Germaine Adelt

Katzendialog

   Warum er hinging wusste er letztlich auch nicht. Angelika mochte seine unangekündigten Besuche nicht sonderlich und er wiederum mochte ihre Wutausbrüche nicht. Aber was sollte es. Aufregend war es mit ihr allemal.

Es war bereits dunkel und die Katze in der Seitenstrasse sah ihn an, als hätte sie ihn erwartet. Sie rührte sich nicht, obwohl er immer näher kam und so langsam fragte er sich, ob er einer visuellen Täuschung erlegen war. Gebannt von ihrem Blick, den sie nicht von ihm löste, blieb er stehen.

„Miez, miez!“, tönte er ungewollt und lachte über sein kindisches Verhalten. Doch die Katze starrte ihn nur weiter an. Er konnte nicht widerstehen und streckte seine Hand aus um sie zu streicheln. Doch sie knurrte böse und zum ersten Mal verstand er, warum man diesen Tieren etwas diabolisches nachsagte.

„Ist ja schon gut“, flüsterte er, „hast ja Recht. Hätte dich vorher fragen sollen.“ Er hockte sich hin und sah der Katze direkt in die Augen.

„Wusste gar nicht, dass ihr so knurren könnt. Ich dachte immer, das machen nur Hunde.“

Sie starrte ihn weiter ungerührt an und er hatte das Gefühl, dass sie durch ihn hindurch in seine Seele sehen konnte.

„Was siehst du da?“, fragte er keck. „Einen alten Mann, der auf dem Weg zu einer Frau ist, die seine Tochter sein könnte?“

Die Katze gab sich gelangweilt.

„Meinst du sie ist es nicht wert, alles für sie aufzugeben? Manchmal frage ich mich schon, ob es immer noch die große Liebe ist, wenn ich mein Vermögen in der Kanzlei lasse. Für meinen Sohn. Für seine Karriere als Anwalt und als mein würdiger Nachfolger.“

Die Katze putzte sich und beachtete ihn gar nicht.

„Was soll das heißen?“, fragte er lachend. „Dass sie es nicht einmal wert ist darüber nachzudenken? Ich weiß ja was du sagen willst, Aber ich begehre sie und Karin ist über vier Jahre tot. Das Leben muss doch weiter gehen.“

Plötzlich knackte es hinter ihm und ehe er reagieren konnte, fragte eine Männerstimme: „Alles in Ordnung guter Mann?“

Unwirsch drehte er sich um zu dem Fremden, der ihn besorgt ansah.

„Natürlich. Ich habe mich nur mit der Katze unterhalten.“

„Welche Katze?“

Gelangweilt deutete er mit seinem Finger auf den Stein, auf dem die Katze saß. Aber sie war verschwunden. „Sie ist wohl weggelaufen. Eben war sie noch da.“

„Da war keine Katze. Sie haben mit dem Stein geredet, einen Dialog mit einer Katze hätte ich ja wohl nicht unterbrochen.“

„Tatsächlich?“

„Aber“, der Fremde hob abwehrend seine Arme, „das geht mich natürlich nichts an, wenn ein Mann in einer dunklen Seitestrasse mit einem Stein redet. Ich wollte nur sehen ob es Ihnen gut geht.“

„Sie halten mich für verrückt. Oder?“

„Nicht unbedingt“, sagte der fremde, junge Mann. „Leute die Stress haben oder Kummer, sehen oder tun schon manchmal komische Dinge.“

„Haben Sie Lust auf ein Bier?“

Der junge Mann lächelte: „Na ja Lust schon, aber momentan habe ich keinen Cent in der Tasche.“

„Also auch Probleme?“

„Och, geht so. Und das mit meinem Vermieter kriege ich schon geregelt.“

„Ein Angebot. Ich gebe natürlich das Bier aus, regle das irgendwie mit dem Vermieter. Dafür geben sie mir einen Rat was Angelika betrifft.“

„Wer ist Angelika?“

„Das ist eine sehr lange Geschichte.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.09.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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