Antje Lucariello

Es geht weiter

"Laß das Joe. Der Kerl ist mir irgendwie unheimlich. Ich habe Angst." flüsterte Celia und zog mich am Arm. "Ich muß ihm folgen. Irgendetwas an ihm zieht mich so dermassen an, daß ich gar nicht anders kann." Ich befreite mich aus Celia´s festem Griff. Ich konnte nicht mehr aufhören ihn anzusehen. Er war anders. Langes schwarzes gepflegtes Haar, das geschmeidig auf seine Schultern fiel, silberne Ringe an seinen Fingern, ein langer schwarzer Mantel, schwarze Ledestiefel, eigentlich alles in schwarz, und blasse, fast weiße Haut. Aber seine Augen... Vom ersten Blick an hielten sie mich gefangen. "Ich meine schau ihn doch mal an. Er macht mir Angst. Er ist ganz in schwarz gekleidet und total blass. Und diese Ringe, die er trägt." Celia übertrieb mal wieder. Aber gerade sein Aussehen war das, was mich magisch anzog. "Aber du würdest gut zu ihm passen. Du bist auch immer in schwarz angezogen. Und er hat dich vorhin die ganze Zeit angesehen." Ja, das hatte ich bemerkt. Des öfteren trafen sich unsere Blicke. Es schien so, als hielt er mich mit seinen Augen fest, und was ich dabei verspürte wurde immer stärker. Ich hatte das Gefühl, als wollte er mich etwas spüren lassen. "Komm lass uns gehen. Das wird mir jetzt echt zu viel hier. Der Kerl hat eine Total komische Ausstrahlung. Irgendwas läuft hier falsch." Genervt sah ich Celia an. "Komm hör schon auf. Du kannst ja nach Hause gehen wenn du willst, aber ich bleibe hier." Celia starrte mich verwundert an. "Was ist denn auf einmal los mit dir? Was sagst du denn da?" Sie hatte recht. Was war denn auf einmal los mit mir? Sie war meine beste Freundin und ich hatte kein Recht sie so anzumaulen. "Es tut mir leid. Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Es ist dieser Kerl." Celia stemmte ihre Hände in die Hüften. "Du willst mir doch nicht sagen, daß du dich in ihn verknallt hast?" "Verknallt? Ok, er sieht gut aus und ich habe mir in meinen Gedanken schon ausgemalt, was ich am liebsten mit ihm machen würde,
wenn ich mit ihm alleine wäre. Aber verknallt? Ich kenne ihn doch überhaupt nicht." Celia hielt mich an den Wangen. "Das ist es ja gerade, was mir große Sorgen macht. Du bist sonst immer so vorsichtig gewesen, was Männer anbetrifft. Aber heute bist du wie verändert. Du denkst ja sogar schon an Sex. Kaum hat er den Raum betreten und dich angesehen, warst du wie verwandelt. Du hast keinen Mann mehr angesehen seit..." Ich wusste was sie meinte: "Seit Rick?" "Ja genau. Entschuldige, wenn ich dieses Thema anschneide. Aber so ist es nun mal. Klar freue ich mich, daß du die schönen Seiten des Lebens so eben wieder entdeckt hast. Aber der? Gerade so ein furchteinflösender Kerl?" Ich überlegte. Irgendwo hatte sie schon recht. Seit Rick´s Tot war nun mehr als ein Jahr vergangen und ich hatte lange gebraucht, um einigermaßen wieder anständig leben zu können. Männer hatte ich seither nicht mehr im Kopf, was sich an diesem Abend schlagartig geändert hatte.
Das etwas mit diesem Mann nicht in Ordnung zu sein schien mochte schon stimmen, und das ich wie verwandelt war seit er mich angesehen hatte stimmte auch, aber gerade aus diesem Grund wollte ich mehr über ihn herausfinden.
"Joe? Joe!" Celia winkte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. "Bist du noch da?" Sie riß mich aus meinen Gedanken. "Er ist verschwunden. Hast du das noch nicht bemerkt?" Tatsächlich. Als ich mich umsah war er nirgends mehr zu entdecken. Ich war so in meinen Gedanken versunken gewesen daß ich nicht einmal bemerkt hatte, daß er wegging.
"Ich weiß ja nicht, was du vorhast. Aber ich geh jetzt nach Hause. Kommst du mit?" Celia hatte schon ihre Jacke in der Hand und wartete auf meine Antwort. "Nein. Ich bleib noch ein wenig, wenn es dir nichts aus macht." "Schade. Aber es macht mir nichts aus." Sie drückte mir einen fast schon schwesterlichen Kuß auf die Wange, dann sagte sie noch: "Paß auf dich auf. OK?" Und schon war sie weg.
In Wirklichkeit wollte ich nur noch bleiben, weil ich hoffte diesen mysteriösen Mann noch einmal zu sehen. Ein Blick von ihm hatte gereicht und ich war nur noch auf ihn fixiert. Ich trank mein Glas leer und brachte es zur Theke zurück, worauf ich noch einen Drink bestellte.
"Für mich dasselbe." erklang es neben mir. Ich erschrak schon fast, als ich erkannte wer plötzlich neben mir stand. Es war er.
Celia hatte recht. Er war wirklich sehr blass. Seine schwarze Kleidung und die dunkelbraunen Augen hoben dies noch mehr hervor. Aber seine Stimme klang sanft und er sah mich mit einem vorsichtigen Lächeln an. Wer ist dieser Mann? schoß es mir durch den Kopf, und als ob er hätte Gedanken lesen können sagte er: "Ich heiße Eric." Er gab mir seine Hand. "Joe." entgegnete ich und reichte ihm auch meine Hand. Ich mußte wohl ganz kalte Hände gehabt haben, denn seine Hand kam mir so heiß wie Feuer vor. Ein undefinierbares Gefühl stieg in mir auf, als sich unsere Hände berührten, und hielt noch einige Sekunden an, nachdem sich unsere Hände schon nicht mehr berührt hatten.
Er hatte etwas ganz besonderes an sich, was mir jetzt erst recht bewußt wurde, wo er neben mir stand. Er sendete Signale aus, die in mir ganz eigenartige Gefühle und Gedanken auslösten.
Ich trank einen großen Schluck aus meinem Glas und stellte es wieder auf der Theke ab. Der Alkohol in meinem Drink fing nun an seine Wirkung zu zeigen. Oder war es die Mischung aus Alkohol und diesen Gefühlen, die dieser Mann in mir hervorrief? Ich wußte es selbst nicht mehr so genau, und es war mir mehr und mehr auch egal.
Diese Art, wie er mich ansah, hätte ich normalerweise abstoßend gefunden, doch bei ihm war es anders. Ich spürte förmlich, wie er mich in Gedanken auszog und fetzen von Bildern schoßen durch meinen Kopf, was er mit mir anstellen würde. Waren das meine Gedanken, oder seine? Was hatte er nur mit mir gemacht. Gleichzeitig spürte ich aber auch eine Art tiefe Verbundenheit. So tief, wie sie nicht von dieser Welt kommen konnte.
