26.11.2005
Notfallpläne
Tja,
der Winter ist da. Eigentlich ist das nichts ungewöhnliches, kommt er doch
eigentlich jedes Jahr. Nur machte er sich dieses Jahr mit einer ungewöhnlich
hohen Menge an einer weißen, recht flüchtigen Substanz, nicht nur unter Dealern
gemein hin als Schnee bekannt, auf sich aufmerksam.
Und
das er seine Aufmerksamkeit hatte, daran besteht kein Zweifel. Tausende von
Menschen saßen auf Bahnhöfen und Flughäfen fest, im öffentlichen Nahverkehr
ging nichts mehr, und irgendwo zwischen Düsseldorf und Hannover wurde das
heißgeliebte Auto auf der Autobahn zum Zweitwohnsitz. Und um das Maß voll zu
machen, Herrschte selbst im ersten Wohnsitz der Ausnahmezustand. Weite Teile
von Münster waren ohne Strom, und das nur wegen des Winters. Schnee und Stürme
hatten einfach die Masten gefällt. Ja, der Winter ist zurück. Und zwar so
heftig, so als wolle er die Vertreter der Globalen Erwärmung Lüge strafen –
oder alle ärgern, die ihn bisher einen schlechten Witz oder einen grau
angestrichenen Sommer nannten.
Aber
mal im Ernst: Sind Sie auf solche Gegebenheiten vorbereitet? Gut, nicht alle
Winter waren so schneereich wie dieser. Und ganz sicher wird nicht jeder noch
kommende Winter so viel Grundmaterial für Schneemänner und -hasen mit sich
führen. Doch was machen Sie, wenn es Sie plötzlich doch mal kalt erwischt, und
der Schnee der letzten zehn Jahre auf einem Schlag vor Ihrer Haustüre liegt? Und
schließlich muß es ja nicht einmal ein Schneesturm sein, der ihr häusliches
Leben lahmlegt. Das kann statt dessen ja auch der freundliche Mann von den
Elektrizitätswerken machen. Und dann? Dann bleibt die Küche kalt und das Bier
wird warm, und Sie machen ein dummes Gesicht und einen guten Eindruck?
Also,
was tun? Es muß ja nicht unbedingt Winter sein, damit es in Ihrer muffigen Bude
kalt wird. Auch der Sommer hat genügend Tage, die gerade dazu schreien, der
Badehose ein Futter aus Nerz zu verpassen. Es wird also langsam unangenehm
kalt. Eine Möglichkeit ist natürlich das Zwiebel- Prinzip. Sie ziehen mehrere
Lagen wärmende Kleidung übereinander an. Wenn Ihnen nicht schon beim Anziehen
warm wird, so besorgt den Rest die Kleidung. Neben stilistischen Entgleisungen
wie das Hawaii- Hemd über Tante Olgas Strickpullover zu Jogginghosen ist
natürlich die Bewegungsfreiheit ein wenig eingeschränkt. Daher sollten Sie es
nicht zu ernst sehen, wenn sich die Nachbarn schlapp lachen, weil Sie wie eine
Wurst aussehen, die gerade zum Hawaii Urlaub aufbrechen will. Wenn Sie sich zu
sehr einmummeln besteht allerdings die Gefahr, daß Sie im
Ägyptischen Museum aufwachen.
