Klaus-D. Heid

An den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika

An den
Präsidenten
der Vereinigten Staaten von Amerika
George W. Bush


Hallo, George!

Bei Deinem Besuch wirst Du uns wieder einmal auf Deine große Mission einstimmen. Welche Mission? Du weißt schon. Ich meine die Mission gegen den Terror. Du möchtest die Anti-Terror Achse der guten Mächte gegen die Achse des Bösen festigen. Wie selbstverständlich zählst Du dabei Dein Land zu den Guten der Welt. Mehr noch: Du meinst sogar, dass die USA die Vorreiter des Anti-Terror-Krieges sind, der gegen die Schurkenstaaten zu führen ist. Um der Welt Deine Entschlossenheit zu präsentieren, hast Du eben mal schnell die afghanischen Terroristen plattgemacht. Bedauerlicherweise konntest Du die beiden wichtigsten Oberschurken noch nicht dingfest machen, um sie im kubanischen Zoo einigen unangenehmen Fragen zu unterwerfen.

Ich finde es echt gut, dass die Welt mit einem Mal wieder einen Kaiser hat, der sich für alles verantwortlich fühlt, was seine Untertanen anstellen. Führungspersonen müssen nun mal führen, George. Wir wissen das. Wir kennen das! Und wir haben Verständnis dafür, wie einfach Deine Worte gewählt sind, da das Volk nun mal keine geschwafelten Filigransätze mag.

Wie gefällt es Dir in Berlin? Very nice? Wonderful? Danke! Es hat uns immerhin einige Mühe gekostet, Dir das wahre, chaotische, rot/rote und in Aggressivität versinkende Berlin vorzuenthalten. Die bekanntesten Maler des Landes haben extra für Dich eine Berlin-Fassade gepinselt, die ausschließlich Blümchen, winkende Kinder und klatschende Omis zeigt. Deutsche Tonstudios haben keine Kosten und Mühen der Steuerzahler gescheut, jubelnde ‚Heil unseren amerikanischen Freunden’ – Sprechgesänge aufzunehmen, die permanent abgespult werden. Wir haben sogar alle Gullydeckel Berlins zugeschweißt, damit Deine Geheimdienstleute nicht mit der belastenden Ozonstrahlung konfrontiert werden. In Sachen Umweltschutz führt Dein Land ja auch die Welt an, oder? Welches Land sonst weigert sich schon so strikt, wichtige Umweltvereinbarungen durchzusetzen, wie die USA? Macht doch nicht, George! Wir verstehen das! Der Rubel muss schließlich rollen. Sorry. Der Dollar muss rollen…

Nun kurz zurück zu Deiner Mission, George. Früher haben bei uns die kleinen Kinder Cowboy und Indianer gespielt. Heute spielen bei Euch die Präsidenten das gleiche Spiel – nur, dass keiner von Euch der Indianer sein will. Wer will auch schon den Indianer spielen? Wer will schon systematisch ausgerottet werden? Das wäre ja auch genauso blöd, als würdest Du den Onkel Tom spielen. Du ein Schwarzer? Baumwollpflückend auf dem Feld? Eine Peitsche, die immer und immer wieder auf Deinen Rücken saust? Scheißspiel, George. Da finde ich’s schon besser, wenn Du weiterhin den Sheriff spielst, der seinen locker sitzenden Colt ab und an abfeuert. Das winzige Gefühl der Unbehaglichkeit, dass Du neben dem Colt auch noch über diverse Knöpfchen verfügst, die etwas mehr Sprengkraft auslösen können, verdränge ich einfach. Unter guten Freunden soll es doch niemals zu Unstimmigkeiten kommen, oder?

Was meinst Du? Der Irak ist fällig? Wir müssen alle fest zusammenstehen, um Deinen Krieg zuführen? Wir Deutschen mögen bitte an die Care-Pakete denken, die nötig wurden, weil Ihr Dresden zerbombt habt, als Deutschland bereits den Krieg verloren hatte? Ohne die Luftbrücke wären wir heute alle russischsprechende Bauern? Morgentau hat’s nie gegeben? Propaganda?

Ist doch egal, George! Du befiehlst – und wir folgen. Butter? Wer braucht schon Butter, wenn Kanonen viel dringender benötigt werden. Deutschland weiß schon, wer sein bester Freund ist. Ein Land, das so große Schauspieler wie John Wayne hervorgebracht hat, weiß schon, was es tut. Wir vertrauen Dir, Amerika! Auf uns kannst Du Dich verlassen.

God bless Burger-King.

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