Seit einigen Tagen schon hatte ich bemerkt, das etwas mit einem Zahn oben
links nicht stimmte. Ich hatte mir vorgenommen einen Termin auszumachen,
aber als ich auch noch einen ekligen Geschmack bemerkte, entschloss ich
mich, später an diesem Tag, nach der Arbeit, zu der Zahnärztin zu gehen,
deren Schild mir nach dem Busfahrt, auf dem Nachhauseweg, aufgefallen
war.
Ich dachte mir schon, dass dieser besagte Zahn entfernt werden
müsste, es war mir auch ganz recht. Meine Zähne waren mir noch nie, eine
wahre Wonne.
Die Zahnärztin erschien mir sehr nett, wir waren erst
kürzlich in diese Gegend eingezogen und ich war froh, so schnell eine nette
gefunden zu haben. Die Spritze war ungefähr so, wie alle Injektionen im
Mundbereich.
Ich bin da hart im nehmen. Die Extraktion verlief ohne
Zwischenfälle und ich sah mich schon auf dem endgültigen Weg nach Hause,
aber die Zahnärztin bemerkte bedauernd, das es keine Nachblutung gab. Da
müsste ich aber, mit großen Schmerzen rechnen! Sie würde mich gerne kurz
unter die Mikrowelle setzen, um die Blutung anzuregen.
Auch das war
alsbald erledigt und ich freute mich auf mein Bett, Abendessen konnte ich
mir wohl aus dem Kopf schlagen.
Desto näher ich dem Mietshaus kam in dem
wir wohnten, desto klarer wurde es mir, das sich eine riesen Blase unter
meiner Nase bildete, was das nun wieder war?
Meine Tochter war entsetzt
als sie mich sah, was hätte ich dann da gemacht.
"Oh, es ist nichts
weiter, ich was nur bei der Zahnärztin." Immerhin war ich auch verwundert
genug, dass ich eine Kollegin anrief und ihr von dem Vorfall erzählte.
"Du, die Blase muss grade geplatzt sein, es rennt mir Flüssigkeit das
Kinn runter, ich muss das gleich irgendwie abtupfen. Wir sehen uns ja
morgen!"
Meine Tochter redete irgendwann noch mit dem Hausmeister,
der mich gleich am nächsten Tag mit seinem Auto, zur Zahnärztin fuhr. Diese
schlug die Hände über dem Kopf zusammen und konnte sich die Verbrennung
nicht erklären. Der Arzt, zu dem sie mich schickte, hatte so etwas auch noch
nie gesehen, er behandelte die offene Stelle wie eine Verbrennung.
Einen
Tag später kam ein Abgesandter von dem Hersteller des Mikrowellen Gerätes.
Er war überzeugt, dass das Gerät in Ordnung war, es war doch grade 8 Tage
vorher überprüft worden!
So ging es hin und her, keiner konnte sich
die kreisförmige Verletzung in meinem Gesicht so recht erklären, auch als
ich darauf aufmerksam machte, das ich am Tag des Zahnziehens stundenlang in
einem Raum voller Lötdämpfen gesessen hatte, wurde mir versichert, das dies
nicht der Auslöser gewesen sein konnte, da ich nicht selbst gelötet hatte,
also mein Gesicht nicht genau über einem Lötkolben geneigt gewesen
wäre.
Erst einmal musste ich täglich zum Arzt, der sich nach und nach
sehr erfreut über den Heilungsfortschritt zeigte. Er hielt mir einen
Handspiegel vor, so dass auch ich sehen konnte, dass es vorwärts ging.
Ich hatte mich an seine Anweisungen gehalten und das Pflaster nie selbst
abgelöst.
Bald gab es auch keine Krankschreibung mehr und ich saß
wieder an meinem Arbeitsplatz. Ich war sehr froh diesen gefunden zu haben,
denn mein getrennt lebender Noch-Ehemann konnte uns zu der Zeit, nicht
finanziell unterstützen. Länger als nötig, wollte ich also wirklich nicht
der Arbeit fern bleiben.
Dann, einige Tage später, fühlte ich mich
schwindelig, und hatte wieder einen merkwürdigen Geschmack im Mund.
Ich
wurde von meiner Vorgesetzten zur Betriebskrankenschwester geschickt, die
mir sofort das Pflaster vom Gesicht riss.
"Also das kann es ja nun
wirklich, nicht mehr sein!" Dann sah sie auf meine Hände und rief:
"Aber
Sie zittern ja, trinken Sie?"
Nachdem ich verneinte, sagte sie, ich
solle mal gleich wieder an die Arbeit.
Am Nachmittag ging ich sofort
wieder zum Arzt, der mich fragte wie es denn gekommen sei, dass ich auf
einmal eine Gangräne hatte, hätte ich denn doch aran rumgefummelt?´ Als
ich über die Krankenschwester berichtete, wurde er richtig wütend:
"Aber
ich habe Ihnen doch gesagt Sie sollen da keinen ran lassen, sehen Sie doch,
jetzt fault es durch!"
Dann musste ich zu Spezialisten, die mit
Straßenbahnen und mehrmaligem Umsteigen, in Nürnberg zu erreichen waren.
Diese Ärzte zeigten mir, wie ich die Wunde selbst pflegen konnte, aber ich
musste mich doch immer wieder zur Kontrolle vorstellen. Es dauerte eine
Weile, bis ich mich daran gewöhnt hatte, dass ich ein Loch im Gesicht hatte,
durch das man einen Zahn sehen konnte. Meine arme Tochter machte immer
gleich die Tür zu, wenn sie dazu kam, wenn ich die Wunde
versorgte.
Eines Tages fuhr ich nach Stuttgart, meinen Noch-Ehemann
besuchen. Zuvor war er auch bei uns zu Besuch gewesen, hatte mich also
immerhin mit dem Pflaster im Gesicht gesehen, und kannte die
Geschichte.
Als ich in seiner Wohnung vor dem Spiegel saß, um die
Wunde zu reinigen, rückte er einen Stuhl heran, und sah mir andächtig zu.
Die Worte dieses Offiziers und Gentlemans sind für mich noch immer der
Höhepunkt der Absurdität, denn sie lauteten:
"Ich könnte nie so
gemein sein Dir zu sagen, wie fürchterlich Du aussiehst!"
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Iris Asamoah).
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.08.2005.
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