte Reste von Blut tropften die Spitze des großen Messers hinab, welches er in seinen bestialisch anmutenden Händen hielt.
 
„Stainsview Policedepartement! legen sie das Messer weg und heben sie die Hände! Sofort!“
 
Der Mann wandte seinen Blick von John ab, warf ihm aber noch ein herablassendes Lächeln zu. Dann blickte er direkt zu Angela und bewegte sich langsam und auf gewisse Weise unnatürlich in ihre Richtung.
 
„Keinen Schritt weiter oder ich schieße! Legen sie das Messer weg!“
Der Mann hielt inne, warf einen Blick auf kurzen Blick auf sein Messer, betrachtete aber danach unmittelbar wieder Angela. Blitzschnell erhob sich seine linke Hand und er warf das Messer in ihre Richtung. Der Wurf war nicht sehr gezielt, so das es ihr gelang auf eine Seite auszuweichen. Dabei verlor sie allerdings ihre Waffe. Sie rappelte sich zusammen, blickte in alle Richtungen, in der Hoffnung ihre Pistole in dem dunklen Raum wieder zu finden. Ihr blieb nicht fiel Zeit dazu, der Mann bewegte sich langsam und immer noch mit diesem teuflischen Grinsen auf sie zu.
 
Nachdem sie einige Male ziellos umhertastete, fand sie die Waffe schließlich. Sie wollte gerade zum Schuss ansetzen, da packte er sie an der Kehle und hob sie mit unnatürlicher Kraft in die Luft. Als sie verzweifelt nach Atem rang, der Druck in ihrem Kopf immer stärker wurde, da blickte sie hinüber zu John, der immer noch wie gelähmt da stand.
„John.... Hilfe... John... Hi....l..Hi..“
Langsam begannen ihre Hilferufe unverständlicher zu werden und schließlich verstummten sie vollständig.
Die zwielichtige Gestalt schob den Kopf etwas nach vorne und flüsterte sie an:
„Du dummes kleines Miststück. Dachtest du wirklich ich brauche eine Waffe um dich in Stücke zu reißen. Du bist genauso naiv wie dein Kollege. Bis zuletzt hat er um die um Luft gefleht. Hat sich gewehrt, so wie er es gelernt hat. Und dann... dann hat er verloren. Er hat verloren wie alle anderen auch verloren haben und so wirst du auch verlieren.“
Mit ihrer letzten Kraft erhob sich Angelas Hand langsam in Johns Richtung, als wollte sie ihn bitten endlich einzuschreiten.
Der Mann blickte nach links.
„Was? Er soll dir helfen? Sie ihn an. Sie genau hin. Das wird das letzte sein, was du siehst bevor ich dir dein Herz aus der Brust reiße. Er ist unfähig irgendetwas zu tun. Das ist es ja was ich wollte. Das wird sein Verstand nicht verkraften.“
Er atmete tief und kräftig ein.
„Oh wie wertvoll eine verkümmerte Seele doch sein kann. Tausend mal mehr wert als jeder den ich bisher getötet habe.“
Mit allerletzter Kraft holte sie ein kleines Messer aus der Jackentasche hervor und rammte es ihm direkt seitlich in die Rippen.
Von Schmerzen gekrümmt sackte der Mörder kurz zusammen erhob sich aber schnell wieder. Strich mit der Hand über die blutende Wunde und führte die Finger danach genüsslich zum Mund.
„Genug gespielt. Jetzt bist du tot.“
Ein starker Schlag traf Angela von rechts und warf sie quer durch den Raum bis sie an einem Regal am anderen Ende abprallte und dort bewusstlos liegen blieb.
Der Knall des Aufpralls löste John aus seiner Abwesenheit. Er blickte besorgt auf die schwer verletzte alte Frau und auf Angela, die unter einem Berg antiker, seltener Gegenstände lag.
 
Die Bestie jedoch bemerkte ihn nicht. Sie schritt langsam und sichtlich erfreut an der ganzen Situation auf Angela zu. Er warf die Stühle, welche ihm den Weg versperrten beiseite als wären sie billige Styroporattrappen. Er beugte sich über Angela und streckte seine Hand nach ihr aus. Als er ihren Körper berührte, war er kurz davor ihre Brust zu durchbrechen.
 
In diesem Moment konnte John, Madame Lolettes Stimme in seinem Kopf hören.
„Jetzt, John. Machen sie es. Jetzt!“
Ohne zu zögern griff er zum auf dem Boden liegenden Messer, rannte auf die andere Seite des Raums und rammte es dem Mann von hinten tief durch die Bauchdecke. Der drehte sich um und musterte John mit seinem letzten Blick. Ein hypnotischer Blick. John schaffte es nicht diesen Augen zu entkommen. Es war ihm als könnte er das Blut in den kleinen Augenäderchen förmlich fließen sehen. Und er konnte Stimmen flüstern hören und da war wieder dieses Lachen. Langsam fielen beide zu Boden.
 
Angela kam derweil wieder langsam zu sich. Sie bemerkte zwar John, der zusammen mit dem anderen neben ihr lag. Doch sie kroch zu Madame Lolette.
„Bleiben sie ruhig. Alles ist in Ordnung.“
Sie zog ihre Jacke aus und drückte damit die Wunden ab. Dann rief sie mit ihrem Handy einen Krankenwagen.
„Alles wird gut. Durchhalten. Hilfe ist unterwegs.“
Madame Lolette blickte besorgt auf die beiden in der Ecke liegenden. Angela erkannte dies und antwortete:
„Keine Angst. Er ist tot. Es ist vorbei.“
„Nein... Nein... es....hat... erst...an..ge...gen“
„Was?“
„Grie...n..lan... Sie... müs... nac.. Grie...“
„Es ist vorbei. Der Mann ist tot.“
„Nein.... John.... Der Dämon.... Er hat.....“
„Was hat er? Madame Lolette. Wach bleiben. Sie halten das durch.“
„John.... hat den..... er hat den Dämon....“
„Er hat den Dämon?“
„Ja.... beeilen... Nicht... viel... Zeit... Nach Griechenland... beenden...“
Das waren ihre letzten Worte, danach brach sie bewusstlos zusammen. Von weiten konnte man auch schon die Sirenen des Krankenwagens hören und einige Sekunden später betraten die Sanitäter schon den Raum und nahmen sich auch umgehend Madame Lolette an.
 
