Wir waren noch(!) Erstlingseltern, unser "Erstling" ein entzückendes, damals etwa zweijähriges Töchterchen mit Namen Sandra. War sie brav, nannten wir sie "Hoppel". Machte sie Unfug, hieß sie...`das verrate ich hier nicht`!
Dies Kindchen war, was Sprachentwicklung anging, ausgesprochen frühreif und schnabbelte bereits mit zwei Jahren wie ein Buch, führte schon regelrechte Diskussionen mit Mama und Papa. Bei Gelegenheit auch mit ihrer Oma, meiner Schwiegermutter.
Wieder einmal war Oma zu Besuch. Alles lief harmonisch ab. Klein-Hoppel sonnte sich in dem Bewusstsein, umschwärmter Mittelpunkt der Runde zu sein. Toll, sie wurde richtig ernst genommen. Doch ihrer Meinung nach war das ja wohl eine Selbstverständlichkeit, denn sie zählte ja schließlich schon fast zu den Erwachsenen und hatte demnach zum Gespräch so einiges beizutragen.
Es wurde über so wichtige Dinge wie geklaute Spielsachen im Sandkasten und noch empörendere Zankereien mit ebenfalls schon fast erwachsenen kleinen Freundinnen und Freunden gesprochen. Hoppel liess richtig Dampf ab, war nicht mehr zu bremsen. Nachdem sie ihre Freundesschar gründlichst "zur Sau" gemacht hatte, verlor sie daran offensichtlich das Interesse und wandte ihre kritische Aufmerksamkeit uns zu.
Besorgniserregend war die Tatscache, dass sie doch tatsächlich für sage und schreibe eine ganze Minute ihr Mündchen geschlossen hielt. Obwohl Oma, Papa und ich dies sehr erleichtert und aufatmend registrierten, ahnten wir es schon. Das war einfach nicht Töchterchens Art, das passte absolut nicht zu ihr.
In der nächsten Minute durften wir Drei uns dann zuerkennen, dass wir Töchterchen Dreikäsehoch doch schon erstaunlich gut einzuschätzen imstande waren.
Prombt legte Hoppel los. Sie stellte sich mit vor angestrengtem Nachdenken gefurchter Stirn und dann gerümpftem Näschen vor ihren Herrn Papa. Binnen der nächsten Sekunde degradierte sie ihren Vater mit einer entsetzlichen Feststellung, gepackt in nur drei kurze Worte: "Papa ist doof!"
Atemloses Schweigen im Wohnzimmer, entgeisterte Blicke auf den Nachwuchs. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Die Erste, die sich wieder fasste, war Schwiegermama. Mühsam verbiss sie sich das Lachen, guckte gespielt empört und forschte nach: "Sagbloß, Hoppel...Papa ist doof??" Unsere Tochter blieb dabei: "Ja!" "Aber Sandra, sowas sagt man doch nicht. Dein armer Papa!" Unischer schaute Sandra ihre Oma an. Ganz offensichtlich kämpfte sie mit sich: Sollte sie oder sollte sie besser nicht? Sie entschied sich fürs Erstere. Irgendwie tat ihr da der Papa doch ein bisschen leid. Vielleicht könnte sie ja alles wieder gutmachen.
Wie aber unser Kleines dann alles wieder auszubügeln versuchte, war einfach Spitze. Sandra sah ihrer Oma ernst ins Gesicht, holte einmal tief Luft und stellte dann kategorisch fest: "Oma auch doof!" Aus bis heute ungeklärten Gründen verschonte sie mich.
Schimpfen war nicht drin. Wir lachten Tränen.