Jessica Fischer

I C Q, I See You Part 2

„Ich bin Niemand, und ich bin Jeder. Ich bin der Schweigende, und ich bin der Redner. Ich richte nicht, ich urteile. Ich bleibe nicht, doch ich verweile.“ Meine erste Reaktion war nur ein lautes „Wie bitte?“ und ich las es noch mal. Und noch mal. Doch ich wusste immer noch nicht, wer er nun war. „Wieso sprichst du in Rätseln?“, fragte ich ihn. „Weil du es auch tust.“ Wieder der Wie-bitte-Effekt. „Ich spreche in Rätseln? Rede ich nicht klar und deutlich?“ – „Klar und deutlich sind deine Worte, genauso wie der Sinn dieser. Doch die Bedeutung ist eine ganz andere.“ Ich verstand. Es war mir bewusst, dass ich mit Wehmut sprach, dass meine Worte Schmerz versteckten, doch ich war der Meinung gewesen, die wahre Bedeutung und nicht das Wort selbst wäre nur mir offenbar gewesen. Doch nun kam dieser „Mister Unbekannt“ daher, ohne mich je persönlich gesprochen zu haben, und wusste, wer ich bin. Mir war klar, dass man alleine durch meine Gespräche beim genauen Hinhören meine Seele erkennen konnte, doch mir war nicht klar, dass es wirklich jemanden gab, der so hören konnte. Ich konnte das genauso, dass wusste ich, aber ich kannte nur wenige außer mir, die diese Fähigkeit ebenfalls hatten. „Wieso ich? Warum nicht die, die über mir wohnt? Sie kennen sie sicher. Die große Dunkelhaarige, die die Männer anzieht wie ein Magnet, mit den großen grünen Augen und der weichen, goldbraunen Haut.“ Recht hatte ich. Sie war attraktiver als ich. Zumindest sah das die Mehrheit der männlichen Schöpfung so. Diesmal kam die Antwort schnell. „Sie ist blind für die Welt. Sie weiß nicht, wer sie ist, was sie tut und besonders nicht, welche Bedeutung in jedem Atemzug und jedem Wort liegt. Sie lebt nicht.“ Das wusste ich. Bis jetzt wusste es nur ich. Dieser Typ erstaunte mich. Tatsächlich erkannte er, was ich erkannte. Vielleicht wusste er sogar mehr als ich über die Bedeutung aller Dinge. „Aber es gibt viele, die so sind wie ich. Und vor allem hübschere.“, ich versuchte, seine Meinung über mich zu erfahren. Man konnte es auch schlicht Fangfrage nennen. „Ich weis, was du wissen willst. Du hättest auch direkt fragen können. ^_^ Also hier meine Antwort: Es gibt einige, die in etwa in die gleiche Richtung denken wie du (wo eher Richtungen), aber keiner hält solange durch, bis er die Antwort hat, die er sucht. Dazu muss man leiden, du weist das. Man muss erst Schmerz empfinden, um zu verstehen. Glückliche Menschen fragen nicht, aus Angst, die Wahrheit zu erfahren, sie wollen, dass es so bleibt, wie es ist. Doch du weist, dass sich alles verändert. Und dass man deshalb immer wieder von vorne anfangen muss. Andere scheitern immer wieder, weil sie den Fortschritt, der darin liegt, nicht erkennen. Jedes mal ist es ein winziges Stück mehr. Doch du bist dich dieser Details bewusst, und deshalb bist du so stark. Das ist nicht das Einzige, was dich besonders macht. Die anderen sind nicht hübscher als du. Sie sind in jeder Hinsicht gleich. Alle sind braun, du nicht. Du bleibst immer weiß wie ein Wintermorgen, klar und nicht vertrübt. Deine blauen Augen schauen wissend, nicht fragend. Auf dich kann man sich stützen, du hältst einen wie ein Fels. Das Einzige, was dir fehlt, ist Vertrautheit. Nenn es Liebe. Du bist einsam, und das weist du.“ Ich musste wissen, wer er war. Ich wollte es. Also traf ich die wohl impulsivste Entscheidung, die ich jemals getroffen hatte und stellte ihm eine weitere Frage: „Wo bist du?“ Egal, an welchem Ort er sich befand, in wenigen Minuten würde ich auch dort sein.

Die altbekannte Geschichte: weitere 5 Kommentare für Part 3Jessica Fischer, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.08.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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