Da Angela ihr nun nicht mehr helfen konnte, blieb ihr Zeit sich um John zu kümmern. Doch zuerst durchsuchte sie die Leiche des Mannes nach Hinweisen auf seine Identität. Er hatte einen Ausweis in der Tasche, ein Ausweises des Arizona Staatsgefängnisses. Der Name Henry Klappert stand rechts neben einem Lichtbild, dass den Toten zeigte. Damals noch in gesünderer Verfassung. Nun kümmerte sie sich um John. Er lag mit dem Gesicht zur Wand. Sie kniete sich vor ihn hin und drehte ihn zu ihr. Er war sehr blass geworden und auch seine Augen, welche sich langsam öffneten hatten sich verändert. Kleine Rote Adern hatten sich überall in seinen Augen gebildet.
„John? Wie fühlen sie sich?“
„Oh... mein Kopf... alles dreht sich..“
„Langsam, ich helfe ihnen hoch.“
„Ist er ?“
„Ja er ist ..“
„Und sie..“
„Nein, sie ist nicht..“
„Oh, Gottseidank. Ich dachte...“
„Nein.. Kommen sie. Wir müssen weiter..“
„Was? Wovon reden sie da?“
„Das erkläre ich ihnen im Auto. Los jetzt kommen sie.“
Sie und John verließen, beide sichtlich angeschlagen, das Geschäft und stiegen in den Wagen.
„Wo... Wo wollen sie jetzt hin?“
„Griechenland.“
„Was... Was wollen sie?“
„Er ist doch tot. Es ist vorbei..“
„Nein, es ist nicht vorbei.“
Sie erhob entnervt die Hand, und schüttelte den Kopf. Auf dem Weg zum Flughafen gab sie an John weiter, was Madame Lolette ihr erzählt hatte und sie fügte bei was sie selbst noch vermutete.
 
Mit jeder Minute Fahrt, ging es John schlechter. Die Adern in seinen Augen wurden von Minute zu Minute etwas größer. Und auch seine Hautfarbe, so schien es, begann langsam heller und ungesunder zu werden.
 
"Sie haben nicht mehr viel Zeit"
Das waren ihre Worte.
Zeit? Zeit wofür?
Meinte sie damit, das John nicht mehr viel Zeit blieb, bis er ...was auch immer werden würde. Bis er vielleicht sogar zum selben willenlosen Sklaven verkommen würde? Welche Wahl hatten sie denn? Hatten sie überhaupt eine Wahl? War alles schon verloren? Oder gab es noch Hoffnung? Gedanken die Angela nicht mehr los ließen.
 
John hingegen viel es zunehmend schwerer klare Gedanken zu fassen. Er bemerkte das etwas mit ihm nicht in Ordnung war, das sich etwas verränderte. Das er sich veränderte. Wut und Hass überfluteten seine Gedanken. Wut und Hass auf seine Eltern, auf Steve sogar auf Angela. Doch es war nicht seine eigen Wut. Es waren nicht seine Gedanken. In seinem Kopf herrschte eine Schlacht. Eine Schlacht zwischen ihm und jemand anderem. Und mit jeder Sekunde die verging, verlor er die Schlacht mehr und mehr.
 
Noch war er fähig zu erkennen, zu kontrollieren was er tat. Er war fähig diese Gedanken zu verdrängen. Ihnen gegenzusteuern. Doch wie lange würde er es noch können? Wie viel Zeit würde ihm bleiben, bis er zu einer mordenden Bestie verkommt? Bis Blut das einzige ist was ihm Befriedigung verschafft?
 
Als der Wagen spät am Abend auf dem Flugplatzgelände ankam, hatte es auch wieder begonnen zu Regnen, wie schon so oft in den vergangenen Tagen. Unter dem prasselnden Regen, machten sich die beiden, schwer angeschlagen und erschöpft, auf dem Weg in die große Haupthalle. Dort wurden sie auch schon vom Sicherheitspersonal empfangen und höflichst gebeten durch die Metalldetektoren zu laufen, doch ein kurzer Wink mit Angelas Polizeimarke reichte aus um sich die ausgiebigen Kontrollen am Flughafen vom Hals zu halten, denn dafür war die Zeit zu knapp.
 
Am Schalter für die Tickets, hatten sie ebenfalls Glück. Sie erschienen genau einige Minuten vor Abflug der letzten Maschine nach Griechenland heute Nacht. Und auch zwei Plätze waren noch frei. Bezahlen musste Angela, denn John wäre dazu im Moment weder finanziell noch körperlich in der Lage gewesen.
 
Es war schon fast Mitternacht bis sich das Flugzeug in die Luft erhob und langsam im Dunkel der Nacht verschwand, so das in weiter Ferne nur noch kleine blinkende Lichter erkennbar waren.
 
Zunehmend fiel es John schwerer wach zu bleiben. Es war ihm fast so, als ob eine innere Stimme zu ihm sprach er solle die Augen schließen, er solle sich ausruhen. Das einzige was ihn dabei beunruhigte war, er wusste nicht ob es seine eigen Stimme war. Doch was er wusste war, es blieb nun keine Zeit mehr hinauszuzögern was er schon den halben Tag mit sich herumtrug. Seine zitternde Hand griff in die kleine Jackentasche die er wie eine Decke über sich gelegt hatte, da ihm nun auch sehr kalt war.
 
„Angela? Würden sie das bitte nehmen?“
„Was ist das?“
„Ein Brief an meine Eltern. Hören sie, sie müssen mir versprechen, dass sie den Brief..“
„Aber John. Hören sie auf damit.“
Wieder fasste sie seine Hand. Sie fühlte sich sehr kalt an und  mit schwindender Kraft, hielt er ihre Hand fest.
„Sie müssen es mir Versprechen, Angela. Sie müssen.“
Und langsam wurde sein Griff weicher und seine Augen schlossen sich. Er konnte seine Erschöpfung nun nicht mehr kontrollieren und fiel in einen tiefen Schlaf.
„Schlafen sie, John. Ruhen sie sich aus.“
Sie strich ihm über den Kopf, welcher entgegen seinen Händen kochend heiß war. Und auch seine Haare waren durchnässt, jedoch nicht vom Regen. Der Kampf den er innerlich zu führen schien, begann mehr und mehr sich auch äußerlich auf ihn auszuwirken.
Auch Angela wollte die Flugzeit dazu nutzen, Kräfte zu sammeln. Es dauerte sehr lange und fiel ihr schwer unter dem Lärm der Triebwerke und den ständig wiederkehrenden Turbulenzen einzuschlafen. Doch letztendlich wurden auch ihre Augen schwerer und angelehnt an Johns Körper, mit der Frage in ihrem Hinterkopf was er doch jetzt Träumen würde, schlief sie ein.
 
