Christine Wolny

ICH TRAUTE MEINEN AUGEN NICHT

Als ich gestern ein Kaufhaus betrat, staunte ich nicht schlecht.

Da war doch alles schon weihnachtlich geschmückt und das in einem Ausmaß, dass es einem fast erschlagen könnte.
Wo ich hin sah, blinkte und blitzte es. Ein Weihnachtsbaum, riesengroß mit Unmengen von bunten Kugeln geschmückt.
Drei Adventkränze in überdimensionaler Größe, an der Decke befestigt und mit hängenden Lichterketten versehen.
Eine Girlande, bestehend aus Goldmaschen und künstlichem Grün, metermeterlang.
Als Dekoration waren Seiten von Märchenbüchern aufgeschlagen, in denen man die Seite lesen konnte, wenn man einen Stock höher lief und hinunter sah.
Die Stände waren jeweils in verschiedenen Farben gehalten. Da gab es goldfarbene Engel, goldene Kugeln, Kerzen, Blumen, alles Gold, Gold, Gold.
 
Dann wieder ein Silberstand, dann alles in rot, in orange, rostfarben, in.............
 
Ich beobachte die Menschen. Viele sehen sich diesen Zauber an, und  greifen schon nach Weihnachtszubehör. Vielleicht, weil es besonders gut gefällt, vielleicht ein kleines Geschenk für andere, vielleicht der Gedanke, dass jetzt noch die große Auswahl ist.....
 
Warum bietet dieses Kaufhaus schon Mitten im Herbst Weihnachtsartikel an?
Es will verkaufen, verkaufen, verkaufen, den anderen Geschäften zuvor kommen. Umsatz ist die Devise.
 
Ich kann es nicht fassen, nicht glauben. Draußen scheint die Sonne, vor dem Geschäft ist alles herbstlich geschmückt. Kürbisse über Kürbisse. Dazu ein Ringelspiel, die passende Musik dazu. Herbststimmung!
 
Und im Parterre dieser Weihnachtszauber, und das Mitten im Oktober. Vielleicht ist er auch schon Anfang Oktober entstanden. Ich habe ihn ja erst heute entdeckt.
 
Auch ich schleiche um die bunten Stände herum. Da gibt es Tassen, weiß gehalten mit einem roten fliegenden Engel darauf. Auch die Größe der Tasse wäre richtig. Und der Preis stimmt auch. Ein Euro fünfzig, und die Tasse gehört mir. Ich nehme sie in die Hand, drehe sie, denn ich will den ganzen Engel sehen.
 
Schön, denke ich. Das wäre auch ein nettes Geschenk für Freunde. Man könnte Pralinen einfüllen. Und mir würde sie auch gefallen. Aber ich stelle die Tasse wieder hin. Nein, Mitte Oktober kaufe ich keine Weihnachtssachen. Ich muss mir treu bleiben und konsequent sein, denn schließlich finde ich es so unpassend, dass es weh tut.
Ich denke an die Kinder, die an der Hand der Mutter durch diese Weihnachtswelt schlendern. Was geht in ihrem Köpfchen vor? Bringt man sie nicht um den Zauber der Weihnachtszeit?
 
© C.W.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.10.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Do we know what home is, what does this term mean for modern nomads and cosmopolitans? Where and what exactly is home?
Haven't we all overlooked or misinterpreted signs before? Are we able to let ourselves go during hectic times, do we interpret faces correctly? Presumably, even today we still smile about certain encounters during our travels, somewhere in the world, or we are still dealing with them. Not only is travveling educating, but each travel also shapes our character, opens up our view for other people, cultures and their very unique challenges.
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