Birgit Riedel

Ein ganz normales Wochenende

 
Freitagabend gegen 18.00 Uhr...ich sitze frisch geduscht, schick 
angezogen und fertig gestylt neben dem Telefon und warte auf den Anruf 
des "Traumprinzen".

Freitagabend gegen 19.00 Uhr...ich sitze noch immer fast frisch 
geduscht, schick angezogen und gestylt...und warte....

Freitagabend gegen 20.00 Uhr...ob ich nochmals duschen sollte? Immerhin 
ist es über 2 Stunden her.

Wenn ich mir nochmals die Haare kämme bekomme ich irgendwann eine Glatze.

Freitagabend gegen 20.30 Uhr, ich sitze und hypnotisiere das Telefon.

Es klingelt!! Der Traumprinz ist dran, musste erst sein Entspannungsbad  und...

Es klingt nicht wirklich wie: "Ich sehne mich nach Dir" Oder wie würdet 
ihr auf meine Feststellung "Ich freue mich auf Dich" reagieren? Auch 
mit: "Bring Kaffee mit?"

Egal ich hüpfe runter zum Auto und düse los.
Hole unterwegs noch Kaffee und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, 
ich sollte umkehren.

Ich suche Ewigkeiten nach einem Parkplatz.
Endlich, da ist einer. Ich zwänge das Auto hinein, schnappe das 
WE-Köfferchen (was Frau eben so braucht) und begebe mich zu seiner Haustür.
Ich klingle...es dauert ziemlich lange, bevor der Türsummer ertönt.
Schlechtes Zeichen?
Ich gehe die Treppen hinauf, schön langsam, nicht das es aussieht, als 
eile ich ihm entgegen.

Die Wohnungstür steht offen, er ist nicht zu sehen, dafür brüllt mir wie 
immer die Musik entgegen.
Na gut, ich gehe hinein, stelle das Wochenendköfferchen auf den Flur.
Er sitzt im Arbeitzimmer am Rechner (wo auch sonst). Alles was ich sehe, 
ist sein Hinterkopf.
Ich sage "Hallo" ...nichts.
Ich beuge mich vor und küsse ihn auf die Wange, mehr kann ich auch nicht 
erreichen.
Irgendwie komme ich mir verdammt fehl am Platz vor.
Auch eine Alditüte hätte als Bekleidung gereicht. Ich wette, er sah 
nicht mal, was ich anhabe.
Um nicht dumm herumzustehen, frage ich, ob er Kaffee möchte. Mir wird ja 
keiner angeboten.
Nicken bedeutet sicherlich "Ja, gerne".

Also gehe ich in die Küche und mache Kaffee. Nebenher räume ich alles, 
was so herumsteht auf, nicht weil es mich stört, sondern weil ich nicht 
recht weiß, was ich sonst machen soll.

Nett wie ich bin, bringe ich ihm den Kaffee an den Rechner und stelle 
ihn so, dass er seine wichtige Arbeit nicht unterbrechen muss.
Hatte ich "Danke" erwartet? Na ja, wer bekommt schon, was er erwartet.

Ich stehe in der Küche und trinke meinen Kaffee, man kann in das Fenster 
der Nachbarn sehen und ich sehe, wie sie in der Küche sitzen und sich 
unterhalten. Es überfällt einen doch der Gedanke, warum zum Teufel 
können wir nicht miteinander reden?!

Es vergehen Stunden, mir ist langweilig, ich sitze hinter dem 
Traumprinzen, der noch immer an den diversen Rechnern fummelt und weiß 
nicht, was ich hier tue.
Auf Fragen kommt keine Antwort, ob er ein Hörproblem hat? Bei der 
Lautstärke der Musik wäre es kein Wunder.


Endlich! Er steht auf!
Um ins Schlafzimmer zu gehen und den Fernseher einzuschalten. Na 
immerhin kann ich nun fernsehen. Nicht das es mich wirklich 
interessiert, aber es ist doch spannenden, als ein Hinterkopf am Rechner.
Ich kämpfe mit den Fernbedienungen von Fernseher, Videorekorder und 
Beleuchtung, während er wieder im Arbeitszimmer verschwindet.

Von weiten höre ich neben "Cafe del Mar" den Windowssound. Immer und 
immer wieder. Was ist so toll daran, einen Rechner 50mal hintereinander 
hochzufahren???

Da, er steht im Türrahmen des Schlafzimmers und spricht mich an! 
Wirklich, er redet! Na ja gut, es war nur die Frage, „was wollen wir 
essen“, aber immerhin.

Mein Magen ist so was von leer, es ist 1.00 Uhr nachts, ich würde alles 
essen, was sich nicht mehr bewegt.
Ich gehe mit in die Küche, vielleicht kann ich helfen.
Ja, ich darf Gemüse putzen, zu mehr scheine ich seiner Meinung nach 
nicht fähig.
Schweigend kocht er unser Essen.
Dann sitzen wir schweigend auf dem Bett vor dem brüllenden Fernseher und 
speisen.

Was mache ich hier?
Ich bringe das Geschirr raus, komme zurück, er hat sich irgendeinen 
Drink gemacht. Oh Wunder er hält mir das Glas zum probieren hin. Wortlos..

Wie schön, das es Notebooks gibt! Nun kann er auf dem Bett sitzend 
fernsehen und dabei am Notebook "spielen"
Ich gehe ins Bad, putze mir die Zähne und lege mich wieder aufs Bett.
Mein Gott was muss ich unerotisch sein! Kein Blick, kein Wort, ich bin 
mir nicht mal sicher, er weiß, dass ich noch hier bin.

Ich wusste nicht, wie viele "Schiess-mich-tot-filme" es in einer Nacht gibt. 
Es gibt Unmengen!
Ich versuche zu schlafen, aber das Geplätscher der Heizung und das 
Brüllen der mordenden Kerle im Fernsehen stören mich doch leicht.
Ich bitte den Traumprinzen, es etwas leiser zu stellen. Leider kann er 
das wohl nicht hören, es passiert jedenfalls nichts...na ja bei dem Krach.

Irgendwann schlafe ich trotzdem ein.
Der nächste Tag beginnt für ihn gegen 14.00 Uhr, wortlos...

Fortsetzung?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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