„Angela? Angela?“ Wach auf meine kleine“
Sie öffnete langsam die Augen. Sie konnte nicht glauben wer da neben ihr saß.
„Angela. Du bist groß geworden.“
„Dad? Oh, Dad?“
In Tränen ausgebrochen begann sie, ihren Vater zu umarmen.
„Oh, Dad. Ich vermisse dich.“
„Hör zu Angela. Ich habe nicht viel Zeit. Hör mir zu. Vertrau auf dich, Angela. Hörst du? Vertrau auf deine Fähigkeiten. Und pass auf ihn auf. Er ist der Schlüssel.“
„Der Schlüssel wofür? Dad?“
Und an dieser Stelle endete der Traum für sie. Die weiteren Träume waren nur verbunden mit allerlei Ereignissen und viele von ihnen ergaben überhaupt keinen Sinn.
 
John fand sich selbst in einem dunklen Raum wieder. Egal in welche Richtung er blickte und egal wie weit er rannte. Er konnte der Dunkelheit nicht entkommen. Sollte dies ein Vorzeichen darauf sein, dass sein Schicksal bereits besiegelt wäre.
Und auf einmal war da wieder dieses Lachen. Es schien erst gezielt aus einer Richtung näher zu kommen, doch je mehr es sich näherte, desto unklarer konnte er erkennen, woher es kam und nach und nach breitete sich das Lachen in alle Richtungen aus.
„Du hast verloren John. Ha.... Ha... Ha....“
Dieses Lachen bereitete ihm Bauchschmerzen. Und je stärker die Schmerzen wurden, desto lauter wurde auch das Lachen.
„Kämpf nicht dagegen an. Fühle es.. Du bist machtlos.. Genauso machtlos wie alle die Hunderte vor dir. Ja... viele von ihnen kämpften bis zuletzt. Doch das machte sie nur gefügiger. Hass. Hass ist das einzige das dich retten kann.“
Und auf einmal lag da dieses Messer neben ihm auf dem Boden. Und Schritte halten in der Dunkelheit. Die Schattenhafte Gestalt die er schon einmal sah näherte sich ihm.
„Da liegt es, John. Nimm es. Greife danach. Du willst es doch. Na los. Worauf wartest du. Na los!!“
Dieser Schrei war für ihn wie ein Befehl und er ergriff die Waffe, rannte schreiend auf die Gestalt zu und genau in dem Moment in dem das Messer sie berührte, änderte der Schatten seine Form und zu spät erkannte er, was er gerade getan hatte. Wimmernd brach er zusammen.
„Was habe ich getan? Was habe ich nur getan?.....Angela...“
Sie lag vor ihm auf dem Boden. Er hatte sie getötet. In seinem Traum hatte er sie getötet. Und er wusste was dies bedeuten würde. Es würde passieren. Es würde passierten genauso wie er es vorher sah.
„Ja, jetzt hast du erkannt.. jetzt hast du erkannt was deine Aufgabe ist. Sie wird sterben John. Sie wird sterben, durch deine Hand. Und wenn sie tot ist, dann gehörst du mir. Dann ist deine Seele verloren. Für immer. Also finde dich damit ab. Finde dich endlich damit ab und begrüße deine neuen Freunde.“
Die Stimme verschwand und plötzlich tauchten von allen Seiten Menschen auf. Einige davon erkannte er sofort, auch wenn sie grausam entstellt aussahen. Da war Steve. Und Big Mike und auch der Detektive. Einige Mönche und Soldaten und viele andere. Auch der Mann aus Madame Lolettes Laden. Das mussten die armen Seelen sein. Die verlorenen, die keinen Frieden im Tot finden konnten. Und unaufhaltsam kamen sie auf ihn zu. Ohne ein Wort zu sagen und ohne einen nennenswerten Gesichtsausdruck. Sie kamen einfach näher und sahen ihn mit ihren leeren Augen an.
„Geht weg! Verschwindet!“
Hunderte Stimmen halten ihm durch den Kopf und jede von ihnen schien nur einen Satz zu sprechen. Komm zu uns. Komm zu uns. Komm zu uns. Unerträglich wurden diese Stimmen für ihn. Und er brach unter dem Druck in seinem Kopf zusammen nur um in genau diesem Moment wieder aufzuwachen.
 
Es riss ihn förmlich aus dem Schlaf, was auch Angela wieder aufweckte.
„John, was ist los?“
„Angela? Gottseidank.“
Ein erleichterter Gesichtsausdruck überkam ihn, der jedoch nicht lange andauerte, weil ihm klar wurde, dass es passieren würde.
„John? Alles in Ordnung?“
„Halt die Klappe!“
„Was? Was haben sie da gerade gesagt?“
Das waren nicht seine Worte. Sie kamen aus seinem Mund und sie gingen durch seinen Verstand, doch es waren nicht seine Worte. Es hatte begonnen. Er verlor die Kontrolle über sich. Ein Vorzeichen auf das was kommen würde. Und es zeriss ihn innerlich. Die Unfähigkeit zu verhindern was er eben von sich gab.
„John? Wieso sagen sie so etwas?“
„Es tut mir leid. Ich.. war das nicht. Ich kann das nicht kontrollieren.“
„Sie müssen mich töten.“
„Was? Sie haben Fieber. Sie wissen nicht was sie da reden.“
„Ich habe kein Fieber. Ich kann so klar denken wie noch nie. Sie müssen mich töten. Sie müssen es tun, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, dann müssen sie es tun. Und dann müssen sie sich selbst töten.“
 
Angela sprang von ihrem Sitz auf.
„Ok. Das reicht. Ich höre ihnen nicht mehr zu.“
„Nein, sie verstehen es nicht. Wenn sie mich töten, dann müssen sie sich selbst töten. Das müssen sie tun. Oder sie werden die Ewigkeit damit verbringen, es zu bereuen.“
„Also das reicht jetzt. Ich höre ihnen nicht mehr zu. Ich werde niemand töten, nicht sie und nicht mich. Und damit Basta.“
John sah sie enttäuscht an.
„Dann, tut es mir leid.“
 
Sehr irritiert blickte sie zu ihm hinüber. Er musst völlig verrückt geworden sein. Ja, der kleine Mann in seinem Kopf, machte ihn völlig Wirr. Oder vielleicht war sie es, die völlig Wirr war? Oder beide waren verrückt. Sie mussten verrückt sein. Sie war zusammen mit einem vor einigen Tagen völlig Fremden, in einem Flugzeug und auf dem Weg nach Griechenland. Sie war kurz davor, alles aufzugeben. Und das passierte ihr nicht oft. Nun  zuletzt vor dem Blue Springs, aber davor Jahre nicht.
 