Sollten
Sie die Reliquien der Ägyptischen Antike verschmähen
(Kunstbanause) können Sie immer noch ein Feuerchen machen, um sich warm zu
halten. Ja, das Feuer, es dient den Menschen schon seit der Urzeit. Leider ist
es seit der modernen Zentralheizung etwas aus der Mode gekommen und findet
hauptsächlich zu Sylvester, zu rätselhaften und seltsamen Ritualen die der
Abhärtung des Körpers und des Geistes dienen sollen (Camping) und bei Menschen
vertreten, die Hinterlassenschaften ihrer kriminellen Aktivitäten vernichten
wollen. Möglicherweise haben Sie ja Glück und wohnen in einem dieser Altbauten,
an denen die Modernisierung spurlos vorbeigegangen ist. Dann sind Sie in der
glücklichen Lage und dürfen sich an einer lärmenden Dampfheizung oder an einem
qualmenden Ofen erfreuen. Dann dürfen Sie allen Menschen, die Ihnen einen Vogel
zeigten, weil Sie immer noch zu den Neandertalern gehören, die schwarz und
schnaufend Zentnerschwere Eimer mit Kohle Hochwuchten dürfen, eine lange Nase
drehen. Gehören Sie hingegen zu der modernen Gattung des Homo Sapiens, haben
Sie ein Problem. Die Heizung braucht Strom, um zu Funktionieren, egal ob Sie Öl
oder Gas verheizen. Und die Mikrowelle funktioniert auch nicht. Um an Strom zu
kommen können Sie sich der Methode Frankenstein bedienen, eine entsprechend
große Antenne anfertigen und sie auf dem Dach befestigen. Leider kommen auch
Unwetter nicht auf Bestellung. Und bis bei Ihnen der Blitz einschlägt sind Sie
sicher erfroren. Und spätestens dann, wenn Sie einen Regentanz im Garten aufführen,
werden die Nachbarn die Psychiatrie anrufen. Was soll’s, wenigstens sind Sie
dort gut versorgt.
Also
auf alt bewährtes zurück greifen. Kerzen sind lediglich ein einigermaßen brauchbarer
Ersatz für das ausgefallene Licht. Bei der Zubereitung von Essen aber eigentlich
nicht sonderlich effektiv. Eine herkömmliche Dosenmahlzeit werden Sie mit einer
Kerzenflamme jedenfalls nicht erhitzen können. Wenn Ihnen allerdings keine
andere Wärmequelle zur Verfügung steht, wird Ihnen nichts anderes übrig
bleiben, als jede Bohne einzeln zu rösten. Wohle dem, der es gewohnt ist, sich
Mutter Natur freiwillig hinzugeben. Vertreter des Campingsportes sind fein
raus. Man stelle sich vor, ein Campingausflug in den eigenen vier Wänden. Das
Equipment kann schon mal gestestet werden. Egal ob Gaskocher, Petroleumfunzel
oder Daunenschlafsack, alles erfüllt seinen Sinn. Nun dürfen Sie als
Naturfreund über die Menschen lachen, die es vorziehen, Ihren Urlaub in teuren
Hotels zu verbringen. Woran man sehen kann, daß es doch tatsächlich die
sogenannten Sonderlinge sind, welche am längeren Hebel sitzen. Zumindest
langfristig gesehen.
Sind
Sie kein Campingfreund und benötigen eine größere Wärmequelle, müssen Sie zu
drastischeren Maßnahmen greifen. Solange Sie keine blaue Tonne ihr eigen
nennen, können Sie das gesammelte Altpapier in der Badewanne verbrennen. Und
Wasser für eventuelle Notfälle ist dann auch gleich bereit. Zumindest, solange
das Wasser nicht abgestellt ist. Auch Tapeten, Kleidung und Mobiliar brennt
einigermaßen gut. Auf das Verbrennen von Teppichböden und Autoreifen sollten
Sie aber verzichten. Oder entfernen Sie vorher wenigstens die Rauchmelder.
Sollten
Sie auf der Autobahn festsitzen und langsam aber sicher durstig werden, habe
ich eine schlechte Nachricht für Sie: Das Wasser aus dem Kühler ist nicht
trinkbar. Wegen der im Winter üblichen Kälte hat der Hersteller ihres PKWs ein
Frostschutzmittel in den Kühler gefüllt. Ja, es ist dasselbe Zeugs, mit dem
früher Wein veredelt wurde. Die gesundheitlichen Konsequenzen dieser Praxis haben Sie
vielleicht noch im Hinterkopf. Das Wasser der Scheibenwaschanlage eignet sich
eher, nur sollten Sie daran denken, daß auch hier Frostschutz eingefüllt wurde.
