Thomas Brunner

April 1734

Die beissende Kälte dieser Spätwinternacht vom 13 auf den 14 April 1734, die sich schleichend durch die Steinmauern des alten in sich geduckten Häuschens geschlichen hatte,verlor langsam den Kampf gegen die Wärme,die aus dem gemauerten Herd durch die Stube drang.
Fahles Dämmerungslicht erhellte die Szene,die sich jeden Tag wiederholte.
Nachdem der alte Hauser Johann,auch Beriger-Hans genannt, die steile,geschwungene Stiege von der Schlafkammer unter dem Dach heruntergestiegen war,setzte er sich in die Stube,ganz nahe an den warmen Herd und ass die Schott-Suppe, die ihm seine Frau in einem hohen Teller auf den Tisch gestellt hatte.
Seine Frau-die schon lange vor ihm leise aus dem Bett geschlichen war,um ihn nicht zu wecken und ihm noch einige Zeit kostbaren Schlafes zu gönnen.
Sobald er mit der Suppe fertig war,das Teller sorgfältig mit dem letzten Rest Brot ausgeputzt  und auch den grob geschnitzten Holzlöffel noch abgeleckt hatte, zog er das rupfene Nachthemd über den Kopf und verharrte so halb nackt einige Zeit in der noch kühlen, dämmrigen Dunkelheit der Stube.
Von der Ofenbank nahm er die leinene,lange Unterhose und zog sie über,schloff in das leinerne Unterhemd und zog die langen wollenen Socken an. Darüber eine rupfene,dicke Winterhose,das Hemd und die abgetragene,von seiner Frau selber gestrickte Joppe.
Nachdem er seinen Waidsack mit der Kost für die nächsten sechs Tage gefüllt hatte,dazu noch die Sachen zum Wechseln,ging er in den vor Kälte starrenden Vorraum hinaus und zog sich die schweren,zwigenähten Bergschuhe an,die er schon gestern dick mit Fett gegen die Nässe eingerieben hatte.
Zuletzt kam der lodene Rock und der Hut aus Filz dran.
Er horchte auf.......draussen näherten sich Schritte,knirschend die festgefrorene Schneedecke durchbrechend.
Und schon schlug es an die Haustüre. "Hans,bist schon munter,kimm,mach dich auf,kalt ist`s und da Schnee liegt hoch.Mir müssen uns eilen,damit mir vor der Schicht no am Berg sind!"
Ächzend stemmte er sich in die Höhe und küsste seine Frau zum Abschied.Sie stand die ganze Zeit schweigend hinter ihm,nur beim Anlegen des Waidsackes half sie ihm ein wenig.
das abgehärmte Gesicht ausdruckslos,denn sie wusste-wieder eine Woche ohne dem Mann im Haus,eine Woche ohne Unterstützung,die Arbeit alleine machen und nicht wissen,woher das Essen für sich und die Kinder besorgen.
Ohne einen Blick zurück zu seiner Frau zu werfen,schulterte er den Waidsack und ging los.Sein Freund folgte ihm wortlos,und so verschwanden sie im Dämmerlicht um die nächste Hausecke.
 Die Frau drehte sich um und trat ins Haus zurück,um ihre tägliche,schwere Arbeit fortzusetzten.

Die beiden Männer gingen zielstrebig durch das stille,nur ab und zu von nervösem Hundegebell gestörte Hallstatt
dem Kernträgerweg zu,der sie ins Hochtal und zu ihrer Arbeitsstätte, dem Salzbergwerk, führen sollte.
Sie ahnten noch nicht das dieser Tag ein für sie ganz besonderer werden sollte.