 
Würden sie sich bitte setzen und anschnallen. Wir beginnen in wenigen Minuten mit dem Landeanflug auf Griechenland.“
Eine Stewardess klopfte ihr von hinten auf die Schulter.
„Oh, ja natürlich. Entschuldigen sie.“
 
„Und würden sie ihren Freund bitten, sich in eine aufrechte Sitzposition zu begeben und sich anzuschnallen.“
„Oh, das ist nicht....“
Der Lautsprecher unterbrach sie.
„Sehr geehrte Fluggäste. Wir beginnen nun mit dem Landeanflug auf Griechenland. Bleiben sie bitte auf ihren Plätzen und schnallen sie sich an.“
 
Kurze Zeit später, nach einer etwas unsanften Landung, kam die Maschine auf dem Flugfeld zum stehen. Und wieder ertönte es aus den Lautsprechern.
„Wir sind soeben auf dem Flughafen von Athen gelandet.  Wir möchten uns für das uns entgegengebrachte Vertrauen bedanken, wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt und hoffen natürlich sie bald wieder als unsere Fluggäste begrüßen zu dürfen.
 
„Kommen sie John, stehen sie auf. Hier, ich helfe ihnen.“
„Lassen sie mich. Das kann ich alleine.“
Er drückte ihre Hand abweisend beiseite.
„Na, gut dann halt nicht.“
 
Wie gerne hätte Angela das tolle Wetter hier in Griechenland genossen. Vielleicht würde dazu Zeit bleiben, wenn das alles vorbei wäre. Und das führte sie schon zu ihrem nächsten Problem. Madame Lolette konnte ihr zwar sagen sie sollten nach Griechenland. Aber scheinbar hatte sie vergessen ihnen Anweisungen zu geben was sie jetzt zu tun hätten. Und so standen die beiden nun außerhalb des Flughafens, mitten in der prallen Mittagssonne. In der Eile hatten sie auch nicht mehr daran gedacht sie etwas leichter zu kleiden. Angela zumindest war es hier eindeutig zu warm, doch John hingegen schien dieses Klima gut zu tun. Man könnte fast meinen, die Luft hier würde ihm neue Energie geben. Zielstrebig entfernte er sich von Angela.
 
„John, wo wollen sie hin? Bleiben sie hier. Sie verlaufen sich noch.“
„Nein, kommen sie. Kommen sie! Na los! Sofort!!“
Und wieder begann er lauter zu werden. Langsam machte sich Angela doch große Sorgen um seinen Zustand. Es war gar nicht mehr von der Hand zu weißen, dass er sich veränderte. Sein ganzes Wesen, wurde... härter. Zwar erweckte der Anblick seines Körpers eher den Eindruck an einer unheilbaren, schwer ansteckenden und tödlichen Krankheit zu leiden doch seine Wortwahl, seine Art sich zu bewegen, als dass machte ihr Sorgen. Zum ersten mal zweifelte auch sie stark daran, diesen Tag zu überleben und ihr wurde bewusst, dass John vielleicht nicht so falsch lag als er meinte sie solle ihn töten. Es fiel ihr zwar nach wie vor schwer dies in Betracht zu ziehen, doch konnte oder wollte sie es jetzt nicht mehr vollkommen ausschließen.
 
John hatte mittlerweile schon ein Taxi angehalten und zwar indem er sich einfach einige Meter davor auf die Straße stellte, es zum Stillstand brachte und kräftig auf die Motorhaube schlug. Sein Drang zur Gewalt musste langsam unkontrollierbar für ihn geworden sein. Angela bemühte sich sehr, den erzürnten Taxifahrer zu beruhigen, was nicht sonderlich leicht war, da sie kein Wort Griechisch und der Fahrer nur sehr schlecht Englisch sprach.
 
Doch dann geschah etwas sehr seltsames. John begann mit dem Fahrer eine Unterhaltung und dass in flüssigem Griechisch. Angela war von dieser Tatsache genauso verwundert wie beängstigt.
„Was soll das John? Was reden sie da mit ihm? Ich dachte sie sprechen kein Griechisch.
Er gab ihr keine Antwort, ließ sie fragend sitzen.
 
Der Fahrer setzte den Wagen schnell in Bewegung. Egal was John zu ihm gesagt haben muss, es muss bedrohlich gewesen sein, denn während der ganzen Fahrt beobachtete der Fahrer die beiden durch den Rückspiegel. Dies tat er so stark, dass es mehrere Male passierte, dass er den Verkehr missachtete und einmal sogar einen Unfall verursachte.
„Also, würden sie mir jetzt bitte sagen, wo wir hinfahren? Würden sie mir sagen was das alles soll? Was ist hier los? Und wieso zum Teufel sprechen sie Griechisch? John? John? Verdammt noch mal!!!“
Sie schüttelte kräftig an seinem Oberkörper.
„Ich weiß es nicht verdammt! Also lassen sie mich in Ruhe und hören sie auf mir dauernd dämliche Fragen zu stellen.“
„Sie machen mir Angst, John. Sie haben sie verändert.“
„Pfff. Einbildung sonst nichts.“
„Einbildung? Verdammt sehen sie sich an.“
Sie kramte einen kleinen Schminkspiegel aus ihrer Hosentasche. Ja, so etwas besaß sie auch, denn trotz all dem war sie nun mal eine Frau. Und wir alle wissen, es gibt keine Frau die das Haus ungeschminkt verlassen würde. Und es gibt erst recht keine Frau die das Land ohne ihr Werkzeug verlassen würde, auch wenn sie Hauptberuflich Mörder fängt und Gauner einbuchtet.
 