Irgendwann begann diese Gefühlsüberschwemmung mir doch Angst zu machen und ich wollte nur noch raus hier. Mit einer Ausrede verabschiedete ich mich und nahm meine Jacke. "Du willst schon gehen?" fragte er und hielt mich am Arm fest. Ich sah ihn an und spürte, daß er mich wirklich nicht gehen lassen wollte. "Ich will dir etwas zeigen." Was meinte er damit? "Hörzu. Du kannst es mir ja ein anderes mal zeigen, aber ich muß jetzt wirklich gehen." Er ließ mich los und senkte seinen Blick. In diesem Moment verschwand auch der Bann, der mich die ganze Zeit festgehalten hatte. Es fühlte sich so an, als hätte er die Fesseln gelöst, mit denen er mich die ganze Zeit gefesselt hatte. Und ich verschwand so schnell ich konnte.
Doch an diesem Punkt sollte die Nacht noch nicht enden.
Als ich auf meine Armbanduhr sah, mußte ich feststellen, daß sie um kurz nach zehn stehen geblieben war. Die Zeiger auf der Kirchenuhr standen aber schon auf zehn nach zwölf. Zuerst dachte ich, die Batterie wäre leer, aber als ich ein zweites Mal auf meine Uhr sah, lief sie weiter. "Am besten ich lasse mich gleich in die Klapse einweisen." sagte ich leise zu mir und ging weiter. Mein Weg führte mich durch den Park. Es war sehr ruhig und um diese Zeit war niemand mehr unterwegs. Ausser mir natürlich. Ich war gerne Nachts unterwegs und genoß die Ruhe und Einsamkeit, die von der Dunkelheit ausging.
Um diesen Moment der Ruhe noch etwas länger geniessen zu können setzte ich mich auf eine Bank neben einem großen alten Baum. Es war schön in die Dunkelheit hinauszusehen. Es schien so unendlich und friedlich. Die Sterne funkelten und der Mond stand in seiner vollen Pracht am Himmel, als wollte er nur für mich leuchten. Ich schloß meine Augen und sog die Energie, die von diesem Licht ausging förmlich in mich ein. Das tat ich öfter und manchmal wenn ich das Gefühl hatte völlig verloren zu sein und wenn mein innerer Schmerz kein Ende mehr zu nehmen schien, hatte ich den Eindruck, das dieses Licht mir trost spendete wenn es mich durch die Nacht begleitete, und mir den Schmerz nahm.
Nachdem ich die Augen wieder geöffnet hatte fühlte ich mich nicht mehr alleine und ein wenig glücklicher. Gerade als ich wieder aufstehen wollte um weiterzugehen spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich wußte sofort, wer es war. Ich fiel fast von der Bank vor Schreck, weil ich ihn nicht kommen gehört hatte. Und sogleich spürte ich wieder das Gleiche, wie zuvor im Club. Dieser Bann, der mich an ihn fesselte. Doch lieber wäre ich weggelaufen, weil dieses Gefühl so stark war, daß es mir fast schon Angst machte. "Warum erschreckst du mich so? Bist du mir etwa nachgelaufen?" Er nahm seine Hand wieder zurück. "Ich wollte dich nicht erschrecken." "Und warum hast du dich dann so von hinten angeschlichen?" "Ich wollte dich nicht unterbrechen." Jetzt wunderte ich mich. Hatte er mich etwa die ganze Zeit dabei beobachtet, wie ich auf der Bank saß und mich vom Mond bescheinen ließ? Hatte er vielleicht gemerkt, wie ich es genoßen habe? "Nicht unterbrechen bei was?" fragte ich kurz und knapp. "Bei deiner kurzen Pause." Ich fragte mich, aus welchem Grund er mir wohl gefolgt war, und wieder gab er mir die Antwort, als könnte er Gedankenlesen: "Ich wollte dir eigentlich nicht folgen. Aber als ich nach draussen kam habe ich dich gesehen. Ich musste einfach hinter dir herlaufen." "Es gibt Menschen, die fühlen sich durch so etwas bedroht." Eric lächelte wissend: "Du nicht. Du liebst die Nacht mehr als den Tag und jemand der in der Nacht hinter dir herläuft macht dir keine Angst. Du wolltest noch nicht nach Hause. Du willst eigentlich nie nach Hause. Du bist immer unterwegs, weil du Antworten auf Fragen suchst, die aber nur du selbst beantworten kannst." Ich sah ihn ungläubig und überrascht zugleich an. "Also jetzt machst du mir doch ein wenig Angst. Woher weißt du das? Ich meine das kann dir doch niemand erzählt haben. Ausser..." Mir ging ein Licht auf. Rick wußte damals über mich bescheid, wie kein anderer Mensch auf dieser Welt. "Ausser Rick?
Nein. Ich habe ihn nie getroffen." Ich spürte, wie mein Herz wie wild zu klopfen begann aus Unsicherheit, Unwohlsein, Angst, vor diesem Mann. Dieses Unwohlsein und die Tatsache, daß es jetzt um Rick ging schaffte mich und deshalb mußte ich mich auf die Bank setzen. Eric setzte sich neben mich. "Woher weißt du von Rick, wenn du ihn doch nie getroffen hast? Woher weißt du von Dingen, die nur ich wissen kann?" fragte ich leise. Doch ich bekam keine Antwort. Er saß neben mir und schwieg. Plötzlich verspürte ich den Drang auf den Friedhof zu gehen und die Stelle aufzusuchen, wo Rick begraben lag. Ich war schon so lange nicht mehr dort gewesen, weil ich dachte, daß ich so vielleicht besser über seinen Tot hinwegkommen würde. Aber jetzt wollte ich unbedingt dort hin. Ohne ein Wort stand ich auf und ging los, und ich wußte, daß Eric mir auch auf diesem Weg folgen würde. Woher ich das wußte? Ich wußte es eben einfach. Es waren ungesprochene Worte, doch man hörte sie trotzdem.
Auf dem Friedhof war um diese Zeit mitten in der Nacht natürlich niemand mehr, ausser ein par Krähen, die auf ein par Grabsteinen saßen. Stillschweigend folgte mir Eric. Auch wenn ich ihn hinter mir nicht sah, so fühlte ich doch, daß er da war. Ich stellte keine Fragen mehr und ich wollte auch nicht wissen, was das für Gefühle waren, die er in mir hervorrief, und warum ich seine Anwesenheit so spüren konnte. Ich wußte nur, daß in dieser Nacht etwas ganz Besonderes vor sich ging.
Als ich vor Rick´s Grab stand kam der ganze Schmerz in mir wieder hoch. Ich fühlte dasselbe wie damals, als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte und zugleich den selben Schmerz wie in dem Moment, als ich ihn aus dem Auto gezogen hatte und er nicht mehr atmete. Ich brach in Tränen aus und fiel auf die Knie. "Warum mußte das nur so kommen?" jammerte ich mit zitternder Stimme und hielt mir die Hände vor´s Gesicht, damit Eric meine Tränen nicht sehen konnte.
