Iris Asamoah

Türke mit Messer!

 
 
Nach einem anstrengenden Tag drängelte ich mich durch die mürrischen Menschen des U-Bahnabteils zu dem einzigen freien Sitzplatz, den ich erspäht hatte. Als ich mich setzte nahm ich kurz mein Gegenüber wahr, männlich, jung, schwarzhaarig und hübsch, wahrscheinlich Türke. Sein Gesichtsausdruck war dem der anderen Fahrgäste angepaßt: Gelangweiltes Pokergesicht.
 
Der lose Faden am Ärmel meines Pullovers, der mich bereits im Bus genervt hatte, kitzelte mich an der Hand und ich zog daran, um ihn abzureißen. Er wurde aber nur länger. Ich hielt ihn daraufhin knapp am Ärmel fest, wickelte den Faden um einen Finger der anderen Hand, und riß noch einmal kräftig daran. Es funktionierte nicht. Der Faden war wie ein schlimmer Zahn, ich konnte nicht aufhören, mich während der langen U-Bahnfahrt mit ihm zu beschäftigen. Ich hielt und ich zog, immer mit dem gleichen, frustrierenden Resultat. Nichts geschah, nur der Faden wurde länger und länger. Als der Zug die Fahrt verlangsamte, da er in einen Bahnhof einlief, passierte es:
Der Türke zog ein Messer!
Knisternde Spannung im Zug, schlagartig schraken die Fahrgäste aus ihrer Lethargie. Die Frau neben mir flüsterte:
„Du liebe Zeit, der Türke hat ja `n Messer!“
 
Ich hielt dem jungen Mann meinen Arm entgegen, spannte den Faden straff, das Problem war aus der Welt. Der junge Mann und ich grinsten uns an, er verließ das Abteil.
 
Es kam mir vor, als ob ein Seufzen durch den Zug ging. Waren die Fahrgäste erleichtert, oder enttäuscht, dass nichts Aufregendes geschehen war?
 
Ich bin dem jungen Mann dankbar, sowohl für den durchtrennten Faden, als auch für den amüsanten Moment!
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
                                                                       Iris Asamoah

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