„Sehen sie hin. Sehen sie genau hin. Verdammt sie sehen aus, als ob... als ob sie schon seit Tagen tot sind.“
Sorgfältig begutachtete er sich in dem kleinen Spiegel, was nicht leicht war, da dass Auto ständig hin und her schaukelte. Er zog die Augenlieder auseinander, drückte die Haut zusammen, tat noch so einiges und dann packte er den Spiegel und warf ihn aus dem Seitenfenster.
„He, was soll das? Sind sie verrückt?“
„Nein, ich habe mich noch nie besser gefühlt, egal wie ich aussehe. Ich bin gesund.. Es geht mir gut. Und jetzt lassen sie mich verdammt noch mal in Ruhe.“
Sein Zeigefinger erhob sich mahnend und sein Gesicht erweckte einen erzürnten Eindruck. Das ließ Angela abermals an der Situation zweifeln. Und nur um sicher zu gehen, griff sie an die Stelle an der ihre Waffe saß... nur für den Fall.
John schien das zu gefallen. Oder war es nicht John, dem dies gefiel sondern jemand ganz anderes?“
 
 
Kapitel 10
 
Nach 28-minütiger Fahrt kamen die beiden an ihrem unbekannten Ziel an. Als sie ausstiegen, machte sich der Taxifahrer sofort auf den Weg und dass ohne Geld zu verlangen.  Er musste wirklich große Angst gehabt haben.
 
Da standen sie nun. Zu zweit. In der Mitte von Nichts. Nichts außer Felsen, Bäumen, Büschen und Abhängen. Während Angela noch krampfhaft versuchte sich an irgendeinem Punkt zu orientieren verschwand John schon hinter einer Böschung.
Die Verfolgung aufzunehmen war für Angela nicht leicht, da John einen schnellen Schritt vorlegte. Er machte tatsächlich den Eindruck als würde er die Gegend gut kennen. Und da war noch so ein Gefühl dass sie beschliech. Ein Gefühl als würde ihnen jemand folgen. Als würde wenige Meter hinter ihr jemand sein. Wenn sie sich aber umdrehte, dann war da nichts. Und doch war sie sich absolut sicher, dass John, sie und das Ungeziefer nicht die einzigen in diesem verlassenen Wald waren. Die Hand an der Waffe folgte sie John weiter, tiefer in den Wald. Immer tiefer, bis sie nach etlichen Minuten, vor einer kleinen Höhle halt machten.
 
„Hier ist es!!“
„Hier ist was? John? Was ist das?“
„Dort wo es begann dort hat es zu enden!“
„Dort wo es begann? Das... Das ist der Ort? Aber.. Aber woher wissen sie...“
„Weil ich schon einmal hier war.“
„Was?“
„Ich war schon einmal hier. Zumindest erinnere ich mich daran hier gewesen zu sein. Und doch? Auch wieder nicht. Das sind nicht meine Erinnerungen. So viele Erinnerungen, soviel Gedanken. Und es sind nicht meine.“
Seine Hände glitten wieder über seine Stirn und machten vor seinen Augen halt. So stand er nun da. Regungslos, einige Sekunde, bis er zielstrebig die Höhle betrat, gefolgt von Angela, die aber mittlerweile einen sicheren Abstand zu ihm einhielt. Denn sie hatte da so ein ungutes Gefühl.
 
Nachdem sie durch die engen und feuchten Gänge wanderten kamen sie in einer großen Halle an. John sackte wieder einmal erschöpft in sich zusammen, so als ob der oder das was ihn hier herführte ihn nun verlassen hatte.
 
Sehr überrascht und zugleich zutiefst beeindruckt blickte Angela hinauf zu der großen Jesusfigur, die da an einem in Stein gehauenen Kreuz hing, nur beleuchtet von einzelnen durch die Decke scheinenden Sonnenstrahlen.
„Eine Kapelle? Das.. ist ...wie ist das möglich? Die muss etliche hundert Jahre alt sein. Das ist also der Ort an dem alles begann? Langsam verstehe ich.“
Sie blickte, begeistert von dem ominösen Bau, in alle Richtungen bis ihr Blick am Gesicht des Gekreuzigten halt machte.
„Seine Augen! Ja seine Augen? Das ist es.“
Langsam schritt sie auf die große Figur zu. Die letzten Zeilen des Rätsel fielen ihr ein und während sie Schritt für Schritt näher an das Kreuz kam, sprach sie die Sätze immer und immer wieder vor sich hin.
„Knie nieder und blick ihm in die Augen... knie nieder und blicke ihm in die Augen...das ist es. Er versucht uns etwas zu zeigen. John, er zeigt uns etwas. Wir haben es geschafft, gleich ist alles vorbei. John, hören sie? John?“
Doch der konnte nicht hören, zu sehr waren die Schmerzen mittlerweile geworden. Er war fast unfähig zu sprechen. Sein Kampf war nun fast verloren. Sein Atem wurde schwerer und schwerer und es war ihm fast als würde ihm irgendetwas die Kehle zudrücken.
 
„Durchhalten John. Halten sie durch.....Schau ihm in die Augen... Ich schaue aber ... aber ich sehe nichts.“
„Knie... nieder..“
Die letzten Worte die John von sich geben konnte, bevor sein Verstand ihn zu verlassen schien.
„Natürlich. Knie nieder.“
Das war es auch, was Angela sofort tat. Und als sie sich nieder kniete, da wurde alles klar. Der Blick, sein Blick. Welche faszinierende optische Spielerei. Sie konnte es nun klar erkenne.
„Er zeigt dir die Waffe.“
Da war sie. Die Waffe. Sein Blick, sein gequälter Blick richtete sich direkt auf den Speer, welcher in seiner Brust steckte. Und wenn man ganz genau hinsah, dann konnte man erkennen, dass die Spitze anders war. Sie hob sich nun ganz deutlich vom Rest der Figur ab. Angela sprang erfreut auf und rannte die drei Stufen zur Figur empor. Dann streckte sie ihre Hand langsam zu der Figur. Langsam fuhr sie die perfekt gehauene Steinform ab, bis hin zu dem Punkt an dem die Speerspitze in den Stein eindrang. Dann fasste sie kräftig an und langsam schob sich die Speerspitze aus dem Stein. Fast schon so leicht, dass es unvorstellbar war wie lange sie dort gesteckt haben musste. Doch ihre Freude über die Entdeckung sollte nicht von großer Dauer sein.
 
Hinter sich konnte sie ein Klatschen vernehmen und als sie erschreckt zurück sah, da stockte ihr der Atem. Drei in Kutten gekleidete Männer standen in der Halle. Sie hatte sich also nicht geirrt. Sie wurden verfolgt. Es mussten die Mönche gewesen sein. Zwei von ihnen traten schnellen Schrittes auf John zu und setzen ihn mit einem gezielt angesetzten Elektroschock komplett außer Gefecht. Angela griff in dieser, für sich unübersichtlichen Situation sofort zu ihrer Waffe und war ohne zu zögern kurz davor abzudrücken, als sie eine sehr vertraute Stimme vernahm.
 