Im gleichen Moment wie er eine Hand auf meine Schulter legte sagte er leise: "Auch wenn du das Auto damals gefahren hast, so war es doch nicht deine Schuld." Und ein beruhigendes Gefühl ströhmte von seiner Hand aus durch meinen Körper. "Du mußt ihn loslassen. Sonst findet er nie Ruhe." Ich nahm meine Hände vom Gesicht, stand auf und drehte mich um. "Bist du deshalb hier?" "Nein." Meine Augen brannten und meine Wangen waren bestimmt ganz rot und es gab früher Momente in denen ich mich dafür schämte wenn ich so aussah. Aber nicht in diesem Augenblick. Ich sah Eric an und er sah mich an. In seinen Augen erkannte ich so etwas wie Mitgefühl, aber auch ernst. "Ich sehe, daß du noch nicht so weit bist. Du bist noch nicht stark genug um weiter zu gehen." Seine Stimme klang ernst und belehrend. "Was meinst du damit?" fragte ich ihn als ich mich wieder etwas gefasst hatte. "Du bist an einem Punkt stehen geblieben, wo du denkst, daß es nicht mehr weiter geht. Aber so einfach ist das nicht. Du kannst nicht ewig deiner Vergangenheit hinterher trauern und dem was du verloren hast. Aber denkst du nicht, daß du dadurch eher etwas dazu gewonnen hast?" Er hielt mich mit festem Griff an den Schultern fest. "Wach auf, Joe. Lass dich nicht mehr aufhalten. Es ist ganz egal, woher ich all die Dinge weiß, die nur du wissen kannst. Es kommt jetzt in diesem Moment darauf an, wie du weitermachst. Wenn du nach vorne siehst und weitergehst, dann wirst du auch die Antwort auf diese Frage bekommen. Aber wenn du so weitermachst wie bisher, dann wirst du es nie erfahren und wirst dich dein ganzes Leben fragen." Ich atmete tief durch. Er hatte recht, mit dem was er sagte. Ich war wirklich stehen geblieben und wollte nie loslassen. Aber eigentlich war es nur noch der Schmerz, an dem ich mich festhielt. Ich dachte, wenn ich den Schmerz festhalten würde, würde ich auch nie vergessen. Ich hatte einfach Angst davor Rick zu vergessen und das, was ich mit ihm erlebt hatte.
"Vergessen wirst du niemals. Aber weiterleben mußt du." Ich befreite mich aus seinem festen Griff und trat einen Schritt zurück. "Um was geht es dir hier eigentlich?" Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust, weil mir kalt war. Eric zog seinen Mantel aus und legte ihn über meine Schultern. "Es geht mir nur um dich. So lange warte ich nun schon darauf, daß du dich befreist um endlich so weit zu sein, daß du neue Dinge lernen und erfahren kannst. Es geht um das, was auch ich gelernt und erfahren habe. Du solltest schon längst zu uns gehören. Eigentlich hättest du uns finden sollen. Aber wir mußten dich suchen. Und jetzt bin ich da, um dich darauf vorzubereiten." Ich schlang seinen Mantel ganz eng um mich. "Du sprichst in Rätseln für mich. Was soll ich dazulernen?" "Das wirst du noch sehen. Aber ich finde du solltest jetzt nach Hause gehen und schlafen. Du bist sehr müde."
Eric lief den ganzen Weg neben mir her. Wir schwiegen. Die ganze Zeit dachte ich über das nach, was er gesagt hatte. Und ich fragte mich, woher er nur all das wußte. Am Ende kam ich nur auf eine einzige Antwort. "Kannst du Gedankenlesen?" fragte ich ihn und er sah mich überrascht an: "Eine Antwort hast du ja schon. Aber ich kann längst nicht alles sehen, was du denkst. Nur Dinge, die mit starken Gefühlen verbunden sind, wie zum Beispiel Angst, Erinnerungen, Schmerz, Liebe, und das, was du im Club gedacht hast." Das war mir jetzt aber etwas peinlich. Hatte er etwa gesehen, wie ich mir ausmalte, was ich mit ihm tun würde, wenn ich alleine mit ihm wäre? "Genau das." "Es tut mir leid. So bin ich normalerweise nicht. Das war das erste mal, daß ich an so etwas überhaupt wieder dachte. Oder war das etwa ein Test?" "Nein. Ich teste niemanden. Manchmal habe auch ich nicht die Kontrolle über das, was ich von mir aussende. Ich bin auch nur ein Mensch. Ich wollte dir eigentlich gar nicht so etwas senden. Manchmal reicht eben ein Blick in die Augen und schon ist es passiert. Aber wenigstens bist du auf mich aufmerksam geworden." Ich mußte lächeln. Zugleich spürte ich auch, daß er sich schämte weil er dasselbe gedacht hatte. "Du brauchst dich nicht zu schämen. Ich bin nicht besser gewesen. Zwar hast du nur gesendet, was du fühlst, aber ich habe gesendet, was ich dachte. Und du hast es schamlos in dich aufgenommen." Er sah mich an und ich spürte, das ich in diesem Moment einen kleinen Schritt weiter war.
All das, was er zu mir sagte kam mir so fremd vor, und doch so vertraut. Dann hielt ich an. Ich blieb stehen und sah ihn einfach nur an. Seinen Mantel hielt ich ganz fest. Obwohl Eric mir völlig fremd war, kannte ich ihn doch. Ich stand einem Fremden gegenüber, mit dem ich mich irgendwie tief verbunden fühlte. Es war keine Verbundenheit aus Liebe oder einem anderen Gefühl, sondern eine Verbundenheit auf einer viel höheren Ebene. Dann stellte ich fest, daß er sehr große Ähnlichkeit mit Rick hatte. Seine langen schwarzen Haare, seine schlanke große Statur und auch die Augen. Was mich am meisten überraschte war, daß ich zum ersten Mal keinen Schmerz mehr verspürte als ich an Rick dachte. Es war verschwunden. Dieses schreckliche Gefühl der Verlorenheit und des Schmerzes war weg. War er es, der mir den Schmerz genommen hatte? Oder war ich es, die den Schmerz überwunden hatte? Was hatte er auf dem Friedhof mit mir gemacht? Wo kam er her? Und wohin wollte er mich mitnehmen?
"Wir sollten jetzt weitergehen." sagte Eric dann leise und wandte seinen Blick von mir ab. Gut, so gingen wir weiter.
Auch wenn ich noch gerne mehr Zeit mit Eric verbracht hätte, war ich doch froh, als wir vor meinem Zuhause angekommen waren. Ich gab ihm seinen Mantel zurück und bedankte mich bei ihm. Er zog ihn gleich wieder an, denn ihm war kalt. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn fragen sollte wann wir uns wieder sehen konnten. Und wieder hatte er meine Gedanken gelesen, denn er sagte: "Morgen im Park an der selben Stelle?" Es hatte mich nicht überrascht und ich antwortete: "Ja." "Gut. Ich wünsche dir eine gute Nacht." Ich nahm den Schlüssel aus meiner Jackentasche und steckte ihn ins Schloß. "Ich wünsche dir auch eine gute Nacht." sagte ich, nachdem ich die Tür einen Spalt weit offen hatte, doch er war schon verschwunden. Aber ich war mir sicher, daß er es noch gehört hatte. Er konnte ja Gedanken lesen.
Ich ging in mein Schlafzimmer und hängte meine Jacke an den Haken hinter der Tür. Nachdem ich mir einen bequemen Schlafanzug und frische Unterwäsche aus dem Schrank gesucht hatte, hüpfte ich erst einmal unter die Dusche. Es tat so gut mich von dem heißen Wasser berieseln zu lassen. Eine Weile lang stand ich nur so da, ließ das Wasser über meinen Körper fließen und genoß das Gefühl von Wärme und Wohligkeit. Nachdem ich mich gewaschen hatte schlang ich mich in das große, weiche Handtuch und stellte mich vor den Spiegel. Ich betrachtete mein Gesicht und beobachtete, wie die Tropfen meines nassen Haares über meine Wangen rollten. Ich wischte sie mit meinen Händen weg und cremte mein Gesicht dann ein. Die Haare flechtete ich kopfüber zu einem langen Zopf, nachdem ich sie trockengerubbelt hatte, und danach schlüpfte ich in meine frische, angewärmte Kleidung. Ich hatte sie zuvor auf den Handtuchtrockner gehängt, denn ich liebte es nach dem Duschen in warme Kleidung zu schlüpfen. Dann wollte ich nur noch ins Bett.
