Horst Dreizler

Eskalation

.....2.00 Uhr....Stadtpark, im Osten der Stadt...........Juli 2001..........


Dax beobachtet aus dem Passat heraus das Mietshaus, dessen gesamte Vorderfront bereits im Dunkeln
liegt. Hier wird ein regionales Zentrum der OWC vermutet, die Beschattung wird schon die ganze Woche rund um die Uhr durchgeführt, in 4 Schichten, alle 6 Stunden kommt die Ablösung, früher ging das noch 3- schichtig, da steht heute das Arbeitszeitgesetz davor, früher.......da gab es noch nicht die Ost-West-Connection, die OWC, grösser umfassender, konsequenter, letztendlich brutaler als alles, was vorher an Mafia, Cosa Nostra und Ostverbindungen des organisierten Verbrechens bekannt war. Ein Netzwerk, das in sämtliche staatliche Stellen weltweit hineinreicht, ein wucherndes Krebsgeschwür, das bekämpft wird, von ihm, von seiner Dienststelle, aber mit welchen Mitteln, mit welchem Erfolg?.......allein wenn er an seinen Vorgesetzten, wenn er an K.
denkt.............Dax schlägt den Mantelkragen hoch, ihn fröstelt obwohl die Aussentemperatur sicherlich noch über 20 ° Celsius liegt. Wo gibt es heute noch Gerechtigkeit auf der Welt ?
Es ist ein Arrangement mit den Gegebenheiten, das man eingehen muss.
Ein leises klappern lässt ihn den Kopf wenden. Im Licht der Parklaternen sieht er eine Gestalt, die sich über einen Müllbehälter beugt, mit ruhigen, routinierten Bewegungen darin wühlt und das ein oder andere brauchbare in eine Plastiktüte steckt. Langer schwarzer Mantel, Schlapphut.......zwischendurch ein Schluck aus einer undefinierbaren Flasche.......ein Penner auf nächtlicher Pirsch....ein Wunder, dass er sich überhaupt noch auf den Beinen halten kann.

Plötzlich sitzt Dax in gleissendem Licht. Ein Wagen ist in die Strasse eingebogen und hält genau auf
ihn zu. Er duckt sich in seinem Sitz zusammen , um nicht gesehen zu werden.
Das Fahrzeug, eine lange dunkle Limousine, hält schräg gegenüber auf der anderen Strassenseite.
6 Männer steigen aus, lange Mäntel, laut rufend, lachend, überhaupt nicht auf Vorsicht bedacht.
Dax setzt das Nachtglas an und beobachtet die Gruppe. Einige Gesichter kann er nicht erkennen, sie sind von ihm abgewandt, aber die letzten 2, die aus dem Wagen aussteigen , schauen in Richtung Park, sie haben wohl den Penner bemerkt. Der eine von ihnen hat ein schmales Gesicht mit Goldzähnen, die beim lachen blitzend reflektieren, der andere........ist K.
Das runde, glatte Gesicht, Dax hätte es auch ohne Nachtglas erkannt. Obwohl er K. verabscheut, obwohl er ihm alles Schlechte dieser Welt zutraut, ihn hier zu treffen, zusammen mit diesen Gangstern, so offensichtlich, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, es erschüttert ihn bis ins Innerste.

Der Goldzähnige ruft etwas in Richtung Park, lacht, steckt die Hände in die Taschen und schlendert über
die Strasse. Die 4 anderen verschwinden im Mietshaus., K. zögert ,blickt den Vieren nach, wendet dann
wieder den Kopf, ruft etwas zu dem Goldzahn, der abwinkt, nochmals auflacht und weitergeht.
Dax presst das Nachtglas an die jetzt schweissnassen Augen, eigentlich müsste er an die Zentrale
melden, aber er beobachtet einfach weiter.

Jetzt überquert auch K. die Strasse, er hat sich entschieden.
Zwischenzeitlich hat Goldzahn den Penner erreicht, der sich gerade wieder über einen Abfallkorb beugt.
Dax sieht durch das Glas, wie ihn der Gangster anrempelt und ihm gleichzeitig von hinten die Beine
wegschlägt. Der Müllsucher wirft die Arme hoch, verliert das Gleichgewicht und stürzt zu Boden.
Dabei verliert er seine Flasche, die auf dem Boden neben K., der nun bei dem Goldzähnigen steht, zersplittert.
 
Der Gangster greift in die Tasche, zieht einen länglichen Gegenstand heraus, ein Totschläger?, beugt sich über den Penner und holt mit dem rechten Arm aus. In diesem Moment dreht sich der am Boden liegende auf die Seite und Goldzahn verliert kurz das Gleichgewicht. Ein Gegenstand fällt aus seiner Tasche, der Penner greift danach, der Gangster holt schon wieder zum Schlag aus......ein Geräusch, wie
das entkorken einer Sektflasche ,Goldzahn wird zurückgeschleudert und bleibt auf dem Rücken liegen.

Dax erstarrt, das war ein Schuss....er sieht K. , der sich umgedreht hat ,der versucht zu fliehen.
Ein zweites Mal dieses Geräusch, K. strauchelt, fällt neben Goldzahn.
Der Penner rappelt sich auf, sieht sich um , wirft die Waffe weg.
Er sucht, findet seine Plastiktüte und verschwindet im Dunkeln des Parks.
Dax steigt langsam aus dem Passat. Er zieht und entsichert seine Dienstwaffe und nähert sich den
beiden am Boden liegenden. Goldzahn hat ein offenes rechtes Auge, das Dax ausdruckslos anstarrt.
Das linke Auge fehlt, an seiner Stelle sieht man eine blutige Höhle.
K. lebt noch, er hat beim Sturz sein Glasauge verloren, ...>Dax, helfen Sie mir, rufen Sie den Kranken- wagen, holen Sie Verstärkung<. K. hat eine blutende Kopfwunde, allerdings nur ein Streifschuss.
K. stammelt etwas von verdeckten Ermittlungen.

Dax weiss, dass er lügt.
Aber gegen K. kann er nicht ankommen, er hat zu gute Verbindungen, er wird den Kopf wieder aus der Schlinge ziehen.......Puppenauge......er denkt an Anna.
Auf dem Boden, mitten im Lichtkegel der Laterne , liegt Goldzahns Revolver.
Er hebt sie auf, drückt sie K. an die Stirn....>>....verdammtes Schwein, Du hast es verdient...<<
K. verdreht die Augen, wimmert, es riecht nach frischem Kot.......Dax drückt ab und lässt den Bolzen auf
die leere Kammer schlagen.
Er wirft den Revolver neben K., der sich auf dem Boden krümmt und geht zum Wagen.....


(aus: OWC - Beschattungsprotokoll, unveröffentlichter Teil, Borderstadt Archiv )

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.09.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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