„Ich bin wirklich beeindruckt, Angela. Ich hatte dir nicht zugetraut, dass du es bis hier her schaffen würdest. Steck deine Pistole weg. Du willst mich doch nicht verletzen. Also steck sie weg und niemand wird hier mehr verletzte werden. Zumindest kein Mensch.“
Der Mönch blickte hinüber zu John, welcher gerade von den beiden anderen an den Händen gebunden durch die Halle gezogen wurde.
 
Immer noch sehr verstört sah sie den dritten der Mönche an. Das alles ergab nun für sie überhaupt keinen Sinn mehr.
„Das kann nicht sein. Das ist nicht möglich. Professor? Ich... Ich kann das nicht glauben.“
 
Ja, er war es. Und das wurde zur entgültigen Gewissheit, als er die Kapuze herunterließ und mit seinem charmanten Lächeln vor ihr stand. Wie unerwartet die Geschichte doch ihren Lauf nahm. Niemand hatte damit gerechnet, dass dieser alte, freundliche Mann, der für sie wie ein Onkel war, noch ein Geheimnis mit sich herum trug und dies auch noch all die Jahre perfekt versteckte.
 
„Oh, Angela. Es tut mir wirklich sehr leid, und es bricht mir das Herz dich so ratlos zu sehen. Aber sei Gewiss, du wirst deine Antworten bekommen. Aber lass uns zuerst dieses... Ding aus dem Weg schaffen.“
Ein herablassender, kalter Blick war es, den er John zuwarf. Der Professor machte den Eindruck als würde er eher auf einen tollwütigen Wolf blicken, als auf einen Menschen.
 
„Zu lange hat dieser Teufel die Welt durchwandert. Doch nun nach all den Jahrhunderten wendet sich das Blatt und dieses Tier wird in die Hölle aus der es kam zurückgeschickt.“
 
„Was soll das alles Professor? Ich will es jetzt wissen.“
Angela spannte den Hahn ihrer Waffe.
„Leg die Waffe weg. Leg sie runter und ich erzähle dir alles.....“
„Nein, ich mache ihnen einen Vorschlag, Professor. Sie erzählen mir jetzt alles und dann lege ich die Waffe weg. Vielleicht!!“
„Wie du meinst. Du warst ja schon immer ein Sturkopf. Noch als du so ein kleines Mädch....“
„Keine Spielchen, verdammt!!“
„Na gut. Wenn du es so willst..... Als ihr beide vor einigen Tagen in meinem Büro erschienen seid und mir das Buch gezeigt habt, da... da konnte ich zuerst nicht glauben was ich da in meinen Händen hielt. Es war das Buch! Das Buch, dass wir seit Jahren gesucht hatten. Das Buch das uns diese verrückte alte Frau gestohlen hatte. Das Buch mit all den Antworten..... „
Seine Augen wurden immer größer und je länger er von dem Buch sprach, desto faszinierter, ja gerade zu fanatisch erzählte er davon.
„... und als ihr beide mein Büro verlassen hattet, da musste ich einige Anrufe tätigen. Ich ließ euch beide Beobachten. Und ihr habt uns direkt hier her geführt.
„Was haben sie mit ihm vor?“
Der Professor, deutete auf die Speerspitze in Angelas Hand.
„Die Spitze da. Das ist alles was wir brauchen um diesen Alptraum zu beenden.“
„Was haben sie mit ihm vor, Professor?“
„Das Rätsel Angela. Ich habe euch nicht alle Zeilen daraus vorgelesen. Wenn ich ganz ehrlich bin... einiges davon habe ich sogar selbst erfunden, ich dachte mir so wirkt es theatralischer. Aber ich schweife wieder vom Thema ab. Also die Speerspitze. Du weißt ja gar nicht was du da wertvolles in der Hand hältst. Diese Spitze, ist die Spitze.“
„Die Spitze?“
„Ja, die Spitze!
„Wir wussten von Anfang an, dass es eine Waffe gab. Und das sie in Griechenland zu finden sein würde, aber wir wussten nicht genau wo. Es stand nicht in dem Buch. Und keiner von uns kannte ihn....2000 Jahre alt. Es ist seine Spitze.“
Seine Augen wanderten auf den steinernen Messias.
„Das glauben sie doch nicht etwa wirklich, oder?“
„Oh doch. Und wie ich das Glaube. Jene Spitze war es, die sein Herz durchbohrte. Sein Blut, sein heiliges Blut hat diese Waffe gesegnet und nur damit kann man den Dämon bezwingen.“
„Und ich hielt sie immer für einen gebildeten Mann. Für jemanden der die Wissenschaft dem Glauben Vorzieht. Wie viele angebliche Echte Lanzen oder Speere gab und gibt es? Vier? Fünf?“
„Du hast ja keine Ahnung. Du.. dummes.... Dies ist das echte und einzige Stück. Ich habe keine Ahnung wie der Orden in dessen Besitz kam, aber es ist echt!!“
 
Immer mehr und mehr begann Angela an diesem Mann zu zweifeln. Der da, welcher nun vor ihr Stand, war genau das Gegenstück zu dem Professor, den sie als kleines Kind immer so sehr bewunderte. Der ihr immer die wunderbarsten Dinge erklären konnte. Hatte er ihr all die Jahre etwas vorgespielt. Kannte sie ihn überhaupt? Kannte sie den Mann der da in einer dunkelbraunen Kutte vor ihr Stand wirklich? War sein Name vielleicht sogar ein anderer?
 