Ich lag lange wach und drehte mich von einer Seite auf die andere, und Fragen plagten mich. Was meinte er mit ? Und wer waren ? Warum konnte er Gedanken lesen und wie schaffte er es so tief in mich hineinzusehen? Und das wichtigste: Zu welcher Zeit sollte ich morgen im Park sein? Aber ich hatte mir schon gedacht, daß er auch das wußte. Bestimmt wußte er, wann ich in den Park gehen würde.
Irgendwann war ich dann doch eingeschlafen und begann zu träumen. Ich träumte zuerst von Rick. Aber es war nicht einer von diesen Alpträumen, die mich sonst jede Nacht quälten. Wir hielten uns fest in den Armen und irgendwann ließ ich ihn los. Er verabschiedete sich mit einem Lächeln von mir und verschwand dann ganz langsam in der Ferne. Nachdem er nicht mehr zu sehen war drehte ich mich um und ging los. Um mich herum war nichts zu sehen, ausser einem schmalen Weg. Ich folgte diesem Weg und begegnete irgendwann all meinen Freunden. Ich begenete meinen Freunden die ich noch vom K1 kannte, ich begegnete den Leuten, mit denen ich meine Ausbildung gemacht hatte, bis ich an dem Ort angelangt war, wo alles begann. Dann war niemand mehr da. Nur noch ich. Alleine in diesem großen Camp. Ich begann umherzulaufen und mir alles genau anzusehen. Die Halle, in der wir im Kampf ausgebildet wurden, das Büro in dem mein Vater seinen Platz hatte, der Bungalow in dem ich und noch einige andere Mädchen und Frauen untergebracht waren, wo ich Celia kennen gelernt hatte. Ich ging weiter in die Schießhalle, dann zum Sportplatz und am ende kam ich in der Mitte auf dem großen Appellplatz an. Doch auf einmal war nicht mehr Mittelpunkt in diesem Geschehen, sondern ich wurde zum Zuschauer. Große Busse kamen angefahren und Leute stiegen aus. Es waren Rekruten und als ich genauer hinsah konnte ich erkennen, daß wir das waren an dem Tag an dem wir unsere Ausbildung begannen. Zuerst stiegen die Männer aus einem Bus, danach die Frauen aus einem anderen.
Doch auch hier wollte ich nicht bleiben und so erschien wieder der kleine Weg vor mir. Ich folgte dem Weg und kam an einer Kreuzung mit zwei Abzweigen an. Ich erkannte, daß ich an der Stelle stand, wo der Autounfall passiert war. Nur diese Mal sah ich nicht die totbringende Kurve vor mir, sondern eben diese Abzweigung. Wie ein Magnet zog es mich in eine dieser Abzweigungen hinein und am Ende befand ich mich in einer Sackgasse. Am Ende dieser Sackgasse hing an einer Wand so etwas wie eine Leinwand und darauf spiegelte sich mein Leben im letzten Jahr wieder. Ich sah mich. Weinend, verbittert und betrunken. Ich trank sehr viel nach Rick´s tot. Und ich sah mich, wie ich alles hingeworfen hatte, was mir wichtig war. Ich verließ das K1, brach den Kontakt zu Celia völlig ab, ja sogar den Kontakt zur gesamten Aussenwelt. Dann erinnerte ich mich wieder an die Abzweigung. Ich konnte nicht mehr zusehen, was sich da auf dieser Leinwand abspielte, also drehte ich mich um und wollte aus dieser Sackgasse raus. Ich kam nur mühsam vorwärts. Jeder einzelne Schritt brachte mich nur Zentimeter vorwärts. Doch dann erinnerte ich mich an das, was Eric sagte: ich sollte endlich aufwachen und weitergehen. Also begann ich zu rennen. Es kam mir so vor, als ob ich nun doch endlich vorwärts kam, aber der Weg schien sich in die Länge zu ziehen. Doch ich schaffte es. Ich kam an der Abzweigung an, und da verschwand auch schon der Weg hinter mir, der mich in die Sackgasse geführt hatte. Es gab nur noch eine Richtung, und die ging nach vorne. Und da ich wissen wollte, wo es mich hinführen sollte, lief ich los.
Leider kam ich nie am Ende dieses Weges an, denn kurz darauf wachte ich auch schon wieder auf. Das Telefon klingelte unaufhörsam. Ich mußte aufstehen und in die Küche gehen um den Hörer abnehmen zu können. "Hallo?" sagte ich total verschlafen. "Na? Auch schon wach?" Es war Celia. Und da mußte ich mich auch schon an den Traum erinnern. Ich hatte vor einiger Zeit den Kontakt mit ihr abgebrochen nachdem ich in das Haus meiner Eltern gezogen war. Jedesmal wenn sie anrief legte ich den hörer wieder auf und wenn ich sie auf der Straße irgendwo gesehen hatte ging ich ihr aus dem Weg. Ich hatte kein Recht dazu sie so links liegen zu lassen. Irgendwann fand sie mich Nachts auf der Strasse, wie ich betrunken durch die Gasse torkelte. Sie brachte mich nach Hause und blieb die ganze Nacht bei mir. Von da an trafen wir uns wieder täglich und sie half mir vom Alkohol weg zu kommen. Niemals hatte sie mir böse genommen, daß ich nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte und sie fragte nie nach dem Warum.
"Celia? Es tut mir leid." sagte ich beschämt. "Was tut dir leid? Hast du etwas angestellt?" "Nein. Ich muß mit dir reden." "Um was geht es denn?" Ich holte tief Luft. "Es geht um uns. Aber das kann ich dir am Telefon nicht sagen." Und kaum hatte ich den Satz zu ende gesprochen da sagte sie: "Ok. Ich komm zu dir." Und schon hatte sie aufgelegt.
Ich ging zurück ins Schlafzimmer und zog mich erst einmal an. Da die Fenster etwas beschlagen waren nahm ich an, daß es draussen kalt war und ich zog mir Hosen und einen warmen Pulli an. Ich mußte mir nie Sorgen machen, ob das was ich anzog farblich zusammen paßte, denn ich hatte eh nur schwarze Sachen im Schrank. Nach dem Unfall hatte ich stark abgenommen und mußte mir neue Sachen zum Anziehen kaufen, und ich kaufte nur noch schwarze Sachen.
Kaum war ich wieder in der Küche und wollte mir einen Tee machen, da klingelte es auch schon an der Tür. Ich ließ den Wasserkocher stehen und ging aufmachen. Natürlich war es Celia. Manchmal wunderte ich mich, wie sie es schaffen konnte so schnell bei mir zu sein. Sie war eigentlich immer schnell zur Stelle, wenn ich sie brauchte.