Im Hochtal war unterdessen im Verwaltungsgebäude ,das sich in den ehrwürdigen Räumen des Rudolfsturmes befand,noch nichts von der kommenden Aufregung des Tages zu merken.Der Amtsschreiber sass ganz verschlafen in seiner Stube,die nur von einer einzelnen Talglampe erhellt wurde. Sein Adlatus hatte ihm gerade den grössten Folianten aus dem Regal hinter ihm gereicht, das Bergbaubuch des Salzbergbaues Hallstatt.
Er schlug den Folianten auf,rückte ihn sich in das rechte Licht, stellte das Tintenfass rechts neben sich und spitzte mit der ihm eigenen Akribie den Gänsefederkiel. Und dann begann er zu schreiben:"Am Tage des Herren, den 14 April des Jahres 1734 hier da im hochherrschaftlichen Amtsgebäude des Salzbergbaues zu Hallstatt beginne ich , der Amtsschreiber Hans Haischberger, die Ereignisse des vergangenen Tages,dem 13. April genauestens und nach bestem Wissen und Gewissen aufzuzeichnen. Nach Berichten des Oberbergmeisters wurde im Laufe des gestrigen Tages mit dem Ablass des Kilbwerkes am Ablassoffen im Christinastollen begonnen, und das zum nämlichem Zwecke um das Werk zu beschauen und zu vermessen! Da das Sole-Wasser im Werk nit mehr so hoch stand, konnte mit der Begehung ,unter äussester Vorsicht, schon am späten Nachmittage des selbigen Tages begonnen werden.
Die das Werke besehenden Personen waren derselbst: Oberbergmeister Zeppetzauer, Obermarkscheiter Ramsauer, Markscheiter Pergmayer, Häuer Pesentorfer, Häuer Praunsberger. Da das Sole-Wasser schon abgeronnen war begannen die obgenanntenpersonen den Abstieg über das Sinkwerke und bemerkten im Scheine der Unschlittlampen das im Bereiche des Ablasskasten der Himmel in grossem Umfange verbrochen war! Nit wie sonst üblich war im Scheine der Lampen in diesem Bereich das Gleissen des reichhaltigen Salzstockes zu sehen sondern nur tauber Abraum ganz durchsetzet von kurzen feinen Holzspänen die sich bei näherem betrachten als an einem Endt verkohlt herausstellten. Dem gnädigsten Oberbergmeister war aber schon bei Betreten des Werkes ein seiner Nase übel mitspielender Geruch aufgefallen, den erselbst nit bestimmen kunnt. Bei genauerer Beschau der Verbruchstelle aber gewahrten die Leut einen Körper im tauben Gestein, plattgedrückt wie ein Brett und einen sehr üblen Geruch verbreitend. Nachdem sie diesen Körper mit nicht geringer Anstrengung aus dem Gestein befreit hatten, bestimmte der Oberbergmeister, ihn mittels einer Tragbahre obertage zu schaffen und schickte den Häuer Pesentorfer um eiligst dem Bergrate diesen Fund mitzuteilen und um gnädigste Anweisungen zu bitten. Inzwischen hatte sich der Fund im Josefberg-Horizont wie ein Lauffeuer herumgesprochen und erreichte auch nach kurzer Zeit den Kapuzinerpater der die Ortspfarre in Hallstatt zu jener Zeit leitete. Zur Erklärung der Ortsangaben sei gesagt das sich das Solewerk im Bereich des Josefberghorizontes befindet und der Ablass im darunter befindlichen Christina-Horizont des Saltzberbaues Hallstatt! Dieses war zu lesen am ersten Blatt des Bergbaubuches des Salbergbaues zu Hallstatt Anno Domini 14. April des jahres 1734 2. Schon bei Anbruch des Tages, als sie sich im Hochtal auf den Weg zum Grubeneingang machten, spürten sie das etwas unheimliches in der Luft lag. Die ganze Nacht , unter drohend-schwarzen Gewitterwolken verhangenem Himmel zuckten Blitze, rollte das dumpfe Donnergrollen durch das hochgelegene Tal bis auf den See hinaus. Zuerst nur einzelene Tropfen, dann immer ergiebiger und schon Stunden lang strömten vom Wind gepeitschte Regenvorhänge herunter. An der Spitze der Gruppe ging Amee, der Grösste und Stärkste der Bergarbeiter aus dem Dorf. Bekleidet war er starkem, feinst gearbeitetem Fell eines Hirsches, den er letzten Winter hier im Hochtal erlegt hatte.An den Füssen trug er lederne Gamaschen, mit Tiersehnen verschnürt. Am Kopf eine Mütze aus demselben Leder. um sich während der Arbeit in den engen, niederen Stollen gegn Verletzungen zu schützen. Am Rücken baumelte eine Kiepe aus den Ästen eines Haselnuss-Strauches, mit Lederriemen zusammengeschnürt

In meiner Zeit als Lokführer in den Salzbergwerken Bad Ischl und Hallstatt, und dann in der Instandhaltung/ Fremdenbefahrung hatte ich auch viel mit den Archäologen zu tun ,die am und im Salzberg hallstatt an den Ausgrabungen beteiligt sind. Und dabei bin ich immer mehr mit der geschichte des Mannes im Salz konfrontiert worden.Dieser wurde 1734 im Josefberg-Horizont im Kilbwerk von den Bergarbeitern gefunden,welche vermuteten,das es sich um einen Bergmann handelt der nicht länger als 100-200 Jahre im Berge liegt.Sie hielten ihn für einen heiden,darum wurde er an einem unbekannten Platz ausserhalb der Friedhofsmauer verscharrt.Erst in der Neuzeit bekam man nach intensiven Nachforschungen in den Salinenarchiven und mittels Fundstücken heraus,das es sich hibei um einen prähistorischen Bergmann aus det hallstattzeit handeln müsse,der bei einer Grubenkatastrophe ums Leben kam!
Ich versuche hier,meine Erfahrungen mit dem Berg und meine geschichtlichen Kenntnisse auf meine Art zu einer Geschichte zu verflechten!
Thomas Brunner
Thomas Brunner, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.11.2005. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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