„Also gut. Nehmen wir mal an, das Ding da ist echt. Was haben sie jetzt damit vor?“ 
„Ein Tropfen seines Blutes, reicht aus.“
Das erstaunte Angela nun doch sehr. Ein Tropfen solle ausreichen?
„Das ist alles? Nur ein Tropfen Blut? Und dazu dieser Aufwand?“
„Ja, ein Tropfen. Wenn auch nur ein einziger Tropfen auf den Boden fällt. Auf den Ort fällt, an dem vor all der Zeit dieses Monster beschworen wurde, dann ist alles zu Ende.“
„Wenn das alles ist? Dann beeilen wir uns besser. John geht es immer schlechter.“
Der Professor blickte zu seinen beiden Begleitern und weiß sie an, John wegzubringen.
„Kommt meine Freunde, lassen wir ihn Ausbluten.“
„Was? Aber sie sagten doch, ein Tropfen reicht aus um...“
„Ja, aber wir werden dieses mal lieber keine Gefahr eingehen. Nicht so kurz vor dem Triumph.“
Er drehte sich um und ging seinen Anhängern nach. Angela wollte dies jedoch nicht akzeptieren und hielt ihn an seiner Kutte fest. Dies gefiel dem Professor jedoch überhaupt nicht und so sah er sich gezwungen Angela mit einem weiteren Elektroschocker, den er die ganze Zeit unter seiner Kutte versteckt hatte, in tiefen Schlaf zu versetzen. Und während er die Bewusstlose auffing um zu verhindern, dass Sie auf dem harten Boden aufschlug, flüsterte ihr ins Ohr:
„Es tut mir leid, dass du mich zu so etwas zwingst. Aber du verstehst das alles nicht. Ach und .. das nehme ich besser an mich.“
Er nahm die Spitze aus ihrer Hand und verschwand in einem der Gänge.
 
 
Kapitel 11
 
Ihr Schädel brummte als sie wieder zu sich kam und der Strom hatte seine Wirkung wirklich nicht verfehlt. Sie stütze sie an einer der Felswände ab und hangelte sich langsam nach oben um sich in der Dunkelheit zurecht zu finden. Ihre Augen gewöhnten sich nach einer Weile jedoch wieder an die Dunkelheit und außerdem hatte sie noch ein kleines Feuerzeug, schließlich war sie ja Raucherin. Aber jetzt musste es sehr schnell gehen, wenn es nicht sogar schon zu spät war. Sie wusste nicht, wie lange Sie Ohnmächtig da gelegen hatte. Ziellos irrte sie in den Gängen umher und dann begann sie allmählich zu verzweifeln. Sie war kurz davor aufzugeben, als sie in der Ferne aus einem der Gänge ein kleines flackerndes Licht erkannte. Wieder griff sie zu der Waffe und rannte auf das Licht zu. Dabei stolperte sie einige Male unglücklich über herumliegende Steine, ließ sich aber nicht all zu sehr davon aufhalten, erst recht nicht, als sie jemanden Aufschreien hörte. Langsam näherte sie sich dem Flackern und kam aus dem kleinen engen Gang hinein in eine große Grotte.
Riesige Holzpfeiler stützen die Höhlendecke ab. Die Wände waren mit seltsamen Zeichen beschmiert und auf dem Boden befand sich ein großes Pentagramm an dessen Spitzen Kerzen brannten, das musste das flackernde Licht gewesen sein. Und sie stolperte ein weiteres Mal, jedoch nicht über einen Stein. Dieses Mal lag da einer der Mönche im Weg. Zu ihrem Erschrecken ließ er sich nicht mehr identifizieren, und doch hoffte sie, dass dies nicht der Professor sein würde, auch nach all dem was er getan hatte oder noch tun würde. Sie war ihm doch noch verbunden.
 
Und er war es nicht. Der Professor lag einige Meter weiter entfernt auf dem Boden. In einer Lache aus Blut. Sie kroch zu ihm hinüber und hob seinen Kopf leicht an.
„Angela. Es ... Es tut mir so leid... Ich war.. ein Narr. Es.. tut mir leid... er überraschte uns.. Er hat uns etwas vorgespielt. Und ich konnte ihn nicht ... nicht töten... Und dann... dann ....“
Durchhalten! Sie schaffen das!
„Oh Angela. Was für ein Sturkopf du doch bist. Immer noch wie damals als du ein kleines Mäd.....“
„Nein... Nein.. Professor nein!!!!“
Es war zu spät. Seine Augen ließen von ihr ab und erweckten den Eindruck als würde er in die Luft starren. Sein keuchender Atem wurde langsamer und immer langsamer bevor er vollständig aussetzte.
Sie hielt ihn fest in ihren Armen und brach in Tränen aus. Sie weinte um ihren alten Familienfreund auch wenn sie ihn all die Jahre vielleicht gar nicht richtig kannte. Aber jetzt wo er tot war, da wusste sie auch er musste seine Gründe für all das gehabt haben.
 
Und dann passierte es, John trat aus der Dunkelheit. Das perfekte Zusammenspiel von Schatten und flackerndem Licht ließen ihn gespenstisch erscheinen.
 
„Oh, wie traurig, dass doch ist. Aber verabschiede dich nicht von ihm, denn du wirst ihm bald folgen.“
„John? Was hast du getan?“
„Oh, John ist leider nicht hier. Nicht mehr. Er ist da drin und hört alles was wir sagen. Und ich höre seine Gedanken und fühle seinen Schmerz..... Oh, wie interessant. John du alter Schlingel. So ist das also. Sehr interessant Angela. Wenn sie wüssten was er über sie denkt, dass wäre wirklich interessant.“
 
Angela nahm all ihren Mut zusammen und stand auf, schnappte sich aber noch unauffällig die Waffe neben dem Leichnam des Professors.
 
„John, ich weiß das du mich hörst. Lass nicht zu dass er die Kontrolle übernimmt. John? Hörst du? John!!!“
Er brach schreiend zusammen
„Angela!!!“
„John?“
„Angela. Ich ....ich ...habe ....dich ...verarscht. Ha Ha Ha. ....Oh du hättest dein Gesicht sehen sollen. Du naives dummes Kind.“
„Lach nur ruhig weiter, solange du noch kannst.“
Sie erhob die Waffe und spannte erneut den Hahn.
„Oh, willst du mir etwa drohen? Nein, bitte Detektiv. Nicht schießen. Ich bin unschuldig.. Ha Ha... Du Miststück, na los drück ab. Ziel direkt auf seinen Kopf. Direkt zwischen die Augen. Lass es ihn sehen. Lass es ihn sehen wie du ihn erschießt. Oh ja. Das wird ihm das Herz brechen. Tu es. Tu es!! Und dann beginnt der Alptraum für dich erst. Das verspreche ich dir. Tausendfach stärkere Qualen als alles was du dir vorstellen kannst. Und das bis ans Ende der Zeit.“
„Ich werde dich nicht erschießen, John. Hörst du mich. Du wirst nicht sterben. Ich werde dir diesen Dämon austreiben und es wird weh tun. Aber du wirst nicht sterben.“
„Oh so mutig. Wie so viele vor dir. Und wie sie wirst du enden. Tot!! Wie dein Vater...“
 
„Kein Wort über meinen Vater, du Monster.“
Sie feuerte einen Warnschuss an die Decke ab. Das war ihr wunder Punkt. Ihr Vater. Jetzt stand alles auf Messers Schneide. Wenn es um ihren Vater ging, dann verlor sie sehr leicht die Beherrschung. Und nun befand sie sich in einer Zwickmühle.
 