Sie kam herein und rieb sich die Hände. "Wow ist das heute kalt draussen." Noch bevor sie sich ihren Mantel ausziehen konnte nahm ich sie ganz fest in den Arm. Ein par Tränen kullerten mir die Wangen herunter, und als Celia mich ansah fragte sie: "Hey. Was ist denn mit dir los?" "Lass uns in die Küche gehen. Ich muß dir etwas sagen, das ich dir schon lange hätte sagen müßen." Celia zog ihren Mantel und den Schal aus und folgte mir in die Küche. Ich bot ihr einen heißen Tee an und setzte mich neben sie auf einen Stuhl. "Und was wolltest du mir sagen?" fragte sie neugierig. Nach einem tiefen Atemzug fing ich an: "Ich weiß, daß ich mich im letzten Jahr nicht richtig verhalten hatte. Ich habe dir das Leben schwer gemacht mit meinen Problemen. Und das waren keine kleinen Probleme. Egal, wie ich zu dir war und was ich für Scheiße gebaut habe: du warst immer da und hast mir geholfen. Ich habe nie gemerkt, wie schwer das auch für dich gewesen sein mußte. Vor allem als du mich besoffen aufgegabelt hast. In der Nacht, als du mich nach Hause gebracht hast bist du bei mir geblieben und hast aufgepaßt, daß ich auch im Bett bleibe. Ich habe dir so schreckliche Dinge an den Kopf geworfen. Dennoch bist du bei mir geblieben, auch wenn du die ganze Nacht geweint hast." Jetzt mußte auch ich weinen. Celia hatte ihren Blick gesenkt und starrte in die Teetasse. "Ich habe mich niemals entschuldigt für das, was ich dir angetan habe, und ich habe mich niemals bei dir bedankt für das, was du für mich getan hast. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft. Ohne dich hätte ich mich in dieser einen Nacht vielleicht umgebracht, so wie ich es vorhatte." Celia stand auf. Sie stellte ihre Tasse auf den Tisch und und zog mich hoch. Sie nahm mich ganz fest in ihre Arme und drückte mich. "Ich hätte das immer für dich getan. Ich liebe dich wie meine eigene Schwester. Und das, was du damals zu mir gesagt hast hat mir zwar sehr weh getan, aber ich wußte, daß du es nie so gemeint hast.
Du warst so betrunken, und wenn jemand betrunken ist sagt er immer Dinge, die er nicht so meint." Dann sah sie mich an. "Hattest du wirklich vor dir das Leben zu nehmen?" Ich nickte und ich schämte mich so dafür. "Ich war der Meinung, daß es keinen anderen Ausweg mehr gab. Ich dachte, daß ich nur so von den Schmerzen loskommen könnte. Und ich hatte mir so gewünscht wieder bei Rick zu sein. Aber jetzt bin ich so froh, daß du mich davon abgehalten hast. Du hast mir das Leben gerettet. Ich glaube nicht, daß ein anderer Mensch so an meiner Seite gestanden hätte." Und wieder schloß sie mich ganz fest in ihre Arme. "Oh Joe. Niemals hätte ich dich alleine lassen können. Dafür hast du mir immer zu viel bedeutet." "Ich habe mich so mieß verhalten und es tut mir jetzt so leid. Ich schäme mich so dafür." "Das brauchst du nicht. Du brauchst dich nicht dafür zu schämen." "Ich schulde dir so viel, daß ich es in nur einem Leben nicht mehr wieder gut machen könnte." Es tat so gut, daß es jetzt endlich raus war und ich fühlte mich so befreit. Nie hatte ich mit ihr über diese Zeit gesprochen. Nie war ich vorher auch dazu bereit es zu tun. Doch jetzt schon.
Dann setzten wir uns wieder hin. Beide saßen wir da und sahen uns mit Tränen in den Augen an. Doch dann mußten wir beide lachen. "Wenn uns jetzt einer sieht. Was würde der jetzt wohl denken? Zuerst heulen wir und dann lachen wir." sagte ich.
"A pro pos sehen. Hast du den Typen von gestern Abend noch mal gesehen?" "Ja, allerdings. Du wirst mir nicht glauben, was danach noch passiert ist." Neugierig hörte Celia mir zu, während ich ihr die Geschichte erzählte, und sie unterbrach mich nicht ein einziges Mal mit Fragen, wie sie es sonst immer tat. "Wow. Das klingt ja unheimlich." "Ja. Das kann man wohl sagen." Und nachdem ich ihr noch von meinem Traum erzählt hatte fragte sie mich: "Meinst du, daß er irgendetwas mit dir gemacht hat?" Ratlos schüttelte ich meinen Kopf. "Ich weiß es nicht. Aber irgend etwas hat er an sich, was ich auch habe. Ab und zu hatte ich das Gefühl, daß wir so viel gemeinsam haben. Ich weiß, das klingt alles so unwahrscheinlich. Ich werde ja selbst nicht daraus schlau." "Ich finde ihr solltet euch noch mal treffen." Ich grinste. "Das tun wir heute auch. Wir haben uns zwar im Park verabredet, aber ich weiß gar nicht zu welcher Zeit. Ich gehe heute Mittag einfach mal hin. Vielleicht ist er dann ja da." Celia hatte ein verschmitztes Grinsen im Gesicht und ihre Augen leuchteten. "Joe hat ein Date?" Sofort wehrte ich ab: "Nein. So kann man das nicht nennen. Er hat gesagt, daß er mir etwas zeigen will. Und jetzt will ich natürlich wissen, was er damit meint." Celia schaute auf ihre Uhr und da hatte sie es auf einmal eilig. "Meine Mutter kommt heute zum Mittagessen. Wenn ich mich jetzt nicht beeile, dann schaffe ich es nicht mehr rechtzeitig etwas zu kochen und ich muß Pizza bestellen." Wie der Blitz schoß sie los, zog sich an, verabschiedete sich von mir, und war auch schon wieder weg.
Ich war so froh, daß ich ihr endlcih gesagt hatte, was ich ihr schon immer sagen wollte. Und ich war froh, daß nun keine Schuldgefühle mehr zwischen unserer engen Freundschaft stande. Celia war schon etwas besonderes und ich war glücklich eine Freundin wie sie zu haben.
Den Rest des Vormittags verbrachte ich mit putzen, und nach dem Mittagessen beschloß ich irgendwann einfach mal in den Park zu gehen. Ich ließ mich einfach von meinem Instinkt leiten und ging los, ohne mich an irgend eine Zeit zu halten. Es war wirklich sehr kalt draussen und man konnte den Atem sehen. Meine Haare hatte ich offen gelassen damit ich keine Mütze anziehen mußte.
Ich ging zu meiner Lieblingsbank neben dem großen Baum im Park und setzte mich hin. Und ich mußte nicht lange warten, da war auch schon Eric da. Wie in der Nacht zuvor hörte ich ihn zwar nicht kommen, aber ich spürte plötzlich seine Anwesenheit kurz bevor er seine Hand auf meine Schulter legte. Ich schloß meine Augen und lächelte, denn ein angenehm warmes Gefühl durchströhmte meinen Körper. Dies mußte seine Art gewesen sein "Hallo" zu sagen.