Passen Sie beim nächsten Mal, wenn Sie diesen Tank auffüllen einfach darauf
auf, daß dieses Frostschutzmittel alkoholischer Natur ist, und Sie haben keine derartigen
Probleme. Oder Sie verwenden gleich Rum oder einen doppelgebrannten Korn, dann
schließen Sie gesundheitliche Schäden von vorneherein gleich aus. Lediglich auf
Getränke mit zu viel Zucker sollten Sie verzichten, da sonst die Düsen der
Scheibenwaschanlage verkleben können. Von der Idee, den Kühler von vorne herein
Mit Kaffee oder Tee zu füllen, sollten Sie hingegen lieber Abstand nehmen. Denn
wenn diese Vorräte aufgebraucht sind, ist das Auto nicht mehr fahrtüchtig.
Ferner könnten Öl und Verbrennungsrückstände in den Kühlkreislauf gelangen, was
dem Aroma von Heißgetränken abträglich ist.
Was
Sie weiterhin unternehmen, hängt ganz davon ab, wie lange Sie festsitzen. Selbst
der längste Stau hat (hoffentlich) einmal ein Ende. Da anders, als bei einer
richtigen Schlange bei einer Autoschlange das Arschloch vorne sitzt, kann es
jedoch eine ganze Weile dauern. Natürlich schickt der ADAC immer Helfer los,
die sich um die gestrandeten kümmern. Jedoch wird ganz sicher keiner mehr bei
Ihnen vorbeischauen, wenn Sie einen überfallen und gebissen haben, vor lauter
Hunger. Leider ist das Interieur eines Fahrzeugs nicht eßbar. Zwar bestehen
einige Komponenten wie Sitzpolster oder sogar das Armaturenbrett aus
Kokosfasern, doch auch die liegen sehr schwer im Magen. Gott sei dank, sollte
man meinen, denn sonst würde des Nachts aus so manchem Auto mehr verschwinden,
als nur das Radio. Und das Wort „Autoliebhaber“ würde eine ganz neue Bedeutung
haben. (Haben Sie schon den neuen Benz probiert?)
Ist
Ihr Magen also genau so leer wie ihr Tank mittlerweile, und wird ihr Fahrzeug
schon mit Efeu umwuchert, sollten Sie sich vielleicht doch auf den Weg machen,
um Hilfe und Nahrung zu finden. Gut, Sie könnten angeben, daß Sie im Besitz
eines Mobiltelefons sind, gemein hin Handy genannt. Doch mal ernsthaft, wenn
man die Dinger mal wirklich braucht, bekommt man entweder kein Netz, oder der
Akku ist leer. Und wenn Sie im Stau stehen, ist der Pizzabote hinter ihnen und
wird Sie erst erreicht haben, wenn der Stau sich aufgelöst hat. Und dann ist
die „Frutti de Mare“ ganz sicher kalt. Also, keine falsche Bescheidenheit, und auf
den Weg gemacht. Sollte im laufe der Zeit ihre Kleidung ein wenig gelitten
haben, ist das, im Gegensatz zum Essen, kein Problem. Ersatzschuhe lassen sich
mit ein wenig Mühe aus den Autoreifen herstellen. Bei der Gelegenheit können
Sie dann auch gleich am eigenen Leib testen, ob die Hersteller in punkto
Bodenhaftung nicht zuviel versprochen haben. Schafsfell als Schonbezug gilt
zwar als spießig, ist aber in einer solchen Situation ganz sicher geeignet, um
als Weste zu dienen. Mit ein den Utensilien aus dem Verbandskasten können Sie
sich mit etwas Geschick sogar eine warme Lammfelljacke schneidern. Etwas
Vorsicht mit dem Leukoplast, auf Fellunterlage klebt es nicht wirklich gut.
Doch schauen Sie sich mal unter Ihren Leidensgenossen um. Sollte ein Vertreter
für Büroartikel dabei sein, können Sie sich die Jacke zusammen Tackern. Und
wenn Sie in der Nähe eines Waldgebietes gestrandet sind, hängen Sie sich um
Gotteswillen ein Schild mit der Aufschrift: „Ich bin kein Jeti“ um den Hals. Es
sollen schon die merkwürdigsten Sachen passiert sein. (Zum Beispiel, daß ein
Büroartikelvertreter mit zerschnittenen Autoreifen als Schuhe und einer
zusammengetackerten Jacke über die Autobahn läuft) Und ausgestopft über den
Kamin eines Waidgesellen zu enden, daß ist doch nun wirklich nicht schön.
Also,
viel Glück und Halali