„Ja, das ist es also. Das kleine Mädchen möchte nicht über Daddy reden....“
„Halt den Mund. Du weißt nichts über meinen Vater.“
„Oh nein? Soll ich dir etwas verraten? Ich weiß mehr als du denkst... Wie ein Baby hat er gewimmert. Oh ja... Töte mich nicht. Bitte... bitte. Und dann? Dann habe ich ihm die Kehle herausgerissen.“
„Mein Vater starb bei einem Autounfall.“
„Ja, das ist es was sie der kleinen Angie erzählt haben. Du dummes Miststück du warst so kurz davor es zu erfahren. Du hattest die Akte schon auf dem Bildschirm. Hättest du seine Opfer angesehen, dann wüsstest du die Wahrheit.“
„Nein!!! Das ist nicht wahr!!!!“
„Und soll ich dir noch etwas verraten? Ich habe es genossen. Oh ja.. ich habe sein Wimmern genossen. Wie erbärmlich er doch vor mir kniete. Wie erbärmlich.“
„Nein!!!!“
Bumm. Sie drückte ab. Das war zuviel. Oder es war genau das was er erreichen wollte. Aber sie drückte ab und es war eine Erleichterung für sie.
 
„Ahhhh.. Du Schlampe. Du hast mir ins Bein geschossen. Das wars für dich.“
Er humpelte auf sie zu. Doch anstatt wegzulaufen blieb Angela wie angewurzelt stehen. Was hatte sie vor?
Er packte sie am Hals und drückte langsam zu. Dann begann Angela zu grinsen und keuchte ihm entgegen.
„Der Schuss war für den Professor. Und das....“
Sie zog die Spitze aus ihrer Hose hervor und bohrte damit in die Schusswunde am Bein.
„... das ist für meinen Vater.“
 
Sie hatte es geschafft. Hatte nur das getan was man ihr immer bebrachte. Den Täter aus der Deckung locken. Als sie den Schuss abfeuerte und er auf sie zu kam, bemerkte er in seinem Blutrausch nicht, dass sie mitten im Pentagramm stand.
 
 Und dann geschah es. Er sackte zu Boden und als der erste Tropfen auf das Pentagramm fiel, begann die Erde zu beben. Blitze halten durch den ganzen Raum. John stieß einen grellen Schrei aus und die schemenhafte Gestalt erhob sich langsam aus seinem Körper.
 
Das Beben wurde immer stärker. Angela überkam ein ungutes Gefühl und sie wollte in einer Ecke in Deckung gehen. Doch einer der morschen Holzträger stürzte und zerbrach in drei Teile, von denen eins Angela genau am Kopf traf. Sie fiel auf der Stelle um und wurde unter einem kleinen Haufen Geröll eingeklemmt. John hatte die Kontrolle über seine Körper wieder erlangt. Die Kugel in seinem Bein und die Spitze, welche die Kugel noch tiefer in die Wunde drückte ließen ihn vor Schmerzen aufschreien. Er war ohnehin schon sehr angeschlagen. Doch als er sah was mit Angela passiert war, da sammelte er seine ganze Kraft und kroch zu ihr hinüber. Hinter ihm hing noch immer der schwarze Nebel des Dämon in der Luft. Und die Höhle begann immer stärker zu beben.
 
Es waren noch einige Meter bis zu Angela und seine gesammelte Kraft verließ ihn langsam. Er war kurz davor aufzugeben, als etwas unglaubliches passierte.
 
Hunderte von Lichtgestalten erschienen aus dem Schatten und legten sich wie eine schützende Energiekugel um John und Angela. Mit letzter Kraft zog er sich zu ihr hin und sie unter den Steinen hervor und bevor auch er bewusstlos zusammenbrach, konnte er gerade noch mit ansehen wie die Lichter in den Nebel fuhren und dieser in sich selbst zusammenfiel.
 
 

Epilog

 
Er fand sich selbst in einem hellen Raum wieder. Und er war nicht allein. Hunderte von Menschen standen da. Die selben, die er schon im Flugzeug sah. Doch dieses mal war in ihren Gesichtern ein Ausdruck von absoluter Zufriedenheit zu erkennen.
Einer von ihnen kam auf ihn zu. Es war Steve.
„Danke John. Wir schulden dir alle unseren Dank. Du hast so vieles für uns alle getan. Viele von ihnen warteten schon seit Ewigkeiten auf diesen Moment.“
„Steve? Bin ich...?“
„Nein. Nein John. Du bist nicht tot. Du bist schon viel zu lange hier. Du musst wieder zurück. Da gibt es jemanden der auf dich wartet.“
„Ich verstehe nicht, Steve.“
„Das musst du auch nicht John. Noch nicht. Leb wohl. Wir sehen uns wieder. Irgendwann.“
Steve zwinkerte ihm noch ein letztes Mal zu, dann verschwanden er und die anderen.
 
Langsam öffnete John Augen, sein Gehör vernahm rhythmische Piepstöne. Als er um sich blickte da erkannte er, zwar sehr undeutlich, Medizinische Geräte. Und er fühlte wie jemand seine Hand hielt. Und dieses Gefühl kam ihm sehr vertraut vor. Angela saß neben ihm einem Stuhl und als sie feststellte, dass er aufgewacht war, da wurde sie sehr glücklich.
„Angela?“
Ohne ein Wort zu sagen, küsste sie ihn.
 
 
ENDE

Ich hoffe die Story ist nicht zu lang.

Meine erste Geschichte und bei der Fülle an Seiten kann sich auch mal der eine oder andere Rechtschreib- und Grammatikfehler einschleichen.

Ich hoffe dennoch, es ist leicht verständlich geschrieben. (Manchen sind es vielleicht zu verschachtelte Sätze)



Zur Geschichte selbst wäre zu sagen:

Die Handlung entwickelte sich nicht so wie ich wollte bzw. als ich die erste Seite schrieb wollte ich eine ganz andere Geschichte schreiben, aber die Ideen zogen mich in diese Richtung.

Falls die Story gefällt, ich schreibe bereits an einer Fortsetzung.

Falls die Story nicht gefällt, dann vergesst einfach was ihr gelesen habt. ;-)
Daniel Reiser, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.08.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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