Er setzte sich neben mich und lächelte mich an. "Du siehst heute sehr gut aus." Damit hatte er nicht mein äusserliches Aussehen angesprochen, sondern er meinte meinen Gemütsszustand und wie es sich in meinen Augen widerspegelte. Es ging mir heute wirklich sehr viel besser. "Du strahlst heute schon sogar etwas von Glücklichkeit aus." "Ja. Ich fühle mich heute so gut, wie schon lange nicht mehr. Zum ersten Mal spüre ich so etwas wie Frieden in mir." In seinen Augen sah ich, daß auch er darüber glücklich war. "Ich weiß jetzt, was du gestern gemeint hattest, als du sagtest ich soll endlich aufwachen. Ich habe erkannt, wie schrecklich ich mich in der vergangenen Zeit verhalten habe. Und ich habe mich bei Celia dafür entschuldigt." Eric lächelte und nickte wissend. "Das ist sehr gut so. Du bist auf dem richtigen Weg." "Wo du gerade den Weg ansprichst. Heute Nacht habe ich etwas geträumt." Und wieder lächelte Eric mich wissend an. "Ich weiß." "Gibt es irgendetwas, was du nicht weißt?" "Es gibt sehr viel, was ich nicht weiß. Alles, was ich über dich weiß, weiß ich nur, weil du es mich wissen läßt." "Und kann man das kontrollieren?" fragte ich nun. "Natürlich. Du kannst alles kontrollieren, was du willst. Aber zuerst mußt du lernen dein Leben unter Kontrolle zu bringen, bevor du neue Wege gehst." Er sprach so weise und es kam mir so vor, als ob auch er einmal dasselbe durchmachen mußte wie ich. "Auch mir ist es vor langer Zeit mal so ergangen wie dir. Ich hatte auch keinen Ausweg mehr gesehen und wollte allem ein Ende setzen. Genau wie du. Im Nachhinein ist mir aber klar geworden, daß ich kein Recht dazu hatte einfach so Schluß zu machen. Ich mußte mich mir selbst stellen. Und ich habe es geschafft über mich selbst hinauszukommen. Du hast dich dir selbst in den Weg gestellt. Aber jetzt bist auch du dabei den Kampf gegen dich zu gewinnen. Nur wenn du es schaffst die Vergangenheit mit all dem was war und was nicht war hinter dir zu lassen,
und wenn du es schaffst dein altes Ich hinter dir zu lassen, dann kannst du als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen. Aber bevor du alles hinter dir läßt, mußt du erst damit abschließen. Verdrängen, oder gar vergessen, gilt nicht. Denn dann wird es dich irgendwann wieder einholen und du könntest sogar daran zugrunde gehen. Dann hast du für immer verloren. Erst, wenn alles verarbeitet und abgeschloßen ist, kannst du ganz von vorne beginnen und glücklich werden, und sogar glücklich an deineVergangenheit zurückdenken." Seine Worte berührten mich tief. Sie kamen aus innerster Überzeugung und ich wußte nun, was er damit meinte, daß ich noch nicht so weit sei. "Du meinst, ich bin erst so weit weiter zu gehen, wenn ich mit meinem alten Leben völlig abgeschloßen habe, und mich frei und vorbehaltlos für einen neuen Anfang öffnen kann?" "Genau das meine ich. Und jetzt weißt du bestimmt auch, was ich mit den Fragen und Antworten und mit der Suche gemeint habe." "Ja. Eigentlich bin ich gar nicht auf der Suche nach Antworten auf meine Fragen. Sondern ich habe mich immer selbst damit aufgehalten. Ich habe erkannt, daß meine Fragen nur dazu dienten mich selbst an einem Punkt fest zu halten und das es im engeren Sinne eigentlich gar keine Antworten gibt, wie ich sie erwartet hätte, sondern ich selbst die Antwort bin. Also habe ich die Antwort schon die ganze Zeit mit mir herumgetragen ohne es zu wissen?" "Du ahst es erkannt. Ich denke du wirst schneller bereit sein zu uns zu kommen, als ich angenommen hatte." Ich sah in seine Augen in der Hoffnung herauszubekommen, was er mit meinte. Aber er gab mir nichts preis. "Ich darf dir das jetzt noch nicht sagen sonst bekomme ich Schwierigkeiten." "Sagst du es mir irgendwann?" "Bestimmt." "Warum bist du eigentlich hier?" "Auch das gehört zu dem, was ich dir noch nicht sagen darf." "Entschuldige. Ich überschütte dich schon wieder mit Fragen.
Eigentlich sollte ich mich mit dem zufriedengeben, was du mir bis jetzt gezeigt hast."

Etwas verlegen blickte ich zur Seite.
"Wir sollten einen kleinen Spaziergang machen." sagte Eric und stand auf. Er reichte mir seine Hand und wartete darauf, daß auch ich aufstand. "Ja. Du hast recht. Es ist sehr kalt und ich brauche etwas Bewegung, bevor ich an der Bank festfriere."
Während wir ziellos durch den Park gingen, mußte ich plötzlich an die alten Zeiten in der Truppe zurückdenken. Es erfüllte mich mit Stolz, dennoch war ich froh den Absprung in ein risikofreieres Leben geschafft zu haben. Die Ausbildung war verdammt hart und hat mich oft an meine seelischen und körperlichen Grenzen gebracht. Und die Einsätze waren meistens unabschätzbar gefährlich. Wer weiß, ob ich jetzt noch am Leben gewesen wäre, wenn ich beim K1 geblieben wäre. Wer weiß, ob mich nicht irgendwann doch eine Kugel tödlich getroffen hätte. Wer weiß, ob ich nicht jetzt in irgendeinem Verließ gefangen gewesen wäre. "Diese Fragen solltest du dir erst gar nicht stellen. Du hast einen anderen Weg eingeschlagen und es lohnt sich nicht darüber nachzudenken. Zum Glück bist du ausgetreten, denn sonst wärst du jetzt nicht hier." Eric klang sehr ernst. Wieder hatte er sich in meine Gedanken eingeschlichen und darin gelesen. "Wie kann ich lernen, daß nicht jeder meine Gedanken lesen kann? Gibt es da so etwas wie eine Firewall, damit nicht jeder in meinen Kopf kommt?" Eric lächelte mich an. Seine braunen Augen blickten entschuldigend und seine blasse Haut begann sich an seinen Wangen leicht zu röten. "Es tut mir leid. Ich werde von jetzt an nicht mehr versuchen dich zu lesen. Zumal du dich so einladend öffnest, wie ein spannendes Buch. Vielleicht willst du es ja auch?" "Hm." Um das Gespräch auf ihn zu lenken konterte ich mit einer Gegenfrage: "Und was ist mit dir? Das einzige, was ich bisher von dir weiß ist, was du zu mir gesagt hast. Und..." Sollte ich das wirklich ansprechen? "...das, was du mir im Club mitgeteilt hast. Damit meine ich die Gedankenfetzen die du mir gesendet hast." "Wie schon gesagt: ich bin auch nur ein Mensch und habe mich von meinen Gefühlen verleiten lassen." "Verschliesst du dich deshalb vor mir?" Eric lief weiter. "Nein. Es gibt Dinge, die solltest du jetzt noch nicht erfahren. Du würdest sie nicht verstehen. Deshalb kann ich nicht zulassen,
daß du in meinen Gedanken liesst. Es hat nichts mit dir oder mit mir zu tun. Es ist nur zu deinem Besten." "Gut," sagte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust, "dann werd ich mich wohl damit abgeben müßen." Eric blieb stehen und hielt mich an den Schultern fest. "Das tust du nicht. Auch wenn du es sagst, dann bist du doch viel zu neugierig dazu. Es ist nicht deine Art dich einfach mit irgendwas abzugeben. Ich mag dich wirklich sehr. Mehr als du vielleicht denkst. Und ich will dir auch nichts vorenthalten. Ich will dir nicht schaden. Deshalb werde ich dir erst alles verraten, wenn du da oben soweit bist." Er tippte mit einem Finger auf meine Stirn und sah dabei in meine überrascht dreinschauenden Augen. Er mochte mich mehr, als ich vielleicht dachte? Dann sprach er weiter: "Jedesmal, wenn ich in deine Augen schaue muß ich aufpassen, daß ich mich nicht darin verliere. Und es fällt mir verdammt schwer mich dir nicht zu öffnen. Ich würde dir so gerne mehr mitteilen. Aber es geht nun mal nicht." Er sprach nur noch sehr leise. Mein Puls raste und ich brachte kein Wort mehr heraus. Doch was war nun nur los? Mit fragendem Blick sah er mich an, doch dann lächelte er wieder. "Na also. Jetzt weißt du ja, wie es geht. Zum ersten mal hast du mich nicht merken lassen, was in dir vorgeht." "Aber du." sagte ich. Ich befreite mich aus seinem festen Griff und trat einen Schritt zurück. "Du hast mir in diesem Moment mehr gesagt, als du eigentlich wolltest. Das hättest du lieber lassen sollen. Du hast recht. Ich bin wirklich noch nicht soweit. Da gibt es Gefühle, die ich einfach noch nicht zulassen kann. Ich brauche ein par Tage um über das nachzudenken, was seit gestern passiert ist. Wir sollten unser Treffen jetzt lieber beenden. Ich möchte nach Hause." Als ich mich umdrehen wollte faßte Eric mich sachte an der Hand. "Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Ich will nicht das du mir jetzt böse bist. Bist du mir böse?" "Nein. Ich bin nur mir selbst böse.
