Karolina Zybal

Alptraumstadt

                                           Die Alptraumstadt

 

 

 

Der Rauch der unzähligen Fabriken verdunkelt den gesamten Himmel, sodass selbst am Tage ein dunkelgrauer Schleier über der Stadt hängt. Alles ist trostlos und schwarz, die Menschen haben aufgehört zu leben, sie funktionieren jetzt nur noch, jeder von ihnen ist ein kleines Zahnrädchen in einer riesigen Uhr – einer Uhr deren Zeiger mit jeder Minute mehr und mehr dem Ende entgegenrücken. Das Wetter ist unbeständig und schlecht. Eisregen und Schnee sind im endlosen Wechsel, vielleicht kämpfen sie um die Vorherrschaft. Die ewige Kälte macht den Bewohnern  schon lange nichts mehr aus, sie haben sich mittlerweile daran gewöhnt, denn wir Sterblichen haben die schlechte Angewohnheit, uns mit allem abzufinden. Sie wissen, dass die Finsternis ihren Planteten schon bald verschlingen wird, sie wollen es bloß nicht zugeben, verstecken sich vor der Wahrheit, in der Hoffnung alles wäre nur ein böser Traum. Doch tief in ihren Herzen, dort, wo der Hass seine Samen noch nicht säen konnte, da nimmt das nagende Gefühl zu, dass die Ewigkeit irgendwann ein Ende haben wird, und dass sie alle genau darauf zusteuern. Manche von ihnen hören dann auf zu funktionieren, wachen auf, erkennen die Wahrheit und verzweifeln daran. Andere, aber, versuchen zu kämpfen, sich gegen das Böse zu wehren, doch bisher hat es noch keiner von ihnen geschafft.

 Warum ich dass alles erzähle? Ich weis es selbst nicht genau, vielleicht, weil sich vor mir ein Abgrund auftut, und ich mich nicht mehr länger verstecken kann, vielleicht, weil ich aufgegeben habe, nicht mehr kämpfen kann, oder nicht mehr will, vielleicht, weil ich müde geworden bin, und die Eintönigkeit meiner Welt nicht ertragen kann. Das Grau droht mich erdrücken, überall nur Beton, kein einziges grünes Fleckchen, das an Mutter Natur erinnern könnte.

 Außerhalb der Stadt drängen dich undurchdringliche Wälder dicht an dicht. Sie bilden einen Kreis aus Verzweiflung, aus dieser Stadt kann man nicht entkommen, es gibt keiner romantischer Lichtungen in den Wäldern, keine hübschen Stellen, die weit versteckt plötzlich auftauchen könnten, dort gibt es nichts, was auch nur im Entferntesten mit Licht und Schönheit in Verbindung gebracht werden könnte, dort regieren nur die Nacht, und ihr treuer Freund, der Tod.

 Manche vermuten Seelen Verstorbener an diesem dunklen Ort, die des Nachts ihr Unwesen treiben, und versuchen sollen, ihre toten Körper wieder zu finden, oder sich wenn möglich, einen neuen zu beschaffen. Man erzählt sich, sie hätten alle einen Packt mit dem Teufel geschlossen, und sollen für ihn morden, doch ich glaube nicht an all den Unsinn. Meiner Meinung nach, ist die Menschheit so verzweifelt, dass sie nicht mehr weis, an welche Geschichten sie sich klammern soll, je unwahrscheinlicher und abstruser sie dabei erscheinen, desto begeisterter reagieren wir verängstigte Versager.

 Nur ein Platz in dieser riesigen Alptraumstadt zeugt von besseren Zeiten, der K-OZ Turm. Seine atemberaubende Höhe überragt sogar die grauen Wolken, die meine miese Laune nur noch weiter fördern. Die ist der höchste und beste Punkt in meiner grauenerregenden Heimat, wenn der Wind dir durch die Haare weht, du endlich die Sterne sehen kannst, und von ihrer Schönheit hingerissen bist, wenn du endlich das Gefühl hast zu leben, glücklich zu sein.

 Hier stehe ich nun, mein Blick wandert über die vielen Hochhäuser, über die unzähligen Fabriken, und noch ein Mal mehr betrauere ich diese Erde.

 Gott? Ich glaube nicht an ihn, und wenn er wirklich existiert, dann hat er diesen Ort schon vor langer Zeit verlassen, allzu schrecklich sind die Dinge, die wir hier geschaffen haben.

 Ob ich Angst habe?

 Wie ich mich fühle?

 Ob ich jemals etwas gefühlt habe?

 Wieder weis ich die Antwort nicht.

Eine einzelne Träne rollt einsam meine Wange hinunter, sie erstarrt zu Eis noch bevor sie auf dem Boden ankommt, und in tausend und dreizehn kleine Eiskristalle zerspringt...

  Dann tue ich es ihr gleich, und springe in die Tiefe...

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