Robert Fischaleck

Der Gedankenflüsterer

 

In einem Land nahe der untergehenden Sonne war einmal ein nachdenklicher Familienvater bei seiner Arbeit auf seiner Terasse über seine Katze gestolpert und hatte sich dabei den Fuß verstaucht.
Zuerst war er wütend auf seine Katze gewesen, muß die denn immer vor seine Füße laufen, dann war er wütend auf sich selbst gewesen, weil er nicht aufgepasst hatte, danach war er wütend auf sich selbst gewesen, weil er so unordentlich war, und in solcher Unordnung immer solche Dinge geschehen.
Die Katze war erstmal vor ihm davongelaufen und am liebsten wär er mitgelaufen, aber wie Sie sicher alle wissen, hätte das wenig genützt.
Er blieb also auf seiner Terasse stehen und fragte sich, über was er denn nachgedacht hatte, bevor er gestolpert war, aber es wollte ihm nicht mehr einfallen.
Das stimmte ihn noch nachdenklicher, und er sagte zu sich selber, dem selben selber, auf das er einige Augenblicke vorher noch so wütend gewesen war, weil es nicht aufgepasst und er es am liebsten auf der Terasse stehengelassen hätte, ist es nicht seltsam, sagte er sich,
Da denkt man so angestrengt über so wichtige Dinge nach, daß man die Welt um sich herum vergißt, und kaum meldet sich die Welt zurück, hat man alles wieder vergessen.
Just in dem Moment fiel ihm wieder ein, worüber er nachgedacht hatte, und mußte sich eingestehen, so wichtig war das garnicht gewesen, und das stimmte ihn noch nachdenklicher.
Sie ahnen sicher bereits wie die Geschichte weiter geht.
Er wird noch über alles mögliche nachdenken und noch über alles mögliche stolpern, und dann auf alles mögliche wütend werden, um dann wieder über alles mögliche nachzudenken.
Bei einer seiner täglichen Nachdenkereien, die inzwischen einen ziehmlich großen Anteil seiner Zeit für sich beanspruchten, ohne daß er das wirklich bemerkt hätte;
Also während der ganzen Zeit, in der er über irgendetwas nachdachte, war er einmal am Ende eines langen Gedankens, beim zurückblicken auf das wirklich erstaunliche Gebilde, das er soeben gedacht hatte, so begeistert von diesem seinen Gedanken gewesen, daß er ihn aufschreiben wollte.
Das Gebilde seiner Gedanken nämlich hatte ihm soeben plausibel erklärt, daß alles, aber auch alles was geschieht, wie eine riesige Maschine mit tausenden von Rädern und Schräubchen und Zahnrädern und kleineren Zahnrädern und immer noch kleineren Zahnrädern ineinander greift und etwas in Bewegung hält oder die Bewegung von etwas ist, das wir ALLE unser Leben nennen.
Das Gebilde seiner Gedanken hatte ihm weiterhin und immer noch plausibel erklärt, daß diese Maschine tadellos funktioniert.
Alles dreht sich wie es sich drehen muß.
Was allerdings fehlt, ist die Freude, was fehlt ist Zufriedenheit, was fehlt ist ein Lebensgefühl, das genauso überzeugend wie diese tadellose Maschine, genau den Zweck erfüllt den es erfüllen soll.
Das ist nicht in der Maschine, in keinem einzigen Schräubchen, nirgendwo und auch nicht dazwischen.
Das ist auch nicht in den Gedanken daran.
Das ist ein Gefühl.
Und für diejenigen, die dieses Gefühl kennen ist das Leben etwas ganz anderes.
Also ein Gefühl für das was das Leben wirklich ist, ein Gefühl von Dankbarkeit, Dankbarkeit für ein unglaubliches Geschenk.
An diesem Punkt wollte sich das Gebilde schon wieder den Tausend kleinen Tatsachen und Details, also ganz im Sinne der Schräubchen und Maschinenmanier, den kleinen Unterschieden zwischen den Menschen und ihrem Verhalten innerhalb der Maschine zuwenden, als irgendetwas in ihm sagte, he, wart doch mal.
Wo rennst du denn hin?
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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