Ich habe mich dir zu sehr geöffnet. Das hätte ich nicht tun sollen. Und jetzt laufe ich Gefahr etwas zuzulassen, wofür ich noch nicht bereit bin." Eric ließ meine Hand wieder los. "Du hast recht. Ich hätte vorsichtiger sein sollen. Ich habe nicht daran gedacht, wie es dir dabei geht."

Auf der einen Seite bereute ich es und hätte mich selbst dafür Ohrfeigen können, aber auf der anderen Seite fühlte ich mich doch besser dabei an dieser Stelle erst einmal einen Punkt zu setzen. So drehte ich mich um und ging langsam nach Hause. Erst als ich begann mich auf den Weg zu machen bemerkte ich, daß ich ohnehin schon fast vor meinem Haus war. Wußte Eric etwa, wohin uns unser Gespräch führte? Ich spürte, daß er noch immer an der selben Stelle stand, wie zuvor als ich mich umgedreht hatte und losgegangen war. Ich spürte ihn, bis ich hinter mir die Tür zumachte.
Ohne mich auszuziehen, ließ ich mich auf die Couch fallen. Was war das gerade? Fragte ich mich. Was passierte hier nur mit mir? Und in diesem Moment wurde mir klar, daß ich mich wirklich in ihn verknallt hatte. Die ganze Zeit wagte ich es nicht einmal daran zu denken und nun überschwemmte es mich wie eine unvorhergesehen Flut. "Was bin ich nur für eine dumme Kuh. Ich hab ihn einfach so stehen lassen und bin davongegangen." Ich verstand nun auch ein Stück weit mehr, was er mit dem Kampf mit sich selbst meinte. Und ich beschloß mich diesem Kampf zu stellen. Ich hatte es satt mich selbst zu bemitleiden und ich wollte wieder etwas von dem Glück spüren, das ich mir selbst verwehrte. Doch es war schwerer, als mir lieb war. Noch immer hatte ich zu viele Bedenken und... Angst. Aber Angst wovor? Daß ich mich wieder in einem Menschen verlor, der mir vielleicht irgendwann genommen werden könnte? "Das bringt es doch alles gar nicht. Ich kann doch nicht ständig vor dem Leben wegrennen,das ich mir eigentlich so sehr wünsche." Ich war so wütend über mich selbst, daß ich es die ganze Zeit nicht geschafft hatte ehrlich zu mir selbst zu sein, und mir einzugestehen, wie blöd ich doch die ganze Zeit war.
Aber wie konnte ich nur so dusselig sein mich in Eric zu verlieben? Wo ich doch nichts über ihn wußte ausser seinem Vornamen. Ich wußte nicht, was er den ganzen Tag so machte, und wo er wohnte. Ich wußte nichts von ihm. War es das, was er mir zeigen wollte? Daß er alles von mir wußte und ich nichts von ihm? Nein. Warum denn auch? Aber... Moment mal. Klar. Jetzt fiel es mir wie schuppen vor den Augen. Es war nicht er, der sich mir nicht öffnen wollte, sondern ich war diejenige, die ihm signalisierte sich mir nicht zu öffnen. Deshalb sagte er auch, daß es ihm so schwer fiele sich mir nicht zu öffnen. Ich war diejenige, die hier alles vermasselt hatte.
Ich zog meinen Schal aus und warf ihn auf den Boden. "Verdammt noch mal. Was habe ich da nur getan?" Ich ertappte mich beim Fluchen und ich hoffte, daß es draussen niemand gehört hatte, denn ich fluchte nicht gerade leise. Dann hob ich den Schal wieder auf, zog meine Jacke aus und hängte sie an die Garderobe.
Eric tat mir total leid, denn ich war selbst an allem Schuld. Nur weil ich nicht ehrlich zu mir selbst war. Aber das ging mir jetzt endlich in den Kopf. Und da hatte ich auch schon das Bild vor mir, wie Eric mir an die Stirn tippte und sagte, daß ich da oben noch nicht soweit sei. Ich bereute meine dumme Reaktion so sehr, daß ich den Entschluß fasste wieder zurück in den Park zu gehen. Ich wollte aber bis zum Abend warten, denn ich hatte zu Hause noch einige Dinge zu tun.
Das Geschirr mußte weg, Wäsche mußte ich waschen und natürlich Celia anrufen.
Ich ging in die Küche und nahm den Hörer ab. Nachdem ich ihre Nummer gewählt hatte und es ein par mal tutete nahm sie auch endlich ab. "Hallo?" erklang es am anderen Ende der Leitung. "Hi Celia. Ich bin´s, Joe." "Ach hi. Wie verlief dein Date?" fragte sie sofort. "Na ja. Es geht. Zuerst war es sehr schön. Aber als ich gemerkt habe, was er für mich empfindet, und was ich eigentlich für ihn empfinde, da bin ich wohl ein wenig ausgetickt. Ich habe ihn stehen gelassen und bin davon gelaufen. Zu Hause habe ich dann gemerkt, daß ich eigentlich nur vor mir selbst davongelaufen bin. Ich habe es bitter bereut. Und jetzt tut er mir total leid." Ich hörte Celia tief schnaufen. "Au weia. Das hört sich aber nicht so gut an. Und was hast du jetzt vor?" "Ich sollte wohl am besten noch mal in den Park gehen und mich bei ihm entschuldigen." "Und du meinst er kommt auch in den Park? Was machst du, wenn er nicht kommt?" "Vielleicht gehe ich dann in den Club... Scheiße. Ich will ihn wiedersehen. Was soll ich nur machen?" "Du ärmste. Es hat dich wohl voll erwischt." "Ja... Ja! Jetzt ist es raus. Es hat mich voll erwischt. Bessergesagt: er hat mich voll erwischt." "Dann steh dir nicht selbst im Wege und nimm dein Glück in die Hand. Es freut mich so sehr, daß du endlich wieder zu leben beginnst. Nichts habe ich mir mehr für dich gewünscht. Als wir heute bei dir so gelacht haben, da konnte ich endlich wieder Glück in deinen Augen sehen, und das macht auch mich glücklich. Also mach jetzt bloß keinen Fehler und lass dir diese Chance nicht entgehen. Auch wenn es mit euch am Ende doch nicht so gut klappen würde, so hast du es doch mindestens wieder versucht. Und das ist schon Fortschritt genug." "Egal, was er mit mir gemacht hat, es war gut und er hat mich wachgerüttelt. Und dafür habe ich ihn einfach so stehenlassen." "Hör zu, Joe. Ich weiß, gestern abend hatte ich noch zu dir gesagt, daß mit ihm irgendwas nicht stimmt,
und daß er mir nicht so ganz geheuer ist. Aber jetzt merke ich, daß er dir eigentlich nur gut tut. Er hat es geschafft innerhalb von einem Tag dich so zu verändern, daß man dich kaum wieder erkennt. Du bist praktisch ein ganz neuer Mensch geworden und du hast das Leben wieder neu entdeckt. Ich finde du solltest ihn jetzt nicht so einfach im Regen stehen lassen, nur weil du dich vor Gefühlen schützen willst, die dir einmal Schmerzen gebracht haben. Es heißt doch nicht, daß dir so etwas nochmal passiert. Lass es einfach auf dich zukommen. Wenn es dir dabei gut geht, dann lass es zu. Was meinst du, wie lange ich schon auf eine solche Chance warte?" Da mußte ich kichern. "Du stellst viel zu hohe Ansprüche an die Männerwelt. Der Richtige für dich müßte erst noch geboren werden." Auch Celia lachte nun. "Da hast du wohl recht. Oder ich müßte ihn mir selbst backen. Denn das, was ich suche gibt es auf dieser Welt noch nicht." "Warum versuchst du es nicht mal in der Bäckerei?" Wir lachten nun heute schon zum zweiten Mal so wie in alten Zeiten und ich fühlte mich dabei fast genauso glücklich wie früher. Aber nur fast genauso. Denn ich mußte immer noch an Eric denken. Ein Gefühl von Unsicherheit packte mich plötzlich und meine Freude schwappte in Traurigkeit über. Ich wurde wieder ernst und fragte Celia: "Was ist, wenn er mich nach dieser Abfuhr heute gar nicht mehr sehen will? Meinst du ich habe ihm weh getan?" "Ach Joe. Jetzt mach dir mal keine Sorgen. Er wird dich dafür bestimmt nicht hassen. Das wird schon ins Lot kommen. Und jetzt solltest du dich ein wenig herausputzen, falls du heute abend noch mal in den Club gehst." "OK. Dann tu` ich das mal.Ich rufe dich morgen mittag noch mal an." "Gut. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend." "Ich wünsche dir dasselbe. Bis morgen."
Aber herausputzen wollte ich mich doch nicht, denn ich wollte ihn wiedersehen, um mich zu entschuldigen, und nicht um ihn zu verführen.
Als es draussen dunkel geworden war zog ich mich warm an und machte mich auf den Weg. Ich war mir die ganze Zeit so unsicher, was ich ihm denn nun sagen sollte. Und ich fragte mich die ganze Zeit, ob er auch kommen würde. Ich hoffte, wenn ich an ihn denken würde, dann würde er es schon spüren und seinem Instinkt folgen. Dann fühlte ich wieder dasselbe, wie in diesem Moment, als er seine Hand auf meine Schulter gelegt hatte. Doch dieses Mal war er nicht in meiner Nähe. Trotzdem wußte ich nun, daß er auch kommen würde. Es war mir so egal, daß es total kalt war und trotz daß ich schrecklich frohr setzte ich mich auf die Bank und wartete. Ich beschloß, von nun an keine dummen Fragen mehr an ihn zu stellen, sondern einfach alles auf mich zukommen zu lassen. Und so saß ich da und wartete. Ich wartete und dachte an ihn. "Wie schön wäre es, wenn du jetzt da wärst." flüsterte ich in die Nacht hinaus. "Wie schön wäre es, wenn ich dich jetzt einfach festhalten könnte."
Ich stand wieder auf und wollte mich gerade auf den Weg in den Club machen, da stand Eric plötzlich hinter mir. "Dann tu es doch." sagte er leise. Ich fackelte nicht und lange und umarmte ihn einfach. Ich drückte mich fest an ihn und sog seine Wärme in mich ein. Es tat so gut, und zum ersten mal spürte ich, wie zwischen uns keine unsichtbare Barriere mehr war, sondern einfach nur noch... Liebe. Eric hielt mich ganz fest. Ich fühlte, daß er irgendwo erleichtert war und sich befreit fühlte, genau wie ich. "Es tut mir leid, Eric. Ich hätte dich nicht einfach so stehen lassen dürfen heute mittag." "Nein. Ich sollte mich entschuldigen. Ich hatte einfach nicht das Recht dazu dich so zu bedrängen. Aber es war so schwer für mich meine Gefühle und Gedanken vor dir zu verstecken. Ich hätte mich besser beherrschen sollen." "Aber jetzt versteckst du nichts mehr. Ich war doch so dumm die ganze Zeit." Dann lösten wir uns ein wenig voneinander.
Als ich meine Augen wieder aufgemacht hatte, sah ich direkt in seine, und es war überwältigend, wie tief ich nun in seine Seele blicken konnte. Ich erkannte nun, wie lange er doch schon auf diesen Moment gewartet hatte. "Du kennst mich schon länger. Nicht war?" fragte ich ihn.Er nickte nur. "Glaube mir. Ich hätte dich schon viel eher angesprochen, wenn ich nicht gleich beim ersten mal als ich dich sah erkannt hätte, welche Last du mit dir herumträgst. Ich wußte daß ich nur alles zerstöre, wenn ich da einfach so in dein Leben getreten wäre. Aber irgendwann konnte ich mich nicht mehr im Verborgenen halten. Ich mußte dich auf mich aufmerksam machen. Und als ich deine Reaktion im Club sah, da war mir klar: Jetzt oder nie." "Du hast einfach so alles auf´s Spiel gesetzt? Woher wußtest du, ob es gut gehen würde?" "Ich wußte es nicht. Und heute Mittag habe ich doch stark daran gezweifelt, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht hatte. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, daß ich dich nochmal wiedersehe."
Plötzlich verspürte ich das Bedürfnis ihn einfach zu küßen. Oder war er es, der es wollte? Was fragte ich mich denn noch. Ich küßte ihn einfach. Ich genoß es mit allen Sinnen seinen warmen Atem in meinem Gesicht zu spüren und seine weichen Lippen auf meinem Mund. Dann plötzlich begann ich wieder daran zu denken, was ich noch so alles mit ihm anstellen würde. Schnell löste ich mich von ihm. Grinsend stand er vor mir. "Diesmal warst du es. Du hast zuerst daran gedacht. Nicht ich." sagte er abwehrend. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Es war mir so peinlich. "Na dann sind wir ja jetzt quitt." Eric zog mich wieder an sich und küßte mich.
Es fiel mir so schwer nicht daran zu denken und so liess ich es eben einfach geschehen. Zumal ich ja beschloßen hatte, daß ich alles so nehmen würde, wie es kommt. Und da gehörte dies nun mal auch dazu. Ich spürte, wie auch Eric die Zügel locker ließ, und so küßten wir uns immer leidenschaftlicher. Mir wurde klar, wie sehr ich so etwas vermisst hatte und ich liess mich im Fluss der Gefühle treiben.
Irgendwann übermannte uns die Kälte doch und wir beschloßen in den Club zu gehen um uns aufzuwärmen. "Es wäre zu gefährlich jetzt zu einem von uns nach Hause zu gehen."

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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